Protokoll der Sitzung vom 06.05.2003

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf die 3. Plenarsitzung eröffnen. Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest. Wir tagen heute, morgen und übermorgen entsprechend den angegebenen Zeiten, heute von 14 bis 18 Uhr, am Mittwoch von 9 bis 18 Uhr und am Donnerstag von 9 Uhr bis zur Erledigung der Tagesordnung, wobei bisher vorgesehen ist, die Mittagspause morgen und am Donnerstag wie üblich zu machen.

Meine Damen und Herren, vor Ihnen liegen die Tagesordnung vom 30. April sowie der Nachtrag vom heutigen Tag mit insgesamt 37 Punkten. Ferner erhielten Sie mit der Einladung zu den Plenarsitzungen mein Schreiben vom 29. April 2003 betreffend Tagungszeiten der Ausschüsse. Das ist Ihnen zugegangen, sodass der Sitzungsplan jetzt in Kraft getreten ist, der ein weitgehend überschneidungsfreies Tagen der Ausschüsse ermöglicht. Das wurde so im Ältestenrat beschlossen.

Wie Sie dem Nachtrag zur Tagesordnung entnehmen können, gibt es zwei Anträge betreffend eine Aktuelle Stunde. Das sind die Tagesordnungspunkte 36 und 37. Die Fraktionen haben sich interfraktionell darauf verständigt, dass die Redezeit 30 Minuten je Aktuelle Stunde beträgt. Der Landtag beschließt über das Verhältnis der zur Verfügung stehenden Zeit nach § 31 Abs. 6 der Geschäftsordnung dieses Hauses. Gibt es dazu andere Vorstellungen? – Das ist nicht der Fall.Dann werden die Aktuellen Stunden am Donnerstag um 9 Uhr, wie oben beschlossen, abgehalten.

Meine Damen und Herren,bevor ich in der Tagesordnung weiterfahre, habe ich eine sehr angenehme Aufgabe zu erfüllen.Auf der Tribüne hat Platz genommen – ich begrüße ihn herzlich – seine Exzellenz, der Ministerpräsident der Tschechischen Republik, Herr Vladimir Spidla.

(Allgemeiner Beifall)

In seiner Begleitung ist seine Exzellenz, der Botschafter der Tschechischen Republik in der Bundesrepublik Deutschland, Herr Lazar.

(Allgemeiner Beifall)

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, der Hessische Landtag freut sich, dass Sie uns die Ehre Ihrer Anwesenheit geben. Sie haben heute in Frankfurt schon einen Besuch an der Universität vorgenommen. Sie haben eben mit dem Herrn Ministerpräsidenten ein Gespräch geführt. Sie werden weitere deutsche Politiker in der Bundeshauptstadt besuchen und mit ihnen sprechen. Wir wünschen Ihnen einen guten Aufenthalt, fruchtbare Gespräche, und vor allen Dingen wünschen wir Hessen uns eine gute gemeinsame Zukunft in der Europäischen Union. Herzlich willkommen und vielen Dank für Ihren Besuch.

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, ich setze die Besprechung der Tagesordnung fort.Wir haben im Ältestenrat auch vereinbart, dass der Tagesordnungspunkt 17, Antrag der Fraktion der SPD betreffend Einflussnahme in das Ermittlungsverfahren gegen die Hanauer Oberbürgermeisterin Härtel, Drucks. 16/46, zur Überweisung an den Innenausschuss vorgeschlagen wird. Nach dem Stand der Dinge ist

hier aber der Rechtsausschuss der federführende Ausschuss, sodass eine Überweisung dieses Antrages auch an diesen Ausschuss erfolgten sollte.

Der Antrag der Fraktion der FDP betreffend Städte- und Gemeindefinanzierung – Tagesordnungspunkt 32 –, Drucks. 16/62, müsste an den Haushaltsausschuss als federführenden Ausschuss und den Innenausschuss als beteiligten Ausschuss überwiesen werden.

Es sind noch drei Dringliche Anträge der Fraktionen eingegangen, die auf Ihren Plätzen liegen. Es sind der Dringliche Antrag der Fraktion der SPD betreffend rot-grüne Reformpolitik: Gut für Deutschland, Drucks. 16/91, der Dringliche Antrag der Fraktion der SPD betreffend Autoritätsverlust des Innenministers Bouffier durch skandalöses Verhalten des Frankfurter Polizeipräsidenten, Drucks. 16/93, und der Dringliche Antrag der Fraktion der FPD betreffend zukünftige Ausgestaltung der Europäischen Union, Drucks. 16/92.

Wird die Dringlichkeit dieser drei Anträge bejaht? – Das ist der Fall.Damit sind sie auf der Tagesordnung,und zwar unter den Tagesordnungspunkten 38, 39 und 40.Tagesordnungspunkt 38 könnte mit dem Tagesordnungspunkt 33 aufgerufen werden und der Tagesordnungspunkt 39 mit 21. Wird dem widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so.

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Das ist ein Vorschlag.

Zum Ablauf.Wir tagen heute bis 18 Uhr.Wir beginnen mit Tagesordnungspunkt 1 a, der Fragestunde, Drucks. 16/26, und fahren dann mit Tagesordnungspunkt 1 b, der Regierungsbefragung, fort. Wir werden das Verfahren zunächst so weiterführen wie gehabt und schauen, wie wir es in Zukunft verändern oder verbessern können.

Entschuldigt hat sich wegen Verpflichtungen in der Bundeshauptstadt Berlin Herr Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Bevollmächtigter des Landes beim Bund Jochen Riebel und wegen einer Informationsreise in die USA Frau Kollegin Sorge von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Zurufe von der CDU)

Wir reden darüber, wenn es so weit ist.

Ein ganz wichtiger Hinweis: Heute Abend um 18.30 Uhr ist das berühmt-berüchtigte Skatturnier im Hause. Wir sind alle benachrichtigt. Sie haben sich auch angemeldet. Ich wünsche allen viel Spaß und viel Erfolg. Es hat sich auch bei dem Wechsel von dem einen zu dem anderen Präsidenten etwas nicht geändert: Beide können wir kein Skat spielen. Aber wir können gut begrüßen, hoffe ich, also gucken wir, wie das heute Abend läuft.

Vorabmitteilung, wie ich eben gehört habe: Morgen Abend spielen wir Fußball in Mainz. Dieses Mal sollten wir gewinnen, Franz Josef Jung.

(Zurufe: Oh! – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Revanche!)

Meine Damen und Herren, damit rufe ich den Punkt 1 a unserer Tagesordnung auf:

Fragestunde – Drucks. 16/26 –

Ich rufe Frage 1 auf,Abg. Schmitt, SPD-Fraktion.

Ich frage die Landesregierung:

Welche Entwicklung der Personalausgabenquote plant sie für die neue Legislaturperiode?

Herr Minister der Finanzen.

Herr Abgeordneter, die derzeitigen Planungen der Landesregierung zur Personalausgabenquote ergeben sich aus dem verabschiedeten Haushalt 2003 sowie den entsprechenden Plandaten der aktuellen Finanzplanung 2002 bis 2006, die Ihnen vorliegen müssten.

Die Personalausgabenquote ist im Soll des Haushaltes 2003 mit 41,0 % angesetzt, in der Finanzplanung für das Jahr 2004 mit 41,3 %,für 2005 mit 41,3 % und für 2006 mit 41,3 %.

Weitere Fragen? – Herr Kollege Kaufmann.

Herr Finanzminister, haben Sie bei den eben von Ihnen genannten Quoten die Personalausgaben, die im normalen Haushalt als Sachausgaben enthalten sind, insbesondere die Personalausgaben der Hochschulen, mit einberechnet oder nicht? Falls nicht, würden Sie uns bitte die Quoten einschließlich dieser Personalausgaben nennen?

Herr Finanzminister.

Herr Abgeordneter, wir haben schon mehrfach über die Frage der Quoten diskutiert. Ich will, da Sie erwartungsgemäß die weiter gehende Frage gestellt haben, einige kurze Bemerkungen dazu machen.

Das Erste ist, dass die Höhe der Personalausgabenquote zwingend davon abhängt, wie hoch die Ausgabenquote insgesamt ist, weil sie im Verhältnis zu den gesamten Ausgaben steht. Das heißt, immer dann, wenn ein sparsamer Haushalt gefahren wird, steigt die Personalkostenquote bei gleicher Größenordnung an. Insoweit ist sie schon von vornherein ein nicht so ganz besonders taugliches Instrument.

Zweitens ist bei der Frage der Festlegung dessen, was Personalausgabenquote ist, zu berücksichtigen, dass ein Haushalt ständigen Veränderungen auf der Ausgabenseite unterliegt. Ich möchte dazu nur bemerken, dass z. B. der Familienlastenausgleich in der Vergangenheit direkt aus dem Haushalt bezahlt worden ist und damit ausgabenerhöhend gewirkt hat, jetzt Steuermindereinnahmen sind und er sich nicht mehr ausgabenerhöhend auswirkt, sodass von daher die Ausgaben automatisch durch das System zurückgehen und damit die Personalkostenquote steigt, obwohl im Haushalt überhaupt nichts passiert ist.

Zum Beispiel ist die Bahnreform – Sie haben das kommentiert, was der Präsident des Rechnungshofes dort vorgetragen hat – ebenfalls ein Punkt, wo die Geldzuflüsse in den Landeshaushalt hineingegangen sind und sich von daher die Personalausgabenquote mindert.

Was der Rechnungshof hier gemacht hat, ist nach dem Motto herauszurechnen: Das ist in der langfristigen Betrachtung natürlich nicht relevant und überzuleiten in alle anderen Bereiche, in die z. B. Drittmittel hineinkommen oder Mittel, mit denen Leistungen gewährt werden, sodass sich von daher die Personalausgabenquote durch eine Steigerung des Ausgabenvolumens reduziert bzw. bei wegfallenden Positionen erhöht.

Ich darf Ihnen dazu sagen – damit in diesem Bereich bei den Berechnungen, auch denen des Rechnungshofs, eine Vorstellung besteht –, dass die Vorgängerregierung von Rot-Grün von 1995 bis 1998 die Personalkosten um 2,9 % gesteigert hat, obwohl in vielen Bereichen, wie z. B. Hochschulen, Schulen und innere Sicherheit, Personal abgebaut worden ist, während wir nach den Berechnungen des Rechnungshofes in den drei Jahren von 1999 bis 2001 nur eine Steigerung der Quote von 0,9 % haben und sie sich im Jahre 2002 nur unwesentlich steigern dürfte.

Das heißt, in den vier Jahren – obwohl wir 2.800 Lehrer zusätzlich eingestellt und in der inneren Sicherheit erhebliche zusätzliche Leistungen erbracht haben – ist nach den Berechnungen des Rechnungshofes etwa die Hälfte der Steigerung passiert gegenüber dem, was in den Jahren 1995 bis 1998 unter Rot-Grün gemacht worden ist.

Meine Damen und Herren, das ist ein himmelweiter Unterschied, nämlich auf der einen Seite Personal einzusparen, respektive nicht mehr einzustellen, auch in den Bereichen, in denen es für die Zukunft des Landes dringend notwendig wäre, und trotzdem die Personalkostenquote fast doppelt so hoch zu steigern, während wir Personal eingestellt haben und inzwischen nur etwa die Hälfte von der Steigerung hatten, wahrscheinlich noch etwas weniger, weil ich die Zahlen des Jahres 2002 nicht eingerechnet habe.

Ich bitte Sie, bei Ihren ganzen Einwürfen in der Frage das zusätzlich zu beachten. Dann werden Sie sehen, dass wir in der Frage hervorragend gewirtschaftet haben und uns mit dem sehen lassen können, was wir Ihnen vorlegen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abg. Schmitt.

Herr Minister, teilen Sie wenigstens die Ansicht des Rechnungshofes, dass es zu einer weiteren Erhöhung der Personalkostenquote allein dadurch kommt, dass die Versorgungsausgaben steigen werden, wenn Sie nicht an anderer Stelle entsprechende Einsparungen im Personalbereich vornehmen?

Herr Finanzminister.

Herr Abgeordneter, auch das ist von der Grundaussage her richtig, nur ist es die halbe Wahrheit. Auf der einen Seite haben wir in den letzten vier Jahren – der Bericht wird Ihnen zugehen – auf der Basis von Februar 1999 über 800 Millionen € eingespart. Dies ist eine Größenordnung, die es nach meiner Einschätzung in diesem Lande noch nicht gegeben hat, durch unser jährliches 60-Millionen-€Programm, das von der Einsparung her jedes Jahr dramatisch positiv überschritten worden ist.

Zweitens. Bei den Versorgungslasten sollten wir uns doch bitte darauf verständigen, dass die niemand an dieser Stelle beeinflussen kann,wenigstens aktuell nicht,weil die Zahl derer, die in der Landesverwaltung sind und in den nächsten Jahren ausscheiden werden, die Zahl derer, die schon im Versorgungsbereich sind, und das tarifliche Ansteigen dieser Versorgungsleistungen, übrigens auch die höhere Lebenserwartung – die Gott sei Dank da ist –, bewirken, dass die Versorgungsausgaben, ohne dass Sie politische Steuerungsmöglichkeiten haben, exponentiell wachsen.

Das ist ein Problem, das wir uns alle – nicht nur in Hessen, sondern generell in Deutschland – mehr oder weniger selbst zugefügt haben, weil jahrzehntelang gesagt worden ist: Für Beamtenpensionen sind keine Rücklagen zu bilden, das werden wir irgendwie in der Zukunft aus dem Haushalt bezahlen. – Im Regierungsprogramm haben wir entsprechende Erklärungen abgegeben.

Der weitere Punkt, den Sie bei diesen ganzen Berechnungen berücksichtigen müssen,sind die automatischen Tariflohnsteigerungen. Die Einsparpotenziale, die wir mit 60 Millionen € – ein Gegenwert von 1.500 Stellen – aktivieren, sind durch die neuen Tarifabschlüsse um ein Beachtliches übertroffen werden. Ich sage an der Stelle: So einen Tarifabschluss, wie er bei den Angestellten und Arbeitern vor wenigen Monaten geschlossen worden ist, darf es auf die Dauer nicht noch einmal geben, weil wir – alle Länder und Gemeinden – das dauerhaft nicht mehr bezahlen können.