Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie herzlich heute Morgen am Mittwoch, dem 28. Januar 2004, zur 27. Plenarsitzung. Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest. – Dem wird nicht widersprochen. Dann ist das so.
Wir beginnen mit Tagesordnungspunkt 23, dem Antrag der SPD, Drucks. 16/1791. Danach lesen wir zum zweiten Mal den Gesetzentwurf der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Gemeindewirtschaftsrechts, Drucks. 16/1804 zu Drucks. 16/60, mit zehn Minuten Redezeit. Danach wird Tagesordnungspunkt 14 mit Tagesordnungspunkt 24 aufgerufen.
Herr Staatsminister Riebel ist heute in der Sitzung des Ständigen Beirats beim Deutschen Bundesrat und hat sich entschuldigt.
Das war es eigentlich schon, sodass ich zur Tagesordnung kommen kann. Ich rufe Tagesordnungspunkt 23 auf:
Antrag der Fraktion der SPD betreffend Stärkung der Rhein-Main-Region als Antwort auf die im Vergleich zu den anderen Bundesländern katastrophale Entwicklung des hessischen Arbeitsmarktes – Drucks. 16/1791 –
Meine Damen und Herren, wir haben eine Redezeit von 15 Minuten je Fraktion vereinbart. – Wir rufen mit diesem Antrag den Tagesordnungspunkt 46 auf:
Dringlicher Antrag der Fraktion der CDU betreffend bundesdeutsche Entwicklung des Arbeitsmarktes im Vergleich zu Hessen – Drucks. 16/1821 –
Ich habe im November anlässlich der Grundsatzdebatte zum Haushalt 2004 an diesem Pult festgestellt, dass der Herr Ministerpräsident seinen Zenit überschritten hat und dass es seitdem bergab geht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mein Eindruck ist, dass sich diese Entwicklung in den letzten zwei Monaten beschleunigt hat und das – das ist ein Problem für die Damen und Herren der Union – mittlerweile auch von der Öffentlichkeit exakt so wahrgenommen wird. Es wäre geheuchelt, wenn ich als Oppositionspolitiker sagen würde,
dass es mich mit sonderlicher Sorge erfüllen würde, wenn der Ministerpräsident und die Landesregierung schwächer werden.
Aber es ist keineswegs geheuchelt, wenn ich Ihnen sage, dass es jedenfalls die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in diesem Hause mit Sorge erfüllt, dass nicht nur diese Landesregierung ständig schwächer wird, sondern dass wegen der verfehlten Politik dieser Landesregierung unser Land Hessen ständig schwächer wird.
Es erfüllt uns mit Sorge, dass wegen der verfehlten Landespolitik dieser Landesregierung die Wirtschaftskraft unseres Landes ständig abnimmt. Wir halten es geradezu für eine Ungeheuerlichkeit, dass wir im Vergleich der Bundesländer nur noch an einer Stelle Spitze sind, nämlich bei der Zunahme der Arbeitslosigkeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in keinem anderen Bundesland der Bundesrepublik Deutschland wächst die Arbeitslosigkeit stärker als in unserem Bundesland Hessen. Kein anderes Bundesland hat einen dramatischeren Anstieg der Arbeitslosenzahlen zu beklagen als wir in Hessen.
Unter sozialdemokratischen Ministerpräsidenten war Hessen Spitze bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze. Unter Ihnen sind wir Spitze bei der Schaffung neuer Arbeitslosigkeit.
Herr Kollege Irmer, es ist immer schwierig, wenn man mit Realitäten konfrontiert wird. Diese Statistiken sind die Realität.Hier sehen Sie die Zunahme der Arbeitslosigkeit in Hessen. Ihr Problem ist wahrscheinlich, dass Sie keine Zeit haben, sich mit den Realitäten in unserem Lande auseinander zu setzen, weil Sie viel zu sehr damit beschäftigt sind, Ihren Kommunalpolitikern zu erklären, warum die Schuldnerberatungsstellen geschlossen werden, während sich die Verfügungsmittel dieser Minister um 250.000 c erhöhen.
Diese Statistiken sind das Dokument Ihres Scheiterns. Das Land Hessen hatte alleine im Dezember einen Anstieg der Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahresmonat um 9,7 %. Der Durchschnitt der Bundesrepublik betrug 2,2 %.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das zweitschlechteste Bundesland Baden-Württemberg folgt mit weitem Abstand mit 6,5 %.Da wir uns hier gerne mit Bayern vergleichen: Das drittschlechteste Bundesland in dieser Statistik hat 5,5 % Anstieg. Hessen ist mit weitem Abstand an der Spitze der Zunahme der Arbeitslosigkeit.
Das sind jetzt die Zahlen vom Dezember. Ich hätte Ihnen auch die Zahlen vom November, vom September, vom August aufzählen können. Immer waren wir an der Spitze der Zunahme der Arbeitslosigkeit. Immer waren wir wegen der Politik dieser Landesregierung die Schlechtesten in Deutschland.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt würden wir uns wünschen, dass diese Regierung wenigstens aufwacht und anerkennt, dass es da ein Problem geben könnte mit der Zunahme der Arbeitslosigkeit, dass die Regierung, dass die Mehrheitsfraktion sich wenigstens auf einen ernsthaften Diskurs mit der Opposition hier im Hause einlässt,um wenigstens darüber zu reden, was man denn tun kann, um dieses Problem zu lösen, um diese dramatische Entwicklung umzukehren. Aber stattdessen legt die Union einen eigenen Antrag zu diesem Tagesordnungspunkt vor, in dem sie in üblicher Manier die Bundesregierung beschimpft und ansonsten feststellt, dass wir, was die Arbeitslosenquote angeht, im Bundesdurchschnitt immer noch besser als der Durchschnitt dastehen.
Wollen Sie uns damit sagen, dass wir, was die Arbeitslosenquote angeht, besser als Sachsen dastehen, oder besser als Thüringen oder Niedersachsen? – Ja natürlich, aber das ist doch überhaupt nicht unser Thema.Wir wollen mit Ihnen darüber reden, dass in den letzten Monaten in keinem anderen Bundesland prozentual mehr Menschen ihre Arbeit verloren haben als in Hessen und dass das in diesem Land ein Problem ist.Dieses Problem wird von Ihnen nicht wahrgenommen.
Herr Ministerpräsident, die Entwicklung der Arbeitslosenquote hat zu entsprechenden negativen Ergebnissen geführt. Anfang letzten Jahres war – wie üblich im wirtschaftsstarken Hessen – die Arbeitslosenquote deutlich geringer als in unserem Nachbarland Rheinland-Pfalz. Mittlerweile haben die Rheinland-Pfälzer eine deutlich niedrigere Arbeitslosenquote als wir in unserem Bundesland Hessen, und die Ursache ist festzumachen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, in RheinlandPfalz wird aktive Wirtschaftspolitik gemacht, während wir in Hessen ein dilettantisches Gewurstel haben.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Nicola Beer (FDP): In RheinlandPfalz ist auch der Wirtschaftsminister Bauckhage von der FDP!)
Es ist doch nicht so, dass nur die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in diesem Hause sagen, es könne in unserem Land, das traditionell wirtschaftsstark ist, ein Problem geben. Ich habe hier eine Presseerklärung der Bundesagentur für Arbeit. Sie ist relativ aktuell, vom Montag, mit einer Prognose für das Jahr 2004:
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was muss denn noch passieren, dass diese Landesregierung aufwacht? Herr Ministerpräsident, muss denn Herr Stoiber aus Bayern Sie erst einmal wieder ordentlich rannehmen und Ihnen sagen, dass Sie erst in Hessen Ihre Hausaufgaben erledigen müssen,bevor Sie auf dem bundespolitischen Parkett mitspielen dürfen?
Wir stellen fest, dass diese Landesregierung noch nicht einmal ansatzweise Vorschläge zur Lösung dieses Problems hat. Die Landesregierung ist noch nicht einmal be
reit, die Ursachen dieser Entwicklung zu analysieren. Dabei ist es gar nicht schwer, die Ursache dieser katastrophalen Entwicklung der Arbeitslosenzahlen in Hessen zu analysieren. Wir haben Ihnen in dieser Statistik auch einen zweiten Balken aufgestellt.
Meine Damen und Herren, es ist die Entwicklung der Arbeitslosigkeit im Rhein-Main-Gebiet, die im Landesvergleich ebenfalls dramatisch schlechter ist, nämlich im Dezember 2003 eine Steigerung im Vergleich zum Vorjahresmonat um 14,2 %. Sie sehen an diesem Überhang, die Ursache für die dramatisch schlechte Entwicklung der Arbeitslosenzahlen in Hessen liegt – dies ist eindeutig festzumachen – im Rhein-Main-Gebiet.
Dies ist eine Entwicklung, die von der Wirtschaft seit langem gesehen und beklagt wird. Die VhU hat kürzlich in einer Presseerklärung festgestellt, dass die wirtschaftliche Herzregion des Landes Hessen, die Rhein-Main-Region, momentan im europäischen Vergleich auf Platz drei steht. Wenn sich nichts ändert, prognostiziert die VhU, werden wir bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2008 – Herr Ministerpräsident,Sie kennen diese Presseerklärung – im europäischen Vergleich auf Platz zehn abfallen.
Da stellt sich redlicherweise schon die Frage:Was ist denn das Problem in der Rhein-Main-Region? – Da sollte man dann, wenn schon nicht den Sozialdemokraten in diesem Hause, wenigstens der Wirtschaft in der Region einmal zuhören.