Jürgen Walter

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Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Wagner, wir reden über die innere Sicherheit, doch kann ich mir eine Bemerkung nicht verkneifen. Ich wusste nicht, dass der Vertreter der Linken, der als Mauerschützenkommunist bereits etwas Öffentlichkeit erregt hat, nun bei Ihnen im Wahlkreis kandidiert. Doch wenn Sie beide aufeinandertreffen – einerseits ein Altkommunist und andererseits ein extremer, fast extremistischer Dampfplauderer, wie Sie es sind –, dann wäre dies kulturhistorisch sicherlich etwas, was es in dieser Republik nur noch selten gibt. Es könnte wahrscheinlich relativ interessant sein, Ihnen beiden zuzuhören.
Herr Wagner, wir befinden uns aber im Parlament des Landes Hessen. Deshalb sollten wir, wenn wir über den Haushalt im Hessischen Landtag debattieren, diesen Unfug sein lassen,über den Sie die ganze Zeit geredet haben.
Herr Ministerpräsident Koch hat in seiner Rede gesagt, dass die SPD-Fraktion in Hessen nicht wolle, dass wir das sicherste Bundesland Deutschlands würden, und dass die SPD-Fraktion so ziemlich alles bekämpft habe, was dazu beigetragen hätte, in diesem Lande mehr Sicherheit zu organisieren. Das ist nicht nur Unfug, sondern es ist auch verantwortungslos.
Wir alle wissen, dass wir seit dem 11. September 2001 in diesem Lande eine neue Sicherheitslage haben, wahrscheinlich in ganz Europa, wenn nicht sogar weltweit.Wir alle wissen, dass es keine konservative Regierung war, sondern eine rot-grüne, sowie ein sozialdemokratischer Innenminister, Otto Schily, die mit den sogenannten Sicherheitspaketen I und II auf diese neuen Herausforderungen reagiert haben.Wir alle wissen, dass sie die eigentlichen Urheber dieser neuen Sicherheitslage in unserem Lande gewesen sind. Daher brauchen wir uns von den Konservativen nichts vorwerfen zu lassen, da es die Konservativen waren, die damals in Berlin das bekämpft haben, was die rot-grüne Bundesregierung beschlossen hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was wir allerdings nicht tun, ist das, was Herr Schäuble in Berlin als Politik der inneren Sicherheit ansieht, nämlich mit der Androhung eines Einsatzes von atomaren Waffen bzw. verschmutzten Bomben den Menschen Angst zu machen. Herr Schäuble jagt den Menschen vor terroristischen Anschlägen Angst ein,um für die CDU-Fraktion Stimmen zu gewinnen. Das gewährt keine innere Sicherheit, sondern das ist verantwortungslos.
Wir können den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes nicht mehr die absolute Sicherheit garantieren.Wenn die Politiker ehrlich sind, dann geben sie zu, dass die öffentliche Hand heute allenfalls noch eine Reduzierung von Gefahren versprechen kann. Hierbei kommt es aber darauf an, wer diesen Bereich am besten regelt.
Herr Kollege, ich würde mir vom Bundesinnenminister wünschen,dass er seine Landesinnenminister gelegentlich daran erinnern würde, dass der beste Schutz gegen Kriminalität sowie gegen Terror ausgebildete Polizeikräfte sind.
Der hessische Innenminister bräuchte diesen Hinweis dringend.
Herr Minister Bouffier, als Sie dieses Amt im Jahre 1999 übernommen haben, wies der Haushalt bei der Vollzugspolizei noch 14.564,5 Stellen aus. Der Haushalt für das Jahr 2008 weist gerade noch 13.378 Stellen aus.Wenn man hieraus die Differenz zieht, dann stellt man fest, dass Sie in den achteinhalb Jahren Ihrer Amtszeit bei der Polizei insgesamt 1.186,5 weniger Stellen zu verantworten haben.
Wer bei der Vollzugspolizei insgesamt 1.186,5 Stellen abschafft, der sollte lieber schweigen, wenn es um die innere Sicherheit dieses Landes geht.
Herr Kollege Wagner hat den freiwilligen Polizeidienst angesprochen.Warum sind wir gegen den freiwilligen Polizeidienst? Hierbei stellt sich die Frage, für was der freiwillige Polizeidienst steht. Meines Erachtens erfüllt der freiwillige Polizeidienst für die Landesregierung hauptsächlich den Zweck, eben diese eine Zahl zu verschleiern. Denn dort, wo ausgebildete Polizisten nicht mehr auf der Straße sind, setzt diese Landesregierung den freiwilligen Polizeidienst ein.
Wir Sozialdemokraten sind der Auffassung, dass es seinen Grund hat, dass ein Vollzugspolizist eine dreijährige Ausbildung braucht.Wir wollen, dass auf der Straße Profis für die Sicherheit sorgen, keine freiwilligen Polizeidienstleister.
Es stellt sich aber das Problem,dass wir diese Stellen nicht sofort wieder besetzen können, weil ein Polizist drei Jahre lang ausgebildet werden muss.Dennoch setzen wir bei der Ausbildung von Polizeibeamten an. Offensichtlich hat auch Herr Innenminister Bouffier erkannt, dass dies das eigentliche Problem ist, und daher hat er für das kommende Haushaltsjahr 150 Ausbildungsstellen mehr vorgesehen. Hier soll etwas getan werden, aber nur in diesem einen Wahlkampfjahr.Wir sagen hierzu: Das reicht nicht.
Wir haben in unseren Haushaltsanträgen vorgelegt, bei der Polizei in der nächsten Legislaturperiode alle fünf Jahre jeweils 200 Ausbildungsstellen zu schaffen. Das würde immer noch nicht alle 1.186,5 Stellen umfassen, die Sie abgebaut haben, aber immerhin wären es rund 1.100 neue Stellen.Wir haben daran, dass Sie diesen Antrag abgelehnt haben, gesehen, wie ernst es Ihnen mit der inneren Sicherheit ist, meine Damen und Herren von der CDU.
Nun zum nächsten Punkt. Wie gehen Sie mit den Polizistinnen und Polizisten in Hessen um? Diese üben unumstritten einen der gefährlichsten Jobs unseres Landes aus. Dennoch gab es eine Arbeitszeiterhöhung von 38,5 auf 42 Stunden die Woche. Als Dank für diesen aufopferungsvollen Dienst an der Gesellschaft – so nennen Sie ihn in Sonntagsreden immer wieder – gab es auch noch drastische Kürzungen sowohl beim Urlaubs- als auch beim Weihnachtsgeld, sodass Sie den Polizistinnen und Polizisten rund 17 % ihres Lohnes weggenommen haben.
Wir glauben,dass dies der falsche Weg ist.Denn es kommt nicht nur auf die Anzahl der Polizisten an, sondern auch darauf, dass wir auf der Straße motivierte Polizeibeamte haben.
Deshalb gibt es von unserer Seite die klare Aussage: Herr Innenminister, eine SPD-geführte Landesregierung wird die Arbeitszeit der Polizeibeamten sowie der anderen Beamten auf 40 Stunden die Woche reduzieren. Das ist eine klare Aussage dieses Wahlkampfs.
Herr Innenminister, wir werden die Polizeibeamten auch dadurch entlasten, dass wir wieder mehr Personal einstellen werden; denn ein weiteres Problem Ihrer Politik ist, dass die Lage insbesondere an den Wochenenden schwierig ist und dass mittlerweile so viel Personal eingesetzt werden muss, dass man, wenn man den einen oder anderen Polizeibeamten trifft, gesagt bekommt, er habe während der vergangenen acht Wochen kein einziges freies Wochenende gehabt.Wir werden diese besonderen Belastungen auf mehr Personal verteilen, sodass wir auf den Straßen wieder mehr motivierte Polizeibeamte vorfinden werden.
Herr Minister, wenn Sie dem allen nun widersprechen, weil dies Ihr Job ist, dann stelle ich fest: Damit werden Sie zumindest an einer Stelle nicht durchkommen, nämlich bei denen, um die es geht. Ich habe noch nicht einen Polizeibeamten getroffen, der Ihre Politik in irgendeiner Weise gutgeheißen hätte. Sie sagen, Sie bekämpften die Kriminalität. Mein Eindruck ist aber, dass Ihr Kampf vorrangig den Polizeibeamten dieses Landes gilt.
Nun zum nächsten Punkt: zum Tarifvertrag. Sie sind im Jahre 2004 aus der Tarifgemeinschaft der Länder ausgestiegen. Sie legen die Tarifbedingungen mittlerweile per Gesetz fest. Die klare Aussage der Sozialdemokraten lautet: Wir sind für einen Tarifvertrag, nicht für ein Tarifdiktat.Wir werden wieder in die Tarifgemeinschaft der deutschen Länder eintreten; und wir werden mit den Beschäftigten erneut, wie das bei einem modernen Personalmanagement üblich ist, Tarifverträge aushandeln, statt von Wiesbaden aus per Gesetz zu beschließen, welche Ansprüche die Bediensteten in diesem Lande haben.
Nun zur Ausstattung der Polizei. Herr Innenminister, diese hat sich in manchen Bereichen der Polizei tatsächlich verbessert. Ich möchte nun die EDV-Ausstattung aufgreifen, denn in diesem Zusammenhang haben wir schon häufig die Ausstattung mit SAP-Programmen diskutiert. Hinzu kommt nun das Dokumentenmanagementsystem DOMEA, welches Sie zu verantworten haben. In diesem Zusammenhang werden Sie nach der nächsten Landtagswahl verkünden, dass Sie aussteigen werden. Bis dahin werden Sie für dieses Programm 12 Millionen c verschwendet haben. Mittlerweile ist klar, dass sich sogar der Hersteller von diesem Programm verabschiedet hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sollten, um nicht noch mehr Geld zu verschwenden, unserem Antrag zustimmen, mit dem wir beabsichtigen, bis zur nächsten Landtagswahl keine weiteren Gelder in dieses völlig fehlgeleitete Programm zu investieren.
Zu den rechtlichen Instrumenten. Der Ministerpräsident hat die Onlinedurchsuchung angesprochen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, an dieser Stelle gibt es keinen Unterschied zwischen dem, was Ihre Landesregierung sagt, und unserer Position. Deshalb sind wir ein bisschen erstaunt über die Ausführungen des Ministerpräsidenten.Auch wir sind der Auffassung, dass eine rechtliche Grundlage für Onlinedurchsuchungen geschaffen werden muss, dass mit einem Richtervorbehalt und bei Katalog
straftaten eine Onlinedurchsuchung möglich gemacht werden muss.
Ich nehme Ihnen gleich den zweiten Punkt mit ab. Es ist ebenfalls über Terrorcamps diskutiert worden. Es ist eine sozialdemokratische Justizministerin, die gerade in Berlin einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, der eine Regelung zur Strafbarkeit der Beteiligung an Terrorcamps enthält. Ich sage Ihnen ganz offen, dass dieser Gesetzentwurf nicht meine komplette Zustimmung findet. Denn, wie Sie wissen, knüpft dieser Gesetzentwurf zum einen an der Beteiligung an einem solchen Terrorcamp an und fügt als zweite Voraussetzung hinzu, dass die Beteiligung und Ausbildung erfolgen müssen,um eine Straftat zu begehen. Ich halte dies nicht für praktikabel. Wir kennen im deutschen Strafrecht abstrakte Gefährdungsdelikte. Ich persönlich bin der Auffassung, dass allein die Tatsache, dass sich jemand in einem solchen Terrorcamp ausbilden lässt, zu einer Strafbarkeit führen muss. Denn wenn wir einen solchen Gefährder einmal im Land haben, müsste sich die hessische Polizei quasi rund um die Uhr um diesen in einem Terrorcamp Ausgebildeten kümmern. Ich glaube, dass es auch präventiv richtig ist, hier ein Signal zu setzen. Wir sind nicht der Auffassung, dass ein solcher Aufenthalt in einem Terrorcamp ein Erholungsurlaub ist. Wer sich in einem solchen Terrorcamp ausbilden lässt, muss wissen, dass er sich dadurch in Deutschland strafbar macht.
Ich muss zum Schluss kommen. – Sozialdemokratische Innenpolitik ist verantwortliche Innenpolitik. Wir versuchen nicht, aus den Ängsten der Bevölkerung Kapital zu schlagen. Sozialdemokratische Innenpolitik hält die Balance zwischen den Freiheitsrechten der Bevölkerung und dem Schutz der Bevölkerung vor Kriminalität. Herr Innenminister, sozialdemokratische Innenpolitik ist eine Politik, die mit den Beschäftigten dieses Landes gemeinsam arbeitet und nicht gegen die Beschäftigten in diesem Land.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gehe jetzt aber nicht in den Wettbewerb um den mitreißendsten Vortrag. Vielleicht vorab eine Bemerkung. Herr Kollege, ein Gesetz, das in 20 Jahren, wie Sie gesagt haben, exakt zweimal geändert worden ist, ist offensichtlich von der Grundanlage kein schlechtes Gesetz.Das hat man manchmal bei Gesetzen, die permanent verändert werden, ganz anders.
Sie haben in Ihrer Rede genau die beiden Punkte herausgegriffen, auf die ich mich intensiv vorbereitet hatte. Das muss ich nicht wiederholen.Auch wir sind der Auffassung, dass eine Novellierung an den von Ihnen genannten Punkten erforderlich ist. Heute Abend um 18 Uhr findet die Ausschusssitzung dazu statt. Die Punkte, die die Fachleute des Statistikgesetzes interessieren, können heute Abend im Ausschuss diskutiert werden. Grundsätzlich sind Sie mit diesem Gesetzentwurf auf dem richtigen Weg.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Posch hat sich eben ein bisschen darüber aufgeregt, dass Kollege Al-Wazir und die Fraktion der Bündnisgrünen quasi ein bisschen oberlehrerhaft hier zum wiederholten Male abfragen: Wie ist die Position zum Nachtflugverbot? Bislang haben alle, zumindest rhetorisch, gesagt, sie stehen zu dem Nachtflugverbot; ist das immer noch so?
Herr Kollege Posch, wir von der SPD-Fraktion haben mit dieser Abfrage überhaupt kein Problem. Ich bin an dieser Stelle auch überhaupt nicht verärgert, dass die GRÜNEN das hier noch einmal diskutieren. Wir sagen das, was wir als SPD-Fraktion in diesem Hause seit dem Mediationsergebnis immer wieder gesagt haben. Für uns gibt es den Ausbau nur mit dem Nachtflugverbot und den sonstigen Ergebnissen des Mediationsverfahrens.Aber, liebe Kollegen von den GRÜNEN, wir haben auch immer die Medaillentheorie hinzugefügt:Ohne den Ausbau wird es kein Nachtflugverbot geben. In diesem Sinne hat sich für die SPD-Fraktion nichts verändert.
Herr Al-Wazir, unabhängig davon, dass wir sozusagen am Tag und in der Nacht immer gleich beantworten, was Sie abfragen, ist es gut, dass wir in der jetzigen Situation noch einmal das Thema Nachtflugverbot und damit insgesamt das Thema Ausbau des Flughafens besprechen.Denn man muss sich in dieser Debatte zunächst einmal klar werden, was wir hier tun. Die letzte Debatte war, soweit ich mich erinnere, die zum Landesentwicklungsplan. Diese Debatte war eine, die konstitutiv für den Ausbau war, jedenfalls was die Zustimmung zum Landesentwicklungsplan angeht,nicht was den Begleitbeschluss angeht.Denn ohne den Landesentwicklungsplan könnte es keinen Planfeststellungsbeschluss für das Vorhaben Ausbau Frankfurter
Flughafen geben. Aber ohne einen Planfeststellungsbeschluss kann es keinen Ausbau geben.
Der Bereich, in dem wir uns jetzt zum wiederholten Male bewegen, betrifft die Resolution, das Wiederholen der Positionen. Die Positionen haben sich nicht verändert. Das haben die Rednerinnen und Redner der Fraktionen deutlich gemacht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, allerdings ist das Stimmengewirr im Vorfeld des Planfeststellungsbeschlusses, der für Ende des Jahres angekündigt ist, etwas dichter geworden. Nicht nur wir – da hat Herr Al-Wazir recht –, sondern auch andere melden sich in dieser Debatte mit Forderungen zu Wort.
Vor kurzem hat der BDI dargestellt, das Nachtflugverbot bringe große Probleme für die Wirtschaft, man wolle kein Nachtflugverbot. Das waren aber nicht die Ersten. Auch die Lufthansa hat immer erklärt, sie habe große Probleme mit dem Nachtflugverbot.
Insofern machen in dieser Situation alle noch einmal deutlich, was ihre Positionen sind und wo jeweils die Positionen sind. Es ist auch nicht ganz ungewöhnlich bei einem Projekt, das von so großer Bedeutung wie der Frankfurter Flughafen ist, dass alle vorher noch einmal ihre Position deutlich machen.
Jetzt beschreiten wir den weiteren Weg. Der Planfeststellungsbeschluss – ich nehme an, der Ministerpräsident oder der Wirtschaftsminister wird heute auch noch die Position der Landesregierung bekräftigen, die auch schon den Medien zu entnehmen war – wird mit dem entsprechenden Inhalt gefasst.
Meine sehr verehrten Damen und Herren der GRÜNEN, Sie wissen, wovon ich rede. Egal, was in diesem Planfeststellungsbeschluss stehen wird,er wird beklagt.Das ist der normale Vorgang.Alle sitzen an ihren Positionen.Alle sagen: Das muss so umgesetzt werden; wenn es nicht umgesetzt wird, dann klagen wir.
Sie haben bereits gesagt: Egal, was in diesem Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Flughafens stehen wird, werden wir klagen.
Auch andere vertreten diese Position. Jetzt sind wir an einem Punkt, wo unter rot-grüner Regierung ein anderer Weg versucht wurde, um ein solches Vorhaben, bei dem zwangsläufig nicht alle zum gleichen Ergebnis kommen können, zu lösen, nämlich das Mediationsverfahren. Das Mediationsverfahren mit dem Versuch, das Bild der Waage aller widerstreitenden Argumente zum Ausgleich zu bringen, kam zu einem Ergebnis. Möglicherweise glauben wir, dass damit die Mediation zwangsläufig beendet sein muss. Das ist aber falsch, denn die Mediation wird im Regionalen Dialogforum fortgesetzt, das Teil des Mediationsverfahrens war. Dieses Regionale Dialogforum wird unter dem Vorsitzenden Prof. Dr.Wörner in nächster Zeit einen Vorschlag unterbreiten. Unabhängig von den jeweiligen Positionen müssen wir als verantwortungsvolle Politiker alles für das Land Hessen und vor allen Dingen für die Rhein-Main-Region, die die Belastungen als Erste spüren wird, tun, dass dieses Regionale Dialogforum zu einem Ergebnis kommt.
Ich bin fest davon überzeugt, wir sollten in unserer Region unsere Probleme selbst durch eine Verhandlungslö
sung klären, als diese – feige – Entscheidung, sie zum Bundesverwaltungsgericht nach Berlin zu delegieren.
Ich weiß nicht, ob dies ob der Schwierigkeiten funktionieren kann. Es wäre aber fahrlässig, es zu unterlassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Bündnisgrünen, dieses Regionale Dialogforum, diese Verhandlungslösung innerhalb einer Region, bietet Chancen für die Menschen weit über die Möglichkeiten eines gerichtlichen Urteils hinaus.
Prof.Wörner hat sehr deutlich gemacht, dass wir in dieser Verhandlungslösung Dinge regeln können, die überhaupt nicht Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses sein können.Wir reden hier über lärmreduzierte An- und Abflugrouten, Minimum Noise Routings und Continuous Descent. All diese Dinge, über die wir hier diskutieren und die für die Leute von zentrale Bedeutung sind, können mangels Regelungskompetenz nicht in einem Planfeststellungsbeschluss geregelt werden. Sie können aber in einem Vergleich geregelt werden. Wer es unterlässt, diese Vergleichsanstrengungen zu unternehmen, der unterlässt es, den Lärm zu reduzieren, dort, wo es möglich ist.
Lärmreduzierungen können natürlich im Planfeststellungsverfahren geregelt werden. Was aber macht ein Gericht? Ein Gericht zieht in Abwägung, was rechtlich geboten ist und was rechtlich notwendig ist. In der Vergleichsbzw. Verhandlungslösung kann man an der einen Stelle weit über das rechtlich Gebotene hinausgehen. Wir sind jetzt in dem immer kleiner werdenden Zeitfenster vor dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses in der Situation, dass das, was im Vergleich in der Region geklärt werden kann, auch rechtlich verbindlich umgesetzt werden kann. Die Ergebnisse des Regionalen Dialogforums können im Planfeststellungsverfahren festgeschrieben werden. Wir wären bei dieser Thematik nicht einmal die Ersten.
Herr Kollege Al-Wazir, der Flughafen Wien – die Flughäfen haben doch heute alle die gleichen Probleme, wirtschaftliche Bedeutung auf der einen Seite, unabdingbar für Arbeitsplätze und Entwicklung, und auf der anderen Seite Lärm und Belastungen für die Menschen – hatte in seinem Ausbauvorhaben 55 Verfahrensbeteiligte, die letztlich auf dem Verhandlungsweg so weit gekommen sind, dass sie einen Vergleich geschlossen haben und eine Klage verhindert werden konnte.Dies ist ein vorbildliches Ergebnis. Ich würde mir wünschen, dass wir auch in unserer Region zu diesem Ergebnis kommen.Herr Kollege AlWazir, auch wenn Ihnen das nicht gefallen mag: Ich wünsche mir,dass dieses Regionale Dialogforum zu einem Ergebnis für diese Region kommt, und wir werden dieses Ergebnis akzeptieren.
Letzter Punkt: Verhandlungslösung. Etwas, was wir uns von der Landesregierung gewünscht hätten, was mit hätte eingebracht werden können, ist die Idee, die unser Kollege Lothar Klemm bereits in seiner Zeit in der politi
schen Diskussion angemahnt hat, nämlich die Regionaldividende. Es ist nun einmal so, dass dieser Flughafen große Vorteile für die Region bringt. Er bringt auch große Vorteile für unser Land Hessen im Ganzen und große Vorteile für die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland.Nicht alle,die Vorteile von diesem Flughafen haben, sind von diesem Flughafen gleich belastet. Diejenigen, die weiter weg wohnen, beispielsweise im Landkreis Limburg-Weilburg, haben eine geringere Lärmbelastung. Die Anwohner der Rhein-Main-Region hingegen haben auch die Lärmbelastung zu tragen.
Herr Ministerpräsident, die Idee, die Lothar Klemm in diese Diskussion gebracht hat, lautet: Das Land als wesentlicher Anteilseigner dieses Flughafens zahlt die Dividenden in einen regionalen Fonds ein und finanziert daraus kulturelle, sportliche, umweltpolitische und soziale Projekte in der Region Frankfurt/Rhein-Main, sodass es ein doppeltes Bild des Ausgleichs gibt. Die, die besonders belastet sind, können durch die Gewinne auch ganz unmittelbar Vorteile erlangen. Herr Ministerpräsident, wir haben mehrfach auf dieses Thema hingewiesen, Sie haben die Einnahmen aus diesen Dividenden normal in den Haushalt eingestellt. Wir würden uns wünschen, dass die Menschen in der Region, die von diesem Flughafen in besonderem Maße belastet sind, deutlicher die Vorteile des Flughafens sehen.
Es ändert sich nichts an der Diskussion. Die Positionen bleiben: kein Ausbau ohne Nachtflugverbot, allerdings auch kein Nachtflugverbot ohne den Ausbau.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von den GRÜNEN, Sie kritisieren gelegentlich, dass manche der Positionen von dem Mediationsergebnis abweichen würden. Das ist ein zulässiger Vorwurf. Sie sagen allerdings nicht im gleichen Satz, dass Sie nicht auf den Boden dieses Mediationsergebnisses stehen. Wäre es der politische Gegner, würde ich hier mit harten Ausdrücken wie „heuchlerisch“ oder „scheinheilig“ agieren.
Bei Ihnen sage ich es einmal vorsichtiger:vorsätzlich missverständlich.Was Sie gelegentlich verschweigen, ist:Wenn alles umgesetzt wird, wenn jedes einzelne Komma des Mediationsergebnisses umgesetzt wird, wenn man sogar über die Ergebnisse des Mediationsverfahrens hinausgeht, werden Sie trotzdem gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens sein. Das diskreditiert Sie in dieser Debatte.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, guten Morgen! Frau Präsidentin, Ihre Vorgabe war sehr ambitioniert: Die Reden sollen kampfeslustig, humorvoll und geistreich sein. Sie haben verschwiegen, wir sollen wahrscheinlich kürzer als fünf Minuten sprechen, weil unsere Tagesordnung noch so voll ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach nunmehr fünf Jahren vergleicht die Initiative „Neue soziale Marktwirtschaft“ in einer wissenschaftlichen Studie alle wichtigen ökonomischen und strukturellen Indikatoren der 16 deutschen Bundesländer. Daraus erstellt die „Wirtschaftwoche“ zum einen ein Dynamikranking, mit dem die Veränderungen in bestimmten Zeiträumen – in dem Fall der Zeitraum 2004 bis 2006 – gemessen werden, und zum anderen ein Bestandsranking, das über den Istzustand der Länder Auskunft gibt.
In gewisser Weise sind diese Rankings mit Tabellen vergleichbar, die wir aus dem Sport kennen. Sie geben nämlich Auskunft über die historische Stärke eines Bundeslandes, aber auch über die aktuellen Ergebnisse. Aus diesem Blickwinkel betrachtet kann man feststellen, dass unser Bundesland Hessen zwar immer noch im oberen Drittel der Tabelle steht, dass wir aber schon lange kein Spiel mehr gewonnen haben.
An der Stelle ist es in der Politik wie im Sport:Wenn eine an sich gute Mannschaft keine Erfolge mehr erzielt, sondern nur noch von der Substanz lebt, liegt das zumeist am Trainer. Das weiß vor allem der Kollege Hahn, der parteiübergreifend der Experte für Trainerfragen in unserem Parlament ist.
Herr Kollege Hahn, deshalb bin ich ganz sicher, dass Sie im Geiste mitreden,wenn ich sage,dass die Voraussetzung dafür, dass unser Land wieder Spiele gewinnt, dass unser Land wieder stark wird, die Situation ist, dass Ministerpräsident Koch von seinem Stuhl entbunden wird und der neue Trainer unseres Bundeslandes Andrea Ypsilanti heißt.
Mit Frau Ypsilanti wird auch die wirtschaftliche Dynamik wieder zum Markenzeichen unseres Bundeslandes werden.
Lassen Sie mich zu den Fakten kommen. Im aktuellen Bestandsranking belegen wir Hessen hinter Bayern und Baden-Württemberg Platz 3. Das ist eigentlich ein guter
Platz. Im Dynamikranking für die Zeit zwischen 2004 und 2006 belegen wir aber nur den vorletzten Platz.Schlechter als unser Bundesland Hessen ist lediglich Brandenburg.
Herr Wagner, Herr Koch, ich gebe Ihnen Recht, dass bei aller wissenschaftlichen Exaktheit dieser Indikatoren deren Gewichtung ein bisschen subjektiv ist. Man kann das eine höher bewerten als das andere, z. B. den Faktor Arbeitslosigkeit höher als den Faktor wirtschaftliche Entwicklung. Eines sollte aber außer Streit stehen: dass wir tendenziell eine große Diskrepanz haben zwischen der gewachsenen Stärke unseres Landes und den Entwicklungen in den letzten Jahren.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind sehr wohl bereit, anzuerkennen, dass unser Bundesland Hessen auch unter Ministerpräsident Roland Koch ein starkes Bundesland ist.Wir sind ein Stück weit sogar stolz darauf, weil diese Stärke über einen Zeitraum von 40 Jahren sozialdemokratische Ministerpräsidenten und Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in diesem Lande erarbeitet haben.
Herr Ministerpräsident,umgekehrt erwarten wir aber von Ihnen, dass Sie endlich bereit sind, objektive Kriterien – z. B. Arbeitslosigkeit und Wirtschaftswachstum – zur Kenntnis zu nehmen.
Herr Ministerpräsident, es ist nämlich so: Seit Sie Hessen mit absoluter Mehrheit regieren, werden wir im Vergleich zu allen anderen Bundesländern in Deutschland schwächer.
Ich will Ihnen die wichtigsten Zahlen aus dem Dynamikranking der Entwicklung von 2004 bis 2006 nennen. Das sind im Wesentlichen Zahlen von Instituten, auf die die Sozialdemokratie nur einen ausgesprochen geringfügigen Einfluss hat.
Nehmen wir das wirtschaftliche Wachstum. Das Bruttoinlandsprodukt in Hessen hat sich in den letzten zwei Jahren – von 2004 bis 2006 – um gerade einmal 2,5 % gesteigert. Zum Vergleich unsere Nachbarn im Süden: Baden-Württemberg hat eine Steigerung von 5,4 % – in zwei Jahren nahezu die doppelte Steigerung gegenüber der in Hessen.
Zweitens. Herr Ministerpräsident, für die Zukunftsfähigkeit ganz wichtig ist der Produktivitätszuwachs. Hier gibt es fast die gleichen Zahlen wie beim Wirtschaftswachstum. Das erstaunt nicht. Auch hier ist unser Bundesland Hessen mit einer Steigerung der Produktivität um 2,3 % wieder ganz hinten im Ranking der Bundesländer. In der Spitzengruppe liegen Bundesländer mit Werten von über 5 %.
Zur Arbeitslosenquote. Herr Ministerpräsident, Bayern und Baden-Württemberg sind Länder, mit denen Sie sich gerne vergleichen wollen. In Bayern und Baden-Württemberg ist die Arbeitslosenquote in den letzten beiden Jahren – von 2004 bis 2006 – nahezu unverändert geblieben. In den Bundesländern im Osten ist die Arbeitslosenquote sogar zurückgegangen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Hessen ist die Arbeitslosenquote um über 1 % gestiegen.
Herr Ministerpräsident, die Fachwelt hat dieses Problem erkannt. Ich zitiere aus dem „Wiesbadener Kurier“ vom 26.06. die Helaba zu dem Thema. Dort heißt es:
Der Wirtschaftsaufschwung in Deutschland geht nach Einschätzung der Landesbank Hessen-Thüringen derzeit noch ein Stück weit am hessischen Arbeitsmarkt vorbei.
Herr Wirtschaftsminister, ich bin froh, dass Sie bei diesem Thema dabei sind. Das geht Sie auch ein bisschen an.
Die Helaba weiter:
Die Expansionsfreudigkeit der hessischen Industrie war aber im vergangenen Jahr nicht so groß wie andernorts.
Herr Ministerpräsident, warum ist das so? Und vor allen Dingen: Was wollen Sie tun, damit sich dieser schlechte Zustand in unserem Land ändert?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum letzten Indikator. – Herr Wirtschaftsminister, Sie können die Zahlen bestreiten.
Eines aber geht nicht – nämlich das, was Sie in den letzten Jahren getan haben. In den letzten Jahren haben Sie dieses Problem schlicht ignoriert.
Die erste Voraussetzung dafür, dass man ein Problem lösen kann, besteht darin, es zu erkennen. Weder Sie, Herr Wirtschaftsminister,noch Sie,Herr Ministerpräsident,waren bisher auch nur bereit, anzuerkennen, dass sich alle anderen Bundesländer um uns herum objektiv besser entwickeln. Es ist nicht hessische Tradition, dass die Rheinland-Pfälzer eine niedrigere Arbeitslosenquote haben als wir.
Herr Wirtschaftsminister, das ist nicht der Dramaturgie der Rede geschuldet, sondern der Dramatik der Zahlen. Ich wiederhole es nochmals: Unser Bundesland Hessen hat sich bei allen wirtschaftlichen Indikatoren schlechter entwickelt als alle umliegenden Bundesländer.
Herr Ministerpräsident, es ist auch keine rhetorische Frage, sondern ich denke, dieses Parlament darf tatsächlich eine Antwort auf die Frage erwarten, und zwar jetzt, was Sie zu tun gedenken, um diese negative Entwicklung in unserem Land umzukehren, was Sie zu tun gedenken, damit Hessen wieder dahin kommt, wo – ich denke, das sollte außer Streit stehen – unser Bundesland hingehört, nämlich ganz nach oben.
In den letzten Jahren haben Sie dazu nichts gesagt. Deshalb bin ich nicht ganz sicher, ob Sie, Herr Ministerpräsident, heute in dieser Debatte etwas dazu sagen können. Sicher bin ich mir aber, dass Sie dazu nichts Fundiertes werden sagen können; denn Sie haben in den letzten beiden Jahren ebenfalls nichts zu diesem Thema gesagt.
Im Prinzip ist dieses Problem nicht neu. Wir reden über Fehler, die in der Vergangenheit gemacht wurden. In den Jahren vor 2004 befand sich Deutschland am Rande einer schweren Rezession. Die Rot-Grünen haben sich in Berlin abgestrampelt,
um unser Land mit Reformen wieder zukunftsfähig zu machen. Aber Sie und Ihre Ministerpräsidentenkollegen von der Union haben im Bundesrat alles blockiert,
damit es in unserem Land nicht nach vorne geht. In Hessen und in anderen Ländern haben Sie dann beklagt, dass sich nichts bewegt.
Jetzt kann man sagen: Das ist Politik. Das waren nicht Sie alleine, das waren alle Ministerpräsidenten der Union.
Herr Ministerpräsident, angesichts dieser Entwicklung in den anderen Bundesländern muss man aber feststellen, dass die anderen Ministerpräsidenten zwar genauso blockiert und nach Berlin gedeutet haben wie unser Ministerpräsident Koch – dass die aber diese Zeit genutzt haben, um ihre Länder so zu verändern, dass sie in der dynamischen Entwicklung an Hessen vorbeiziehen. Herr Ministerpräsident, auch diese Entwicklung haben Sie verschlafen.
Man kann ja gelangweilt tun, aber schauen Sie, wir haben momentan das wahrscheinlich stärkste Weltwirtschaftswachstum der letzten 100 Jahre.
Wir haben die Situation, dass alle anderen alten Industrienationen von der Globalisierung weniger profitieren als Deutschland. Wir haben die Situation, dass der internationale Warenaustausch in einer Art und Weise boomt, wie wir das noch nie gekannt haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Bundesland Hessen mit seiner exportorientierten Wirtschaft und seinem internationalen Finanzsektor, seinem Flughafen, der der zentrale Flughafen in Deutschland, ja in Kontinentaleuropa ist, mit seiner Logistikbranche im Zentrum Deutschlands müsste in dieser Situation weltwirtschaftlichen Wachstums eigentlich an der Spitze des Wachstums in Deutschland stehen. Herr Ministerpräsident, warum, glauben Sie, ist trotz dieser hervorragenden Außenbedingungen, die wohl noch niemals besser waren, unser Bundesland schlechter als beispielsweise Rheinland-Pfalz oder Hamburg? Herr Ministerpräsident und auch Herr Wirtschaftsminister, es wird Zeit, dass wir in diesem Land Hessen wieder mit einer aktiven Wirtschaftspolitik zu agieren, zu regieren beginnen; denn sonst werden die anderen so weit an uns vorbeiziehen, dass diese traditionelle Stärke unseres Bundeslandes in den nächsten Bestandsrankings nicht mehr gegeben sein wird.
Ich will Ihnen einige Beispiele geben. Angesichts der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit kann man es nur bei Stichworten belassen.
Erstens. Herr Ministerpräsident, der Ausbau des Frankfurter Flughafens dauert viel zu lange.
Die Weltwirtschaft und der Warenverkehr wachsen. Sie haben 1999 angekündigt, im Jahr 2006 die neue Bahn in Betrieb gehen zu lassen.
Mittlerweile hoffen Sie, das Jahr 2011 zu erreichen.
Einmal ganz ehrlich: Sie kündigen den Planfeststellungsbescheid für Ende dieses Jahres an. Herr Ministerpräsident, tatsächlich wissen Sie nach wie vor nicht, wie Sie gegenüber der Lufthansa und den anderen Unternehmen, die im Vertrauen auf die Eröffnung eines rund um die Uhr nutzbaren internationalen Weltflughafens Hunderte von Millionen Euro investiert haben, ein absolutes Nachtflugverbot umsetzen wollen.
Wahrscheinlich schreiben Sie es in den Planfeststellungsbeschluss mit hinein, obwohl Ihnen Ihre eigenen Juristen sagen, das sei relativ schwierig.
Ich halte das für einen unglaublichen Vorgang. Seit acht Jahren ist das Nachtflugverbot eines der zentralen Themen dieses Ausbaus. Nach wie vor aber verweigern dieser Ministerpräsident und auch sein Genehmigungsminister jede hauchdünne Andeutung darüber, wie dieses Nachtflugverbot umgesetzt werden soll.
Herr Wirtschaftsminister, wissen Sie, warum das Bundesland Hamburg in diesem Dynamik- und Bestandsranking so hervorragend abschneidet und in der Tabelle wirklich ganz nach oben gekommen ist?
Wegen des Hafens, wegen des internationalen Warenverkehrs, der über diesen Hafen abgewickelt wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit unserem Flughafen hätten wir auch eine solche Entwicklung gemacht.
Zweitens.Sie investieren viel zu wenig in die Infrastruktur in unserem Lande. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Dynamikranking hat uns nachgewiesen, dass die kommunalen Investitionen in keinem anderen Land so gering sind wie in Hessen.Leidtragende dieser Situation sind die Handwerker. Denen fehlen die Aufträge.
Leidtragende dieser Situation sind aber auch die Bürgerinnen und Bürger, die auf diese Leistungen angewiesen sind.
Herr Boddenberg, auch bei Ihnen in Frankfurt sind viele Klos an den Schulen genauso verstopft wie die hessischen Straßen.
Herr Ministerpräsident, an dieser Stelle: Mit den Straßen haben wir immer Spaß.Vor acht,nein,vor neun Jahren hat der Oppositionspolitiker Roland Koch quasi auf dem Bagger mit laufendem Motor gesessen und gesagt: Wenn wir dran sind, werden die A 44 und die A 49 gebaut.
Herr Ministerpräsident, heutzutage schieben Sie die Verantwortung dafür, dass quasi nichts passiert ist, auf einen kleinen Molch, der nachgewiesenermaßen das deutsche Planungsrecht nicht kennt. Was Sie in den letzten acht Jahren in dieser wichtigen Frage geleistet haben, kann man mit einem Wort zusammenfassen: nichts.
Frau Präsidentin, ich hätte gern diese Beispiele, warum unser Bundesland im Dynamikranking so weit nach hinten gefallen ist, weitergeführt. Aber wir alle müssen die Redezeit von 15 Minuten einhalten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Ministerpräsident, wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden unser Bundesland nicht schlechtreden. Herr Ministerpräsident, wir werfen Ihnen aber vor, dass Sie unser Bundesland schlecht regieren. Unter sozialdemokratischen Ministerpräsidenten, von Georg August Zinn bis Hans Eichel, haben wir Hessen an die Spitze der Bundesländer in Deutschland gebracht. Sie machen unser Bundesland schwächer.Wir wollen nach der nächsten Landtagswahl in sieben Monaten die Erfolgsgeschichte der Sozialdemokratie in diesem Land mit der Ministerpräsidentin Andrea Ypsilanti fortschreiben.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Wintermeyer, ich gebe Ihnen recht, wenn Sie sagen,dass wir die letzten 30 Jahre in unserer Region Frankfurt/Rhein-Main nur über Kultur geredet haben, aber bislang nichts passiert ist. Ich gebe Ihnen nicht recht, wenn Sie sagen,dass jetzt etwas Positives passiert ist.Tatsächlich ist gar nichts passiert. Sie sind nach wie vor in dem Zustand, dass nur geredet wird.
Das, was heute passiert – ich nenne es einmal vorsichtig: Ergebnisse der Mediation –, und die Diskussionen, die geführt werden, zeigen doch, dass wir nach wie vor keine regionale Identität, keine regionale Gesamtverantwortung und keine regionale Organisation haben.Das Einzige,was man Ihnen zugute halten kann, Herr Ministerpräsident und meine sehr verehrten Damen von der Regierung, ist, dass sich nicht nur in den letzten acht Jahren nichts bewegt hat,sondern dass sich in den 22 Jahren vorher,die Sie angesprochen haben, ebenfalls nichts bewegt hat. Sie sind in den acht Jahren keinen Schritt weiter gekommen. Es ist in der regionalen Organisation nichts passiert, und das kann man Ihnen nachweisen.
Es war vorher doch schon so. Sie haben den Umlandverband abgeschafft. Das war richtig. Der Umlandverband war nichts anderes als ein Gremium, in dem sich Kommunalpolitiker aller Parteien verabredet haben, dass nichts geschieht.
Dann kommen Sie einen Schritt weiter und legen das Ballungsraumgesetz vor. Sie sagen: Das Ballungsraumgesetz wird der Schlüssel für die Region Frankfurt/Rhein-Main sein. Wir warten erst einmal vier Jahre, bis der Staatsgerichtshof entscheidet, dass das Gesetz nicht verfassungswidrig ist. – Und dann sagen Sie: Jetzt können wir anfangen.
Herr Ministerpräsident, das war nach fünf Jahren in der Regierung. Dann kommt die erste Dringlichkeitserklärung, und Sie machen ein Standortmarketing. Der Erfolg dieses Standortmarketings hat sich nicht zuletzt in China gezeigt. Frankfurt/Rhein-Main fährt mit, und Frankfurt fängt an, zu maulen, und sagt: Wir sind nicht dabei. – Die
Erklärung ist, sie werden wieder ihr eigenes Standortmarketing aufbauen. Das Frankfurter Standortmarketing ist jetzt größer und personell besser ausgestattet, als es vorher der Fall war. Herr Ministerpräsident, das ist ein „großer“ Erfolg für die Region Frankfurt/Rhein-Main.
Jetzt kommen wir zum Kulturzwangsverband und zu den vorläufigen Ergebnissen der Region. Sie hatten – ich glaube,es war im Dezember 2004 – in einem Interview angesprochen, wir müssten es gemeinsam tragen, und haben die Zahl von 120 Millionen c genannt, der zunächst niemand widersprochen hat. Dann haben wir vor einem Jahr, im Juli 2005, über die Dringlichkeitserklärung debattiert. Damals waren es noch 70 Millionen c,weil Sie den Frankfurter Anteil draußen hatten. Heute reden wir über 10 Millionen c, die die Kommunen gemeinsam mit dem Land zur – man muss auf den Wortlaut achten – Verhinderung des Zwangsverbands aufbringen sollen.
Frau Kollegin Beer, deshalb haben Sie völlig recht: Es ist kein Kulturthema, sondern das ist ein Abwehrthema der Region und kein positives.
Hier stellen sich Fragen. Herr Ministerpräsident und Herr Corts, ich weiß nicht, wer von Ihnen sie beantwortet. Die erste Frage ist klar:Reicht Ihnen das? Am Dienstag sollen die Ergebnisse festgelegt werden. Die Mediatoren, die sich Mühe gegeben haben, haben ein Anrecht darauf, zu erfahren, ob dieses Volumen von 10 Millionen c den Zwangsverband tatsächlich verhindern kann.
Es stellt sich eine zweite Frage. Herr Corts, Sie sind Mitglied der Mediation. Mediation bedeutet, dass alle Ja sagen müssen. Ich habe hier die Aussage von Groß-Gerau auf dem Tisch liegen: Inhalte stehen im Vordergrund, die Groß-Gerauer waren nicht dabei. Das heißt, die Kommune und der Landkreis Groß-Gerau werden sich nicht beteiligen. Bedeutet das, dass die Mediation damit gescheitert ist?
Herr von Harbou ist IHK-Präsident. Er kann möglicherweise die IHK-Beiträge anheben, aber er kann nicht die Kommunen im Kreis Groß-Gerau zwingen, sich gegen ihren Willen zu beteiligen.Was heißt es also, wenn nicht alle Kommunen in dem Ballungsraum mitmachen?
Herr Ministerpräsident, auch daran sieht man, dass Ihr Gesetz nicht wirkt.Wir haben doch ein Parlament, in dem alle vertreten sind, den Rat der Region. Den haben Sie mit Ihrem Gesetz gegründet.Aber der Rat der Region ist genau wie der Umlandverband nicht dazu in der Lage, über diese Fragen auch nur zu debattieren. Also lagern wir es aus in ein Mediationsverfahren, und zwar mit dem Ergebnis, dass diejenigen, die wie die Groß-Gerauer bei dem Mediationsverfahren nicht dabei sind, aber im Rat der Region vertreten sind, im Nachhinein alles scheitern lassen. Wenn Ihre Instrumente wie der Rat der Region halbwegs ernst gemeint wären, hätte man es im Rat der Region diskutieren müssen und wäre jetzt nicht in der schwierigen Situation, dass Sie beantworten müssen, Herr Corts: Was heißt es, wenn Kommunen aus dem Verband nicht mitmachen werden?
Ein dritter Punkt, den Sie beantworten sollten, ist die Frage,was mit diesen 10 Millionen c überhaupt finanziert werden soll. Ich lese: „kulturelle Einzelereignisse der Region“, „vorrangig neue, zusätzliche Projekte mit internationaler Ausstrahlung“ und die Absicht, „bestehende Projekte auf ein höheres,internationales Niveau anzuheben“.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,das Budget der Alten Oper beträgt 45 Millionen c. Davon bezahlt die Stadt Frankfurt 40 Millionen c. Mit 10 Millionen c können Sie das Städel finanzieren. Das hat einen Etat von 9.700.000 c.Was machen wir also mit diesen 10 Millionen c? Wer soll darüber entscheiden?
Wenn Sie sagen, diese 10 Millionen sind dazu geeignet, dass wir neue Projekte von Weltruhm und von Weltbedeutung in unserer Region einführen, dann machen Sie sich im internationalen Vergleich lächerlich, Herr Ministerpräsident.
Herr Ministerpräsident, man sieht auch an dieser Stelle wieder:Das Problem – ich glaube,Herr Stölzl hat es in seinem Gutachten geschrieben – ist, dass man die Probleme unserer Region nicht monothematisch lösen kann, sondern dass wir ein Gremium brauchen, in dem ein Ausgleich unterschiedlicher Themen stattfindet. Um es einmal flapsig zu formulieren: Du bekommst Kultur, wenn ich mein Gewerbegebiet mit dem Investor bekomme. – Dafür hat die SPD einen Vorschlag gemacht, und dieser Vorschlag lautet: Regionalkreis. Das ist die Antwort für die Region Frankfurt/Rhein-Main.
Herr Ministerpräsident, ich teile Ihre Auffassung, dass wir als Landesparlament die Region nicht aus ihrer Verantwortung entlassen dürfen. Ich teile auch Ihre Auffassung, dass Landesmittel immer nur als Kofinanzierung gesehen werden dürfen. Aber warum sind Sie denn der Auffassung, dass es basisdemokratischer ist, wenn wir hier als Landesparlament der Region vorschreiben wollen,wie sie ihre Finanzströme organisieren soll, statt die Region organisatorisch so auszustatten, dass sie selbst entscheiden muss, wie ihre Finanzen ausgestattet werden? Auf Deutsch:Warum muss das Landesparlament und kein regionales Parlament über die regionale Frage entscheiden?
Herr Präsident,meine sehr verehrten Damen und Herren, erst einmal guten Morgen! Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in diesem Hause beklagen die momentane Schwäche unseres Landes Hessen. Für diese Schwäche unseres Landes machen wir Sie, Herr Ministerpräsidenten Koch, und die Landesregierung verantwortlich.
Jetzt wird von Ihrer Seite eingewandt, das sei ein starker Satz gleich am Anfang. Herr Milde, Sie erwarten, dass ich das, was ich jetzt gesagt habe, auch belege. Da wir in einer Haushaltsdebatte sind, macht man so etwas sinnvollerweise anhand des konkret vorgelegten Haushalts. Ich würde dies auch gerne tun und mich mit dem vorgelegten Haushaltsplanentwurf auseinandersetzen. Aber dies ist nur sehr eingeschränkt möglich, weil dieser vorliegende Haushaltsplanentwurf eigentlich nicht beratungsfähig ist.
Was ich jetzt vorhabe, ist gewagt, nämlich in einer Generaldebatte über unsere Haushaltssystematik zu reden. Aber es gibt so einen Punkt, wo wir als Gesamtparlament ein Interesse daran haben, dass das eigentlichste Recht eines Parlaments, nämlich einen Haushalt ordentlich beraten zu können, also das Budgetrecht, eingehalten wird. Bei dem, was wir hier tendenziell vorgelegt bekommen haben, sehe ich die Gefahr, dass das Budgetrecht des Haushaltsgesetzgebers dauerhaft verletzt wird.
Dieser Haushalt ist nämlich vollständig intransparent. Er ist nicht steuerungsfähig. Ob dieser Haushalt in der vorgelegten Form dem Grundsatz der Haushaltsklarheit entspricht oder ob hier nicht die verfassungsmäßig verbürgten Rechte des Parlaments verletzt werden, ist mehr als fraglich. – Ich bitte um Entschuldigung, es dürfte jetzt etwas trocken werden.
Herr Kollege Milde, einiges von dem, was ich hier sage, mag in Ihrem Bereich auch eine Rolle spielen. Nur, es geht hier um das grundlegende Recht unseres Parlaments, deshalb möchte ich das ansprechen.
Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten meinen, alles, was in einem Haushalt veranschlagt ist, muss auch vom Parlament geändert werden können. Das heißt konkret: Ziele, Produktdesign, Bezugsgrößen, Kennzahlen zur Produktqualität, Kosten und schließlich die Produktabgeltung müssen veränderbar sein. Meine sehr verehrten Damen und Herren,dazu muss das Parlament aber auch befähigt sein. Das heißt, wenn das Parlament das Produktdesign ändern will, muss es über die Kosten der Teilleistungen informiert sein. Nur dann hat das Parlament ein echtes Leistungscontrolling in der Hand, und dies ist momentan nicht der Fall.
Herr von Hunnius klatscht mit, das zeigt, dass ich nicht ganz danebenliege.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir als Haushaltsgesetzgeber momentan dabei sind, diese ureigenste Kompetenz des Budgetrechts über SAP an die Landesregierung abzutreten – und dafür bezahlen wir noch 29 Millionen c im Jahr.
Damit es nicht ganz so trocken wird, will ich es an einigen Beispielen deutlich machen. Sie kennen die Systematik: Produkt, Leistungsbeschreibung und dann die Abgeltung. Paradebeispiel für ein vollkommen heterogenes Produkt ist das ministerielle Standardprodukt. Jeder von Ihnen, der sich den neuen Produkthaushalt einmal angesehen hat, wird an irgendeiner Stelle auf das ministerielle Standardprodukt gestoßen sein. Es heißt: „Politikgestaltung und -vermittlung sowie Beratung und Unterstützung der Landesregierung“.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Produkt ist so grob definiert, dass man theoretisch ein ganzes Ministerium unter dieser Bezeichnung budgetieren könnte. Kein Mensch weiß, was mit den Mitteln dieses Produktes geschehen soll. Kein Mensch weiß, was mit diesen teilweise
zweistelligen Millionenbeträgen tatsächlich geschieht. Wenn man das so heterogen veranschlagt, brauchen wir als Parlament uns eigentlich nicht mehr mit diesem Haushalt auseinanderzusetzen.
Aus der kursorischen Lesung wurde berichtet, dass mittlerweile auch der Landesregierung klar geworden ist, dass diese Produktmonster nicht mehr handhabbar sind. Um es ein bisschen aufzulockern, will ich das an ein paar Beispielen verdeutlichen. Ich ziehe immer den Einzelplan 04 heran, weil er komplett umgestellt ist. Wir haben in dem Einzelplan 04 unter dem Produkt „Weiterbildung von Lehrkräften“ eine Zählgröße, die heißt: „Menge: 330 durchgeführte Prüfungen pro weitergebildeter Lehrkraft“.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, 330 Prüfungen pro weitergebildeter Lehrkraft – das ist völlig gaga.
Sie sind kein Freund der Lehrer unseres Landes, und Sie tun ihnen nichts Gutes. Aber wenn Sie Lehrer weiterbilden, fordern Sie von ihnen doch keine 330 Prüfungen. Es steht aber im Haushalt. Was soll man mit so etwas anfangen?
Sehr schön auch das Produkt „Service Medien Land“, ebenfalls im Einzelplan 04. Meine sehr verehrten Damen und Herren, was ist „Service Medien Land“? Das ist die Bezeichnung des Produkts. Dann gibt es die Leistungsbeschreibung. – Frau Wolff ist anwesend. Frau Wolff, das ist Ihr Haushalt, vielleicht hören Sie einen Augenblick zu. Herr Kollege Wagner, ich spreche gerade Frau Wolff direkt an.
In Ihrem Haushalt steht das Produkt „Service Medien Land“. Dann folgt die Leistungsbeschreibung dieses Produktes „Service Medien Land“. Diese lautet: „Service Medien Land“.
Das heißt also: Das Produkt „Service Medien Land“ wird beschrieben mit der Formulierung „Service Medien Land“. Das wäre alles wirklich lustig, wenn hier nicht bei der Abgeltung 2,24 Millionen c stünden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, 2,24 Millionen c, von denen wahrscheinlich kein Mensch, noch nicht einmal Sie, auch nur ahnt, was damit passiert – so einen Haushalt legt der Finanzminister vor.
Lieber Herr Milde, dass ich mit meinen Ausführungen nicht ganz falsch liege, wird dadurch bestätigt, dass Sie bzw. die Landesregierung selbst eingeräumt haben, dass es nun Zeit wird, sich mit den Kennzahlen zu befassen. Das zeigt, dass die Landesregierung ihr eigenes System nicht verstanden hat. Hätte sie das System nämlich verstanden, hätte sie nach allen rationalen und betriebswirtschaftlichen Kriterien die Definition von Verwaltungsprodukten, Bezugsgrößen und Kennzahlen für die Qualitätsmessung in einem Guss mit den Produkten entwickelt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dabei wäre Ihnen aufgefallen, dass das, was Sie bis jetzt definiert haben, überwiegend Unsinn ist.
Die Union klatscht nicht, weil sie sich offensichtlich nicht mit dem Haushalt befasst hat.
Ich will Sie noch mit ein paar weiteren wunderschönen Beispielen aus diesem – –
Ich habe ja gesagt, was ich hier in der Generaldebatte sage,ist alles gefahrgeneigt.Herr Kollege Boddenberg,ich will Ihnen noch ein paar weitere schöne Blumen aus dem Haushalt Ihrer Landesregierung darstellen. Ich bleibe immer im Einzelplan 04. So gibt das Land für die Fortbildung von Lehrkräften an Grund-, Haupt-, Real- und Förderschulen im nächsten Jahr 89 Cent pro Lehrer aus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bezugsgröße sind allerdings 838.992 Lehrkräfte.
Das heißt, Sie gehen von rund einer Million Lehrkräften aus und bezahlen für jede von ihnen 89 Cent.Völliger Unsinn, was in diesem Haushalt steht.
Wir haben das gegliederte Schulsystem, und deshalb muss das alles sehr genau gemacht werden. Da wird auch sehr genau unterschieden zwischen Hauptschulen und Gymnasien. Frau Wolff ist immer sehr genau bei der Gliederung. Deshalb haben wir einen Einzelplan mit dem Produkt „Fortbildung Studienseminare Gymnasien“. Dafür steht im Schnitt weniger Geld zur Verfügung, nämlich nur 0,13 c.Allerdings geht Frau Wolff in ihrem Haushalt von 659.208 Gymnasiallehrern aus.
Nur um die Absurdität noch auf die Spitze zu treiben: Es gibt da noch ein Produkt „Verpflegung“ im Amt für Lehrerbildung. Bei der Verpflegung im Amt für Lehrerbildung wird Wiedergutmachung für die Beschimpfung der Lehrerinnen und Lehrer in den letzten Jahren geleistet. Es werden nämlich 31.900 Mahlzeiten zu einem Preis von je 29,89 c, also rund 30 c pro Mahlzeit, veranschlagt. Na dann: den Lehrern eine gute Mahlzeit.
Wieder ernsthaft: Der Rechnungshof in Baden-Württemberg hat das dortige neue Steuerungsinstrument evaluiert und kommt zu verheerenden Ergebnissen. Die Kosten sind nach Ansicht des Rechnungshofs exorbitant, Einführung und Betrieb der neuen Systeme sehr, sehr teuer und Effizienzgewinne bislang nicht ersichtlich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,ich bin davon überzeugt,dass,wenn unser Rechnungshof die bisherigen Ergebnisse, Kosten und Effizienzgewinne der neuen Steuerung in unserem Landeshaushalt überprüfen würde, die Ergebnisse noch verheerender wären. Denn bei uns ist es noch teurer, und es kommt noch weniger dabei heraus. Das Parlament wird in seinem Recht der Budgetkontrolle letztlich ausgeschaltet.
Um es deutlich zu machen: Wir bekennen uns zur Notwendigkeit einer Verwaltungsmodernisierung. Aber das, was hier unter dem Schlagwort „neue Verwaltungssteue
rung“ vorgelegt wird, ist nichts anderes als ein absoluter Etikettenschwindel. Sie verkaufen uns ein pseudo-betriebswirtschaftlich-wissenschaftliches Blendwerk als eine Optimierung von Verwaltungsabläufen, und dabei verwechseln Sie permanent Input und Output.
Herr Boddenberg, eigentlich wäre die CDU-Fraktion zufrieden, wenn nur die Gesamteinnahmen und die Gesamtausgaben aufgeführt würden. Das wäre auf einem Blatt zu verankern. Das würde Ihre Fraktion einstimmig beschließen, und die Landesregierung könnte dann machen,was sie wollte.Das,was momentan vorliegt,ist nichts anderes.
Abschließend zum Haushalt: Viel mehr als die Rahmendaten kann man diesem Haushalt tatsächlich nicht entnehmen.
Ich komme zu der wichtigen Frage: Wie sieht es mit der Konsolidierungspolitik aus, die der Finanzminister für sich in Anspruch nimmt? Da stelle ich fest, dass wir im Jahre 2007 nach Plan 700 Millionen c mehr an bereinigten Einnahmen haben als nach dem Iststand 2005 und dass nach der bislang von allen anerkannten Verfassungsgrenze die zulässige Nettoneuverschuldung bei 900 Millionen c liegt. Das heißt, wir sind 400 Millionen c über der Verfassungsgrenze,der sogenannten alten Definition.Der Finanzminister spricht heute ja von einer „freiwilligen Selbstbindung“.
Selbst wenn der Finanzminister die Steuermehreinnahmen – in seiner Pressemeldung war die Rede von 300 Millionen c – zur Reduzierung der Nettoneuverschuldung aufwenden will, sind wir bei rund 1 Milliarde c neuer Schulden.
Die nach der Verfassung zulässige Grenze der Neuverschuldung liegt bei 900 Millionen c. Wir werden über 10 % Steuermehreinnahmen haben. Trotzdem schafft es diese Landesregierung nicht einmal, die nach der Verfassung zulässige Grenze der Neuverschuldung einzuhalten. Nicht konsolidieren,sondern im Haushaltsjahr konsumieren, ist der Grundsatz dieser Landesregierung.
Mit diesem Haushaltsentwurf kann man nicht viel anfangen. Herr Ministerpräsident, deshalb müssen wir uns mit Ihrer Politik beschäftigen. Ich sagte es Ihnen bereits eingangs: Wir beklagen die Ergebnisse Ihrer Politik. Wir beklagen, dass unser Bundesland Hessen im Vergleich zu den anderen Bundesländern immer schwächer wird.
Jahrzehntelang war Hessen vorne. Das war das Markenzeichen unseres Landes Hessen in Deutschland. Es waren die Landesregierungen unter sozialdemokratischen Ministerpräsidenten, die Hessen nach 1946 an die Spitze der deutschen Bundesländer geführt haben.
Unter dem jetzt amtierenden Ministerpräsidenten Koch ist unser Land schwächer geworden. Hessen hat an Kraft verloren.Andere Länder haben uns überholt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, am deutlichsten kann man dies an der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt erkennen. Seit dem Jahr 2004 liegt unser Bundesland Hes
sen hinsichtlich der Arbeitslosigkeit ständig über dem Durchschnitt der westdeutschen Bundesländer. Wir liegen seither ständig über dem westdeutschen Durchschnitt. Das Nachbarland Rheinland-Pfalz hat uns mittlerweile hinsichtlich der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt nicht nur überholt. Vielmehr vergrößert sich die Spanne sogar noch weiter. Die Differenz wird immer größer.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unter sozialdemokratischen Ministerpräsidenten lag Hessen immer an der Spitze hinsichtlich der Schaffung neuer Arbeitsplätze. Herr Ministerpräsident Koch, unter Ihrer Regierung sind wir an der Spitze hinsichtlich der Schaffung von Arbeitslosigkeit. Auch aus ökonomischen Gründen können wir uns Sie nicht mehr leisten.
Die Mitglieder der CDU grinsen angesichts dieser Zahlen. Das macht die Sache noch bedenklicher.
Ich will Ihnen die Zahlen, die von der Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht wurden, noch einmal nennen. Es sind ganz aktuelle Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. Sie betreffen den Oktober 2006. Da betrug die Arbeitslosenquote in Hessen 8,4 %. Im Durchschnitt der westdeutschen Bundesländer betrug sie 8,2 %. In Rheinland-Pfalz lag sie bei 7,2 %.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, früher war das anders. „Hessen vorn“ stand für diese guten Zeiten.In Wiesbaden regierten Sozialdemokraten unser Land, und in Mainz Christdemokraten. Das Ergebnis war: Hier ging es uns besser, denen drüben ging es schlechter.
Eines davon will ich gar nicht grundlegend ändern. Denn ich gönne unseren Nachbarn aus Rheinland-Pfalz die positive Entwicklung, zu der es unter einer sozialdemokratisch geführten Regierung mit Ministerpräsidenten Kurt Beck gekommen ist. Ich akzeptiere aber nicht, dass unser Bundesland Hessen immer schwächer wird.Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen Hessen wieder an die Spitze der deutschen Bundesländer führen.
Der Herr Wirtschaftsminister wendet jetzt gerade mit einer Frage Folgendes ein: Wer hat denn 1998 in Berlin regiert? – Dieser Einwand kam in fast jeder Haushaltsdebatte und in fast jeder anderen Debatte an dieser Stelle in den letzten Jahren. Da wurde immer eingewandt: Ja, es stimmt, wir haben in Hessen große Probleme. Ja, es stimmt, wir können nicht mit dem Geld umgehen. Ja, es stimmt, der Arbeitsmarkt ist nicht in Ordnung. Aber wir sind nicht daran schuld, denn in Berlin regieren die Roten und die GRÜNEN. – Herr Rhiel, das war die immer wieder angeführte Argumentation.
Diese Argumentation ist sehr gefahrgeneigt. Denn mittlerweile sind in Berlin andere mit zugange. Sie haben jetzt das Problem, dass Sie endlich werden erklären müssen, was Sie hier in Hessen tun.
Sie können nicht mehr auf andere deuten, wenn Sie darüber reden, dass es uns hier in Hessen so schlecht geht.
Herr Kollege Rhiel, Sie wissen, dass Ihre Argumentation von Anfang an nicht richtig war. Wir vergleichen die Ergebnisse Ihrer Politik in Hessen immer mit den Ergebnissen anderer Bundesländer Deutschlands, wie z. B. mit Rheinland-Pfalz. In Rheinland-Pfalz gelten die gleichen bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen wie hier in Hessen; denn Rheinland-Pfalz ist kein Freistaat. Da gelten genau die gleichen Regelungen hinsichtlich der Steuern und der Wirtschaft, wie sie in unserem Land Hessen gelten. Herr Minister Rhiel, Sie konnten aber niemals erklären, warum die sich dort unter den gleichen Bedingungen so deutlich besser entwickeln als wir, was objektiv unbestritten ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe meine persönliche Vermutung, warum die sich unter den gleichen Bedingungen so deutlich besser entwickeln als wir hier in Hessen. Es könnte daran liegen, dass sie in RheinlandPfalz erstens einen besseren Ministerpräsidenten, zweitens eine bessere Landesregierung und drittens eine bessere, weil sozialdemokratische Politik haben.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten geben uns nicht damit zufrieden, dass unser Bundesland Hessen im Vergleich der deutschen Bundesländer so weit abgerutscht ist. Wir wollen, dass „Hessen vorn“ wieder zum Slogan unseres Landes in ganz Deutschland wird.Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen, dass Hessen wieder zum Vorbild in Deutschland wird.
Ich werde auf all diese Punkte zu sprechen kommen. Herr Kollege Boddenberg, es sollte aber eigentlich unser gemeinsames Ziel sein, Hessen wieder nach vorn zu führen.
Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Wir würden uns wünschen, dass, wenn über Hessen berichtet wird, wieder über die in unserem Bundesland erzielten Erfolge und nicht mehr ausschließlich über Skandale in diesem Bundesland berichtet wird.
Was muss also getan werden?
Was muss getan werden, damit unser Bundesland wieder nach vorn geführt werden kann?
Ich habe angesprochen, dass wir in unserem Bundesland früher besser waren. Ich habe „Hessen vorn“ angesprochen.
Herr Boddenberg, obwohl ich in das Mikrofon spreche, versuche ich gar nicht, lauter als Sie zu schreien. Denn ich habe Probleme mit meinem Hals.
Früher galt also: „Hessen vorn“. Was war das Grundrezept der erfolgreichen sozialdemokratischen Ministerpräsidenten? Worin bestand das Grundrezept unserer Vorgänger? Ich glaube, wir werden jetzt nicht mehr bestimmen können, wie das Erfolgsrezept aussah. Bei den vorhergehenden Regierungen gab es aber einen grundlegenden Unterschied zu der Regierung dieses Ministerpräsidenten, des Herrn Koch. Die Mitglieder der vorhergehenden Regierungen wussten, dass die soziale Balance in unserem Bundesland Hessen die Voraussetzung für wirtschaftlichen Aufschwung ist. Herr Ministerpräsident Koch, in Diskussionen wird bei Ihnen die soziale Balance – wir können das auch soziale Gerechtigkeit nennen – immer dem wirtschaftlichen Aufschwung entgegengesetzt. Für Sie ist die soziale Balance in diesem Lande, wenn sie denn überhaupt vorkommt, immer nur der Bremsklotz für den wirtschaftlichen Aufschwung.Wir sagen:Wenn wir dieses Land wieder nach vorn bringen wollen, dann müssen wir soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Balance wieder in Einklang bringen.
Da will ich die Maßstäbe nennen. Es geht erstens darum, dass wir die Menschen stark machen,dass wir sie autonom machen,damit sie später nicht von Alimentation abhängig sind. Das betrifft also die Bildungspolitik. Darauf werde ich eingehen.
Zweitens.Wir brauchen eine leistungsfähige Infrastruktur hinsichtlich der Mobilität, der Daseinsvorsorge, der Justiz und der inneren Sicherheit.
Drittens. Wir brauchen auch Instrumente, um Menschen zu helfen, die in Not geraten sind.
Die entsprechenden Instrumente gehören nun einmal mit dazu, wenn man eine soziale Balance haben will. Ich habe vorhin vorwurfsvoll gesagt, diese Landesregierung würde soziale Gerechtigkeit allenfalls als Bremsklotz für den wirtschaftlichen Aufschwung ansehen. Das wurde von Ihrer Seite nicht wirklich bestätigt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Ministerpräsident Koch, wenn es anders wäre und Sie mit Ihrem Einwand: „Das stimmt doch nicht“ recht hätten, dann hätten Sie nicht mit Ihrer „Operation sichere Zukunft“, die wir „Operation düstere Zukunft“ nennen, das soziale Netz und die soziale Infrastruktur unseres Landes so brutalstmöglich zerstören dürfen, wie Sie es getan haben.
Die Menschen stark machen und die Menschen unabhängig machen, das ist die Aufgabe der Bildungspolitik. Die Frau Kultusministerin redet davon, Hessen sei das Bildungsland Nummer eins.
Nein, ich meine Frau Wolff. Herr Hahn, wir sind hier in Hessen. Ich habe von der Kultusministerin gesprochen.
Die Kultusministerin redet davon, Hessen sei das Bildungsland Nummer eins. Ich möchte jetzt wieder die objektiven Vergleichszahlen anführen, denn auf irgendetwas muss man sich einigen. Der „Bildungsmonitor 2006“ des
Instituts der deutschen Wirtschaft wird von Ihnen kritisiert, wobei man aber sagen muss, dass das Institut der deutschen Wirtschaft alles andere als eine sozialdemokratische Einrichtung ist. Der „Bildungsmonitor 2006“ des Instituts der deutschen Wirtschaft attestiert unserem Bundesland Hessen,dass wir uns bei den weiterführenden Schulen auf dem vorletzten Platz befinden. Herr Wissenschaftsminister, hinsichtlich der Hochschulen ist unser Bundesland Hessen auf den letzten Platz abgerutscht. Hessen ist also nicht das Bildungsland Nummer eins, sondern das Bildungsnotstandsland Nummer eins.
Diese Zahlen sind nicht einfach aus der Luft gegriffen. Dieses negative Ranking unseres Landes lässt sich begründen. Im Jahr 2004 haben nahezu 20 % aller Schulabgänger die Schulen ohne Abschluss verlassen. Dazu gehören auch die beruflichen Schulen.Mit dieser Zahl wird das eigentliche Dilemma nur ansatzweise beschrieben. Laut der Ergebnisse der Studie PISA-E aus dem Jahr 2003 verfügen 24,3 % der hessischen Jugendlichen über eine Lesekompetenz der Stufe I oder darunter. Frau Kultusministerin, d. h., dass bei einem von vier Jugendlichen unseres Landes spätestens bei einer Prüfung für die Aufnahme einer Ausbildung, also bei einem Bewerbungstest, deutlich wird, dass dieses Kind massive Probleme hat, einen Text lesen und verstehen zu können.Diese Defizite,die bei diesen Jugendlichen dann aufgetreten sind, werden dazu beitragen, dass es diese Jugendlichen extrem schwer haben werden, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Sie werden es sehr schwer haben, eine qualifizierte Ausbildung und später einen Beruf zu bekommen.
Ich persönlich habe mehrfach in diesem Hause gesagt, dass das einfache Hinnehmen der Tatsache, dass eines von vier Kindern durchgereicht wird, der eigentliche Skandal in unserem Bundesland Hessen ist.
Durch diese Politik werden Tausenden von Kindern die Perspektiven und die Chancen genommen. Dabei wissen wir alle doch, dass die Bildung heute das eigentliche Fundament für den sozialen Aufstieg ist.
Jetzt geraten wir in diese Debatte. Das ist die Einzige, die Sie an der Stelle führen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, zunehmend verfestigt sich bei mir der Eindruck, dass Ihnen die Kinder völlig gleichgültig sind. Ihnen geht es nur um das Schulsystem. Sie diskutieren immer nur über das Schulsystem.
Machen wir es einmal konkret: Vor wenigen Wochen – vielleicht vor zwei Wochen; ich habe das nur im Radio gehört – haben 25 Kultusminister der EU die Bundesrepublik Deutschland dafür kritisiert, dass die Kinder zu früh selektiert und auf die unterschiedlichen Schulformen verteilt werden.
Dann wird Frau Wolff interviewt und mit dieser Kritik der 25 EU-Kultusminister konfrontiert. Ihre Antwort im
„HR“ war, daran sei doch nicht das gegliederte Schulsystem schuld. Im Übrigen verbiete sie die Gesamtschulen in unserem Lande nicht. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht doch nicht darum, die Gesamtschulen nicht zu verbieten, sondern darum, einen längeren gemeinsamen Unterricht zu fördern.
Ich spreche an dieser Stelle übrigens nicht nur über die Perspektiven der Kinder, sondern immer auch über das Gebot der ökonomischen Vernunft. Außerhalb der hessischen CDU sind sich nämlich fast alle darin einig, dass wir es uns auf die Dauer, bei den demografischen Entwicklungen, die uns bevorstehen, nicht mehr werden leisten können, 25 % eines jeden Schuljahrgangs den Zugang zu höheren Qualifikationen zu verwehren. Das wird sich ein Staat nicht leisten können.Auch aus ökonomischen Gründen können wir uns das in Zukunft nicht mehr leisten.Die Bildungspolitik,die Sie betreiben,ist also sozial ungerecht und ökonomisch unvernünftig.
Der Ansatz von uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist ein anderer:Wir wollen möglichst viele Kinder mit möglichst hohen Qualifikationen, und wir wollen möglichst kein Kind ohne Qualifikation. Ich wiederhole: viele Kinder mit hohen Qualifikationen, kein Kind ohne Qualifikation.
Das ist eine Provokation für die CDU in diesem Hause; denn die CDU-Bildungspolitik mit dem ideologischen Ansatz, nach der 4. Klasse möglichst genau zu selektieren, sieht etwas anderes vor. Sie will aussortieren und frühzeitig festlegen, welchen Kindern dauerhaft alle Perspektiven genommen werden, zu hohen und höchsten Bildungsabschlüssen zu kommen.
Diese Art von Politik hat auch etwas mit der Durchlässigkeit einer Gesellschaft zu tun. Sie hat etwas damit zu tun, dass wir wollen, dass Kinder aus einfachen Verhältnissen die Möglichkeit haben, aufzusteigen.
Der Wirtschaftsminister murmelt, das sei „Schwachsinn“.