Protokoll der Sitzung vom 13.11.2007

Herr Al-Wazir ist mit seinem Abgeordnetenausweis auf der Standspur durchgebrettert.Aber das können wir alles nachher noch einmal ansprechen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ach du liebe Zeit! Da war ein Stau!)

Herr Kaufmann, die Frage ist, ob der Stau auf der Autobahn oder woanders war. Das muss man hier einmal analysieren.

(Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Wenn ich mir den Beschluss des Bundesparteitags der SPD anschaue, stelle ich fest, dass er mit einer äußerst

schwachen Mehrheit zustande gekommen ist. Wenn man sich die Geschichte der Forderung nach Tempolimits seitens der GRÜNEN oder der Linken anschaut, stellt man fest, dass die Anträge immer dann gestellt werden, wenn sie keine Verantwortung tragen. Das heißt, die Befürchtung, dass so etwas umgesetzt wird, ist relativ gering.

Lassen Sie mich einmal feststellen, dass die Hälfte aller Unfälle mit Personenschäden innerorts passiert – also nicht auf der Autobahn, sondern in innerörtlichen Baulagen, wo der Verkehr durch Regelwerke und durch Schilder gelenkt wird und trotz Tempo 50 oder Tempo 30 leider immer wieder Unfälle passieren. Jeder Unfall ist ein Unfall zu viel. Ein Unfall mit Personenschaden oder mit dem Tod eines Verkehrsteilnehmers ist schlimm. Wir arbeiten daran, dass die Personenschäden rückläufig sind, indem wir eine andere Philosophie als Sie vertreten.

Wir müssen konstatieren, dass auf den Bundesautobahnen nur etwa 10 % aller Unfälle mit Personenschäden passieren. Meine Damen und Herren, die Zahl der Getöteten und Schwerverletzten ist seit 2000 kontinuierlich rückläufig. Die meisten Todesopfer – das möchte ich hier auch noch einmal herausstellen – sind auf Bundes- und Landesstraßen zu beklagen.

In diesem Zusammenhang möchte ich, weil ich selbst überzeugter Feuerwehrmann bin, erwähnen, dass die Rettungsorganisationen, die wir vorhalten, um den Menschen zu helfen, einen großen Dank dafür verdienen, dass sie vor Ort sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Michael Denzin (FDP))

Wir müssen zusehen, dass wir die Mobilität in ländlichen Regionen aufrechterhalten. Wenn in bestimmten Bereichen zu viele Unfälle passieren, müssen wir unser Augenmerk darauf richten. Gerade bei uns in Nordhessen sind in letzter Zeit

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In der ländlichen Fläche fährst du mehr als 130, das ist aber gefährlich!)

Herr Al-Wazir – viele Unfälle passiert, die man durch bestimmte Maßnahmen verhindern könnte: indem man die Leute durch eine vernünftige Ausbildung – was Sie gesagt haben: Führerschein mit 17 – rechtzeitig an das Fahren heranführt, indem man die Fahrwege verbessert bzw. Unfallschwerpunkte beseitigt.

Meine Damen und Herren, das nächste Argument, das immer wieder vorgebracht wird, ist die CO2-Bilanz. Das ist momentan in Mode. Früher war es das Wort „nachhaltig“, jetzt wird überall die CO2-Minderung angeführt. Wenn man weiß, dass dieses Tempolimit – da fragen Sie einmal Ihren eigenen Umweltminister, Herrn Gabriel – nur zu 0,2 oder 0,3 % zur CO2-Minderung beiträgt, muss man andere Instrumente wählen, um hier tätig zu werden.

An dieser Stelle sage ich als Christdemokrat: Wir müssen zur Stauverminderung kommen.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) und Axel Wintermeyer (CDU): Richtig, so ist es!)

Denn durch einen Stau wird so viel CO2 ausgebracht, dass wir,wenn wir alle Staus in Deutschland beseitigen können – ich nenne hier die Aussage „Staufreies Hessen 2015“, an der wir arbeiten –, eine Minderung des CO2-Ausstoßes von 20 % erreichen könnten.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Na wunderbar!)

Herr Al-Wazir,Sie können dann in Ruhe auf dem Standstreifen fahren, denn er ist dann ja freigegeben. Sie brauchen nicht Ihren Abgeordnetenausweis, um sich dort Privilegien zu verschaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir sollten dazu beitragen, dass diese CO2-Minderung allen zugutekommt. Wir sollten wirklich an einer Stauminderung arbeiten.

Meine Damen und Herren, der ADAC hat des Weiteren in Bezug auf die Staus festgestellt, dass neben der CO2Belastung auch ein volkswirtschaftlicher Schaden von ungefähr 100 Milliarden c durch Arbeitszeitverluste eintritt. Dieses Geld – da sind wir uns, glaube ich, einig – könnte man besser woanders einsetzen. Da wollen wir uns nicht über die Verteilung streiten. Aber es ist nicht nur die Arbeitszeit,die verloren geht,sondern es kommen auch viele Leute gestresst zur Arbeit. Aus Angst, unpünktlich zu sein, sehen sie sich vielleicht genötigt, die Verkehrsregeln zu übertreten. Ich will mich da gar nicht ausschließen. Da muss man an seinem Erkenntnisprozess arbeiten. Ich glaube, dass man dazu die entsprechende Ruhe braucht.

Ich bin der Meinung,dass wir mit dem Innovationsprojekt „Staufreies Hessen 2015“ zusammen mit unserem Ministerpräsidenten Roland Koch und mit dem Wirtschaftsminister einen innovativen Bereich angestoßen haben und dass wir in Hessen auch entsprechendes wissenschaftliches Know-how an den Hochschulen haben und Absatzmärkte für dieses Produkt „Staufreies Hessen“ schaffen.

Meine Damen und Herren, etwa auf der Hälfte der Gesamtstrecke der deutschen Autobahnen ist das Tempo schon begrenzt. Das Tempo ist in weiten Teilen heruntergesetzt. Gott sei Dank hatte 1999 – da kommt er gerade herein – der damalige Verkehrsminister Posch damit begonnen, das Tempolimit dort, wo es nicht mehr erforderlich war, zu beseitigen. Herr Posch, fassen Sie es freundschaftlich auf: Wir haben Sie als „Schrauber“ bezeichnet, weil Sie entsprechende Schilder abgeschraubt haben. Sie sind dort persönlich tätig geworden.

Auf der anderen Seite muss ich, wenn ich Erhebungen mache und feststelle, dass neue Unfallschwerpunkte hinzugekommen sind, auch Verkehrsleitmaßnahmen durch entsprechende Tempolimits ergreifen. Das bedarf einer ständigen Überprüfung. Ich bin Herrn Rhiel auch sehr dankbar, dass er dies fortsetzt und dafür sorgt, dass die Autobahnen und Schnellfahrstrecken entsprechend genutzt werden können.

Diese generelle regelmäßige Überprüfung ist natürlich wichtig und muss auch mit den Leuten vor Ort abgestimmt werden. Man muss diese Daten ganz penibel auswerten, um entsprechende Leitsysteme und Leitmaßnahmen anordnen zu können.

Meine Damen und Herren, Autobahnen in Deutschland sind die sichersten Verkehrswege weltweit. Sie machen hier 5 % des Gesamtstraßennetzes aus. Ich glaube, dass der Verkehr, der hier abgewickelt wird, auch im Vergleich zu anderen Ländern der sicherste ist. Gegen eine europäische Harmonisierung von Geschwindigkeitsbeschränkungen sprechen unterschiedliche Ausbaustandards von Straßen und damit gravierende Unterschiede bei Sicherheitsstandards.

Der Ausbau von Straßen führt zu einer größeren Sicherheit. Ausgerechnet in diesem Zusammenhang, beim Ausbau von Straßen – der Herr Minister hat es eben in der Fragestunde angesprochen –, wird nach meiner persönlichen Überzeugung dem Land Hessen aus taktischen Gründen wichtiges Geld nicht zugestanden.Wenn ich mir ansehe, dass Sie in Ihrem Personalkarussell momentan einen Herrn Roth für Verkehr nominieren, der für eine andere Verkehrspolitik steht, als wir dies tun, dann muss ich fragen: Was hat Herr Roth bisher getan, um das Geld für die A 49 zur Verfügung zu stellen?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Es gab in Kassel bei E.ON eine Diskussion, bei der der Ministerpräsident saß und von der SPD die dritte Riege geschickt worden war und dann behauptet wurde, das Geld sei da.

Meine Damen und Herren, ich sage an dieser Stelle ausdrücklich: Wenn sowohl Herr Roth als auch Herr Schaub innerhalb dieser oder der nächsten Woche dafür sorgen, dass das Geld da ist, spendiere ich persönlich aus meinem Bestand ein Schwein,das hier für eine Festlichkeit genutzt werden könnte.Wir würden uns freuen, wenn das Geld da wäre, sodass wir endlich mit dem Ausbau der A 49 beginnen können.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir sind hier inzwischen auf einem Niveau angekommen, das ist unglaublich! – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist die Sau, die Sie immer durchs Dorf treiben! Die wollen Sie jetzt schlachten!)

Herr Minister, Sie sind dann herzlich eingeladen. Die Freiheit nehme ich mir heraus.Aber Herr Roth sollte dafür sorgen, wenn er schon im Bundestag sitzt, dass uns das Geld für diese wichtige Verkehrsinfrastrukturmaßnahme zur Verfügung gestellt wird.

Der Vergleich der europäischen Unfallstatistiken zeigt, dass wir in allen Bereichen in der Unfallstatistik besser abschneiden, in denen die meisten Länder in der Europäischen Union Beschränkungen haben.

(Zuruf von der SPD: Jeder Unfall ist einer zu viel!)

Was auch auffällt:Von 1997 bis 2007 ist ein Rückgang von ungefähr 60 % bei den Unfällen festzustellen.Was hier in Hessen besonders auffällt: Ein großer Teil davon entfällt auf den Zeitraum von 1999 bis 2007.

Meine Damen und Herren, zügiges Fahren – das erlebe ich jeden Tag wieder – kann den Verkehrsfluss fördern. Denn wenn Fahrzeuge langsam fahren und auffahren, entsteht ein Stau,der sich nicht auflöst.Durch zügiges und dynamisches Fahren kommt es zu einem anderen Fahrverhalten. Es können mehr Fahrzeuge die gleiche Strecke passieren, als wenn eine Verengung vorgenommen wird.

Meine Damen und Herren, die Autobahnen – das möchte ich hier auch als Nordhesse sagen – sind ein Garant für unsere Automobilindustrie und die Jobs, die an ihr hängen. Wir haben in Rüsselsheim Opel und in Kassel VW. Daneben haben wir viele Zuliefererbetriebe. Was immer wieder vergessen wird: Zigtausende Arbeitslätze in Hessen leben davon, dass Hessen für die Automobilindustrie einen wichtigen Standort darstellt.

Genau so, wie Sie den Transrapid und neue Technologien verhindern, wollen Sie jetzt die Automobilwirtschaft kaputt machen.Wenn wir nicht dafür Sorge tragen, dass unsere Autos sich auf den Autobahnen frei bewegen können,

dann werden Sie dafür sorgen, dass die Automobilindustrie abbaut.

(Zuruf der Abg. Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dann heulen Sie wieder Elefantentränen, dass wir eine so hohe Arbeitslosigkeit haben. Das kann es nicht sein.

(Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da kann man nur eines sagen: Mein Gott, Walter! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das tut so weh!)

Herr Kaufmann, wenn Sie diesen Film anführen, drückt dies Ihre Nähe zur Behindertenpolitik aus. Wenn Sie den Film wirklich gesehen haben, sollten Sie das hier so nicht zitieren. Ihnen ist aber auch nichts gut genug, um es hier nicht in die Politik zu werfen. Wenn Sie hier den Film „Mein Gott, Walter“ zitieren, sollten Sie sich dafür schämen.

(Beifall bei der CDU)

Wir sollten hier ordentlich über Verkehrspolitik reden. Herr Kaufmann, genauso, wie Sie aus ideologischen Gründen den Flughafen Frankfurt ablehnen, wollen Sie den gesamten Wirtschaftsstandort Hessen kaputt machen und wollen auch noch ein Tempolimit zulasten der Automobilindustrie. Das machen Sie nicht mit uns.

(Beifall bei der CDU – Andrea Ypsilanti (SPD): Sie haben von Ideologie keine Ahnung!)

Ich habe anfangs gesagt, wir haben ein anderes Menschenbild. Wir wollen die Freiheit des Bürgers und nicht die Schikane des Bürgers. Wir wollen verantwortungsvolle Mitmenschen,die mit ihrer Verantwortung umgehen können.

Meine Damen und Herren, wenn Rot-Grün tatsächlich ein Tempolimit wollte oder Ihnen daran gelegen wäre, hätten Sie es in den unglücklichen Jahren in Berlin umsetzen können. Es ist aber wie bei allen Sachen: Das, was Sie mit dem Herzen nicht wollen, hinter dem Sie nicht richtig stehen, wird nicht beantragt.

Hier noch ein Zitat von Herrn Kelber aus der Bundestagsdebatte von vergangenem Freitag – er ist Mitglied der SPD-Fraktion des Deutschen Bundestags –:

Ich bin der festen Überzeugung, dass durch die Erweiterung der Verkehrsbeeinflussungsanlagen mit flexiblen Geschwindigkeitsregelungen ein großer Beitrag