Oder mit anderen Worten: Eine finanzpolitische Linie ist nicht erkennbar. Es ist schon mehr als ein finanzpolitisches Nebelwerfen, wenn der Finanzminister in seiner Pressemitteilung schreibt, es sei – wie er so schön sagt – „ein hartes Stück Arbeit gewesen,trotz erheblicher Mehrbelastungen die vorgesehene Nettoneuverschuldung unverändert beizubehalten“. Die nackten Fakten sehen anders aus. Trotz erheblicher Steuermehreinnahmen nach LFA ist es nicht gelungen, die Nettoneuverschuldung zu senken. Das ist die Realität.
Auch das schöne Bild, das der Finanzminister in seiner Pressemitteilung verwendet – er vergleicht Hessen mit einem 100-m-Läufer, der, weil er besser als die anderen ist, beim Rennen eine Bleiweste tragen muss –, ist grundsätzlich falsch. Richtig ist, das meiste Blei in seiner Weste hat er sich selbst umgehängt.Und das merken in der CDU immer mehr. Nicht umsonst sind Spekulationen über den Weggang des Finanzministers undementiert geblieben.
Das Traurige ist, dass dieser Finanzminister allerdings nicht seine Regierung, sondern unser ganzes Land mit in den finanzpolitischen Strudel hineinreißt. – Kommen wir zurück zu den Fakten.
Durch die konjunkturellen Verbesserungen und den wirtschaftlichen Aufschwung haben sich die Steuereinnahmen insgesamt verbessert. Überall führt dies zu Haushaltsentlastungen, leider nicht in Hessen, und dies aufgrund der verfehlten Haushaltspolitik dieser CDU-Regierung. Dies wird allein durch wenige Vergleichszahlen zwischen dem Nachtrag 2007 und dem Istergebnis von 2006 deutlich: Anstieg der bereinigten Gesamtausgaben zwischen 2006
und 2007 ohne LFA plus 4 %. Im Geldausgeben ist die Landesregierung spitze, der Wahlkampf lässt grüßen.
Gleichzeitig stellen wir einen Rückgang der Investitionen um 2,1 % fest. Die dramatischste Zahl, die der Finanzminister verschweigt: Anstieg der Neuverschuldung gegenüber dem letzten Jahr trotz Wirtschaftsaufschwung um sage und schreibe 42 %. Und dann redet er von Rückgang der Nettoneuverschuldung. Bei dieser Statistik müssen Sie leider den Kopf herumdrehen. Nur dann gibt es eine Verbesserung.
Kommen wir zu einzelnen Bereichen des Nachtrags. Das Vorziehen der Spitzabrechnung des KFA wird von uns ausdrücklich begrüßt, und wir haben das durch einen Antrag auch zum Ausdruck gebracht. Die Kommunen sind auf diese Gelder angewiesen.Wir halten auch fest, dass im Einzelplan 17 die Steuermehreinnahmen verankert sind. Die Berechnung der Steuerverbundmasse als Grundlage für den Finanzausgleich ist nicht nach oben angepasst.
Zweitens. Wir begrüßen ausdrücklich, dass Leo III, die weitere Veräußerung von notwendigem Immobilienvermögen, nicht realisiert wird. Der Verkauf und die Rückmietung von landeseigenen Gebäuden waren falsch. Deswegen muss dieser Ausverkauf beendet werden.
Immobilienverkäufe sind Einmalerlöse, die nicht zu einer strukturellen Entlastung des Haushaltes geführt haben, sondern durch erhöhte Mietzahlungen den Haushalt auf Dauer belasten. Ich möchte für meine Fraktion ganz klar sagen: Mit uns wird es keinen weiteren Verkauf von genutzten Landesimmobilien geben.
Die Einmalzahlungen an Landesbedienstete im Umfang von über 100 Millionen c sind eine reine Wahlkampfmaßnahme. Die Tarifautonomie – darüber haben wir heute gesprochen – wird dabei mit Füßen getreten. Auch die 33,5 Millionen c für die Schulen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Ihre Schulpolitik gescheitert ist. Die Unterrichtsgarantie plus ist weiter nichts als eine Vermarktungsstrategie aus dem Hause Metz. Meine Damen und Herren, aus Murks wird auch durch den Nachtrag kein bildungspolitischer Erfolg.
Ein Jubel über die Erhöhung der Brandschutzmittel ist nicht angebracht, da erhöhte Einnahmen aus der Brandschutzsteuer gesetzlich zweckgebunden sind. Der erhöhte Korrekturbedarf im Einzelplan des Justizministers – Erhöhung des Zuschussbedarfs um sage und schreibe 43,5 Millionen c – ist ein Indiz dafür, wie schlampig die Ansätze im Haushaltsplan selbst gewesen sind.
Die Entlastungen im Nachtrag haben im Regelfall nichts mit echten Einsparungen zu tun. Wer beispielsweise eine Reduzierung der Investitionen und eine erhöhte Entnahme aus der Rücklage als Entlastung bezeichnet, wirft schlicht Nebel.
Dieser Nachtrag hat nichts mit einer notwendigen Haushaltskonsolidierung im Sinne einer nachhaltigen Finanzpolitik zu tun. Weimar bleibt seiner desaströsen Finanz
politik treu. Egal, ob geringe Steuermehreinnahmen oder sprudelnde Steuerquellen – der Schuldenberg wird zulasten der nachfolgenden Generationen immer höher und bedrohlicher.
Meine Damen und Herren, es ist schon ein Witz.Wer vollmundig von einem ausgeglichenen Haushalt im Jahre 2011 spricht, der greift wieder zur Methode der Verschleierung. 290 Millionen c globale Mehreinnahmen bzw. nicht belegte globale Minderausgaben sind kein ausgeglichener Haushalt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Clemens Reif (CDU): Sagen Sie einmal etwas Neues! – Gegenruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD): Das hätten Sie gerne!)
Entschuldigen Sie bitte kurz, Herr Kollege Kahl. – Wenn Sie Herrn Kollegen Kahl etwas fragen, müssen Sie ihm wenigstens beim Antworten zuhören. Ich bitte darum, dass es etwas ruhiger im Saal ist.
Diese Landesregierung hat fünf verfassungswidrige Haushalte zu verantworten. Diese Landesregierung hat im großen Stil Landesimmobilien verkauft und belastet durch erhöhte Mietzahlungen die folgenden Haushalte. Diese Landesregierung ist für eine drastische Erhöhung der Neuverschuldung verantwortlich. Diese Landesregierung ist trotz Steuermehreinnahmen nicht in der Lage, die Nettoneuverschuldung abzusenken.
Diese Landesregierung gehört nicht nur wegen der verfehlten Finanzpolitik abgewählt. Meine Damen und Herren, in diesem Jahr und im kommenden Jahr besteht nach Ihren Vorgaben ein Defizit von jeweils rund 1 Milliarde c. Nur zum Vergleich: Das strukturschwache Land Sachsen-Anhalt wird im kommenden Jahr die Neuverschuldung beenden, Schulden tilgen und eine Steuerschwankungsreserve bilden, um in schlechteren Zeiten Einnahmeausfälle auszugleichen.
Das ist die Realität in anderen Bundesländern. – Herr Kollege Milde, wenn Sie jetzt mit dem Länderfinanzausgleich kommen, sage ich nur: viel zu kurz gesprungen.
Meine Damen und Herren, mit Ihrer Verschuldungspolitik hinterlassen Sie den künftigen Generationen und der künftigen Landesregierung eine schwere Hypothek. Unsere Aufgabe wird es sein, den Haushalt zu konsolidieren und gleichzeitig Spielräume zur Finanzierung wichtiger Zukunftsaufgaben zu schaffen.
Wir Sozialdemokraten stellen uns dieser Herausforderung. Zum Schluss sage ich klar und eindeutig: Ein wirtschafts- und steuerstarkes Land wie Hessen kann sich eine schwache Regierung leisten – aber nicht mehr lange.
Vielen Dank, Herr Kollege Kahl. – Das Wort hat Herr Kollege Kaufmann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war der allerletzte Haushaltsplan, den Finanzminister Karlheinz Weimar in den Landtag eingebracht hat.
Es war auch das Allerletzte an Kompetenz und Qualität, nämlich ein absoluter Negativrekord in Bezug auf die finanzwirtschaftliche Handlungsfähigkeit, was uns dieser Finanzminister mit seinem Nachtragsentwurf und seiner Rede heute hier geboten hat.
Bei der Einbringung des Haushaltsplans 2008 in der letzten Plenarrunde tat mir Karlheinz Weimar noch leid;denn der vom Kabinett beschlossene Entwurf war die größtmögliche politische Beschädigung eines Finanzministers durch seine Regierung: kein ausgeglichener Haushalt in Sicht, stattdessen eine massive Neuverschuldung trotz steigender Steuereinnahmen.
Der heute zu betrachtende Entwurf für den Nachtragshaushalt 2007 zeigt, dass sich Herr Weimar von seinem Amt offensichtlich verabschiedet hat.„Ich bin dann schon mal weg“, so lauteten wohl seine Worte vor der Kabinettsentscheidung; denn diese kann nur ohne die Beteiligung des Finanzministers zustande gekommen sein. Sonst müsste der uns vorliegende Entwurf ganz anders aussehen.