Meine Damen und Herren, die Unternehmen machen mit, aber sie formulieren eine sehr nachvollziehbare Voraussetzung. Sie sagen, sie wollen ein klares Bekenntnis zu erneuerbaren Energien hören.Wenn sich diese Landesregierung nämlich weiterhin für Atomkraftwerke und große Kohlekraftwerke einsetzt, dann weichen die Unternehmen in andere Länder aus, wo die Rahmenbedingungen passen. Diesen Aderlass in den zukunftsweisenden Technologien werden wir in Hessen verhindern.
Wir integrieren Wirtschafts- und Umweltpolitik zu einer neuen Wirtschaftspolitik und einer neuen Umweltpolitik. Wir bauen die von der Landesregierung aufgestellten willkürlichen Hürden ab, und wir geben wirklich eine Perspektive jenseits von Kohle und Atom.
Meine Damen und Herren, wenn ich heute konstatieren muss, dass Hessen im Wettbewerb mit anderen Bundesländern auf dem Arbeitsmarkt hinter Rheinland-Pfalz zurückgefallen und beim Dynamik-Ranking auf Platz 15 gelandet ist,dann muss ich sagen:Das ist ein Alarmsignal für die Entwicklung dieses Bundeslandes. Sie haben die Zukunft einfach verschlafen.
Dazu gehört auch, dass wir über Großprojekte diskutieren. Natürlich ist nicht alles nur eine Frage der Umstellung der Wirtschaft auf erneuerbare Energien. Wir reden auch über Großprojekte, wie z. B. den Frankfurter Flughafen. Ich halte es für skandalös, Herr Koch, wie Sie den Ausbau des Frankfurter Flughafens gefährden, indem Sie ganz offensichtlich mit dem Nachtflugverbot spielen.
Sie haben in den letzten Wochen eine ganze Region verunsichert.Alle Argumente, die Sie hier vorbringen, waren schon bekannt. Sie sollten uns erklären, warum Sie dem Antrag von Fraport, der einen Ausbau in Verbindung mit einem Nachtflugverbot gefordert hat, nicht stattgeben. Sagen Sie uns heute, warum Sie am Mediationsergebnis nicht mehr festhalten, obwohl wir dieses im Landtag gemeinsam beschlossen haben.
Sie setzen nur auf Großprojekte, und dann sind Sie nicht einmal in der Lage, diese ordentlich abzuwickeln.
Wir wissen, dass neue Arbeits- und Ausbildungsplätze in erster Linie beim Mittelstand und beim Handwerk entstehen. Deshalb muss die Förderung des Mittelstandes im Zentrum der Wirtschaftspolitik stehen. Es ist höchste Zeit, endlich auch ein Programm für den Mittelstand umzusetzen. Wir werden deshalb keine Millionenbeträge in die Hessen-Agentur stecken, sondern wir werden das Geld im Wirtschaftsministerium für ein ordentliches Standortmarketing ausgeben und zukünftig in Zusammenarbeit mit den Kommunen und der mittelständischen Wirtschaft für die Arbeitsmarktpolitik und die Wirtschaftspolitik verwenden.
Dazu gehört an dieser Stelle auch, dass wir über das Bankensystem reden. Wer gibt denn dem Mittelstand und dem Handwerk Kredite? Eben nicht die Großbanken. Der größte Kreditgeber für den Mittelstand sind die Spar
kassen, die Landesbank und die Volksbanken. Wir Sozialdemokraten werden die kommunale Trägerschaft der Sparkassen verteidigen, weil wir wissen: Die kommunale Autonomie der Sparkassen und ein starker Mittelstand sind Gewähr für eine funktionierende kommunale Infrastruktur.
Wir setzen im Gegensatz zu Ihnen auf Innovationen und Entwicklungsschübe. Deshalb habe ich nicht verstanden, dass Sie das Angebot, die Internationale Bauausstellung im Rhein-Main-Gebiet zu veranstalten, das Ihnen auf dem Silberteller serviert wurde, schnöde zurückgewiesen haben. Wer die Rhein-Main-Region wirklich fördern und entwickeln will, wer sicherstellen will, dass es einen hohen Lebensstandard gibt und die Interessen der Wirtschaft gewahrt bleiben, der muss zeigen, wie wir übermorgen sozial, kulturell und ökologisch in den großen Ballungsräumen wirtschaften wollen.
Herr Weimar, es wäre sinnvoll gewesen, Sie hätten ein paar Millionen Euro für die Planung und Durchführung der IBA zur Verfügung gestellt. Es ist aber wie in der Kulturpolitik: Sie machen einfach gar nichts und denken, die Kommunen werden es schon richten. – Sie haben keine Ahnung, was die Rhein-Main-Region in ihrer Vision für die Zukunft braucht. Sie sagen immer, die Rhein-MainRegion müsse sich im Konzert der internationalen Metropolen behaupten. Ich sage Ihnen, sie muss sich auch im Konzert der nationalen Metropolen behaupten. Städte wie Bremen und Hamburg haben sich auf den Weg gemacht. Die stehen als Veranstaltungsorte für die Internationale Bauausstellung zur Verfügung. Wir hätten die Chance nutzen sollen, die IBA ins Rhein-Main-Gebiet zu holen. Wir werden die Chance nutzen, im nächsten Jahr neue Impulse zu setzen und schon jetzt in der Frage zu forschen, wie eine soziale Moderne im Rhein-Main-Gebiet aussehen kann.
Zur Wirtschaftspolitik in unserem Sinne gehört aber auch die soziale Struktur. Bei uns gehören die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dazu. Auch die Arbeitnehmerrechte gehören dazu, und dazu gehört auch die Frage, wie entlohnt wird.
Ich begreife übrigens das Verhalten der Tarifpartner im öffentlichen Dienst immer noch als Vorbild auch für die Wirtschaft. Diese Landesregierung ist aus der Tarifgemeinschaft der Länder ausgetreten. Die Landesregierung hat eine Erhöhung der Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten auf 42 Wochenstunden verfügt und gleichzeitig das Urlaubs- und Weihnachtsgeld gekürzt. Diese Landesregierung verantwortet Gehaltseinbußen der Bediensteten in Höhe von 17 %. Sie hat Arbeitsplätze abgebaut. Sie ist einer der größten Arbeitsplatzvernichter in diesem Land. 1.100 Stellen sind bei der Vollzugspolizei abgebaut worden, 170 Arbeitsplätze im Tarifbereich bei der Polizei, über 500 Stellen bei den Regierungspräsidien.
Wenn Sie von „innerer Sicherheit“ reden und die innere Sicherheit vor allem darauf beziehen – wie das Herr Jung und Herr Schäuble tun –, dass es immer mehr Gesetze gibt, dann muss ich Ihnen sagen: Noch mehr Gesetze bringen nicht mehr Sicherheit. Mehr Sicherheit bringt motiviertes Personal, bringt eine motivierte Polizei. Fragen Sie einmal die Polizisten, wie es ihnen geht. Sie sind nicht motiviert, weil sie ständig an ihrer Belastungsgrenze arbeiten müssen.
Deshalb werden wir uns verstärkt um das Personal kümmern, um die Sicherheit zu erhöhen.Wir werden die Polizei aus der PVS herausnehmen, und wir werden dafür sorgen, dass noch mehr Polizeianwärter eingestellt werden, damit es wieder einen ordentlichen Personalstand gibt.
Ihre Sozialministerin schwadroniert immer von Familienpolitik.Im Übrigen,Frau Lautenschläger,warten wir noch immer auf eine Regierungserklärung von Ihnen. In Wirklichkeit lassen Sie die Familien kläglich im Stich. Sie erhöhen die Wochenarbeitszeit auf 42 Stunden, sie verlängern die Ladenöffnungszeiten, und dann verweigern Sie den Familien auch noch Eigenständigkeit auf der Basis fairer Löhne. Sie sind nämlich in der Frage von Mindestlöhnen Totalverweigerer.
Herr Ministerpräsident,um es klar zu sagen:Sie haben damit auch zu verantworten, dass aus den Sozialkassen Dumpinglöhne unterstützt werden.
Wissen Sie, was es bedeutet, wenn Mütter und Väter den ganzen Tag vollschichtig arbeiten, am Monatsende aber nicht mehr genug Geld haben, ihre Familien zu ernähren? Haben Sie einmal mit Beamtinnen über die 42-StundenWoche und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gesprochen? Wer so handelt wie Sie, der hat keine Ahnung von Familienpolitik.
Wir werden das Thema Mindestlohn nicht von der Tagesordnung nehmen. Wir werden weiterhin darum kämpfen, auch wenn Sie so an der Kanzlerin gearbeitet haben, dass diese mittlerweile einen Mindestlohn ebenfalls nicht mehr will.
Wir werden die 42-Stunden-Arbeitswoche rückgängig machen. Wir werden in die Tarifgemeinschaft der Länder zurückkehren. Wir werden, wie es sich gehört, die Löhne mit den Gewerkschaften verhandeln und die Verfassung nicht ignorieren.
Der öffentliche Dienst hat im Umgang mit den Bediensteten eine Vorbildfunktion. Deshalb wird bei uns auch die Frauenförderung nicht zu kurz kommen, und ein Tarifdiktat, das wir in der freien Wirtschaft ablehnen, darf es natürlich für die Tarifbeschäftigten des Landes nicht geben.
Sie haben mit der „Operation düstere Zukunft“ das soziale Netz in Hessen mutwillig zerstört. Sie verweigern den Menschen Beratung, Hilfe und Unterstützung sowie soziale und gesellschaftliche Teilhabe. Das ist das Credo Ihrer Politik: Ausgrenzung und Spaltung statt Integration und Hilfe.
Wir werden die Menschen, die Hilfe brauchen, nicht alleine lassen – Hilfe zur Selbsthilfe –, wir werden auch die Träger nicht alleine lassen, auch nicht die Kommunen, denen Sie letztendlich die Last aufgebürdet haben, das finanziell aufzufangen, was Sie nicht mehr bezahlt haben. Haben Sie eigentlich einmal – Sie kommen auch herum, und Ehrenamt ist ein großes Thema – in der letzten Zeit mit den Ehrenamtlichen geredet? Die fühlen sich von Ihnen verschaukelt, weil sie sich mittlerweile als Ausfallbürgen für das hergenommen fühlen, was die Landesregierung nicht mehr bezahlen will.
Die haben von Ihrem Ehrenamtsgefasel und den Empfängen, die Sie machen, die Nase voll, weil sie sonst keine Unterstützung von Ihnen bekommen.
Deshalb werden wir einen verlässlichen Sozialetat mit 35 Millionen c einführen und mit den Trägern, die wir nicht im Stich lassen, und mit den Kommunen, die wir auch nicht im Stich lassen, wieder an dem sozialen Netz in Hessen neu anknüpfen.
Dem Ministerpräsidenten kann man nicht vorwerfen,dass er Stimmungen im Lande nicht wahrnimmt. Deshalb wird er jetzt zur rheinischen Frohnatur und unterstützt seinen Kollegen Rüttgers bei der Verlängerung der Zahlung des Arbeitslosengeldes I.
Herr Ministerpräsident, das haben wir zur Kenntnis genommen. Aber gehen Sie einfach einmal davon aus, dass die Menschen wissen, wo Sie hingehören, nämlich eher zu der Kategorie Chefideologen wie Merz oder Kirchhof, und dass Sie mit der klassischen Soziallehre der katholischen Arbeiterbewegung absolut nichts am Hut haben.
Die Bürgerinnen und Bürger wissen auch, dass sie im Januar die Wahl haben: auf der einen Seite eine Politik der sozialen Moderne, der Gerechtigkeit, des ökologischen Umbaus, der Bildung, die wir in den Mittelpunkt stellen werden, und auf der anderen Seite die rückwärts gewandte, perspektivlose Politik ohne Kreativität und ohne Vision. Sie wissen, dass mit Ihnen nichts vorangeht und dass die Gerechtigkeit auf der Strecke bleibt.
Noch ein Punkt, der mir wichtig ist und den wir ganz oben auf die Tagesordnung setzen werden. Meine Damen und Herren, ich finde, es ist eine Schande, dass in reichen Industrieländern die sogenannten Tafeln immer mehr zunehmen, übrigens auch in Hessen. Die Tafeln nehmen zu, und die Zahl der Menschen, die sich wegen Nahrungsmittel an die Tafeln wenden, nimmt auch zu.
Aber die größte Schande ist es, dass mittlerweile die Zahl der Kinder in Armut steigt. Es sind vor allem die Kinder von Hartz-IV-Empfängern, Kinder von Familien mit niedrigen Einkommen. Es ist eine Schande, dass wir schon in diesem Alter Kinder von sozialer, kultureller und gesellschaftlicher Teilhabe ausschließen.
Deshalb wird es eine Hessische Landesregierung unter sozialdemokratischer Führung als eine Kernaufgabe begreifen, dieses auf die Tagesordnung zu setzen. Das, was im Bund zu besorgen sein wird, werden wir vorantreiben. Aber wir werden auch in Hessen mit einem Beispiel vorangehen.
Deshalb haben wir gesagt, dass wir 4 Millionen c in den Haushaltsplan einstellen werden, damit sich die Kinder aus sozial benachteiligten Familien nicht mehr vom Mittagessen in der Schule oder im Kindergarten abmelden müssen.Wir werden diese Familien unterstützen und diesen Kindern das Essen bezahlen.