Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, dieser Ansatz gilt zuallererst in der Finanzpolitik. Kollege AlWazir hat es natürlich nicht ernst gemeint, sondern wollte es karikieren. Ja, die FDP-Fraktion im Hessischen Landtag hat sich bewusst verweigert, an einem Ritual teilzunehmen, das außer Show nichts bringt.Wir haben uns verweigert, aus der Opposition heraus mit Anträgen an einem Haushaltsplanentwurf 2008 herumzuoperieren, von dem wir davon ausgehen, dass er nicht Grundlage eines verlässlichen und nachhaltigen Landeshaushalts sein kann und darüber hinaus die Anträge zu 99,98 % abgelehnt werden. Das ist nicht die Arbeitsweise der FDP,
sondern Arbeitsweise der FDP ist es, darzulegen, welche Grundlagen an diesem Haushaltsplan für das Jahr 2008 falsch sind und wo unserer Meinung nach Änderungen vorgenommen werden müssen.
Jeder hier im Raum weiß, dass wir ein strukturelles Defizit im Landeshaushalt haben. Der einzige Streit, der zwischen uns noch herrscht – ob das überhaupt ein Streit ist, wage ich schon zu bezweifeln –, betrifft die Höhe. Manche sagen, 1 Milliarde c ist das Delta; andere sagen, 1,5 Milliarden c ist das Delta.Wenn wir uns irgendwo dazwischen finden,dann werden wir erkennen,dass jedenfalls die Methode – und die hat nicht nur die Landesregierung weiter betrieben, sondern die hat auch Frau Ypsilanti, von der ich feststelle, dass sie immer noch nicht im Raum ist, aber auch Herr Al-Wazir für die GRÜNEN – –
Es gibt Rituale in diesem Haus. Dann haltet ihr euch daran auch nicht mehr. Ich wollte es nur einmal kurz zu Protokoll geben.
Darüber streite ich mich doch nicht mit Ihnen, weil ich weiß, dass Sie ein Mann sind, der Rituale beachtet. Sie haben es doch gar nicht nötig, Herr Kollege Bökel, jetzt derart in die Verteidigung von Frau Ypsilanti einzusteigen.
Sie waren immer im Saal, solange Sie als Fraktionsvorsitzender an solchen Runden teilgenommen haben. Daran kann ich mich sehr gut erinnern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Ritual hat die SPD genauso wie die GRÜNEN fortgesetzt,indem sie mit Änderungsanträgen an einem bestehenden System herumgedoktert hat,das man aber nicht mehr therapieren kann, sondern das man vom Kopf wieder auf die Füße stellen muss. Ich möchte Ihnen anhand einiger Beispiele deutlich machen,wie wir uns vorstellen,dass der Haushalt vom Kopf wieder auf die Füße gestellt wird.
Ich sage sehr nüchtern,dass wir davon ausgehen,dass,wer auch immer die nächste Landesregierung stellt – wir hoffen, und ich komme nachher noch darauf, dass die Wahrscheinlichkeit nicht ganz gering ist, dass wir eine Mitverantwortung bekommen, diese Regierung zu stellen –, die Landesregierung in ihrer konstituierenden Sitzung den Finanzminister beauftragen wird, erstens einen Kassen
sturz vorzunehmen und zweitens einen Nachtragshaushalt für das Jahr 2008 auf vernünftiger Basis aufzustellen. Das jedenfalls ist die Vorstellung, die wir als hessische FDP haben.
Verlässlichkeit heißt: Die Ausgaben orientieren sich künftig ausschließlich an den Einnahmen. Die Neuverschuldung wird allerspätestens ab 2011 gestoppt. Das Land konzentriert seine Leistungen auf Kernaufgaben.
Zweiter Schwerpunkt: Nachhaltigkeit. Eine strenge Erfolgskontrolle gewährleistet, dass das angestrebte Ziel bei der Verwendung von Steuergeldern erreicht wird.
Wer das Modell der hessischen FDP unterstützt, der weiß, dass sein Steuergeld in guten Händen ist. Es wird verlässlich, nachhaltig, effektiv und effizient eingesetzt.Wir wollen, damit auch da kein Missverständnis entsteht, unser Land nicht – ich sage es in 25 Gänsefüßchen – „zu Tode sparen“.
Eine verantwortliche, eine liberale Politik setzt auch in der Finanzierung Schwerpunkte. Das sind natürlich die Themen Bildung und Forschung.Wir halten nichts davon, dass man nur sonntags davon redet und es von montags bis samstags in der praktischen Politik nicht einbaut.Dazu gehört eine intelligente und nachhaltige Beteiligungsstrategie.Wir haben ungefähr 33 Milliarden c Schulden – wir, dieses Land. Da kann man sich nicht so benehmen, wie das vielleicht ein Privatier nach dem Motto machen kann: „Ich lege mein Geld möglichst rentabel an“, sondern wir müssen uns bei jeder der Beteiligungen fragen: Gibt es eine schlüssige Strategie, und ist diese bei der jetzigen Haushaltssituation des Landes auch tatsächlich umzusetzen?
Dann sagen wir Liberale: Der Landesanteil von 31,5 % an der Fraport AG gehört nicht in eine intelligente und nachhaltige Beteiligungsstrategie. Der ist immerhin 1,5 Milliarden c, nach den Börsenergebnissen der letzten Woche vielleicht sogar 1,8 Milliarden c wert.
Der 40-prozentige Anteil an der Messe Frankfurt GmbH, immerhin mit einem Stammkapital von 72 Millionen c ausgestattet, gehört nicht in eine intelligente und nachhaltige Beteiligungsstrategie. Der 56-prozentige Landesanteil an der Nassauischen Heimstätte – das Unternehmen ist auf dem Markt ungefähr 2 bis 2,5 Milliarden c wert – gehört ebenfalls nicht dazu.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die hessischen Staatsweingüter müssen wir auf die Liste stellen,und zwar dann, wenn die Braut – wie die Insolvenzverwalter gerne sagen – schön gemacht worden ist, d. h. wenn die Bauprojekte abgeschlossen sind. Die Hessische Landesbahn, eine 100-prozentige Tochter des Landes Hessen,gehört ebenso auf diese Liste der Prüfung der Beteiligungen. Ich könnte jetzt zu den anderen 41 Beteiligungen etwas Ähnliches sagen. Das Zeitlimit drückt.
Ich sage Ihnen aber ausführlich, was wir mit dem eingenommenen Geld machen wollen. Wir wollen es auf drei Säulen verteilen. Ein Drittel geht direkt in die Senkung der Schulden, ein Drittel geht in die Rücklagen für Pensionsverpflichtungen, und das dritte Drittel geht in die Investitionen für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.
Sie merken, man kann Finanzpolitik so durchführen, dass man Vorsorge für die Zukunft schafft, trotzdem den Schuldenabbau forciert und zum Dritten die Unterstützung von Innovationen vornimmt.
Zweiter Schwerpunkt: die Wirtschaftspolitik. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, Wachstum schafft Arbeit.Arbeitsplätze sind zugleich die beste Sozialpolitik.
Deshalb wird für die FDP in Hessen trotz der harten Auseinandersetzung in Wahlkampfzeiten eines immer wieder klar sein:Wir werden die Ergebnisse der Wirtschaft in unserem Land nicht schlechtreden. Wir machen nicht das, was Oppositionsfraktionen schon einmal versucht haben, auf Bundesebene durchzuführen, und was ich immer wieder aus den Redebeiträgen von Sozialdemokraten, aber auch von den GRÜNEN im Lande Hessen meine heraushören zu können. Hessen ist ein starkes Land, Hessen hat
eine starke Wirtschaft, und das, obwohl wir jährlich 2 Milliarden c und mehr in den Länderfinanzausgleich hineinzahlen müssen. Dass wir derartige Beträge zahlen müssen,liegt aber daran,dass wir eine starke Wirtschaft in unserem Lande haben.
Trotzdem gibt es zahlreiche Kenndaten, die deutlich machen, dass die hessische Wirtschaft lahmt, dass sie nicht mehr dynamisch genug ist. Das liegt zum einen an dem hohen Schuldenstand pro Einwohner. Bayern hat gerade einmal 3.070 c Schulden pro Einwohner, Hessen hat stolze 6.224 c. Auf der anderen Seite erwirtschaften die Hessen das höchste Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen – 67.000 c in Hessen, 63.900 c in Bayern, 55.400 c in Niedersachsen.
Jetzt ist leider wieder ein großes Problem – der Ministerpräsident ist darauf ein bisschen eingegangen, Frau Kollegen Ypsilanti auch – die Arbeitslosenquote.Ich nehme die Septemberzahlen. Da lag sie in Hessen bei 7,2 %.Vergleichen wir das mit Bayern mit 4,8 %, Baden-Württemberg mit 4,7 % oder Rheinland-Pfalz mit 6,0 %, so wird deutlich, dass wir hier keineswegs positive, sondern eher negative Spitze sind.
Sorge bereitet uns am meisten das Wirtschaftswachstum. Die Spitzen sind Bayern, Sachsen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz mit 2,0 Prozentpunkten.Wir in Hessen liegen gerade bei 1,1 Prozentpunkten. Das liegt sogar noch unter dem Bundesdurchschnitt von 1,6 Prozentpunkten. Diese Zahlen machen insgesamt gesehen eines deutlich: Hessen muss stärker werden.
Wir müssen alles tun, damit dieses Land aus der Lähmung, der nicht vorhandenen Dynamik herausgeführt und wieder im Wirtschaftswachstum an die Spitze gebracht wird.
Es war im Jahre 2002 – ich kann mich daran erinnern –, als wir hessische Liberale uns mit den Baden-Württembergern und den Rheinland-Pfälzern trafen und der damalige Wirtschaftsminister von Baden-Württemberg zu dem damaligen Wirtschaftsminister von Hessen, Döring zu Posch, sagte: So ein Mist, jetzt habt ihr Hessen uns in den und den Punkten auch schon wieder überholt. – Meine sehr verehrten Damen und Herren,das ist leider überholt,
Bei dem Thema Wirtschaftspolitik muss zuallererst der Rhein-Main-Flughafen genannt werden. Er ist nicht nur eine Jobmaschine für Frankfurt, ein Arbeitsplatzgarant für das engere Rhein-Main-Gebiet. Industrie, Dienstleister und natürlich auch das Handwerk profitieren in einem Umkreis von weit über 150 km von der Tatsache, dass es in Frankfurt nicht nur einen Flughafen, sondern das internationale Drehkreuz auf dem europäischen Kontinent gibt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies ist Grundlage sowohl für diejenigen, die direkt mit dem Flughafen etwas zu tun haben, wie aber auch für diejenigen, die – ich schaue jetzt den Kollegen Dr. Wagner an – in seinem Wahlkreis produzierende Industrie betreiben, dass sie in einem globalen Wettbewerb erfolgreich tätig sein können.
Wir dürfen bei der Flughafenerweiterung nicht nur den engen Kreis um den Flughafen sehen, sondern müssen es für ganz Hessen und darüber hinaus für das Rhein-MainGebiet mit Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Franken sehen. Ja, die FDP war die erste Partei, die sich im Jahre 1998 für die Lösung der Kapazitätsprobleme ausgesprochen hat. Ja, wir waren diejenigen – wie aber auch Sozialdemokraten und die Union –, die am 1. Februar 2000, als das Mediationsergebnis vorgelegt worden ist, gesagt haben: Die fünf Punkte des Mediationsergebnisses sind Grundlage für die Ausbauplanung und für den Ausbau am Flughafen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, und dabei bleibt es. Daran kann man nichts ändern. Daran wollen wir als Liberale auch nichts ändern. Es war immerhin ich persönlich, der dieses Bild von der Münze erfunden hat. Dazu stehen wir auch weiterhin.Auf der Münze ist auf der einen Seite der Ausbau und auf der anderen Seite das Nachtflugverbot.
Ich zitiere mich nicht selber, sondern ich will sagen, dass das auch ein Thema der Glaubwürdigkeit der hessischen FDP ist, weil wir von Anbeginn an gesagt haben: Es gibt die fünf Punkte der Mediation, und zwei Punkte der Mediation sind so eng verbunden wie die beiden Seiten einer Münze.
Ich erwarte von der Hessischen Landesregierung, dass sie jetzt – spät, nicht zu spät, aber sehr, sehr spät – endlich einen Planfeststellungsbeschluss vorlegt, der detailliert, transparent und insbesondere gerichtsfest ist.