Protokoll der Sitzung vom 15.11.2007

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Herr Kollege Caspar, einen Moment, bitte.

(Zurufe des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Herr Kollege Hahn, meine Damen und Herren, ich bitte um etwas Ruhe. Nehmen Sie sich selbst etwas ernst. Herr Kollege Caspar hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nun ist das Gesetz bereits sechs Wochen lang in Kraft, und schon gibt es eine Fraktion, die der Meinung ist, man könne es beurteilen.Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass wir am 27. Januar Landtagswahl haben.

(Florian Rentsch (FDP): Nein, es klappt einfach nicht!)

Bei einer seriösen Überprüfung dieses Gesetzes sowie einer seriösen Betrachtung seiner Auswirkungen würde man normalerweise ein paar Monate ins Land gehen lassen; und man würde im Anschluss in aller Ruhe fragen: Welche Auswirkungen gibt es? Müssen wir Änderungen machen oder nicht?

In der Art und Weise, wie es vorgebracht wird, kann man erkennen, dass dies bewusst zum Wahlkampfthema gemacht werden soll.

(Dr. Thomas Spies (SPD): Das ist die Koalitionsfrage der FDP!)

Das dient der Sache nicht. Wir hatten bei solch einer gesetzlichen Maßnahme natürlich Eingriffe in das Grundrecht abzuwägen. Da ging es um das Recht der persönlichen Entfaltung, die unternehmerische Freiheit sowie um die Unverletzlichkeit der Gesundheit der betroffenen Personen. Während dieses Abwägungsprozesses hat die Konferenz der Ministerpräsidenten eine Regelung getroffen und dies bundesweit einvernehmlich geregelt. Das Land Hessen hat diese Regelung entsprechend umgesetzt.

Sie müssen sich natürlich sagen lassen, dass die FDP in den Bundesländern, in welchen sie mitregiert – sei es in Niedersachsen, Baden-Württemberg oder NordrheinWestfalen, wo dies nun in der ersten Lesung verabschiedet wurde –, der Meinung ist, dass das, was die Ministerpräsidenten beschlossen haben, vernünftig sei. Die FDP sagt dort: „Wir setzen das in unseren Ländern um.“

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Ich bin sehr gespannt, wie die hessische FDP agieren würde, wenn sie dies umzusetzen hätte. In anderen Bundesländern, dort, wo die FDP mit an der Regierung

ist, wurde diese Regelung – wie bereits gesagt – übernommen.

(Zurufe von der FDP – Dr. Thomas Spies (SPD): Gebt ihnen etwas zu rauchen, damit sie ruhiger werden!)

Ich weiß nicht, ob Sie das, was Sie nun zum Wahlkampfthema erhoben haben, auch glaubwürdig rüberbringen können. Dennoch müssen Sie sich diese Frage stellen lassen.

(Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Ein weiterer Punkt, der an dieser Stelle natürlich erwähnt werden muss, ist, dass im Ausland mit diesen Dingen bereits Erfahrungen gesammelt wurde. Es gibt viele Länder, in welchen wir bereits über lange Erfahrungen verfügen – im Gegensatz zu den sechswöchigen Erfahrungen, die wir in Hessen gesammelt haben. Hierbei geht es zum einen darum, wie sich dies auf die Entwicklung der Arbeitsplätze in der Gastronomie auswirkt. Denn in Irland gab es den Effekt, dass es in den ersten vier Monaten nach der Einführung dieser Regelung einen Beschäftigungsrückgang von 1 % gegeben hat. Bereits nach Ablauf eines Jahres gab es in der Gastronomie wieder 3 % mehr Beschäftigte, d. h.: Es gibt zwar einen kurzfristigen Effekt, der aber nicht langfristig ist.

(Beifall bei der CDU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum anderen geht es darum, wie sich diese Regelung auf die Gesundheit auswirkt. Darum geht es uns im Besonderen.Herr Rentsch,Sie wissen,dass das Fehlen eines Nichtraucherschutzes damit in Verbindung gebracht wird, dass es in Deutschland pro Jahr 3.000 Tote gibt. Wenn Sie sich einmal kundig machen wollen, dann werden Sie feststellen, dass es in Italien und Großbritannien Untersuchungen gibt, die besagen, dass die Anzahl der Herzinfarkte nach der Einführung des Gesetzes um 11 % zurückgegangen ist. Das heißt: Es geht tatsächlich um Menschenleben.

Sie wissen auch, dass das Lungenkrebsrisiko von den Menschen, die sich in rauchbelasteten Räumen aufhalten, um 20 % höher ist, als von jenen, die sich in solchen Räumen nicht aufhalten.Das sind Aspekte,die man aus Gründen des Wahlkampfs nicht einfach vom Tisch wischen kann. Es geht um Menschenleben, und das sollte hier mit der notwendigen Ernsthaftigkeit betrachtet werden.

(Beifall bei der CDU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie die Theorie vertreten, man müsste vor Restaurants Schilder anbringen, dann finde ich es putzig, dass dieser Vorschlag gerade von Ihrer Partei kommt, denn Herr Posch hat sich immer dafür eingesetzt, dass es weniger Schilder geben sollte. Sie wollen aber nun vor jedes Restaurant ein Schild hängen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube nicht, dass es besonders sinnvoll ist, derart vorzugehen. Gleichwohl nehmen wir die Probleme sehr ernst, die sich in den Kneipen abspielen. Ich selbst habe in den letzten Wochen in meinem Wahlkreis einige Kneipen besucht.

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Viele teilen kleine Bereiche ab, da es noch keine Vorschrift gibt, die besagt, dass eine Räumlichkeit besonders groß sein müsse. Ich kann Ihnen Beispiele zeigen, wo in

Restaurants zwei Bereiche durch eine Rigipswand abgetrennt und mit einer Tür versehen worden sind, sodass für diejenigen, die rauchen wollen, eine Möglichkeit vorgesehen ist.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsi- denten)

Herr Kollege Caspar, Sie müssen, bitte, langsam zum Schluss kommen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Lassen Sie Herrn Bouffier die Frage beantworten!)

Herr Hahn, wenn Sie von Herrn Bouffier eine Frage beantwortet haben wollen, dann stellen Sie ihm diese. Diese Möglichkeit haben Sie. Ich kann in diesem Zusammenhang lediglich erwähnen, dass das Zitat, das Sie genannt haben, unvollständig ist. Wenn Sie ihn zitieren, dann sollten Sie auch erwähnen, was er hierzu noch im Anschluss gesagt hat.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Dann sagen Sie es doch!)

Er hat nämlich noch einen Hinweis zu den rechtlichen Möglichkeiten gegeben, und er hat gesagt, warum diese so sind.

Meine Damen und Herren, wenn man ein Gesetz auf den Prüfstand stellen will, dann ist das in Ordnung. Das kann man machen. Wenn man das aber bereits sechs Wochen nach der Einführung tut, dann kann jeder erkennen, dass es hierbei nicht um eine ernsthafte Prüfung, sondern um eine bloße Wahlkampfmasche geht. Deshalb bin ich nicht der Meinung, dass Sie hierfür eine ernsthafte Unterstützung bekommen werden. Dennoch schließen wir überhaupt nicht aus, dass wir dieses Gesetz, nachdem wir es einige Monate in der Anwendung hatten, überprüfen werden.

(Florian Rentsch (FDP): Dann sind die Kneipen kaputt!)

Herr Kollege Caspar, Sie müssen zum Schluss kommen.

Wir haben daher in das Gesetz eine Innovationsklausel aufgenommen, sodass neben der räumlichen Abgrenzung auch durch technische Verfahren sichergestellt werden kann, dass die Nichtraucher nicht belastet werden.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank.– Das Wort hat Herr Staatssekretär Krämer.

Herr Präsident, Meine Damen und Herren!

(Anhaltende Unruhe)

Herr Staatssekretär,einen Moment,bitte.– Meine Damen und Herren, ich bitte Sie wirklich um Ruhe. Herr Kollege Rentsch, hören Sie nun auf, mit Ihrem Handtuch – oder was das sein mag – zu wedeln.Bitte,seien Sie so lieb.Wenn ich heute gewusst hätte, wie Sie sich anstellen, dann wäre ich heute Morgen überhaupt nicht gekommen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Seien Sie bitte wieder ein wenig vernünftig. – Herr Staatssekretär Krämer, Sie haben das Wort.

Danke schön, Herr Präsident. Nachdem Sie diese ernsthafte Drohung ausgesprochen haben, hoffe ich, dass jetzt Ruhe in den Saal kommt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Tatsache, dass sich 16 Länder darauf geeinigt haben, möglichst einheitliche Vorschriften zum Nichtraucherschutz in jeweiliges Landesrecht zu packen, ist auf einige handfeste Fakten zurückzuführen, die niemand leugnen kann: erstens die wissenschaftliche Erkenntnis über die Schädigung durch Passivrauchen,die je nach Intensität,in der der Passivraucher diesem Rauch ausgesetzt ist, auch unterschiedlich gefährlich ist,zweitens die wachsende Zustimmung zu Rauchfreiheit in weiten Teilen der Gesellschaft, was man an Umfragen messen kann

(Zurufe der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP) und Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

die Zustimmung ist von 53 % im Jahr 2005 auf 67 % im Frühjahr dieses Jahres gestiegen; übrigens gibt es selbst bei FDP-Anhängern 64,6 % Zustimmung zu rauchfreien Gaststätten –, und drittens die internationale Entwicklung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der SPD – Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Liebe Frau Vizepräsidentin, Sie sind in der Lage, sich zu Wort zu melden oder eine Kurzintervention zu machen.