Protokoll der Sitzung vom 15.11.2007

Ich bin davon überzeugt, darüber herrscht auch Einigkeit hier im Hause, dass Kneipen dies auch bleiben sollen und bleiben werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wissen aus anderen Ländern mit einer ausgeprägten Kneipenkultur wie bei uns, dass der Nichtraucherschutz nur kurzfristig dazu geführt hat, dass der Umsatz zurückging. Der Umsatz ist dann wieder angestiegen und liegt teilweise heute weit über dem, was vor Einführung des Nichtraucherschutzes der Fall war.

(Lachen bei der FDP)

Man muss sich ab und zu auch informieren und nicht nur polarisieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und bei Abgeordneten der CDU)

Der hessische Nichtraucherschutz ist seit dem 1. Oktober dieses Jahres in Kraft.Wir können feststellen, dass er sich in öffentlichen Gebäuden bewährt hat und in Restaurants zu einer Zunahme von Lebensqualität gekommen ist.Wir müssen aber auch feststellen, dass es in einigen Bereichen zu Wettbewerbsverzerrungen kommt. Das ist vor allem bei kleinen Kneipen der Fall. Es gibt tatsächlich EinRaum-Kneipen,die zufällig nicht die Raumgröße oder die Möglichkeit haben, Raucherräume einzurichten. Hier finden Wettbewerbsverzerrungen statt, weil andere kleine Kneipen, die die Möglichkeit dazu haben, davon profitieren. Das muss in Angriff genommen werden.Wir nehmen die Ängste der Gastwirte sehr, sehr ernst.

Was wir aber nicht ernst nehmen, ist, dass die FDP versucht, sich bei diesem Thema als Freiheitskämpfer hochzustilisieren.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Wir sind es! – Lachen bei der SPD – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten!)

Dann lassen Sie uns doch einmal einen Blick auf die Regierungsbeteiligung der FDP in verschiedenen Bundesländern werfen und dann das Versprechen, dass Sie hier eben gegeben haben, abwägen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nordrhein-Westfalen: Koalition aus CDU und FDP. Der vorliegende Entwurf entspricht dem, was in Hessen beschlossen wurde.

(Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Baden-Württemberg: Koalition aus CDU und FDP. Der Nichtraucherschutz ist am 01.08. dieses Jahres in Kraft getreten.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Niedersachsen: Koalition aus CDU und FDP. Der Nichtraucherschutz ist am 11. Juli dieses Jahres in Kraft getreten. Dieses Gesetz geht noch über das hinaus, was hier in Hessen beschlossen worden ist.

Das ist das, was Sie hier verkaufen und bei dem Sie versuchen, zu polarisieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lebhafte Zurufe von der FDP)

Daraus kann man doch nur den Schluss ziehen: Die Beschwörung der angeblichen Freiheit von Rauchern und Gastwirten endet da, wo es um Ministerposten der FDP geht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Ich möchte Sie ganz herzlich bitten, auch im Interesse der betroffenen Gastwirte: Hören Sie mit dieser billigen Polarisierung im Wahlkampf auf.Sie tun damit den Gastwirten keinen Gefallen. Lassen Sie uns in Ruhe darüber diskutieren, wie wir den Nichtraucherschutz mit den verschiedenen ökonomischen Interessen der kleinen Kneipen in Verbindung bringen.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Ausgerechnet gemeinsam! – Florian Rentsch (FDP): Wir haben diskutiert, Sie wollten nicht zuhören!)

So, wie Sie dieses Thema im Moment fahren, polarisieren Sie die Gesellschaft.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Auch die Nichtraucher haben ein Recht auf Schutz. Das dürfen wir nicht hinten anstellen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Jeder hat auch das Recht, zu rauchen!)

Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo sie anfängt, die Freiheit von anderen einzuschränken.Das ist der Konsens gewesen, den wir hier in großem Maß erreicht haben.Von diesem Konsens hat sich die FDP verabschiedet. Sie polarisieren in einer Situation des Wahlkampfs. Sie nutzen damit den Gastwirten überhaupt nicht. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schulz-Asche. – Das Wort hat Herr Dr. Spies, SPD-Fraktion.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Der Ex-Junkie!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich komme aus Marburg, und Marburg ist eine Stadt mit einer sehr ausgeprägten Kneipenkultur,

(Florian Rentsch (FDP): Die Gastwirte lieben Sie dort!)

mit einer ausgeprägten gastronomischen Kultur, die sich insbesondere durch kleine Kneipen auszeichnet. Meine Gänge durch die Marburger Innenstadt können dieses Lamento, dieses laut vorgetragene Wehklagen der FDP in keiner Weise verifizieren.

(Florian Rentsch (FDP): Die lassen Sie doch gar nicht mehr rein in Marburg!)

Herr Rentsch, ich weiß nicht, in welche Kneipen Sie gehen. Die, in die ich gehe, haben Ihr Problem nicht.

Es gibt ohne Zweifel ein paar kleine gastronomische Betriebe, die im Oktober geringe, maßvolle Umsatzeinbußen zu verzeichnen hatten. Frau Schulz-Asche hat darauf hingewiesen.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Was ist maßvoll? – Weitere Zurufe von der SPD – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Jeder hat es vorher gewusst. In allen Ländern, in denen zuvor Nichtraucherschutz eingeführt wurde, ist ein solches vorübergehendes kurzfristiges Phänomen eingetreten.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Es geht um Existenzen! – Weitere Zurufe von der FDP)

Man muss sich die Geschichten ein bisschen genauer betrachten.Auch ich habe so einen Brief von einem Gastwirt bekommen, der mir schildert, wie fürchterlich der Nichtraucherschutz seinem gastronomischen Betrieb geschadet habe. Er habe 300.000 c investiert, vor Einführung des Nichtraucherschutzes habe er 10.000 c Umsatz gemacht, nachher 3.000 c. Dann habe ich genauer hingesehen und festgestellt, dass er erst am 1. September eröffnet hat. Im ersten Monat hat er den Laden voll gehabt, und im zweiten ist keiner mehr hingegangen.

(Florian Rentsch (FDP): Das ist unfassbar!)

Meine Damen und Herren, das sind ganz fragwürdige Beispiele. Die Wahrheit lautet: Das muss man in Ruhe betrachten, und man muss schauen, ob es solche Probleme tatsächlich gibt, die von nachhaltiger Bedeutung sind. Zum jetzigen Zeitpunkt muss man tief durchatmen, denn bis die Nichtraucher – das wussten zuvor alle – die ehemals so verqualmten Kneipen wieder aufsuchen, kann ein paar Tage dauern. Ich bin aber sicher, dass wir zuversichtlich sein können.

Herr Rentsch,was ist das für ein Freiheitsbegriff? Ich sage Ihnen, die FDP ist die Partei der Freiheitseinschränker. Sie schränkt die Partei der Nichtraucher, der Kinder, der Schwangeren und all derjenigen ein, die gern eine Kneipe aufsuchen würden, dies aber aus guten Gründen nicht können. Die FDP ist die Partei der gesunden Besserverdiener und sonst gar nichts. Das ist der Punkt.

(Zurufe von der FDP)

Meine Damen und Herren, wir stellen fest: Das ist ein erfolgreiches Gesetz und hat sich in den öffentlichen Gebäuden bewährt. Es ist in allen Speisegaststätten erfolgreich. Es gibt an einer Vielzahl von Orten eine große Zu

friedenheit mit diesem Gesetz – mit nur ganz wenigen Ausnahmen.

(Florian Rentsch (FDP): Raus aus dem Landtag!)

Wenn wir Plakate anbringen, dann sollten es die richtigen sein, und zwar mit dem folgenden Warnhinweis: Diese FDP gefährdet Ihre Gesundheit! – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Caspar für die CDU-Fraktion.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)