Wenn man das Ganze aus dem Blickwinkel von Männern und von Frauen betrachtet, stellt sich die Frage, ob man dann zu den gleichen Ergebnissen kommt oder ob da etwas schief liegt. Dazu braucht es schlicht und ergreifend Instrumente, wie man das betrachtet. Dazu wollen wir das Prinzip des Gender Mainstreaming einführen.
Nun betrachten wir das Prinzip der Geschlechtergerechtigkeit in der Hessischen Landesregierung. Ich werde heute nicht die Kabinettsbank durchzählen, da kennen wir uns schon aus. Frau Lautenschläger versucht sich auf die Brust zu heften: Anträge zu diesem Thema brauchen wir nicht, das machen wir alles schon. – Aber nicht überall, wo Frau Lautenschläger „Gender“ draufschreibt, ist auch Gender drin.
Es ist gut, eine breit angekündigte Expertenveranstaltung zu machen, aber sie entlarvt sich als Alibiveranstaltung, wenn mit den Ergebnissen dieser Veranstaltung zwei Jahre lang überhaupt nichts passiert.
Es ist auch im Ansatz falsch, die Fragen der Geschlechtergerechtigkeit alleine im Frauenministerium anzusiedeln. Wo bleibt da der Männeraspekt?
Wenn Sie es also ernst meinen mit diesem Thema, brauchen Sie auch noch einen Mann aus Ihrer Regierungskombo dazu, weil es sonst mit dem Blickwinkel nicht stimmt. – Viel Spaß bei der Suche.
Richtig goldig wurde es ja, als Sie uns im Plenum gezeigt haben, dass Sie zumindest die Fachausdrücke richtig benutzen können. Sie haben behauptet, Sie würden die Topdown-Strategie benutzen – die gehört allerdings zum Gender Mainstreaming. Es bedeutet, dass Änderungen der Sichtweisen zuallererst auf oberster Ebene zu erfolgen haben. Ihre Behauptung war, dass das Thema auf höchster Ebene angesiedelt sei, nämlich bei Ihnen. Verehrte Frau Lautenschläger, dass Sie der Kopf der Regierung sind, das ist mir neu. Der Kopf dieser Regierungstruppe ist ja nun immer noch Roland Koch, und genau da liegt das Problem. Der Fisch fängt bekanntermaßen am Kopf an zu stinken.
Was das Prinzip des Gender Mainstreaming und der Geschlechtergerechtigkeit betrifft, stinkt dieser Kopf gewaltig.
Da können Sie hier Sonntagsreden halten, wie Sie wollen, bislang ist von Gender in dieser Landesregierung nichts außer Broschüren zu sehen. Papier ist bekanntermaßen geduldig.
Ich könnte gutwillig sein und sagen:Okay,es wird erst einmal im Sozialministerium ausprobiert. – Gemeinsamkeiten mit der Verwaltungssteuerung wurden erörtert, Schulungen der mittleren Führungsebene gehören dazu. Aber wenn dieses Sozialministerium sich ernsthaft mit der Frage der Geschlechtergerechtigkeit befasst hat und dann aus diesem Hause so etwas herauskommt wie die Streichliste, die wir heute diskutiert haben, die an Schieflage zuungunsten von Frauen nicht zu überbieten ist,
die ein Schlag ins Gesicht aller Frauen in diesem Lande ist, dann ist von Gender nichts zu sehen. Es bleiben nur drei Möglichkeiten: Entweder waren die Veranstaltungen grottenschlecht
ich komme zum Schluss –, oder die Leute im Sozialministerium sind begriffsstutzig – was ich nicht glaube –, oder es darf im Sozialministerium keine Geschlechtergerechtigkeit praktiziert werden. – Wir wollen kein Geschwätz, sondern wir wollen Taten. Unser Antrag enthält konkrete Schritte.
Dann kann ich nur kurz sagen, dass wir den Perspektiven an dieser Stelle nicht zustimmen können, weil genau diese Trennung, ob Sie nun Frauenförderung oder Gender wollen – Letzteres berücksichtigt Aspekte von Männern und Frauen –, an dieser Stelle nicht erläutert, sondern verwischt wird. Das schadet dem Thema Gender immer, weil es dann in die Frauenecke gestellt wird, und so ist es nicht gedacht.
(Zurufe von der FDP: Los, Florian! – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Flori, hast du heute neu onduliert?)
Ich darf für alle noch einmal ergänzen, dass wir nicht nur den Tagesordnungspunkt 9, sondern, wie verabredet, auch den Tagesordnungspunkt 20 aufgerufen haben, d. h. Tagesordnungspunkte 9 und 20 in verbundener Debatte. – Herr Rentsch, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Hölldobler-Heumüller, erst einmal vielen Dank
für Ihre Ausführungen. Vielleicht sollten Sie Ihren Töchtern einmal vorschlagen, Fußball zu spielen, dann hätten Sie nicht die Probleme mit der Auswahl der Sportplätze.
Sie haben mitbekommen: Die deutsche Fußballnationalmannschaft der Frauen ist erfolgreicher als die der Männer. Dann könnte man das vielleicht anpassen. Aber das nur eine Anmerkung am Rande.
Meine Damen und Herren,Gender Mainstreaming ist aus unserer Sicht eine Weiterentwicklung der bisherigen Frauenpolitik. Wir Liberale haben stets dafür plädiert, Frauen nicht lediglich als eine gesonderte Gruppe zu betrachten, sondern in diese Frage Frauen und Männer einzubeziehen – da stimme ich Ihren Ausführungen völlig zu, Frau Hölldobler-Heumüller.Es geht hier darum,nicht nur Frauenförderung, sondern eine ausgewogene geschlechterspezifische Politik zu betreiben.
Deshalb ist Gender Mainstreaming ein guter Ansatz, den wir absolut begrüßen. Die Lebenswelten von Frauen sind nun einmal unterschiedlich. Ich glaube, das will niemand bestreiten, das ist die Realität.
Das beweist doch wieder diese Plenardebatte, dass es dort große Unterschiede gibt. – Wer diesen Unterschieden Rechnung tragen will, der muss die Politik auch danach ausrichten,das unterstützen wir ebenfalls.Das bedeutet in der Praxis auch, dass diese unterschiedlichen Lebensentwürfe, die unterschiedlichen Bedürfnisse und die persönlichen Voraussetzungen von Frauen und Männern in das Blickfeld gerückt werden müssen. Sie werden zunächst einmal erfasst – so banal sich das anhört, sosehr muss das noch geübt werden – und fließen dann in die politischen Entscheidungen mit ein. Wenn sich diese Strategie des Gender Mainstreaming durchsetzt, dann haben wir Liberale unser Ziel erreicht, nämlich dass Gleichstellung nicht von oben verordnet werden muss,sondern selbstverständlicher Bestandteil allen Handelns und Denkens vor allem in der Politik ist.
Ich glaube, da sind wir uns einig, und es besteht zwischen den Fraktionen hier im Hause Konsens – das hat wenigstens der Beitrag von Frau Hölldobler-Heumüller gezeigt –, dass Gender Mainstreaming an sich akzeptiert ist und nicht mehr streitig gestellt wird. Die entscheidende Frage ist jedoch auch bei diesem Thema, wie denn die Umsetzung erfolgen soll. Da scheiden sich hier im Haus die Geister, da gibt es sehr unterschiedliche Ansätze.
Frau Hölldobler-Heumüller, Ihre Initiative und auch die von der SPD-Fraktion setzen auf Bürokratisierung des Verfahrens. Da können wir leider nicht mithalten.
Wer meint, Gender-Mainstreaming-Politik durch weitere Bürokratisierung erfolgreich gestalten zu wollen, der liegt in diesem Bereich fehl. Mit dem Antritt der CDU/FDPgeführten Landesregierung 1999 hat sich das Sozialminis
Diese Umsetzung beruht auf Informationen, Fort- und Weiterbildung und Multiplikation.Information heißt Wissensvermittlung, Wissenserweiterung und Aufklärung über die Vorteile von Gender Mainstreaming für Frauen und für Männer. Fort- und Weiterbildung bezieht sich auf alle Ebenen in den Ressorts, also nicht nur auf Führungsetagen, wie es die GRÜNEN fordern.
Dass die neue Landesregierung die Strategie des Gender Mainstreaming fortführen will, sieht man im Regierungsprogramm und im Schreiben des Ministerpräsidenten an die DGB-Frauenvertretung. Roland Koch hat darin angekündigt, dass Gender Mainstreaming in die Geschäftsordnung der Ministerien aufgenommen werden soll.
(Zurufe der Abg. Margaretha Hölldobler-Heumül- ler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))
Dem müssen wir jetzt allerdings auch Taten folgen lassen, das ist klar. Da ist die Landesregierung gefordert. Das erwarten wir auch von ihr.
Zum Punkt Bürokratielastigkeit. Für mich als Liberalen ist es nicht akzeptabel, wie sehr gerade die GRÜNEN meinen, alles und jedes bis ins kleinste Detail regeln zu wollen.
Frau Hölldobler-Heumüller, ich greife lieber ein Beispiel aus Ihren Ausführungen heraus, die Koordinierungs- und Steuerungsstellen. Diese Stellen sollen ressortintern geschaffen und nahe an der Leitungsebene angesiedelt werden; es soll nicht nötig sein, neue Stellen zu schaffen, usw.
Die SPD spricht in ihrem Antrag von „methodischen Sicherstellungsmaßnahmen für einen Gender-Prozess in Hessen“. – Vielleicht geht es den Damen und Herren jetzt auf der Besuchertribüne ähnlich wie mir: Ich habe nicht verstanden, was wir damit erreichen wollen. Vielleicht nehmen Sie gleich die Gelegenheit und erklären, was das sein soll. Es würde in der Diskussion sicherlich helfen, wenn Sie Ausdrücke nehmen würden, die die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land verstehen. Das würde die Diskussion deutlich vereinfachen.