Protokoll der Sitzung vom 15.10.2003

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Der Bürger wundert sich dann!)

Darin besteht das Problem unserer gegenwärtigen staatlichen Ordnung.

(Beifall des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Wir sind Anhängerinnen und Anhänger des Föderalismus. Der Föderalismus hat sich in der Bundesrepublik Deutschland bewährt. Aber in bestimmten Bereichen kann es nicht in der Art weitergehen, in die es sich in den letzten Jahren weiterentwickelt hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU), Jürgen Walter (SPD) und Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Die inzwischen starke legislatorische und finanzielle Verflechtung zwischen Bund und Ländern wurde Ende der Sechzigerjahre massiv ausgeweitet. Dies geschah durch die damals bestehende große Koalition in Bonn. Die Stichworte dazu lauten: Reform der Finanzverfassung, Verbundsteuersystem und Gemeinschaftsaufgaben. Dazu wurde damals einiges im Grundgesetz festgeschrieben.

Auf der Tagung der Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft, die letzte Woche stattgefunden hat, wurde dazu treffend bemerkt, dass die soeben genannten großen Reformen auf einem großen Warnschild gegen große Koalitionen stehen müssten. Ich glaube, in diesem Zusammenhang darf man das erwähnen. Viele Bürgerinnen und Bürger sagen: Einigt euch erst einmal. – Herr Kollege Dr. Jung, wenn sich dann die Vertreter der beiden großen Parteien auf etwas geeinigt haben, heißt das noch lange nicht, dass das am Ende auch gut ist.

(Beifall der Abg. Frank-Peter Kaufmann und Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Ich bin auch nicht für große Koalitionen!)

Nichtsdestotrotz müssen wir jetzt in der Föderalismuskommission,die diese Woche von Bundestag und Bundesrat eingesetzt werden wird, die Arbeit so organisieren, dass am Schluss eine Zweidrittelmehrheit sowohl auf der Bundesebene als auch auf der Ebene der Länder erreicht wird. Wenn wir das System wirklich reformieren wollen, dann brauchen wir am Ende sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit. Lassen Sie mich deswegen Folgendes sagen.

Erstens. Ich bedauere ein wenig, dass es in dieser Kommission nur sechs Vertreterinnen und Vertreter der Landtage gibt, die mit beratender Stimme teilnehmen, also sozusagen den Status eines Gastes haben. Ich bedauere dies, weil ich glaube, dass es trotz der Exekutivlastigkeit, die wir im gegenwärtigen System haben, besser gewesen wäre, die Landtage von vornherein einzubinden. Dies hätte mit Sitz und Stimme und nicht nur mit beratender Stimme geschehen sollen. Ich bedauere dies allerdings auch deshalb, weil die Zahl von nur sechs Plätzen dafür sorgt, dass noch nicht einmal all diejenigen Parteien vertreten sind, die sich in Landesregierungen befinden. Es liegt mir fern, mich schützend vor die PDS zu stellen. Ich glaube aber, dass, wenn man schon über die Auswahl der sechs Vertreterinnen und Vertreter der Landtage dafür sorgt, dass eine Partei, die immerhin in zwei Bundesländern mit regiert,in dieser Kommission nicht vertreten sein wird, man sich die Erreichung der Zweidrittelmehrheit am Ende unnötig schwierig macht. Es wäre besser gewesen, wenn es anders gekommen wäre.

Nichtsdestotrotz müssen sich diejenigen, die dort vertreten sind, wirklich große Mühe geben, sich an der Sache zu orientieren.

Die Dringlichkeit dieser Sache möchte ich Ihnen anhand der Punkte verdeutlichen, die wir heute beschließen werden.

Wir alle sind für die Subsidiarität. Subsidiarität meint, dass die Verwaltungsebene, die sich möglichst weit unten befindet und die eine Aufgabe am besten erledigen kann, diese auch erledigen soll. Das bedeutet dann allerdings, dass sich auch die Verantwortung dafür auf dieser Ebene befinden muss. Es muss allerdings auch dazu kommen können, dass man in bestimmten Bereichen die Verantwortung auf die nationale Ebene verlagert.Damit würden den Ländern im Gegenzug Zuständigkeiten weggenommen. Denn es wird am Ende nicht so sein, dass nur die eine Ebene der anderen etwas gibt, ohne im Gegenzug etwas zu bekommen. Ganz wichtig ist auch, dass dazu eine klare Zuordnung der Verantwortlichkeiten gehört. Ich finde, das ist eigentlich der wichtigste Punkt in dieser ganzen Reform des Föderalismus. Am Ende muss klar sein, wer für was verantwortlich ist.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Denn wir haben momentan die Situation, dass es unglaublich einfach ist, dass der eine auf den anderen zeigt. Wenn der eine irgendeine Aufgabe nicht schafft, sagt er, die Verantwortung dafür liege auf der anderen Ebene. Dies geschieht natürlich auch umgekehrt. Wenn es am Ende so ist,dass die Bürgerinnen und Bürger,wenn sie ein Problem haben, von ihrer Kommune an das Land verwiesen werden,vom Land an den Bund,vom Bund an die Europäische Union, und am Ende alle sagen, sie hätten nichts damit zu tun,sie könnten das nicht ändern,sie seien nicht verantwortlich, und das Problem am Ende nicht gelöst wird, dann ist man an dem Punkt angekommen, von dem ein großer Teil der Probleme herrührt,die wir mit der Akzeptanz des politischen Systems in der Bundesrepublik Deutschland inzwischen haben. Es muss eine klare Zuordnung der Verantwortlichkeiten geben. Es muss ganz klar sein, welche Ebene für welchen Bereich Verantwortung trägt. Ich glaube, dann wird die Verbindung zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und der Politik auch wieder besser.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU) und Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Ich komme zum dritten Bereich, der in diesem Zusammenhang unglaublich wichtig ist.Wir sind in unserem föderalen System absolut exekutivlastig. Die Landesparlamente spielen eine immer geringere Rolle. Im Gegenzug dazu spielt sich die Hälfte der Ministerpräsidenten als verhinderte Nebenkanzler auf.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ist es nur die Hälfte?)

Auch wir haben hier einen Meister dieser Disziplin auf der Regierungsbank sitzen. Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen dazu Folgendes: Ich glaube, wenn man die Zustimmungspflicht des Bundesrates zu Gesetzen auf Bundesebene nicht drastisch einschränken wird, wird man in diesem Lande nicht weiter nach vorne kommen. Ich möchte Ihnen das an einem konkreten Beispiel demonstrieren, über das wir auch oft gestritten haben. Ich möchte Ihnen dazu ein Beispiel aus grüner Sicht nennen.

Wenn ein Bundesumweltminister nach einer eineinhalb Jahre dauernden Diskussion mit den Bundesländern immer noch nicht in der Lage ist, ein nachvollziehbares und verständliches System des Dosenpfandes einzuführen,obwohl er genau einen entsprechenden Vorschlag in den Bundesrat eingebracht hat, dann muss man sagen: Mit diesem System stimmt etwas nicht.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dann stimmt etwas nicht am System,vor allem dann,Herr Kollege Müller, wenn der Bundesumweltminister, der die klare,nachvollziehbare Regelung in den Bundesrat eingebracht hat und in diesem Bundesrat von der Ländern ausgebremst worden ist, am Ende von genau denselben Ländern vorgeworfen bekommt, dass keiner sein System versteht. Dann tragen wir selbst genau zu diesem Problem bei – Stichwort: Politikverdrossenheit –, woran wir alle kein Interesse haben können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein vierter Punkt. Wir müssen Verwaltungszuständigkeiten entflechten. Das bedeutet auch, dass wir z. B. über Gemeinschaftsfinanzierungen und Gemeinschaftsaufgaben reden müssen. Es kann nicht so sein, dass am Ende meinetwegen das Bundesland Bremen oder das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern bestimmte Großforschungsprojekte überhaupt nicht mehr finanzieren kann. Man muss dafür sorgen,dass es nicht nach Einwohnerzahl,sondern z. B. nach Studierendenzahl geht, wenn ich jetzt einmal an die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau und Ähnliches denke. Es muss klar sein, dass die Finanzmittel heruntergegeben werden und die Bundesländer dann selbst entscheiden können. Aber es kann nicht so sein, dass sich ganz viele Kommissionen mit solchen Sachen beschäftigen und am Ende die einen die Kofinanzierung auf Landesebene nicht hinbekommen, während die anderen mit Landesgeld schon vorfinanzieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ein weiterer Punkt in dem Zusammenhang. Wir müssen die Länder und die Landtage – hier meine ich vor allem die Landtage – stärken. Deswegen lassen Sie mich noch einen Satz zu den Finanzen sagen: Wir sind dafür, dass es Anreize dafür gibt, wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Da ist unser System des Länderfinanzausgleichs nicht immer der Weisheit letzter Schluss – lassen Sie es mich einmal vorsichtig ausdrücken.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Suboptimal!)

Auf der anderen Seite kann es auch nicht sein, dass man die Solidarität zwischen den Bundesländern aufkündigt und nur noch von Wettbewerbsföderalismus redet. Auch das wird dafür sorgen, dass am Ende keine Föderalismusreform zustande kommen wird, weil jeder auf dem Status quo beharren wird. Es gibt nun einmal mehr arme als reiche Bundesländer. Insofern sind wir in diesem Zusammenhang gefordert, den Grundsatz der Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen weiter anzuerkennen, auch wenn wir Anreize für den eigenen Erfolg weitergeben müssen.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende Ihrer Rede.

Ich komme zum Ende, Frau Präsidentin. – Meine Damen und Herren, wir sind dazu gezwungen, zusammenzuarbeiten. Wir sind dazu gezwungen, uns gemeinsam für die Interessen der Länder einzusetzen. Wir sind dazu gezwungen, in unseren jeweiligen Bundestagsfraktionen für möglichst große Mehrheiten und möglichst sachgerechte Lösungen zu werben, und wir müssen im nächsten Herbst – schließlich ist die Einsetzung einer solchen Kommission noch keine Garantie für Erfolg – zu nachvollziehbaren Ergebnissen kommen. Dieses Land hat es nötig. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Als nächster Redner spricht Herr Ministerpräsident Koch.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Zum Thema Sein und Bewusstsein!)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Abg. Hahn, aus dem Bewusstsein des ehemaligen Fraktionsvorsitzenden und dem Sein des Ministerpräsidenten versuche ich in der Tat, beide Positionen gemeinsam zu vertreten.

Zunächst einmal sage ich, wir als Landesregierung sind froh darüber, dass es gelingt, bei allen Auseinandersetzungen über andere Themen in die Gespräche der nächsten Monate im Rahmen der jetzt zu gründenden Kommission mit einer gemeinsamen Position zu gehen. Ich glaube, dass es richtig ist, dass die Trennlinien in dieser Debatte, die wir über die Aufgabenverteilung innerhalb der bundesstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik zu führen haben, weniger zwischen politischen Parteien, als zwischen institutionellen Ebenen wie Ländern, Gemeinden und dem Bund und zwischen Regionen und ihrer jeweiligen Definition verlaufen werden. Vielleicht geht es nach der Definition von Arm und Reich, um das Wort von Herrn Al-Wazir hier aufzunehmen, auf jeden Fall nach einer anderen als A- oder B-Land,wie das in der klassischen politischen Geographie des Bundesrats heißt.

Das macht die Einigung ganz zweifellos schwieriger, weil es die eine institutionelle Möglichkeit der gelegentlich verschlossenen Beratung im Vermittlungsausschuss oder in anderen Gremien, ob man das mag oder nicht, nicht zu dem geeigneten Instrument werden lässt; denn die arbeiten auf anderen Traditionen.Auf der anderen Seite gibt es aber auch keine richtig geeigneten Instrumente. Deshalb glaube ich, dass alle Landesregierungen gemeinsam den Kolleginnen und Kollegen in den Parlamenten bei allen Debatten über institutionelle Zuständigkeiten auf der nationalen Ebene, über die unsere Verfassungsrechtsabteilungen seit Jahrzehnten schreiben, dankbar sind, dass die Parlamente der Länder sich damit beschäftigen. Die Erklärung von Lübeck ist eine wichtige und hilfreiche zusätzliche Möglichkeit, in dieser schwierigen Verhaltensweise zwischen den klassischen parteipolitischen Fronten und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern mit einer eigenen Position neue Gesprächsebenen zu eröffnen.

Aus diesem Zusammenhang heraus ist es konsequent, in den Beratungen auch die Position der Landesparlamente nicht mehr nur mittelbar durch die Landesregierungen, sondern auch unmittelbar durch die Präsenz der dort Vertretenen einfließen zu lassen. Schwierig ist das, weil wir am Ende bei Föderalismusstrukturen natürlich auch noch die Frage stellen müssen, wer dafür sorgt, dass die Entscheidungsfähigkeit bei der Abstimmung erhalten bleibt. Ich glaube, dort ist es nicht ein bloßes Verharren auf verfassungsrechtlichen Regelungen, dass die Regelabstimmungen im Bundesrat, wenn der Einfluss der Länder prinzipiell im Verwaltungsverfahren bleiben soll – 80 % dessen, was wir im Bundesrat machen, sind nicht große Gesetze, wie sie jetzt durch das Fernsehen gehen, sondern Debatten über Rechtsverordnungen und Ausführungsbestimmungen an anderer Stelle –, nur möglich sind, wenn die Regierungen für die Länder sprechen. Sonst würde es in Fristen geschehen, die wir alle sehr bedauerlich finden.

Aber die Frage, was auf welcher Ebene stattfinden kann und was wir ins Landesparlament zurückholen können, trifft, jedenfalls was die Hessische Landesregierung angeht, uneingeschränkt die Position, die wir als Regierung vertreten, wenn die Landesparlamente sagen, sie wollen mehr Rechte zurückhaben.Genau an dieser Stelle besteht auch eine Chance, dass Landesparlamente unter dem Motto „Wir wollen mehr Rechte zurückhaben“ sich möglicherweise ein Stück davon lösen, jede Frage des Föderalismus nur finanziell zu sehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Wir haben seit 1968/69, seit der „großen“ Finanzreform – die Anführungszeichen beziehen sich vor allem auf die Finanzreform – zu Zeiten einer großen Koalition in der Bundesrepublik Deutschland eine Struktur, in der alles von allen mitfinanziert wird und jeder bei jedem mitzureden hat. Das ist der Grundkonsens des Jahres 1969 gewesen.Wir werden an dieser Stelle nur erfolgreich sein,wenn wir ihn jedenfalls tendenziell aufbrechen.Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass ein prinzipielles Zurückkehren zur Situation von 1969 nicht möglich ist, weil es nach wie vor eine Mehrheit derjenigen in Deutschland gibt, die Sorge haben, dass die finanziellen Auswirkungen von Eigenverantwortung größer sind als die gestalterischen oder kreativen Vorteile, die man dadurch erlangen kann.

Letzten Endes darf man nicht ganz wegnehmen, dass ein Hessischer Landtag und eine Hessische Landesregierung unter der Ausgangsposition leben, dass die These, dass die wirtschaftlichen Elemente überwiegend seien bei mehr Kreativität, für uns im Zweifel ein Vorteil ist und die Alternative in dem Risiko besteht: Entweder es passiert gar nichts, wobei wir behaupten, dass das nicht alleine ausschlaggebend wäre, oder es passiert zu unseren Gunsten. Das sind beides vergleichsweise verträgliche Alternativen im Vergleich zu der Sicht einer Landesregierung oder eines Landesparlaments, die die Sorge haben, dass bestenfalls gar nichts passiert oder,wenn sich etwas verändert,es zu ihrem Nachteil ist.

Das ist die unterschiedliche Ausgangsposition, die wir in den Regierungen bis heute nicht auflösen konnten. Daraus kommen die Streite beim Bundesverfassungsgericht. Daraus kommen die sehr komplizierten Verfahren beim Länderfinanzausgleich, und daraus kommt die extrem restriktive Verhaltensweise bezüglich der neuen gesetzlichen Materien, die von dem Bundesrecht wieder in die Landtage zurückübertragen werden können.

Wenn wir darüber reden, wo wir gemeinsam etwas tun können, ist es deshalb eine der wichtigsten Fragen: Kann es auf der Ebene der Landesparlamente gelingen, in dieser Frage einen neuen Diskussionszusammenhang einzubringen, der etwas optimistischer – mehr ist völlig unrealistisch – bei der Fragestellung ist: Können wir, wenn wir es selbst machen, auch einen Vorteil davon haben, oder ist es immer nur ein Risiko? Ich glaube,dass wir dort sehr behutsam die Gebiete definieren und finden müssen, in denen es erste Schritte gibt.

Die erste Frage ist, ob die Kommission scheitert oder ob sie erste Schritte geht. Die zweite Frage ist, ob sie, wenn sie erste Schritte geht, diese Schritte nur im Nebenrecht geht

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Dann scheitert sie auch!)

oder ob sie in der Lage ist, bei bestimmten finanziellen Fragen erste Fortschritte zu machen. Ich glaube, dass es für das Bundesland Hessen wichtig ist, dass die Kommission nicht nur im Nebenrecht vorankommt.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ich glaube, dass wir dafür sorgen müssen, mit Behutsamkeit z. B. den Wettbewerbsföderalismus anzugehen. Ich brauche das Wort Wettbewerbsföderalismus nicht. Ich glaube zwar, dass es unter dem Gesichtspunkt, dass es einen Wettbewerb unter den Ländern gibt, eine nicht ganz falsche Beschreibung ist. Es muss aber einen Gestaltungsföderalismus geben. Darüber sollten wir uns einig sein. Derzeit haben wir eine Art Kooperationsföderalismus.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wir sagen „aktivierender Föderalismus“!)

Von der aktivierenden Sozialhilfe zum aktivierenden Föderalismus? Der Begriff ist mir vergleichsweise wenig wichtig.Wir müssen aber wissen, dass die anderen, die mit uns verhandeln, immer genau auf diesen Punkt schauen.

Wenn man von den finanziellen Strukturen spricht, dann müssen wir gelegentlich mutig sein. Ich will es einmal so sagen: Wenn die Ministerpräsidentenkonferenz sagen sollte: „Wir sind bereit, über die Gemeinschaftsaufgaben Verhandlungen zu führen“, dann wird es nach meiner Einschätzung in 16 Bundesländern aus jeweils mindestens zwei bis drei Ministerien Vermerke geben, die darauf hinweisen, dass dieser Punkt belastungsrelevant sein kann. Ich will den Hessischen Landtag durchaus darauf hinweisen, dass – von Posch bis Rhiel und Klemm – alle Wirtschaftsminister gesagt haben: Das ist eine ganz spannende Sache, wenn wir das selber machen, aber es könnte sein, dass die Mittel im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Wirtschaftsförderung anders verteilt werden.