Protokoll der Sitzung vom 23.04.2003

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal Folgendes unterstreichen.Aus unserer Sicht wird das Engagement der Bürgerinnen und Bürger für die Gesellschaft auch in Zukunft notwendig und geboten sein. Wir wollen eine aktive Bürgergesellschaft. Deshalb haben wir den Versicherungsschutz für die Ehrenamtlichen eingeführt. Deshalb haben wir die Möglichkeit geschaffen, dass im Zeugnis ausgewiesen werden kann, dass sich ein Jugendlicher ehrenamtlich engagiert hat. Das kann damit als Qualifikationsmerkmal hervorgehoben werden. Deshalb hat es unsere Bemühungen für den ehrenamtlichen Bereich gegeben, die teilweise nicht einsehbare Belastung mit den Gebühren der GEMA abzuschaffen. Bei der Feuerwehr müssen die Altlasten beseitigt werden, die RotGrün hinterlassen hat. So viel möchte ich damit zur finanziellen Verantwortung sagen. Mit weiteren 5 Millionen € werden wir in einer Kraftanstrengung diese „Erblast“ abtragen, um das Engagement in der freiwilligen Feuerwehr in unserem Land auch in Zukunft zu fördern und zu unterstützen. Das ist ehrenamtliche Tätigkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Eine moderne Bürgergesellschaft verlangt ein neues Bürgerbewusstsein. Ich finde, teilweise haben wir das gespürt. Im Vergleich zu allen anderen Bundesländern haben wir in unserem Land ein größeres ehrenamtliches Engagement. Beispielsweise konnte man im Zusammenhang mit der Olympiabewerbung sehen, dass sich 28.000 Bürgerinnen und Bürger bereit erklärt haben, sich für den – –

(Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Über 30.000 waren es!)

Der Präsident des Landessportbundes Hessen korrigiert mich zu Recht. Es waren über 30.000 Bürgerinnen und Bürger, die sich freiwillig gemeldet haben, ihren Beitrag zu leisten.Sie wollten sich derartig engagieren.Ich glaube, es wäre richtig, diese Bereitschaft der Mitbürgerinnen und Mitbürger in Zukunft für sportliche Aktivitäten zu nutzen, um das entsprechend umzusetzen. Denn gerade beim Sport gibt es ein großes ehrenamtliches Engagement.Wir sind auf die Ehrenamtlichen im sportlichen Bereich angewiesen, um auch in Zukunft in Hessen eine positive Entwicklung feststellen zu können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich glaube, eine zentrale Aufgabe in unserer Politik muss es auch sein, die Familie wieder mehr in den Mittelpunkt zu rücken. Die Familie ist die Keimzelle der Gesellschaft und des demokratischen Staates. Wir müssen und wollen da die Rahmenbedingungen verbessern und verändern. Ich sage auch: Die staatliche Gleichstellung der Familie mit anderen Lebensformen halten wir für den falschen Weg.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir wollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in den verschiedensten Bereichen ermöglichen. Dass wir Ja zum Kind sagen, soll deutlich und Realität werden. Wir wollen aber nicht die „Lufthoheit über den Kinderbetten“. Diese Formulierung stammt von dem Generalsekretär der SPD.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die Erziehung bleibt zunächst die vornehmste und wichtigste Aufgabe der Eltern.Wir wollen aber die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erreichen. Deswegen wollen wir Angebote bei der Betreuung, etwa mit dem Modell der Tagesmütter oder der betreuenden Grundschule, schaffen. Beispielsweise wollen wir das Angebot der freiwilligen Ganztagsschule. Unser Ziel ist es, dass es am Ende dieser Legislaturperiode Ganztagsangebote in erreichbarer Nähe auf freiwilliger Grundlage für die Kinder der Bürgerinnen und Bürger Hessens gibt. Es soll also eine konkrete Realisierung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf geben. Das soll ermöglicht werden.

Wir haben uns zum Ziel gesetzt, Hessen zum kinderfreundlichsten Land zu machen. Dazu gehört nicht nur, dass wir zu der Familie und den Kindern Ja sagen. Vielmehr räumen wir den Familien mit Kindern Vorrang im öffentlichen Leben ein. Das ist ein Stück weit schon eine Überlebensstrategie: Wir unternehmen alle Anstrengungen, um die Familie auch hinsichtlich der finanziellen Rahmenbedingungen wieder mehr in den Blickpunkt der Politik zu rücken. Die Familie muss hier wieder Schwerpunkt werden, und ihr muss dabei wieder mehr Bedeutung zukommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Der dritte Bereich, zu dem wir Formulierungen getroffen haben, betrifft ein Thema, das eigentlich zu den wichtigsten Aufgaben des Staates gehört. Es geht dabei um die Frage des Schutzes der Bürgerinnen und Bürger, um die Schutzfunktion des Staates, also um die innere Sicherheit. Freiheit und Sicherheit gehören unserer Ansicht nach zusammen. Hessen soll zum Sicherheitsland Nummer eins werden.Wir wollen nicht mehr, dass es so ist, wie es in der Zeit der rot-grünen Regierung war. Damals war Hessen sozusagen der Anziehungspunkt für Straftäter. Vielmehr sollen die Straftäter Hessen meiden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Tarek Al- Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach du liebe Zeit!)

Sehr geehrter Herr Kollege Al-Wazir, ich habe das sehr oft erlebt.Ich habe in meiner Praxis als Anwalt sehr oft erlebt, dass das, was ich formuliert habe, die Wahrheit war. – Deshalb sage ich: Wir brauchen einen Ausbau der Videoüberwachungsanlagen. Wir brauchen weiterhin eine Kriminalprävention in unserem Land. Die wollen wir forcieren. Wir wollen den freiwilligen Polizeidienst weiterentwickeln. Wir wollen die Wachpolizei als dritte Säule etablieren. Das alles sind Maßnahmen, die zur inneren Sicherheit beitragen werden. Wir werden aber auch in die

sem Bereich unsere Verantwortung auf Bundesebene wahrnehmen. Ich spreche damit jetzt bewusst das Thema an, das in den nächsten Wochen anstehen wird. Das sind nämlich die Fragestellung des Zuwanderungsgesetzes und die Folgewirkungen, die dieses Gesetz dann haben wird.

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass dieses Gesetz verfassungswidrig ist. Ich halte es nicht für richtig, dass die Bundesregierung im Grunde genommen dann das gleiche Gesetz, das so beurteilt wurde, ohne jegliche Änderung dem Bundesrat wieder vorlegt.

(Beifall des Abg.Armin Klein (Wiesbaden) (CDU) – Zuruf von der SPD)

Konkret geändert werden muss folgende Tatsache: Aus unserer Sicht muss beispielsweise der begründete Verdacht, jemand sei islamistischer Extremist und Mitglied einer terroristischen Vereinigung, ein Ausweisungstatbestand sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich habe damals für die Hessische Landesregierung beantragt, dass auch Straftäter, die zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wurden, unter den Tatbestand der Ausweisung fallen. Das ist damals von der SPD mit Mehrheit abgelehnt worden.

(Zuruf von der CDU:Hört,hört! – Frank Gotthardt (CDU): So sind sie!)

Es wurden drei Jahre Freiheitsstrafe als Ausweisungstatbestand festgelegt. Ich finde, wer zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden ist, hat sein Gastrecht verwirkt und gehört ausgewiesen. Auch das sage ich hier klar und deutlich.

(Beifall bei der CDU)

Das gehört zur inneren Sicherheit. Deshalb rede ich über solche Tatbestände.

Da ich zu Fragen der inneren Sicherheit gesprochen habe, möchte ich jetzt noch zwei weitere Aspekte ansprechen. Zum einen betrifft dies die Frage, die sich mit dem Thema „Soziale Gerechtigkeit“ überschreiben lässt. Lieber Herr Kollege Walter, hier haben Sie nur sehr kurz zitiert. Sie wissen ganz genau, dass hinsichtlich der Jugendpolitik mehr im Regierungsprogramm steht. Da geht es nicht nur um die Jugendparlamente und das Projekt „Jugend meets Politik“. Vielmehr wird dort auch sehr konkret die Frage angesprochen, ob ein Pflichtjahr für die junge Generation eingeführt werden soll.

Ich sage Ihnen,wir sind der Auffassung,dass das etwas mit sozialer Gerechtigkeit zu tun hat. Man muss sich einmal ansehen, wer heute noch im Rahmen der Wehrpflicht herangezogen wird. Es ist nicht sozial gerecht, dass im Grunde genommen nur der eine Teil der jungen Generation seinen Dienst im Rahmen der Wehrpflicht ableistet, während der andere Teil nicht zur Ableistung einer allgemeinen Dienstpflicht herangezogen wird. Das gilt auch für andere Bereiche. Wir brauchen auch im Zivildienst entsprechendes Engagement der jüngeren Generation. Wir sind der Meinung, wir sollten ein soziales Pflichtjahr einführen. Dies würde der Wehrgerechtigkeit und der sozialen Gerechtigkeit dienen. Dies würde auch der allgemeinen positiven Entwicklung der jungen Generation dienen. Deshalb wollen wir mit unseren Aktivitäten und unserer Initiative für die Schaffung eines solchen sozialen Pflichtjahres eintreten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit muss auch an anderen Dingen konkretisiert werden.Auch da haben wir auf Bundesebene Verantwortung. Herr Walter, vielleicht stimmen Sie mir da sogar zu. Ich stelle die Formulierung auf, dass es nicht sozial gerecht ist, dass beispielsweise diejenigen, die in die Krankenversicherung überhaupt nichts einzahlen, beim Arzt besser behandelt werden als diejenigen Arbeitnehmer, die redlich und monatlich ihre Verpflichtungen erfüllen und ihren Krankenversicherungsbeitrag leisten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Auch das gehört zur Gerechtigkeit.

(Jürgen May (SPD): Konsequenzen?)

Meine Damen und Herren, beim Thema soziale Gerechtigkeit hat der Ministerpräsident auf den Behindertenbeauftragten hingewiesen. Er hat zu Recht unterstrichen, dass Herr Rinn aus unserer Sicht eine sehr positive Arbeit leistet. Dann gehört es aber auch dazu, dass wir das Aufgabengebiet des Behindertenbeauftragten auf alle Menschen mit Behinderungen in Hessen ausdehnen, um dieser Verantwortung gerecht zu werden.

Im Wahlkampf 1999 hat die Frage der Integration eine besondere Rolle gespielt. Es ist bezeichnend, dass der Kollege Walter diesem Thema heute keine einzige Bemerkung zugewandt hat, wenn ich das richtig gesehen habe. Aber wir werden unseren Weg der Integration, den wir dort begonnen haben und den uns niemand so recht zugetraut hat, positiv fortsetzen.

Meine Damen und Herren, die Entwicklung von Parallelgesellschaften ist der falsche Weg einer friedlichen Entwicklung der Gesellschaft. Wir brauchen die Integration, und die Voraussetzung für Integration ist beispielsweise die Beherrschung der deutschen Sprache. Deshalb wollen wir unseren Weg der Integration der ausländischen Mitbürger entsprechend positiv, wie wir ihn begonnen haben, fortsetzen.

(Beifall bei der CDU)

Die Integration auch der Spätaussiedler ist ein wichtiger Punkt. Diese Aufgabe nimmt weiterhin unser früherer Kollege Rudi Friedrich für die Landesregierung positiv wahr. Ich will deshalb auch sagen: Wir haben in unserem Land immerhin fast 30 % Vertriebene aufgenommen. Dadurch haben wir insgesamt eine Bereicherung erfahren.In der letzten Legislaturperiode haben wir diesbezüglich erhebliche Anstrengungen unternommen, und wir wollen dafür sorgen, dass beispielsweise der 5. August, der das Datum der Charta der Vertriebenen darstellt – aus meiner Sicht eine der größten friedlichen Botschaften, die 1950 formuliert wurde, als man im Grunde auf Rache und Vergeltung verzichtet hat,nachdem man ein solches Schicksa erlebt hat –, zum nationalen Gedenktag erhoben wird. Das wollen wir unterstützen, und dies haben wir ebenfalls in unserem Regierungsprogramm formuliert und festgehalten.

(Beifall bei der CDU)

Dazu gehört auch, dass wir gemeinsam mit den anderen Bundesländern und der Bundesregierung das Zentrum der Vertreibung entsprechend unterstützen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch zu dem Bereich, den ich mit den Worten „Die Schöpfung bewahren“ beschrieben habe, ein paar Akzente setzen. Wir haben die Umweltallianz begonnen, die wir entsprechend positiv fortentwickeln wollen.Wir setzen auf Kooperation

statt Konfrontation. Beim Vertragsnaturschutz haben wir positive Akzente gesetzt, die weiter fortgesetzt werden. Zum Thema Nationalpark Kellerwald hat der Ministerpräsident Stellung genommen.

Lassen Sie mich nur sagen, dass wir auch formuliert haben, dass wir beispielsweise den Anteil der erneuerbaren Energien auf 15 % ausweiten wollen, im Bereich der Biorohstoffe, und hier einen entsprechenden Akzent für eine positive Entwicklung in unserem Land setzen wollen.

Außerdem wollen wir die Aktion „Sauberhaftes Hessen“ fortsetzen. Das ist eine wichtige Aktion, die teilweise auch in die Schulen hineingeht, um die junge Generation zu erreichen. Schließlich muss man feststellen, wo überall welche Kippen hingeworfen werden, wie Autobahnzu- und -abfahrten aussehen. Da ist es notwendig, in der Bevölkerung ein Bewusstsein zu entwickeln, dass wir uns gegenseitig schaden, wenn wir uns so verhalten. Wir brauchen auch hier ein anderes Bewusstsein.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir hatten einmal formuliert, dass man im Rhein wieder schwimmen können soll. Wir sind mittlerweile in der Situation, dass wir dort nicht nur die entsprechenden Fischarten haben, sondern dass man das tatsächlich wieder kann. Das empfinde ich ebenfalls als eine positive Entwicklung, die man fortsetzen sollte;

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das hat alles der Dietzel gemacht?)

denn ich glaube,dass wir hier eine positive Entwicklung in unserem Land insgesamt bewirkt haben und ein entsprechendes Ziel erreichen, das wir weiter ausbauen wollen.

Wenn wir den Verbraucherschutz nun in das Ministerium für Umwelt und ländlichen Raum hineinnehmen, dann wird damit deutlich, dass wir wichtige und entscheidende Produkte aus unserer Region entsprechend positiv vermarkten. „Gutes aus Hessen“ ist ein Markenzeichen, das wir in den Rahmenbedingungen fortentwickeln wollen, auch im Hinblick auf unsere Landwirtschaft, sodass die landwirtschaftlichen Produkte sich dort entsprechend durchsetzen.

Meine Damen und Herren, wenn wir sonst immer sagen, wir wollen zur Spitze in Deutschland werden, dann kann ich mir nicht verkneifen zu sagen:Wir haben ein Produkt, mit dem sind wir nicht nur in der Spitze in Deutschland und Europa, sondern in der Spitze in der Welt, das ist der Rheingauer Riesling. Den wollen wir auch entsprechend fördern.

(Beifall bei der CDU – Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)