Das war der Einstieg in die konzeptionelle Entwicklung von Tagespflege.Ich hatte mich anfangs gefreut,als Sie bei der Regierungserklärung davon geredet haben, dass Sie Hessen zu einem Land der Tagesmütter und Tagesväter machen wollen, dass Sie dieses Konzept auch so überneh
men wollen. Aber wenn ich mir heute anschaue, was Sie nach fünf Jahren Regierungszeit aus der Ankündigung und aus dem Tagesmütterkonzept gemacht haben, dann muss ich sagen: Das ist erbärmlich.
Es sind weniger als 1.000 Plätze. Ich habe diese Rede kurzfristig übernommen. Deshalb habe ich nicht mehr nachgeguckt. Soweit ich weiß, sind es hessenweit weniger als 1.000 Plätze, die in diesen fünf Jahren geschaffen wurden. Das ist bei weitem nicht ausreichend und nicht das, was Eltern nachfragen, was notwendig ist als Ersatz zu Kindertagesbetreuung in Kindertagesstätten, aber auch als Ergänzung, z. B. in Zeiten, in denen in Institutionen kein Betreuungsangebot vorliegt.
Es gibt einen breiten Konsens darüber, dass ein Ausbau, ein bedarfsgerechtes Angebot an qualitativ hochwertigen, zeitlich flexiblen,bezahlbaren und vielfältigen Angeboten im Bereich der Tagespflege erforderlich ist, insbesondere für unter Dreijährige.
Diese vollmundigen Ankündigungen haben auch Erwartungen bei den Eltern geweckt. Wenn Ihre Ankündigungen nicht nur das gewesen sein sollen, als was wir sie anfangs interpretiert haben, nämlich ein Ablenkungsmanöver davon, dass bereits vor vier Jahren mit dem Kahlschlag in der Kinderbetreuung keine finanziellen Mittel zur Schaffung von Plätzen in Betreuungseinrichtungen zur Verfügung gestellt wurden,wenn Sie den Nachweis erbringen wollen, dass es Ihnen nicht nur um ein Ausweichmanöver ging, sondern tatsächlich um die Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen,dann müssen Sie diesen Antrag der Fraktion der GRÜNEN auch als Handlungsaufforderung sehen, hier endlich aktiv zu werden
und ein konzeptionelles Angebot vorzulegen, wie der Ausbau von Tagespflege in Hessen vorangebracht werden kann.
Die Grundsatzdiskussion über die Notwendigkeit des Ausbaus von flächendeckenden Betreuungsangeboten für unter Dreijährige will ich jetzt nicht führen. Dass es eine Unterversorgung gibt und diese im Zusammenhang mit Hartz IV, was den Handlungsbedarf anbelangt, noch viel dringlicher zu lösen sein wird, darüber brauchen wir auch nicht zu reden. Es wird aber darum gehen, dass Tagespflege so organisiert wird,dass sie zuverlässig und qualitativ hochwertig ist. Eine qualitativ hochwertige Tagespflege gewährleisten wird man nicht damit, dass man ein erfolgreich arbeitendes Tagespflege-/Tagesmütterbüro, das auch Konzepte entwickelt hat, die mittlerweile hessenweit Gültigkeit haben, im Zuge der Kahlschlagpolitik einfach abschafft.
Wenn es darum geht, mit Tagespflege und Tagespflegepersonal Betreuungslücken zu schließen, dann muss auch gewährleistet sein, dass die Betreuungspersonen einem qualitativen Anspruch genügen. Ein gleichwertiges Angebot zur institutionellen Tagespflege bedeutet Fortbildung, bedeutet Qualifizierung und bedeutet auch eine sozialversicherungspflichtige Absicherung von Tagespflegepersonen.
Wie lässt sich Qualität in der Tagespflege sicherstellen? – Es ist angesprochen worden, dass sich Tagesmütter nicht durch eine Berufsausbildung qualifizieren. Sie müssen keinen Nachweis erbringen, dass sie ein qualitativ hochwertiges Betreuungsangebot gewährleisten können. Deswegen ist es ganz wichtig, Tagespflege in die Jugendhilfe, ins Landesjugendamt einzubinden.
Deshalb ist es mir ganz wichtig, dass die Erfahrungen des Landesjugendamtes genutzt werden,um eine fachgemäße Jugendhilfeplanung im Bereich der Tagesbetreuung anzustoßen und bei den Kreisen Stellen zu schaffen, die eine Gewähr dafür leisten, dass nicht nur eine quantitative Ausweitung von Tagespflege erfolgt, sondern auch qualitativ eine gute Tagespflege gewährleistet ist.
Es geht nicht nur um einen Ersatz von Pflegeplätzen in Kitas, sondern es geht auch um eine Ergänzung von Angeboten in Betreuungseinrichtungen. Diesbezüglich haben Sie kein Konzept vorgelegt.Was Sie auf den Tisch gelegt haben, ist aus dem Sofortprogramm von Rot-Grün abgeschrieben. Legen Sie endlich ein Konzept vor, in dem Sie darstellen,wie Sie mehr Plätze schaffen wollen,und legen Sie endlich andere Zahlen vor.
Danke schön, Frau Hartmann. – Für die Landesregierung erteile ich Frau Staatsministerin Lautenschläger das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der GRÜNEN gibt in vielen Teilen durchaus das wieder,was wir in der Vergangenheit umgesetzt haben und weiter umsetzen wollen. Insofern kann ich gar keine großen Unterschiede sehen. Ich will Sie an einige Punkte erinnern, auch Sie, Frau Kollegin Hartmann.
Wir haben bereits sehr frühzeitig damit angefangen,zu sagen, dass die Tagespflege ein ganz wichtiger Baustein vor allem für die Betreuung von Kindern unter drei Jahren ist. Seit 1999 haben wir die Tagespflege mit mehr Mitteln ausgestattet, um die Tagespflege in Hessen auf breiter Basis aufzubauen. Inzwischen wird dies von vielen anderen Bundesländern übernommen.
Zur Klarstellung ein Hinweis an Sie, Frau Hartmann: Das hessische Tagespflegebüro ist in Maintal. Das Mütterbüro hat etwas völlig anderes gemacht. Die Mittel für das hessische Tagespflegebüro wurden von uns nochmals erhöht. Zusätzlich haben wir die Offensive für Kinderbetreuung aufgelegt, die in der Tagespflege einen weiteren Schwerpunkt gesetzt hat. Die fachlichen Empfehlungen zur Qualität der Kinderbetreuung in der Tagespflege, die wir jetzt veröffentlichen, stelle ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Nachdem wir die Tagespflege aufgebaut haben, war es der weiter gehende Schritt, eine einheitliche fachliche Empfehlung abzugeben, wie Qualifizierung in der Tagespflege dauerhaft aussehen kann. Insoweit dürften wir uns zu
mindest dort nicht sehr unterscheiden. Denn wir setzen bereits seit einigen Jahren auf diesen Schwerpunkt und wollen ihn weiter ausbauen.
Auch darüber, dass wir Tagespflege als gleichrangiges Angebot verankern sollten, sind wir uns mit Sicherheit weitgehend einig; denn Eltern brauchen die Wahlmöglichkeit zwischen der Krippe, der Tagespflege und den altersübergreifenden Gruppen in den Kindergärten – je nachdem, welche Möglichkeiten und welches Angebot für die Eltern das Richtige ist. Deswegen werden wir die Tagespflege dort gleichstellen. Die fachlichen Empfehlungen sind vorhanden.
Ich will noch auf einen weiteren Punkt hinweisen, den Sie in Ihrem Antrag angesprochen haben. Sie fordern Maßnahmen wie die verlässliche Betreuung bei Krankheit, Urlaub und Qualifizierung. Dort stellen wir als Landesregierung zusätzliche Pauschalen zur Verfügung, weil wir das für einen wichtigen Baustein in diesem Bereich halten. Insoweit freut es mich, dass Sie, vielleicht auch die Fraktion der SPD, der Tagespflege inzwischen die gleiche Wichtigkeit beimessen, wie wir es bereits in den vergangenen Jahren getan haben. Das hat zu einem zusätzlichen Ausbau in diesem Bereich geführt.
Ich will Ihnen an der Stelle einige Zahlen in Erinnerung rufen. Für den Aufbau eines hessischen Netzwerkes für Tagespflege haben wir in der Offensive für Kinderbetreuung – Ziffer 2.1 – im Haushaltsjahr 2001 rund 983.000 c zur Verfügung gestellt. Im Haushaltsjahr 2002 waren es über 2,4 Millionen c und im Jahr 2003 über 1,42 Millionen c. Ich gehe davon aus, dass sich der Ansatz in diesem Jahr erhöhen wird. Denn es sollen Netzwerke für die Tagespflege geschaffen werden.
Ferner konnten über die Jahre hinweg die Qualifizierung von Tagespflegepersonen – das ist bereits in der Offensive für Kinderbetreuung verankert – sowie deren Alterssicherung stückchenweise ausgebaut werden. Im Jahr 2003 lag die Förderung bei knapp 600.000 c gegenüber dem Jahr 2001 mit rund 400.000 c.
Auch dieser Bereich wird als einer der Schwerpunkte fortgesetzt werden müssen.Die Netzwerke von Tagespflegepersonen müssen gefördert werden, Tagespfleger müssen qualifiziert werden. Dies muss, auch unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine von mehreren Wahlmöglichkeiten sein.
Denn altersübergreifende Gruppen sind ebenfalls ein wichtiger Baustein. Dort spielen die Öffnungszeiten der Kindergärten eine große Rolle. Wir wollen, dass die Öffnungszeiten erweitert werden und dass sich die Eltern entscheiden können, ob sie für das zweijährige Kind eine Tagespflegeperson,eine altersübergreifende Gruppe oder möglicherweise die Krippe wählen.
Eines möchte ich hier noch einmal deutlich sagen: RotGrün weist im Bund dauernd darauf hin, dass aufgrund der Hartz-Gesetze Geld zur Verfügung gestellt wird, um mehr für die Kinderbetreuung der unter Dreijährigen zu tun, während sich Rot-Grün gleichzeitig in die Gesetzgebungsverfahren und die Organisation der Länder und der Gemeinden einmischt.Wir wären gerne bereit, die Gelder zu nehmen. Die Kommunen sollen aber selbst entscheiden, was in ihrem Bereich notwendig ist. Meine Damen und Herren, über das Geld wird inzwischen seit drei Jahren gesprochen. Sie kennen die Berechnungen der Kommunen, die sie auf der Grundlage der Hartz-Gesetze vorgenommen haben.
Wo diese 1,5 Milliarden c herkommen sollen, steht nach wie vor in den Sternen. Deswegen werden wir in Hessen auch dort weiter Schritt für Schritt die Mittel erhöhen, auch in diesem Jahr.
Frau Ministerin, könnten Sie uns die aktuellen Zahlen mitteilen, wie viele zusätzliche Tagespflegeplätze in den zurückliegenden fünf Jahren geschaffen wurden?
Ich habe momentan die Zahlen zu den Tagespflegeplätzen nicht dabei. Aber: Ich habe Ihnen gerade gesagt, wie wichtig die Netzwerke für die Tagesvermittlungsstellen sind. Wir wollen aus dem so genannten grauen Markt heraus, damit Frauen, Männer, Mütter und Väter, die bereit sind, Tagespflege anzubieten, wissen, wo sie sich melden können, wo sie sich schulen lassen können und wo die Eltern eine Anlaufstelle haben. Auch das ist ein ganz gewichtiger Punkt. Denn die Eltern legen Wert auf Qualität und Verlässlichkeit, wenn es darum geht, an wen sie sich wenden könnnen. Das ist der erste Schritt. Das musste weiter ausgebaut werden.
Damit einher gehen die Qualifizierung in der Tagespflege und die Gleichstellung der Tagespflege, die wir ebenfalls vornehmen wollen. Es ist ein ganz wichtiger Baustein, die Akzeptanz dafür zu verstärken. Wenn Sie sich die Landkarte von Hessen anschauen, dann stellen Sie fest, dass Hessen inzwischen viele Orte hat, wo Tagespflege stattfindet. Ich selbst bin der Auffassung, dass es noch mehr werden müssen. Deswegen werden wir an diesem Programm festhalten und diesen Bereich weiter ausbauen.
Danke schön, Frau Ministerin. – Zu Tagesordnungspunkt 15 liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich gehe davon aus, dass der Antrag, wie verabredet, im Sozialpolitischen Ausschuss weiter beraten wird. – Das ist so.
Die Geschäftsführer haben vereinbart, dass Tagesordnungspunkt 16 gemeinsam mit Tagesordnungspunkt 27 aufgerufen werden soll. Die Redezeit soll allerdings auf fünf Minuten begrenzt sein. Die Punkte werden dann nicht wie Entschließungsanträge behandelt, sondern beide sollen an den Ausschuss für Umwelt, ländlichen
Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Umsetzung der europäischen Agrarreform in nationales Recht – Drucks. 16/1866 –
Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend tragfähige Umsetzung der EU-Agrarpolitik für Hessens Bauern – Drucks. 16/1893 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für die Agrarreform haben die Gremien in Brüssel Jahre gebraucht. Wir müssen das Thema jetzt in fünf Minuten abhandeln. Das wird sehr schwierig sein, aber ich versuche es trotzdem.
Die Luxemburger Beschlüsse zur Entkopplung müssen umgesetzt werden. Wesentlicher Kern dieser Maßnahme ist, dass die Zahlungen an die Landwirtschaft nicht mehr an die Produktion, sondern an die Fläche gebunden werden sollen. Das ist ein wesentlicher Schritt in Richtung mehr Markt in der Landwirtschaft und ein richtiger Schritt in Richtung einer umweltfreundlichen Landwirtschaft, die sich nach Umweltstandards richtet.