Protokoll der Sitzung vom 13.06.2004

Ein halber Eltviller bin ich. Ich kann es auch erklären: Meine Mutter ist aus Eltville.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter (SPD))

Gott sei Dank, ja.

(Allgemeine Heiterkeit)

Wie man deutlich erkennen kann, ist die Mischung gelungen. – Als CDU-Landtagsfraktion respektieren wir die Entscheidung des Aufsichtsrats zur weiteren Projektentwicklung und sprechen uns gleichzeitig dafür aus, dass bei dieser Maßnahme den verschiedenen öffentlichen Belangen Rechnung zu tragen ist. Der Ersatz der wenig ansehnlichen Barackengebäude aus den Sechzigerjahren sowie die freiwillige Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung stellen bereits wichtige Schritte in diese Richtung dar.

Den Neubau wird es nur geben – das muss man in einem solchen Antrag einmal formulieren, weil mit den angeblichen Absichten immer wieder Schindluder getrieben wird –,wenn dabei den Vorgaben des Natur-,Landschaftsund Denkmalschutzes Rechnung getragen werden kann. Dies findet innerhalb eines ordentlichen Verfahrens statt, für das der Kreisausschuss des Rheingau-Taunus-Kreises unter Beteiligung der entsprechenden Fachbehörden zuständig ist.

Statt ständig neue Behauptungen und Vermutungen in die Welt zu setzen, ohne diese mit Fakten belegen zu können, sollte uns allen vielmehr daran gelegen sein, dass dieses Planungsvorhaben objektiv und ergebnisoffen vorangebracht wird.

(Zuruf von der SPD:Ihr habt euch doch festgelegt!)

Dass die Stadt Eltville natürlich ein vitales Interesse daran hat, diese Investition möglichst am alten Standort durchzuführen,braucht man gar nicht weiter zu erläutern.

Ich denke auch, dass die Winzerschaft im Rheingau ein sehr differenziertes Verhältnis zu dem Vorhaben hat – das ist klar –, und zwar deswegen, weil viele Behauptungen in den Raum gestellt und viele Ängste hervorgerufen werden, die nicht abgebaut, sondern eher geschürt werden.

Frau Hoffmann, wer von einem „Wein-Disneyland am Steinberg“ spricht, leistet keinen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion.

(Beifall bei der CDU)

Herr Klee, Sie müssen zum Ende kommen.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass eine Sanierung oder ein Neubau am bisherigen Standort in Eltville finanziell nicht zu rechtfertigen ist und dass sich die weiteren Planungsaktivitäten auf die „Aussegnungsvariante“ konzentrieren müssen. Die ist am kostengünstigsten zu realisieren. Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Häusling das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die CDU spricht in ihrem Antrag von dem „Flaggschiff Hessische Staatsweingüter“ mit einem national und international hervorragenden Ruf.An diesem Punkt sind wir uns einig. Was haben Sie aber in den letzten Jahren gemacht? Ich habe den Eindruck, Sie haben mit den Staatsweingütern „Schiffe versenken“ gespielt.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Jetzt hat Roland Koch höchstpersönlich das Ruder in die Hand genommen, nachdem Minister Dietzel die ganze Angelegenheit in Untiefen gesteuert hat.Sie erinnern sich an die letzte Affäre: Rotweinfässer, die angeblich mit „wässriger Lösung“ gefüllt sind, werden aus dem Keller gerollt;Roland Koch stellt fest,mit dem darin enthaltenen Wein lasse sich noch Geld machen, und die „wässrige Lösung“ wird als Rotwein vermarktet, als edles Tröpfchen zum Schnäppchenpreis unters Volk gebracht. In diesem Zusammenhang war es ein praktischer Umstand, dass der Chef der Weinkontrolleure, Minister Dietzel, auch im Aufsichtsrat der Staatsweingüter GmbH sitzt. Er behauptet auf seiner Internetseite sogar, er sei Vorsitzender des Aufsichtsrats. Da gibt es wohl internen Klärungsbedarf. Das müssen Sie aber unter sich ausmachen.

(Volker Hoff (CDU): Sind Sie internethörig?)

Jetzt zu Ihrem Antrag. Wir sollen beschließen, dass das Staatsweingut einen guten Ruf hat, während es in Wirklichkeit so ist, dass Sie diesen Ruf gerade ruinieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Staatsweingüter sollen eine Vorbildfunktion haben. Die hessischen Winzer wenden sich mit Grausen, und die Öffentlichkeit lacht.

Für das Flaggschiff Staatsweingüter gibt es aber angeblich einen Rettungsanker: den Neubau der Kellerei am Steinberg. Hier legt sich Roland Koch wieder einmal mächtig

ins Zeug. Er hat aber wieder einmal – wie bei anderen Planungen – die falsche Brille auf. Beim Flughafen Frankfurt übersieht er ein Chemiewerk. Hier hat er schlicht und ergreifend übersehen, dass sich in der Nähe des geplanten Neubaus ein Kulturdenkmal höchsten Ranges befindet und das Gelände denkmalpflegerisch und ökologisch höchst sensibel ist.

Aber: Wenn er einmal einen Beschluss gefasst hat, bringt Roland Koch so schnell nichts vom Wege ab, trotz Haushaltskrise und Protesten. Ihm und dem ganzen Aufsichtsrat sollte aber zu denken geben,dass die,die in der Region mit einem Neubau beglückt werden sollen, also die Winzer und die Stadt Eltville, gar keinen Neubau haben wollen. Das müssen Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen. Die Winzer wollen außerdem nicht so recht glauben, dass ein massiv subventionierter Betrieb das Wohl der privaten Winzerkollegen im Blick hat. Die Stadt Eltville sagt eindeutig Nein zu dem geplanten Neubau und hat eine Veränderungssperre erlassen. Insofern wird dieses Projekt zunächst einmal gar nicht zum Zuge kommen können.

Bei Ihrem Antrag hat man, mit Verlaub, den Eindruck, dass er in weinseliger Runde entstanden ist. Frau Hoffmann hat schon darauf hingewiesen: Wir sollen heute beschließen, dass es bei einem Neubau kein Sonderbaurecht für die Staatsweingüter gibt. Genauso gut könnten wir heute beschließen, dass der Rheingauer Wein bitte schön aus dem Rheingau kommen soll.

Ich fordere Sie auf, die Planungen für den Neubau der Kellerei am Steinberg einzustellen und endlich mit der nötigen Sanierung des vorhandenen Standorts zu beginnen.Vertrödeln Sie keine weitere, für den Rheingau wertvolle Zeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Ministerpräsident, entfernen Sie Ihren Minister Dietzel bitte aus dem Aufsichtsrat. Er steckt an dieser Stelle in einem eklatanten Interessenkonflikt. Sie sollten die Leitung der Staatsweingüter endlich Fachleuten und nicht Politikern in die Hand geben.

(Clemens Reif (CDU): Außer Äpfelwein kennen Sie nichts!)

Ich trinke lieber Bier. – Sie sollten das Flaggschiff Staatsweingüter auch wirklich wie ein Flaggschiff behandeln. Wir haben eher den Eindruck, Sie werden dazu beitragen, dass dieses Flaggschiff endgültig versenkt wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Für die Fraktion der FDP hat der Kollege Heidel das Wort.

Frau Präsidentin, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Weil Kollege Denzin heute leider fehlt,habe ich die Ehre, zu den Themen Weinbau und Staatsweingüter zu reden. Dieses Thema beschäftigt uns schon seit längerer Zeit.

Ich will eine grundsätzliche Bemerkung vorausschicken: Die FDP ist immer mit dabei, wenn es darum geht, Wirtschaftsbetriebe des Landes in eine private Rechtsform zu

überführen, und wenn es darum geht, Unternehmensentscheidungen von ideologischen Festlegungen, die in der Politik manchmal getroffen werden, zu befreien.

(Beifall bei der FDP)

Wir sind auch sofort mit dabei,wenn es darum geht,Investitionsentscheidungen unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit und mit dem Ziel zu treffen, letztendlich schwarze Zahlen zu schreiben.

Für uns als FDP-Fraktion ist unstrittig, dass die Staatsweingüter ein historisches Kulturerbe darstellen und für den Erhalt der Kulturlandschaft wertvolle Dienste erbringen. All das ist unstrittig. Wenn ich aber die beiden Anträge, die uns heute vorgelegt werden, anschaue, dann muss ich zu dem Antrag der SPD sagen: Er ist von uns abzulehnen.

(Norbert Schmitt (SPD):Wieso?)

Weil die SPD in klassische Unternehmensentscheidungen eingreifen will. Wenn wir schon eine GmbH eingerichtet haben, dann muss diese GmbH als Unternehmen selbstständig entscheiden können.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Gerhard Bökel (SPD): Dann dürfen wir auch zum Flughafen nichts mehr beschließen!)

Das ist der Grundsatz. Herr Kollege Bökel, letztendlich entscheidet nicht der Hessische Landtag darüber, ob eine Kellerei nach § 35 Baugesetzbuch gebaut werden darf oder nicht, sondern die zuständigen Stellen entscheiden das. In der letzten Sitzung des Umweltausschusses bin ich belehrt worden,dass das Regierungspräsidium Darmstadt die baurechtliche Voranfrage prüfen und darüber entscheiden soll. – So weit zu dem SPD-Antrag.

Wenn man das hinnimmt und sagt, die Staatsweingüter sind eine GmbH,die selbstständig wirtschaftet,dann muss man aber den Hintergrund betrachten. Fehlentscheidungen,die von der GmbH möglicherweise getroffen werden, sind letztendlich vom Anteilseigner – das Land Hessen, also die öffentliche Hand – zu finanzieren.

(Norbert Schmitt (SPD): Sie sind auf dem richtigen Weg!)

Darüber müssen wir uns ebenfalls klar sein. Ich meine deshalb, es ist richtig, dass wir zumindest darüber diskutieren, ob die Standortfragen intensiv geprüft worden sind, ob und inwieweit das, was im Umfeld diskutiert und öffentlich bekundet wurde, in die Entscheidungen einfließt.

Ich will einen Punkt herausgreifen. Gestern kam in einem Gespräch die Diskussion auf das Asbach-Gelände in Rüdesheim. Das ist ein Gelände, das für die Staatsweingüter sicherlich geeignet wäre. Das wurde von der HLG auf Rückfrage bestätigt. Hier sind sogar Hallen und Keller vorhanden, die gekühlt werden können. Ich bin zwar kein Experte für den Weinbau, aber das wurde gestern so dargestellt und auf Rückfrage von der HLG bestätigt. Diesen Vorschlag müsste man zumindest in die Überlegungen einbeziehen.

Ich komme zur Variante 1 b, dem Neubau am bisherigen Standort. Meine sehr verehrten Kollegen von der CDU, Herr Kollege Klee, wenn Sie argumentieren, die Belastungen und die Verletzungen der Nachbarschaftsrechte würden größer, dann muss ich sagen: Größer als jetzt werden sie sicherlich auch bei einem Neubau nicht werden.

Das ist unbestritten, und das haben auch alle Fachleute so gesagt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)