Protokoll der Sitzung vom 07.05.2003

(Nicola Beer (FDP): Herr Kollege, wo wird das Geld denn herkommen?)

Es ist ein Angebot,dessen Einzelheiten in der Region und mit der Region zu diskutieren sein wird. Es gibt feste, unumkehrbare Zusagen, wie z. B. die genannte Begrenzung des Waldschutzgebietes auf etwa 5.700 ha.Es ist aber auch ein Angebot, das eine real greifbare Entwicklungschance für eine wirtschaftlich relativ strukturschwache Region unseres Landes bietet. Die Vorstellung, dass ein Nationalpark Kellerwald-Edersee auf ca. 5.700 ha im Waldschutzgebiet und eingebettet in den bestehenden Naturpark mit einer Fläche von knapp 40.000 ha ein neues wichtiges Projekt im Naturschutzland Hessen zu werden verspricht – –

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Wir werden Ihnen im Laufe der Legislaturperiode noch mehrfach nachweisen, dass die Absicht des Regierungs

programms Realität wird, dass Hessen ein Naturschutzland wird.Warten Sie das ab,und verlassen Sie sich darauf.

Diese Region, die mit anderen touristischen Highlights aufwarten kann, wie etwa dem Edersee, dem Wintersportort Willingen und der Badestadt Bad Wildungen, wird damit als aufstrebende Fremdenverkehrsregion eine neue Profilierung erlangen. Die CDU-Landtagsfraktion, für die ich spreche, wünscht allen Vertretern in der Konsensrunde Nationalpark und allen kommunalen Mandatsträgern, dass sie Mut und Ausdauer beweisen und dass sie Erfolg haben bei ihren Bemühungen, einen breiten Konsens aller gesellschaftlichen Gruppen zum Aufwachsen des Schutzprojektes Nationalpark Kellerwald-Edersee zu erzielen. Meine Damen und Herren der Opposition, das ist die neue Qualität dabei. Das soll als Bewegung von unten nach oben erreicht werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Mir hat gefallen, was ein Kommentator in einer Regionalzeitung hierzu bemerkte. Er sagte:

Jetzt ist Fingerspitzengefühl gefordert, damit unbedachte Diskussionen

ich füge an,das gilt auch für Diskussionen im Hessischen Landtag –

dem ehrgeizigen Vorhaben nicht ein vorzeitiges Ende bereiten.

Die CDU-Fraktion bittet die Landesregierung, diesen Umsetzungsprozess in der Region mit der Region unter umfassender Einbindung der Bevölkerung vor Ort zu unterstützen und voranzutreiben. Wir sind für den Nationalpark Kellerwald. Aber dies darf nur mit der Region und zum Nutzen der Region geschehen. Wir werden im Ausschuss darüber diskutieren. Ich denke, hier gibt es gute Ansätze, die jetzt unterstützt werden sollten. Das, was Sie vorgeschlagen haben, stellt den falschen Weg dar. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abg. Grumbach das Wort.

(Axel Wintermeyer (CDU): Der redet jetzt zum 1. Mai!)

Lieber Herr Dr. Arnold, aus der Geschichte gibt es einen Lehrsatz, der lautet: Die Geschichtsschreibung ist immer Sache der Sieger.– Gestatten Sie mir zu sagen:Sie ist nicht immer Sache der Wahlsieger. – Wie Sie die Geschichte des Nationalparks Kellerwald hier dargestellt haben, ist für jemanden, der das Projekt seit Jahren aus einer völlig anderen Perspektive begleitet, schon ganz spannend.

Wir haben in Hessen einen Minister gehabt, der Jordan hieß. Er hat den Menschen in der Region, nachdem es erste Debatten über die Ausweisung eines Nationalparks gab, versprochen: Wir werden dafür sorgen, dass die Bevölkerung daran beteiligt wird; sie soll das entscheiden. – Das war lange vor Ihrer Regierungszeit.

Dann hat es eine nette und lange Debatte mit einem anderen Minister darüber gegeben. Er hieß Bökel. Er hatte das Papier zur Ausweisung fertig gestellt. Er hatte im Hintergrund auch weit über 10.000 Unterschriften von

Menschen,die gesagt haben:Wir wollen den Nationalpark in der Region haben. – Deswegen finde ich es sehr faszinierend, dass Sie jetzt sagen: Na ja, das muss sich jetzt in der Region erst zusammenrütteln.

Wir haben vorhin gerade über den Reformstau in Deutschland geredet. Die Verordnung zur Ausweisung des Nationalparks war fertig.Wer hat denn da für den Reformstau gesorgt? Wer hat die Verordnung denn liegen lassen? Wer hat denn vier Jahre lang gesagt: „Wir müssen neu anfangen, und zwischendurch fällen wir einmal ein bisschen Holz zum Wohle der Staatskasse, das ist es, was wir wollen“? Wer hat denn gesagt: „Wir machen noch einmal eine Ehrenrunde von vier Jahren“? Wenn das kein Reformstau sein soll, dann wüsste ich gerne, was Reformstau in Deutschland sein soll.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Roland Koch (CDU): Bürgerbeteiligung!)

Herr Ministerpräsident, wir haben sechs Jahre lang die Bürgerbeteiligung gehabt. Das wissen Sie doch ganz genau.

(Roland Koch (CDU): Die Volksabstimmung ist danebengegangen, das haben Sie „gut“ vorbereitet gehabt!)

Wir haben, wie Sie sehr gut wissen, die Volksabstimmung nicht vorbereitet. Wir haben den Prozess nach der Volksabstimmung vorbereitet. Das hatte längst zu einer Unterstützung geführt, als Sie die Regierung angetreten haben.

Sie haben entsprechend Ihrer Interessenlage in Ihren Programmen und Aussagen immer gesagt:Wir wollen keinen Nationalpark im Kellerwald haben. – Inzwischen sind Sie klüger geworden. Das ist mir recht. Nur hätten Sie das auch schneller haben können. Dafür hätten Sie nicht vier Jahre vergeuden müssen. Das nehme ich als Beispiel für eine lange Leitung und für den Reformstau.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann ist noch die schlichte Frage zu stellen:Wie lang müssen wir denn jetzt noch auf den Rest warten? – Wir kriegen jetzt ein Konzept für einen Naturpark vorgelegt.

(Zuruf)

Ja,wir reden jetzt von einem Nationalpark.– Müssen wir jetzt wiederum dreieinhalb Jahre lang auf das Konzept für den Nationalpark warten? Wie sieht es denn mit der Finanzierung aus? Der Zeitung können wir entnehmen, dass Mittel der EU dafür nicht genommen werden sollen, weil man auf Mittel des Bundes hoffe. Dabei wird aber auch ausgesagt: Wie viele Mittel des Bundes wir kriegen, wissen wir nicht. – Wer mit einem Konzept beginnt, von dem die Entwicklung einer ganzen Region abhängt, von dem erwarte ich, dass er erstens ein Konzept zur Finanzierung vorlegt und zweitens ein Konzept vorlegt, wie der Naturschutz in die Entwicklung der Region eingebunden wird.Wer so etwas macht, hat dafür zu sorgen, dass es den Menschen in der Region besser geht. Er darf nicht dreieinhalb Jahre damit verschwenden, Entwicklungen auf einem Nebengleis zu verfolgen, die sich hinterher als unsinnig herausstellen. Ich denke, das könnten wir besser.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit uns das nicht in anderen Fällen passiert – ich will nicht alles wiederholen, was die Kollegen schon über den

Nationalpark gesagt haben –,will ich einen anderen Punkt ansprechen, wo Ähnliches droht. Wir haben im Naturschutz in Hessen noch ein bisschen Bedarf.Wie ist es denn mit der Meldung der FFH-Gebiete?

(Zuruf der Abg. Elisabeth Apel (CDU))

Wie ist es mit der Meldung der Vogelschutzgebiete? Wie ist es mit der Vervollständigung? Wie ist es mit dem Zusammenhang, dass die EU hin und wieder nachfragt, wie weit das ist,damit sie darüber nachdenken kann,ob sie die Fördermittel für die Menschen im ländlichen Raum auszahlen kann?

(Elisabeth Apel (CDU): Was haben denn Bökel und Jordan gemacht?)

Wie schaffen Sie Planungssicherheit? Ich finde, diese Art von Zeitverzögerung können wir uns nicht leisten. Ich nenne ein schlichtes Beispiel – wir haben es vor drei Monaten an anderer Stelle schon einmal diskutiert –: Wenn Sie es nicht schaffen, an der Neubaustrecke des ICE die Vogelschutzgebiete auszuweisen, wird es keine Abwägung geben können. Ohne Abwägung gibt es kein abgeschlossenes Raumordnungsverfahren, und ohne abgeschlossenes Raumordnungsverfahren wird die Strecke nie Realität werden.

Ich sage Ihnen, diese Hinhaltetaktik hat nicht nur beim Kellerwald eine Region vier Jahre gekostet.Auch in allen anderen Verzögerungsbereichen schadet sie dem Land Hessen. Ich denke, Beschleunigungen durch diese Landesregierung täten dem Land Hessen besser, als noch einmal Zeit verstreichen zu lassen und zu warten, ob etwas passiert. Ich denke, es wird etwas passieren, aber dazu werden wir ein bisschen Druck machen müssen. Dafür sind wir als Opposition da, und der Aufgabe werden wir uns stellen. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dem aufmerksamen Beobachter ist es möglicherweise gar nicht zu vermitteln, dass das die erste Rede von Herrn Grumbach im Landtag war, gestählt durch viele politische Debatten. Es ist etwas anderes, hier so frei aufzutreten. Herzlichen Glückwunsch dazu und viel Erfolg.

(Allgemeiner Beifall)

Das Wort hat Herr Abg. Heidel für die FDP-Fraktion.

(Gerhard Bökel (SPD): Das ist die erste Rede für den Nationalpark! – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Jungfernrede zum Nationalpark! – Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie kriegst du diese Kehrtwendung hin?)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit dem beginnen, was eigentlich auch in diese Debatte hineingehört, nämlich dem Thema Glaubwürdigkeit der Politik.

(Beifall des Abg.Michael Denzin (FDP) – Demonstrativer Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In der Region gibt es jetzt Probleme für einige, diese Glaubwürdigkeit wieder herzustellen.

(Beifall des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP) – Gerhard Bökel (SPD): Unglaublich!)

Ich selbst kann mich noch daran erinnern, wie wir im Kreistag mit großer Mehrheit einen Antrag gegen den Nationalpark beschlossen haben. Ich kann mich noch daran erinnern, wie wir auf gemeinsamen Podiumsdiskussionen für den Naturpark geworben haben.Meine Damen und Herren, umso mehr ist dann verwunderlich, wenn am 27. März, natürlich vorgeschickt, der Bürgermeister der Stadt Bad Wildungen die Nationalparkdebatte wieder lostritt.Er tritt sie aus zwei Gründen los,zum einen weil er damit seine Untätigkeit als Vorsitzender des Zweckverbandes Kellerwald in den vergangenen zwei, drei Jahren mit allen Problemen vertuschen will.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Frank Gotthardt (CDU): Ei, ei, ei! – Zuruf des Abg. Gerhard Bökel (SPD))

Ich sage das auch ganz deutlich in Richtung der Kollegen der CDU: Ein Vorsitzender kann es nicht allein richten. Es gibt auch Personen in diesem Raum, die tatkräftig mitgeholfen haben, dass bei diesem Zweckverband Sand ins Getriebe gestreut worden ist.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sehr richtig!)

Das ist so, und das wollen wir festhalten. Dennoch bin ich der Meinung, dass dieser Naturpark durchaus seine Berechtigung hatte und auch noch hat. Dieser Naturpark schafft die Möglichkeit, sowohl wirtschaftliche Entwicklung als auch Naturschutz miteinander zu verknüpfen.