Deshalb ist es richtig und notwendig, dass die Maßnahmenbündel der Agenda 2010 in ein langfristiges Konzept einer solidarischen Gesellschaft eingebunden und auch weiterentwickelt werden. Wir halten viele der in der Agenda 2010 vorgeschlagenen Maßnahmen, die Wirtschaft und Arbeit, soziale Sicherungssysteme, das Gesundheitswesen, die Konsolidierung des Haushalts, die Stärkung der Investitionskraft der Kommunen und die Verstetigung der Einnahmen der Kommunen betreffen, für einen richtigen Schritt.
Wir sagen Ja dazu, dass Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammengelegt werden. Allerdings sind wir der Mei
nung, dass es dringend nötig ist, dass es dann auch eine deutliche Ausweitung der Zuverdienstgrenzen für die Empfängerinnen und Empfänger des Arbeitslosengeldes II gibt.
Wir sind weiterhin der Meinung – da unterscheiden wir uns dann ein wenig auch bei der Frage Arbeitslosengeld und Bezugsdauer –, dass das nicht richtig sein kann, was Helmut Kohl als Kanzler, Hans-Dietrich Genscher als Vizekanzler und Norbert Blüm als zuständiger Minister in den Achtzigerjahren begonnen haben. Sie haben nämlich bei der Frage der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dafür gesorgt, dass die Bundeskasse und die Unternehmen auf Kosten der Beitragszahlerinnen und -zahler entlastet worden sind,
indem man nämlich die über 55-Jährigen aus dem Erwerbsleben hinausgedrückt und in die beitragsfinanzierten Systeme hineingedrückt hat. Damit hat man nur Kosten weiter verlagert. Das ist in einem ganz bestimmten Punkt nicht richtig, in der Art und Weise, wie es passiert ist. Es hat nämlich nicht dafür gesorgt, dass mehr Junge eingestellt worden sind, sondern im Prinzip die Rationalisierung der Unternehmen auf Kosten der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler gefördert.
Deswegen sind wir der Meinung, dass dieses so nicht weiter sein kann.Wir denken darüber nach, ob der Übergang vom Arbeitslosengeld I auf das Arbeitslosengeld II abgefedert werden kann. Das ist genau der Punkt, um den es uns in diesem Zusammenhang geht.
Meine Damen und Herren, wir wissen, dass diese Maßnahmen natürlich auch Zumutungen sind. Natürlich sind diese Maßnahmen auch insgesamt sehr harte Maßnahmen für die Betroffenen. Wir glauben, dass es dazu auch auf der anderen Seite Maßnahmen bedarf, um insgesamt in der Gesellschaft die Balance zu halten. Deswegen sagen wir Ja zu einer Ausbildungsplatzumlage, wenn die Unternehmen ihre Zusagen nicht einhalten,und zwar dieses Jahr im Herbst.
Wir wollen, dass die Überstunden in Deutschland, die es immer noch gibt, und zwar nicht zu knapp, angesichts von 4,5 Millionen Arbeitslosen spürbar reduziert werden.Spätestens seitdem die Regelungen zur Leiharbeit da sind, gibt es keinen Grund mehr, warum man Auftragsspitzen mit Überstunden abfedert und nicht zusätzliches Personal von außen einstellt.
Drittens sind wir der Meinung, dass wir auch die Einnahmen in den Systemen mit bestimmten sinnvollen Maßnahmen erhöhen können.Ich nenne Ihnen zwei Beispiele: Wir sind der Meinung, dass auch die Kapital- und die Mieteinnahmen von freiwillig und pflichtversicherten Kassenmitgliedern in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden sollen.
Herr Präsident, letzter Satz in dem Zusammenhang. – Wir sind der Meinung, dass wir auch die beitragsfrei Mitversicherten,die nicht erziehen oder pflegen,einbeziehen müssen. Um zum Schluss zu kommen: Deswegen brauchen wir – auch das ist ein Blockadepunkt, Herr Kollege Dr. Jung – auch eine Gemeindefinanzreform, damit die Kommunen wieder investieren können.
Da dürfen Sie nicht blockieren. Wir sind weiterhin der Meinung, dass wir insgesamt in der Agenda 2010 auf dem richtigen Weg sind. Allerdings brauchen wir langfristig eine Bürgerversicherung, in der alle gemäß ihres Einkommens einzahlen, eigenständige Absicherung vor Lebensrisiken im Alter aufbauen.Auch mit der Kindergrundsicherung und der Armutsminderung sind wir auf dem richtigen Weg.
Wir brauchen weniger kleines, parteipolitisches Karo und mehr Beschäftigung mit der Sache. – Vielen herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Al-Wazir, Reformen brauchen wir momentan dringender denn je.
Ich glaube, da könnte zumindest ein Konsens sein. Nur, lieber Kollege, wenn Sie jetzt davon reden, die Lohnnebenkosten zu senken,und wir heute Morgen schon wieder „Rentenbeiträge rauf“ und „höchste Lohnnebenkostenquote die es je gab, erwartet“ in der Zeitung lesen, dann hat natürlich die Realität mit dem, was Sie uns hier vorgetragen haben, ziemlich wenig zu tun.
Das, was angekündigt wurde, nämlich Reformen jetzt endlich vorzunehmen, müssen wir wirklich trennen von der Langfristperspektive und dem, was momentan in den sozialen Sicherungssystemen hausgemachte Probleme sind. Da sind wir schon bei der katastrophalen Lage auf dem Arbeitsmarkt. Die übliche Frühjahrsbelebung ist ausgeblieben. Es geht nicht mehr darum, nur kleine Korrekturmaßnahmen auf dem Arbeitsmarkt vorzunehmen. Nein, wir müssen jetzt an strukturelle Reformen herangehen. Das hat nichts mit der weltpolitischen Lage zu tun, das ist nicht konjunkturbedingt. Das können Sie in allen Gutachten von Wirtschaftsweisen durch die Bank lesen.
Dort können Sie nachlesen, dass es genau das nicht ist, sondern es in Deutschland darum geht, Reformkonzepte für den Arbeitsmarkt vorzulegen.
Meine Damen und Herren, da verwundert es schon ein bisschen, wenn auch die beiden Oppositionsfraktionen im Hessischen Landtag schon an dieser Stelle nicht einmal in der Lage sind, einen gemeinsamen Änderungsantrag zum Ausgangsantrag der FDP-Fraktion zu stellen.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir sind drei Oppositionsfraktionen, auch wenn das nicht alle verstanden haben!)
Dabei wird deutlich – wenn man das gehört hat, was GRÜNE und SPD hierzu sagen –, dass Sie sich über Reformen und das, was der Kanzler in seiner Regierungserklärung vorgetragen hat, nicht im Mindesten einig sind – bis heute.
auf Sonderparteitagen, überhaupt Ihre eigene Haltung festlegen müssen, das ist das Katastrophale: die Zeit, die momentan bei uns hier in Deutschland für den Arbeitsmarkt verloren geht.
Meine Damen und Herren, es ist eine spannende Diskussion.Wir haben aber ein ganz klares Konzept entwickelt.
Wir haben ein sehr klares Konzept. Ich bin gerne bereit, mit Ihnen zu diskutieren. Sie haben hier ja nur Programmsätze vorgetragen, reine Programmsätze. Bei der SPD ist es noch mehr im Dunkeln geblieben, aber auch die Punkte der GRÜNEN.
Darauf gehe ich gerne noch einmal im Detail ein. Aber wir müssen doch zwei Punkte klar auseinander halten.Bei der Frage der demographischen Entwicklung geht es natürlich um die Zukunftssicherung aller sozialen Sicherungssysteme. Das ist eine ganz dramatische Lage, wenn wir immer älter werden, immer weniger Geburten haben, der Geburtenrückgang immer weiter zunimmt, aber bisher keine einzige Maßnahme darauf abzielt, auch wirklich Korrekturen dort vorzunehmen, nicht nur in den Systemen, sondern auch tatsächlich etwas für unsere Familien und für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft zu tun.
Der weitere Punkt ist, sich bei der demographischen Entwicklung den Problemen so zu stellen, dass man eben nicht erst einen demographischen Faktor aus der Rente streichen muss,um jetzt in Kommissionen einen neuen demographischen Faktor – falls es denn Ihre Parteitage beschließen – wieder einzuführen. Also an der Stelle ist das Thema auch schon verfehlt.
Die Dramatik der Lage wird einem natürlich immer erst dann bewusst, wenn man die Zahlen bei der Rente nennt: von 19,1 % auf 19,5 % am Anfang dieses Jahres angehoben. Im Dezember wurde noch gesagt: Die Rente ist sicher.
Wir wollen gar nicht über die Aussagen vor der Bundestagswahl reden. Gleichzeitig haben Sie in die Schwankungsreserve eingegriffen.
Herr Kollege Schmitt, regen Sie sich doch nicht so auf. Sie müssen doch sehen, dass Sie gleichzeitig für die Steigerung des jetzigen Rentenbeitrags, die Ihre Ministerin bzw. der Staatssekretär jetzt schon wieder angekündigt hat, ein Wachstum von 0,7 % angenommen haben. Das ist noch relativ optimistisch. Im Übrigen hat auch die Ökosteuer an dieser Stelle nicht gewirkt.