Erstens. Ich glaube, das könnte Konsens sein. Meine Damen und Herren, das Hamburger Abkommen muss gekündigt werden,
weil es dazu führt, dass z. B. die Fremdsprachenfolge genau geregelt wird, dass geregelt wird, in welchen Fächern ab welchen Klassen der Unterricht differenziert gehalten werden muss, und dass selbst – da wird es völlig absurd – Modellversuche der Länder erst von der Kultusministerkonferenz genehmigt werden müssen.
Wir glauben allerdings, dass es einen neuen Staatsvertrag geben kann, um die Abschlüsse kompatibel zu halten, in dem Qualitätsziele, schulformunabhängig bestimmte Standards und die Anerkennung von Schulabschlüssen geregelt werden. Das würde z. B. dazu führen, dass über einen solchen Staatsvertrag in den Parlamenten und nicht
Wir glauben, dass man bei der Qualitätssicherung in der Bildungspolitik dazu kommen kann – das hat auch etwas mit Subsidiarität zu tun –, dass nicht nur die Länder eigenständig entscheiden können, sondern dass die Landespolitik bestimmte Kompetenzen auch auf die kommunale Ebene abgibt, dass Schulen selbstständiger werden und selbst entscheiden können, wie sie die Ziele, die bundeseinheitlich gleich sind, am besten erreichen können.
Meine Damen und Herren, wir glauben, dass man länderund schulformübergreifende Bildungsstandards entwickeln kann und nicht unbedingt für jeden Schulversuch die Zustimmung der Kultusministerkonferenz braucht. Unter dem Strich würde das bedeuten: Der Staat setzt per Staatsvertrag Ziele und Standards, überprüft und sichert sie.Der Weg,wie sie erreicht werden,ist Schulen und auch Hochschulen zum größten Teil selbst überlassen. Das heißt: weg von der detailbesessenen, überwiegend quantitativ ausgerichteten Inputsteuerung hin zur Outputsteuerung, gemessen an der echten Bildungsqualität.
Meine Damen und Herren, das wäre ein Punkt, wo aus der Föderalismuskommission am Ende echte Ergebnisse kommen würden. Nun sollten wir nicht so tun, als hätte die Föderalismuskommission inzwischen riesige Erfolge erreicht.Wenn wir einmal ganz ehrlich sind, sind wir doch alle ein wenig enttäuscht, dass wir seit über einem Jahr die Föderalismusreform bereden, es aber in der Realität noch nicht einmal zu einem Zwischenbericht gekommen ist.
Deswegen glauben wir, dass wir in der Frage der Zustimmungspflichtigkeiten und der Frage, wer in Zukunft welche Aufgaben erfüllt, ernsthaft dazu kommen könnten und das auch als Kompromisslinie anerkannt werden könnte, dass wir bei Art. 84 Grundgesetz – das ist bisher die Zustimmung des Bundesrates zu allen Bundesgesetzen, bei denen das Gesetz selbst die Einrichtung der Verwaltung mit regelt, was die Zustimmungspflichtigkeit auslöst – eine Öffnungsklausel einbauen sollten. Der Vorschlag ist ein Zugriffsrecht der Länder – das wird auch in der Föderalismuskommission diskutiert –, das diese in die Lage versetzt, selbst die Verwaltungsorganisation zu regeln, wenn sie diese regeln wollen.
Wenn die Länder diese Kompetenz nicht in Anspruch nehmen – das wäre eine Brücke, über die Länder wie Bremen,Mecklenburg-Vorpommern,das Saarland oder sonstige, eher kleinere und nicht so verwaltungsstarke Länder gehen könnten –, wenn sie daran nichts ändern wollen, dann tritt das Gesetz so in Kraft, wie es auf Bundesebene geregelt wurde. Wenn die Länder allerdings eigene Wege gehen wollen, dann können sie diese gehen. Dies hätte den Vorteil, dass man nicht immer nur erklären muss, was man auf Bundesebene ablehnt, sondern im Zweifelsfall selbst darüber entscheidet, wenn man bestimmte Wege anders gehen will, und gleichzeitig die Zustimmungspflicht im Bundesrat wegfallen würde.
Meine Damen und Herren, das wäre ein Ende der fortwährenden Bundesratsinitiativen auch dieser Landesregierung, die manchmal Versäumnisse eigener Politik damit zu kaschieren versucht, dass sie Forderungen an den Bund stellt, großartige Bundesratsinitiativen ankündigt, die alle den Vorteil haben, dass man selbst nichts machen
muss und selbst auch kein Geld in die Hand nehmen muss, und im Zweifelsfall am liebsten das Schwarzer-Peter-Spiel aufführt.
Deswegen ist es so, dass ein solches Zugriffsrecht, das natürlich nicht unproblematisch ist – es gibt auch grüne Staatssekretäre,die uns Hessen wohl bekannt sind,die damit im Bereich Umwelt und Verbraucherschutz Probleme sehen, das wollen wir nicht verschweigen –, eine Möglichkeit sein könnte, wie man am Ende in der Föderalismuskommission noch ernsthafte Fortschritte erreichen könnte.
Wenn wir die Verantwortlichkeit der verschiedenen Ebenen stärken und gleichzeitig den Bürgerinnen und Bürgern das Signal geben, dass es in Deutschland nicht zu einer neuen Kleinstaaterei kommen soll, dann können wir in dieser Legislaturperiode, Ende dieses Jahres oder spätestens zu Beginn nächsten Jahres, noch zu wirklichen Ergebnissen kommen. Das Zeitfenster ist klein, denn wenn ein solches Thema in den Bundestagswahlkampf hineingezogen würde, dann wäre schnell Ende mit der Vorstellung,dass wir hier zu ernsthaften Reformen kommen können.
Bei aller Wertschätzung, Verteidigung und Stärkung des Föderalismus haben wir dennoch nicht ohne Grund das Wort von der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im Grundgesetz stehen. Wettbewerbsföderalismus ist nicht das richtige Wort, mir geht es eher um einen Gestaltungsföderalimus, bei dem die einzelnen Länder nicht im blinden Wettbewerb, sondern im Wettstreit um die beste Lösung sind, und nicht nur in völliger Konkurrenz – Stichwort: eigene Steuererhebung – am Ende einen Wettlauf nach unten beginnen. Den Bürgerinnen und Bürgern ist es bei Fragen der Luftverschmutzung, der Lebensmittelsicherheit oder in Katastrophenfällen völlig egal, nach welcher Regelung bestimmte Hilfen oder bestimmte Eingriffe des Staats stattfinden. Ihnen kommt es nur darauf an, dass es funktioniert.
Damit der Staat auf allen Ebenen besser funktioniert, hoffe ich, im Sinne von uns allen und im Sinne der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Hessen, dass am Ende dieser Föderalismuskommission wirkliche Ergebnisse stehen. Es wäre uns allen zu wünschen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Liberaler bin ich froh darüber, dass wir in Deutschland endlich begonnen haben,eine Debatte zu führen,die eine Reform des Föderalismus vornimmt. Ich will in aller Unbescheidenheit darauf hinweisen, dass insbesondere Otto Graf Lambsdorff und die Friedrich-Naumann-Stiftung in den letzten fünf bis sechs Jahren in hervorragenden Vorarbeiten und Gutachten die Diskussion intellektuell, akademisch, aber auch politisch aufgerüstet haben, sodass die
Ich bin auch persönlich sehr froh darüber, dass ich einer derjenigen sein durfte, die am 31. März vergangenen Jahres auf dem Konvent in Lübeck für die Fortführung des Liberalismus in der Föderalismusdiskussion reden konnten und den Föderalismus nach vorne bringen konnten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, alles, was zur Theorie gesagt worden ist – das will ich jetzt überhaupt nicht abschätzig als Sonntagsreden bezeichnen –,ist in unserem Rahmen völlig unstreitig. In einem zweiten Teil möchte ich Ihnen aus der Kommission berichten. Mit Roland Koch bin ich der einzige Hesse, der Mitglied in dieser Kommission in Berlin ist. Er darf abstimmen, ich darf nur mitreden. Auch das hat Kollege Al-Wazir schon deutlich gemacht: wie falsch dort die Verhältnisse sind. Das liegt nicht an den Personen, die ich eben genannt habe, sondern am System. Als jemand, der bestimmt schon 80 bis 100 Stunden in der Kommission und in Arbeitsgruppen gesessen hat, möchte ich Ihnen berichten, wie nach meiner Auffassung die wirkliche Lage in Berlin ist.
Ich darf schon vorwegnehmen: Die Berichterstattung, die am vergangenen Freitag und Samstag in den überörtlichen Zeitungen zu lesen war, ist leider zum größten Teil richtig.
Wir Liberale kämpfen inhaltlich alle gemeinsam in den Landtagen und im Deutschen Bundestag dafür, dass die kollektive Unzuständigkeit aufgehoben wird. Wir kämpfen zum Zweiten dafür,dass der Einheitlichkeit auf der einen Seite der Wettbewerb auf der anderen Seite entgegengesetzt wird.Weiterhin sind wir der Auffassung,dass die Föderalismusreform die Mutter aller Reformen ist. Wenn die Reform des Föderalismus nicht richtig funktioniert, dann werden wir weiter solche Probleme bekommen und haben, wie wir sie z. B. bei den Steuern und im Gesundheitswesen haben.
Meine sehr geehrten Kollegen, warum haben wir denn z. B. im Steuersystem ein derartiges Problem? – Im Jahr 1997 hat die damalige Mehrheit im Bundesrat die Petersberger Beschlüsse, die Steuerkonzepte von CDU/CSU und FDP im Deutschen Bundestag, abgelehnt. Entgegen der Art des Vortrags meiner Kollegen Al-Wazir und Walter will ich jetzt nicht einfach nur die negativen Beispiele des anderen benennen. Ich will mich auch nicht darüber streiten, wer Blockade im Bundesrat erfunden hat. Es ist auf alle Fälle mit Franz Josef Strauß und der SonthofenStrategie verbunden, andererseits mit Oskar Lafontaine und der rot-grünen Blockadestrategie der Jahre 1997 und 1998 vor der Bundestagswahl. Ich verheimliche auch nicht, dass wir uns daran beteiligt haben und liberale Parteifreunde in anderen Bundesländern es auch heute so tun. Das ist ein Übel, das im System angelegt ist.
Für uns Liberale ist es jetzt einfach, darüber besteht auch relativ großer Konsens: Die Aufgaben müssen entzerrt werden. Das, was Bundessache ist, muss der Bundestag entscheiden können, und zwar abschließend. Das, was Ländersache ist, muss das jeweilige Land abschließend entscheiden können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das nennt man das Trennungssystem. Herr Kollege Al-Wazir, Herr Kollege Walter – den ich im Moment nicht sehe – und Herr Kollege Dr. Jung, da sind wir Liberale schon wieder al
leine in Berlin. Das klare Trennungssystem – ausschließliche Gesetzgebung auf der einen Seite für den Bund, ausschließliche Gesetzgebungskompetenz auf der anderen Seite für die Länder – macht es obsolet, sich noch darüber aufzuregen, ob so viel Zustimmungspflichtigkeit im Bundesrat vorhanden ist, denn dann gibt es überhaupt keine konkurrierenden Ideen mehr.
Das Zweite ist dann damit verbunden, dass die Finanzströme laufen. Es kann doch nicht angehen, dass beispielsweise in der letzten Plenarsitzung der Kommission vor ungefähr vier Wochen im Deutschen Bundesrat der Bundesfinanzminister sagte: Wenn die und die Aufgabe im Bereich der Bildung auf die Länder übergeht, bekommen die Länder nicht mehr unser Geld. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, das hätte genauso ein CDUFinanzminister wie auch ein FDP-Finanzminister im Bund gesagt. Sie sind nämlich der Überzeugung, dass alles, was im Bundeshaushalt ist, das Geld des Bundes ist, nach dem Motto:Wenn wir uns denn mit einem Thema beschäftigen, dann zahlen wir. Wenn wir uns nicht mehr damit beschäftigen dürfen, dann habt ihr eben Pech gehabt.
Kollege Dr. Jung hat es zwar nicht vorgetragen, aber in dem Papier der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden ist vermerkt, wie mit dem Problem des Geldes umgegangen werden soll, nach dem Motto: Wenn die Aufgabe zu den Ländern geht, muss natürlich auch das Geld aus dem Bundeshaushalt in die Länderhaushalte umgeschichtet werden. – Dass wir uns dann untereinander darum streiten, wer wie viel bekommt, ist eine zweite Frage. Sie ist im Wege der Vernunft und eventuell mit dem berühmten Schlüssel zu klären.
Das bedeutet erstens, dass entzerrt werden muss, also eine Trennung zwischen den Aufgaben und Zuständigkeiten hergestellt werden muss. Zweitens entfällt damit ein Großteil der Zustimmungsmöglichkeiten, die den Ländern im Bundesrat zur Verfügung stehen.Drittens müssen die Finanzen mit den Aufgaben mitwandern. Ein Bundespolitiker kann nicht sagen: Das ist unser Geld. Wenn ihr die Aufgaben jetzt übernehmt, habt ihr eben Pech gehabt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt eine Vielzahl von Detaildiskussionen, die wir im Zusammenhang mit diesem relativ einfachen Modell führen könnten und müssten, um dann festzustellen, dass es nicht klappt. Dann kommen wir bei fast jedem Punkt zu der Einsicht, dass es verschiedene Interessenlagen gibt: auf der einen Seite die Bundestagsabgeordneten, die erst langsam aufgewacht sind – das sage ich beschreibend für alle Fraktionen des Deutschen Bundestags.Auf der gleichen Seite wie die Bundestagsabgeordneten, nur mit einer anderen Interessenlage, ist die Bundesregierung zu verzeichnen. Die dritte Seite sind die Landesregierungen, die eine vollkommen andere Auffassung vertreten als die Länderparlamente. Außerdem haben wir noch den Streit zwischen den armen und den reichen Ländern. Deshalb ist es zurzeit leider so, dass wir uns in der praktischen Politik nur wie eine Schnecke bewegen. Ich komme gleich dazu.
Wir Liberale unterscheiden uns von allen anderen – ich sage: leider, aber wie in vielen Bereichen nicht mehr lange, weil dann auch die Vernünftigen in den anderen Parteien zu der Überzeugung kommen –: Wir wollen einen Wettbewerbsföderalismus.
Wir wollen, dass jedes Bundesland, in der Gesamtverantwortung stehend, das machen kann, von dem es meint, dass es für sein Land, für die Bürgerinnen und Bürger in
dem Land, für die Unternehmungen usw. das Richtige ist. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, da kann es auch sein, dass verschiedene Steuersätze angewandt werden.
Was ist daran schlimm? – Wir haben das doch schon. Schauen Sie sich doch einmal die Diskussion über die Hebesätze bei der Gewerbesteuer auf kommunaler Ebene an. Das ist im Prinzip genau das gleiche System. Da besteht der Wettbewerb zwischen der Stadt Frankfurt auf der einen Seite sowie den Städten Eschborn und Bad Vilbel auf der anderen Seite. Da müssen sich die dort jeweils Verantwortlichen überlegen, was für ihre Stadt am besten ist. Offensichtlich können Petra Roth und das Viererbündnis in Frankfurt gut damit leben, dass der Hebesatz dort so hoch ist. Wir, die Stadtverordneten in Bad Vilbel, werden ihn heute noch einmal um fünf Punkte senken, weil wir, die Stadtverordneten in Bad Vilbel, meinen, dass es für Bad Vilbel besser sei, wenn die Steuern gesenkt würden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was ist daran schlimm? Warum muss in diesem Land immer alles gleich gemacht werden? Bei dem Thema unterscheiden wir uns leider noch von allen anderen Fraktionen. Ich hoffe, dass wir uns künftig zusammenfinden werden.
Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich sagen, dass das Modell der Ministerpräsidenten, im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens ein so genanntes Zugriffsrecht in der konkurrierenden Gesetzgebung einzuführen, nach unserer Auffassung grottenschlecht ist. Überall dort, wo wir weiterhin meinen – erstens bei der konkurrierenden Gesetzgebung,zweitens bei den Gemeinschaftsaufgaben und drittens bei der Gemeinschaftsfinanzierung –, nicht klar trennen zu können, machen wir einen Fehler.Wir machen einen Fehler, zum einen weil wir untereinander – ungeordnet oder geordnet, wie auch immer – kollektiv unzuständig sind und zum anderen weil die Bürgerinnen und Bürger bei den Wahlen überhaupt nicht mehr feststellen können, wer für was zuständig ist, die Landespolitik oder die Bundespolitik. Dieses Problem lösen wir auch nicht dadurch, dass wir das Modell der Ministerpräsidenten aufnehmen und nunmehr Zugriffsrechte für die Länder hineinschreiben. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, es ist am sinnvollsten, wenn man eine ausschließliche Gesetzgebung für den Bund und für die Länder macht.
Ich will Ihnen nur ein einziges Beispiel nennen, an dem Sie erkennen können, dass das überall funktioniert: das Beamtenrecht. Es gibt die Strategen. Ich weiß, dass der Deutsche Beamtenbund – ich habe gerade am Freitag mit dem Landesvorsitzenden,Herrn Spieß,lange darüber verhandelt – das anders sieht als die Liberalen – noch. Sie sind der Auffassung, dass eigentlich alles im Zuge des Bundesrahmenrechts – das ist noch einmal eine besondere Art der kollektiven Unverantwortlichkeit – festgeschrieben werden soll. Nein, dann haben wir weiter ein Durcheinander.
Wir Liberale schlagen vor – das hat eine große Chance, in der Kommission umgesetzt zu werden –, dass auf der einen Seite der Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz bei den Statusfragen der Beamten hat, bei der