Protokoll der Sitzung vom 15.07.2004

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): So etwas Lächerliches!)

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Deswegen sagen wir: Für die Beseitigung des handwerklichen Unvermögens der CDU-Fraktion werden Sie unsere Stimme nicht bekommen. Für die schleichende Aushöhlung der professionellen Tätigkeit bei der Polizei werden Sie unsere Stimme ebenfalls nicht bekommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Darauf können wir auch verzichten!)

Meine Damen und Herren, bevor ich Herrn Schaub für die SPD-Fraktion das Wort gebe, darf ich herzlich meinen Namensvetter und ehemaligen Kollegen, Herrn Wagner, auf der Tribüne begrüßen.

(Allgemeiner Beifall)

Bitte sehr, Herr Schaub, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zum zweiten Mal innerhalb von 36 Stunden das gleiche Thema – aber was falsch ist, bleibt auch beim dritten Mal falsch. Handwerklich Schlechtes wird auch in 36 Stunden nicht repariert. Das konnte man deutlich sehen. Das Gesetz ist handwerklich schlecht gemacht.Placebomaßnahmen statt Profipolizei akzeptieren wir nicht.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Ihr habt die Stellen abgebaut!)

Wir machen es an der Stelle noch einmal deutlich: Wir wollen eine gut ausgebildete Polizei haben. Nur die hilft letztlich für die innere Sicherheit. Nur diese Stellen werden uns helfen, die innere Sicherheit herzustellen. Sie haben Stellen nicht besetzt. Sie bauen Stellen ab. Sie besetzen die Stellen letztlich in Vertretung durch nicht gut ausgebildete Polizeikräfte. Das ist ein falscher Weg.

Sie wälzen mit diesem Gesetz Kosten auf die Kommunen ab.Das ist der zweite gravierende Kritikpunkt,den wir haben. Und Sie schaffen ein Ehrenamt de Luxe. Sie schaffen eine Ungleichbehandlung ehrenamtlich Tätiger. Das sind die drei gravierenden Kritikpunkte. Sie sind heute so vorhanden, wie sie bei Einbringung des Gesetzentwurfs vorhanden waren.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU) – Gegenruf des Abg. Gerhard Bökel (SPD))

Kollege Irmer, es nutzt nichts. Ich habe das Mikrofon. Auf Ihre Zwischenrufe zu antworten hieße dann, das Niveau der Debatte eindeutig zu senken. Deswegen werde ich darauf nicht antworten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Ich will auf einen letzten Punkt eingehen, den Kollege Hahn angesprochen hat. Das ist ein Punkt, bei dem wir im Übrigen alle einer Meinung sind und dem wir uns etwas stärker widmen sollten. Ich habe es etwas leichter, zu reden, weil ich, wenn der Zwischenruf, der normalerweise an der Stelle kommt, auf Baunatal bezogen, wieder käme,

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Der kommt aber nicht!)

sagen könnte: Dieser Präventionsrat in Baunatal besteht nicht nur, sondern funktioniert auch gut. Wo wir solche Präventionsräte haben,erkennen wir,dass sich die vor Ort ehrenamtlich Tätigen wirklich konkret zusammensetzen und ohne parteipolitische Scharmützel überlegen, was getan werden kann. Das ist aus meiner Sicht ein Weg, den wir weitergehen sollten. Den können wir auch hier parteiübergreifend weitergehen.Nur dann schaffen wir den entsprechenden Durchbruch vor Ort.

Zum Gesetz zurück. Wir halten es für den falschen Weg, mit solcher Art Amateurpolizei zu versuchen, optische Präsenz herzustellen und subjektives Sicherheitsempfinden zu stärken.Wir wollen objektiv die Sicherheit verbessern, und das kann man nur mit Profipolizei.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Deswegen werden wir den Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat Herr Staatsminister Bouffier das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass wir heute in dritter Lesung ein Erfolgsmodell für das Land Hessen beschließen können.

(Beifall bei der CDU)

Wenn mittlerweile 60 Kommunen Vereinbarungen abschließen wollen oder bereits abgeschlossen haben, und zwar freiwillig, dann ist das ein besserer Beleg für die Tragfähigkeit dieser Konzeption als wer weiß wie viele Debatten.

Es gibt sozialdemokratisch geführte, koalitionsgeführte, christlich-demokratisch geführte und freiheitlich-demokratisch geführte Gemeinden, die dieses Angebot des Landes annehmen. Man muss hier einmal deutlich sagen: Überall dort, wo das eingeführt wurde, ist noch niemand auf die Idee gekommen, das Ganze wieder abzuschaffen. Sie möchten es, und sie halten es für klug. Deshalb wollen wir die Debatte wieder in die richtige Form bringen.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Was bisher ein Projekt in der Pilotphase war, welches wir evaluiert haben, wird mit dem heutigen Gesetz in Hessen zum Regelfall als zusätzliches Angebot an Sicherheit für die Kommunen im Land Hessen. Das hat sich bewährt. Es ist sinnvoll. Wenn Sie sich die letzten zwei bis drei Jahre ansehen, so werden Sie sagen müssen, dass dieses freiwillige Angebot, bei dem die Kommunen sogar noch etwas mitbringen und das heute schon von 60 Kommunen angenommen wird, ein Erfolgsmodell ist und bleibt, egal, was Sie hier auch immer vortragen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Hahn,ich bin etwas traurig darüber,dass die FDP heute nicht mehr mitmacht.

(Nicola Beer (FDP): Das haben wir doch erklärt!)

Ich möchte ausdrücklich sagen: Eine Rekommunalisierung der staatlichen Polizei gibt es mit mir nicht. Das Gewaltmonopol bleibt auch unangetastet.Aber ich finde die Debatte hochinteressant, weil sie grob widersprüchlich ist. Ich darf auch noch einmal auf Folgendes hinweisen: Es geschah unter unserer gemeinsamen Regierungsverantwortung, dass wir einmalig in Deutschland – das gibt es nur hier in Hessen – alle Kommunen verpflichtet haben, Präventionsarbeit zu leisten.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Sollen!)

Sie sollen das leisten. – Gestern Nachmittag gab es auch eine interessante Debatte. Ich habe nur zugehört. Da wurde viel über innere Sicherheit erzählt. Dabei war nicht immer alles der Sache entsprechend, um es einmal vorsichtig auszudrücken. So viel Prävention wie derzeit in Hessen hat es nie gegeben. Es ist richtig, dass wir Prävention als einen gleichwertigen Bestandteil unserer Arbeit zur Gewährung von innerer Sicherheit sehen,genauso wie die Strafverfolgung. Aber wenn Sie hier beklagen – und ich beklage es mit –,dass eine Reihe von Kommunen noch keine Präventionsanstrengungen in organisierter Form unternimmt, dann führt das doch auch dazu, dass Sie mit mir gemeinsam der Auffassung sind – –

(Unruhe bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Al-Wazir, Sie sollten das mitkriegen. Dann brauchen Sie das nicht immer neu zu diskutieren.

Wenn wir gemeinsam der Auffassung sind, Präventionsanstrengungen der Kommunen durch Präventionsräte und Präventionsorganisationen seien richtig, dann sind wir doch auf einem gemeinsamen Weg. Wir haben lediglich unterschiedliche Ergebnisse. Nicht so bei den Freidemokraten. Dieser dämliche Spruch, wenn Sie mir diese flapsige Bemerkung erlauben, „nur Vollprofis und keine Amateure für die innere Sicherheit“ ist doch töricht.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So?)

Sie sagen doch selbst das Gegenteil. Sie beklagen, dass noch nicht alle Gemeinden freiwillige Präventionsräte haben.Wer sitzt denn in diesen Präventionsräten? – Dort sitzen vernünftigerweise jede Menge Ehrenamtliche.

(Beifall bei der CDU)

Dort sitzen Lehrer. Dort sitzen Sozialarbeiter. Dort sitzen Elternvertreter. Dort sitzt auch die Vollzugspolizei. Aber die Masse von ihnen sind keine Profis im Sicherheitsgeschäft. Das ist auch richtig so, weil Sie einen völlig verkürzten,zwar polemisch gut klingenden,aber in der Sache völlig falschen Ansatz haben.

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Nein. – In einem Punkt unterschieden wir uns vollkommen: Wenn wir uns einig sind – das kann doch eigentlich nicht streitig sein –, dass die Gewährleistung der inneren

Sicherheit eine Vielzahl von Antworten erfordert und dass innere Sicherheit eben nicht nur aus einer Ecke bedroht ist – hier vom Terrorismus, dort vom Tageswohnungseinbruch und an anderer Stelle durch Mobbing, Überfälle oder Gewalt an der Schule –, dann ist doch völlig klar, dass es auf diese Herausforderung nicht nur eine Antwort gibt, sondern es gibt differenzierte Antworten. Die differenzierten Antworten sind folgende: Prävention beginnt in der Gemeinde. Nirgends sonst kann ich besser erkennen, wo etwas schief läuft und was man tun kann. Wenn wir dort ansetzen und z. B. beschließen, uns mit der Schule oder dem Sozialamt zusammenzusetzen – das sind alles keine Profis, aber sie sind im Zusammenhang mit innerer Sicherheit extrem wichtig, damit keine Gefährdung entsteht –, dann ist genau an dieser Stelle der freiwillige Polizeidienst als Angebot einzuordnen.

Meine Damen und Herren, Präsenz zeigen, ansprechbar sein – genau das ist es, was die Menschen wollen und was auch vernünftig ist. Überall dort, wo belebte Gegenden sind, wo Vertrauenspersonen sind, ist nicht nur das subjektive Sicherheitsgefühl verbessert,sondern nachweisbar – das kann Ihnen jeder Kriminologe erklären – auch die Kriminalität nicht so hoch wie dort, wo kein Mensch ist. Deswegen ist der freiwillige Polizeidienst im Rahmen einer Sicherheitsarchitektur genau die richtige Antwort.

Wenn Sie sagen,Sie wollen nur auf Profis setzen,dann lassen Sie die Kommunen mit dem Tränengeschrei in Ruhe, warum sie denn keinen Präventionsrat bilden.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch ein Quatsch! Prävention ist doch mehr als Polizei!)

Dort sitzen keine Profis. Das ist genau richtig.

Zum Schluss möchte ich Folgendes sagen: Die Sicherheitsarchitektur, die unter meiner Verantwortung und mit Unterstützung meiner Fraktion in Hessen Stück für Stück umgesetzt wird, ist die notwendige Antwort auf die vielfältigen Herausforderungen zum Thema innere Sicherheit. Sie können versichert sein: Die hessische Polizei wird dabei in gar keiner Weise gering geschätzt, auch das Ehrenamt nicht. Deswegen fasse ich das einmal in zwei Sätzen zusammen. Die Feuerwehr ist noch nie so gut behandelt worden – sowohl was die Finanzen als auch vieles andere mehr angeht – wie unter dieser Landesregierung.

(Beifall bei der CDU)

Solange es so ist, dass die hessische Polizei die am besten ausgebildete, die am besten ausgestattete und die am besten bezahlte Polizei Deutschlands und wahrscheinlich auch Europas ist, brauchen wir uns wirklich nicht zu verstecken. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber das höhlen Sie doch gerade aus!)