Damit war doch klar, dass auch dieses Jahr wieder viele Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz finden, an den Berufsschulen aufzufinden sein werden. Es war klar, dass dann natürlich auch wieder viele Schülerinnen und Schüler entweder in die 10. Klasse des Gymnasiums oder in die 11. Klasse der Oberstufe übergehen würden, um nicht auf der Straße zu stehen. Das war alles bereits im Winter absehbar.Da können Sie sich doch nicht im Juni hierhin stellen und sagen: Es ist jetzt überplanmäßiger, zusätzlicher Unterricht notwendig. – Nein, Sie haben jetzt Sondermaßnahmen nachschieben und zusätzliches Geld beantragen müssen, weil Sie bei den Verhandlungen mit dem Finanzminister letztes Jahr eingeknickt sind und Bildungspolitik eben nicht mehr diesen hohen Stellenwert in der Landesregierung hat.
Deswegen wurden Mittel gestrichen, die Sie dringend benötigt hätten, um vorausschauende Politik betreiben zu können.
Ihre „Operation düstere Zukunft“ bildet jedenfalls keine Grundlage für eine vorausschauende Politik. Sie bietet auch keine Grundlage für eine gute Unterrichtsplanung.
Natürlich ist ein Teil des Phänomens, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler steigt, der Ausbildungsplatzmisere geschuldet. Frau Wolff, das ist völlig klar.Warum der Ausbildungspakt in Hessen erst nach Beginn des Ausbildungsjahres beschlossen wurde, wo wir doch bereits im Frühjahr die Anmeldungszahlen für die beruflichen Schulen kannten und damit bereits im Mai wussten, wie viele Jugendliche wahrscheinlich auf dem Ausbildungsmarkt nicht unterkommen würden, wird allerdings das Geheimnis der Landesregierung bleiben.
Allerdings mutet es schon zynisch an, dass Sie immer von der Verkürzung der Schulzeit reden, dann aber einen Ausbildungspakt abschließen, der zur Folge hat, dass die Schülerinnen und Schüler nicht mehr rechtzeitig eine Lehrstelle bekommen können. Deswegen müssen sie Warteschleifen drehen. Damit geht wirklich Lebenszeit verloren. Frau Ministerin, da hätten Sie früher in die Gänge kommen müssen.
Meine Damen und Herren, dass Sie den Schulen 10 Millionen € als so genannte Sondermaßnahme zur Verfügung gestellt haben,
ist einfach folgender Tatsache geschuldet. Das ist notwendig geworden, weil Sie eine Politik machen, die es hinterher nur noch ermöglicht, zu stückeln. Sie stückeln bei den Schulen und bei den BAT-Verträgen. Es kommt zu übermäßiger Arbeit bei den Staatlichen Schulämtern, die die Leute mit dem Lasso einfangen müssen, die zuvor in andere Bundesländer abgewandert sind.
Das ist doch keine vorausschauende Bildungspolitik. Meine Damen und Herren von der CDU, das verträgt doch nicht den Begriff „Bildungsland Nummer eins“. Da müssen Sie sich schon etwas Besseres einfallen lassen, wenn Sie hier auf der Höhe der Zeit bleiben wollen.
wenn eine solche Art von Politik die Ministerin in eine Notlage bringt. Aber es ist bitter für die Betroffenen, für die Schülerinnen und Schüler, für die Lehrerinnen und Lehrer, wenn sie dadurch in eine Notlage geraten. Das werden Sie auch quittiert bekommen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Clemens Reif (CDU): Das scheint Ihnen aber bitter aufzustoßen!)
Mit der Stellenstreichung in diesem Jahr hat die Kultusministerin eine dringend notwendige langfristige Personalplanung und Nachwuchsentwicklung an den Schulen
gestoppt.Vor drei Jahren wurde doch noch in Zeitungsanzeigen groß geworben für ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer. Jetzt wird der Nachwuchs allerdings von anderen Bundesländern abgeworben. Der Slogan „Hessen – hier ist die Zukunft“ ist doch nur noch lachhaft für diejenigen, die im Mai hier ihr Examen gemacht haben. Etwa 1.840 Referendarinnen und Referendare haben hier dieses Jahr das Examen gemacht,
und nicht einmal 25 % davon haben in diesem Schuljahr überhaupt eine Stelle in Aussicht gestellt bekommen.
Die besten und die flexibelsten sind natürlich abgewandert nach Rheinland-Pfalz, nach Nordrhein-Westfalen, nach Niedersachsen, nach Baden-Württemberg. Dann stellt sich Frau Wolff hierhin und sagt, Nachwuchssuche, Nachwuchsförderung sei eine ständige Aufgabe für ihr Haus.
Das ist wieder so ein Wortgeklingel,so eine Worthülse,die mit nichts belegt ist.Im Gegenteil,Sie haben die Leute aus dem Land getrieben.
(Frank Gotthardt (CDU): Als man die Leute aus den anderen Bundesländern abgeworben hat, war es Ihnen doch auch nicht recht!)
Was haben wir jetzt für ein Problem? – Jetzt haben wir Lehrermangel an den Schulen, Herr Gotthardt, durch Ihr „Projekt düstere Zukunft“.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Frank Gotthardt (CDU): Frau Hinz, wie viele Lehrer sind denn eingestellt worden, als Sie im Landeskabinett saßen?)
Durch Ihr „Projekt düstere Zukunft“ gibt es eine düstere Zukunft für die Referendare in Hessen. Deswegen sind sie in andere Bundesländer gekommen. Jetzt wurde Geld nachgeschoben. Aber was ist passiert? – Jetzt haben die Schulen und die Staatlichen Schulämter zwar Geld, aber die Leute sind weg. Die haben doch woanders Stellen angenommen.
Der Fachlehrermangel in Hessen ist doch eklatant, der Fachkräftemangel, der durch die Arbeitszeitverlängerung schon angelegt war. Denn die Lehrer, die wir bereits haben, beispielsweise für Politik und Wirtschaft, für den Deutschunterricht, für den Englischunterricht, die jetzt die Arbeitszeitverlängerung machen müssen, sind nicht für die Naturwissenschaften und für die zweiten Fremdsprachen da. Dadurch, dass die Kultusministerin mit Ihrer tatkräftigen Unterstützung die Referendare aus dem Land gejagt hat, haben wir noch nicht einmal die Möglichkeit, diese jungen Leute hier für BAT-Verträge zu gewinnen. Deswegen haben wir keine Unterrichtsgarantie an den Schulen.
Frau Kultusministerin Wolff hat vorhin noch erzählt, dass sie im nächsten Jahr 220 Stellen mehr hat, dadurch wieder mehr Leute einstellen kann und auch im nächsten Jahr alle Stellen, die frei werden, wieder besetzt werden. Das ist für das nächste Jahr schon einmal eine schöne Ankün
digung.Aber es bleibt doch, etwas Wasser in den Wein zu gießen. Darüber werden wir uns bei den Haushaltsberatungen noch unterhalten müssen. Denn letztendlich werden auch im nächsten Jahr immer noch 700 Planstellen weniger vorhanden sein als mit Ablauf der letzten Wahlperiode.
Sie hatten im Wahlkampf aber nicht nur versprochen,dass Sie Ihre 3.000 Lehrerstellen im Unterricht weiter halten wollen, sondern sie wollten noch zusätzlich 500 Stellen schaffen. Dieses Wahlversprechen haben Sie nicht erfüllt, und deswegen werden wir auch im nächsten Jahr weniger Stellen haben als in diesem Jahr.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Hans-Jürgen Ir- mer (CDU): Das ist doch gar nicht wahr!)
Die Planungsunsicherheit für Schulen und Lehrkräfte, die ich eben schon angerissen habe, ist auch der Tatsache geschuldet, dass die BAT-Verträge erst in den letzten Wochen der Sommerferien abgeschlossen werden konnten, manchmal nur mit dem Versprechen auf sofortige Beamtung, wenn eine reguläre Stelle frei wird.
Wissen Sie aber, was das für die Schulen bedeutet? – Die haben jetzt für ein halbes Jahr einen BAT-Vertrag zur regulären Unterrichtsabdeckung, nämlich bis zum Schulhalbjahr. Für mehr war erst einmal kein Geld vorhanden. Das heißt, die Unsicherheit wird auf das nächste Schulhalbjahr übertragen. Aber das Problem ist doch, wenn diese Lehrerinnen und Lehrer auf eine Beamtenstelle wechseln können, dass sie diese Beamtenstelle dann nicht unbedingt an dieser Schule haben und somit wieder ein Wechsel in diesen Klassen stattfindet.
Ich glaube nicht, dass es unbedingt zur Bildungsqualität und zur Förderung der Unterrichtskultur beiträgt, wenn die Schulen in Hessen keine gescheite Planungssicherheit haben, sondern mit diesem Stückwerk arbeiten müssen. Das hat seine Grundlage in Ihrem „Projekt düstere Zukunft“ in Hessen. Deswegen ist das auch der richtige Begriff für die Maßnahmen, die Sie im letzten Jahr eingeleitet haben.
Die FDP hat den Antrag gestellt, dass die Lehrerinnen und Lehrer, die BAT-Verträge erhalten, in ein Personalentwicklungskonzept eingebunden werden sollen,dass sie auch Fortbildung erhalten und Ähnliches.Da sind wir völlig d’accord, wo wir viele BAT-Verträge haben. Lehrerinnen und Lehrer auf Angestelltenbasis sollen nicht Lehrerinnen und Lehrer zweiter Klasse sein, sondern sollen natürlich auch alle Chancen haben, wie das nur möglich ist. Nur, das ist im Konzept der Landesregierung bislang überhaupt nicht vorgesehen. Gerade jetzt mit der „Operation düstere Zukunft“ und mit der Sondermaßnahme angeblich für überplanmäßigen Bedarf, der zur regulären Unterrichtsabdeckung diente, wurde uns gesagt, jedenfalls hat die Ministerin uns das so vorgetragen:Keine langfristigen Verträge,in der Regel Halbjahresverträge – da ist kein Personalentwicklungskonzept möglich. Da ist es einem Schulleiter nicht möglich, diese Leute in ein Fortbildungskonzept für ein ganzes Jahr einzubinden.
Wir sind der Meinung, dass man Lehrerinnen und Lehrer für langfristige BAT-Verträge vorsehen soll und nicht nur für das Lückenstopfen. Das käme der Planungssicherheit
der Schulen und auch der Unterrichtsqualität zugute, weil die Kinder, die Schulen und das Kollegium sich darauf stützen können, dass die Lehrerinnen und Lehrer eben nicht nur für ein paar Monate da sind,sondern dass sie tatsächlich Teil des Kollegiums sind. Das wäre aus unserer Sicht eine notwendige Ergänzung des Antrags der FDP.
Meine Damen und Herren, die Staatlichen Schulämter haben in diesem Jahr tatsächlich mehrere Hundert Stellen ganz oder teilweise abgeordnet,
damit der Schulbeginn einigermaßen ordnungsgemäß ablaufen kann, Herr Irmer.Aber das war eine reine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Staatlichen Schulämter. Hätten das Ministerium und die Mehrheitsfraktion eine vorausschauende Politik gemacht, nicht erst Stellen gestrichen, nicht erst den Vertretungsmitteltopf zusammengestrichen, um ihn hinterher wieder aufzustocken, hätte diese Welle von Abordnungen so nicht stattfinden müssen, weil von vornherein eine ganz andere Planungssicherheit da gewesen wäre. Insofern hat man die Staatlichen Schulämter von notwendigeren Aufgaben abgezogen.
Wenn man über Verlässlichkeit redet, wie es die Ministerin in ihrer Presseerklärung tut, dass solche Abordnungen verlässlich gemanagt werden müssen:Wer redet denn von der Verlässlichkeit von Beziehungen, die Kinder zu Lehrerinnen und Lehrern aufbauen müssen?