Wenn wir die Qualität insbesondere bei der Lehrerfortbildung steigern wollen, müssen die Stellen bei der Auflösung des HeLP – das ist unser dritter konzeptioneller Antrag –, sowohl die regionalen Stellen als auch die zentralen Stellen, umgesetzt werden, was wir als Konzept mit entwickelt und mitgetragen haben. Aber diese Stellen müssen dort,wo sie hingegangen sind,neu ausgeschrieben werden, und zwar alle. Was bei der Forstreform funktioniert hat, kann wohl bei der Umorganisation des HeLP auch funktionieren.
Diese Stellen müssen mit den besten Bewerbern besetzt werden, auch und ganz besonders in dem Institut für Qualitätsentwicklung. Wenn ich ein Institut für Qualitätsentwicklung gründe – das ist auch richtig so –, dann muss ich es mit den bestmöglichen Köpfen und den bestmöglichen Bewerbern besetzen. Ich kann nicht einfach die nehmen, die es jetzt schon gibt, und dorthin verfrachten.
Für uns ist darüber hinaus die Geheimniskrämerei der Landesregierung bei dem Stand der konzeptionellen Umsetzung der im Schulgesetz geplanten Änderungen völlig unverständlich. Auch das ist falsch, wenn Sie die Menschen, die es betrifft, mitnehmen wollen. Wo sind die vielen in dem Gesetz vorgesehenen Verordnungen? Ich habe bei der ersten Lesung schon gesagt: Im Grunde genommen ist die Anhörung für die Katz,wenn wir nicht die Verordnungen kennen. – Es steht an mindestens 15 bis 20 Stellen im Schulgesetz: Das Nähere regelt eine Verordnung.– Wenn man die nicht kennt,kann man nicht wissen, wohin der Weg gehen soll.
Die Schulzeitverkürzung ist schon lange eine Forderung der FDP. Wir stehen voll dahinter, dass sie eingeführt wird. Es sind trotzdem noch viele Fragen ungeklärt. Wir haben schon vor einem Jahr einen Antrag mit einem allumfassenden Konzept gestellt. In allen Bundesländern ist diese Schulzeitverkürzung mittlerweile eingeführt worden. Es wird höchste Zeit, dass Hessen das auch tut.
Trotzdem ist nicht ganz geklärt, wie man mit dem Nachmittagsunterricht umgeht. Sie alle bekommen sicherlich auch Briefe der Schulträger von wegen Konnexität: „Wir müssen aufgrund dessen ausbauen und investieren.“ Die Zahl der Wochenstunden ist nicht klar. Warum wird der Zwang auf alle gymnasialen Bildungsgänge ausgeübt? Warum müssen die kooperativen Gesamtschulen ebenfalls verkürzen? Natürlich wäre es theoretisch möglich, das auch mit einer Förderstufe zu machen. Aber die kooperativen Gesamtschulen sehen die Konkurrenz zu den Gymnasien.Was tun sie? – Sie bilden Eingangsklassen ab Klasse 5, mit denen Sie verkürzen, und damit haben sie die Förderstufe aufgelöst, zumindest die Förderstufe, wie sie im Originaltitel wäre, nämlich mit Gymnasial-, Realund Hauptschulklasse.Wir schaffen also durch die Hintertür die Förderstufe ab, und das muss nicht sein.
Es gibt viele Kinder, die 13 Jahre bis zum Abitur brauchen. Diese Möglichkeit sollte man ihnen querbeet im ganzen Land geben und lassen. Deshalb weiterhin unsere Forderung: Stellen Sie den kooperativen Gesamtschulen den Weg der Verkürzung frei.
Die Vorstellungen über die personelle Ausstattung der Klassen beim flexiblen Schuleingang sind noch nicht bekannt. Dem Gesetz steht voran, es habe keine finanziellen Auswirkungen. Sie können aber keine Kinder mit fünf, sechs oder sieben Jahren einschulen und in den ersten drei Klassen zusammenlassen. Dann hätten Sie in einer Klasse eine Altersspreizung von fünf- bis achtjährigen Kindern. Das geht in Schulversuchen. Aber dort sind die Klassen höchstens 20 Kinder groß, und dort gibt es zusätzliche Sozialpädagogen. Wenn Sie das nicht machen, nutzt die ganze flexible Einschulung überhaupt nichts – im Gegenteil, sie schadet nur den Lehrern und den Kindern. Das heißt, wir brauchen dafür mehr Personal. Auch das ist nicht klar.
Den Schulen wird in den nächsten Jahren sehr viel abverlangt. Dabei wollen sie nur eines – wenn Sie mit den Lehrern und Schulleitern reden –, sie wollen sich mit Ruhe dem Unterricht und den Problemen ihrer Schüler widmen. Deswegen sollen sie personell so gut aufgestellt sein, dass sie den Berg von Reformen, die nötig und richtig sind, bewältigen können. Sie sollten frühzeitig in die Planungen einbezogen werden. Vor allen Dingen sollten alle ihre Bedenken ernst genommen werden, und es sollte auf sie eingegangen werden.
Aber die Schulpolitik – ich habe es angedeutet – macht es deutlich: Alleinregieren fällt der CDU schwer. Anstatt Reformen mit dem Hammer durchzusetzen, wäre die Landesregierung gut beraten, die konstruktive Kritik der FDP ernst zu nehmen und unsere vorgeschlagenen Änderungen aufzunehmen, damit in den Schulen nicht der letzte Funke Motivation erlischt.
Dies wäre angesichts der angespannten Situation ein grundlegender Schritt zu mehr schulischer Qualität. Ich denke, das kann man nicht schönreden, die Situation ist angespannt. Deshalb ist dieser grundlegende Schritt so wichtig, und er duldet keinen Aufschub mehr. Ich hoffe sehr, dass die drei inhaltlich sehr konzeptionell angelegten Anträge der FDP im Ausschuss eine Mehrheit finden und die CDU das dann auch so umsetzt.
Vielen Dank, Frau Henzler. – Bevor ich Frau Kollegin Hinz für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort erteile, erlaube ich mir die Freiheit,einen Kollegen heute extra zu begrüßen. Ich freue mich sehr, lieber Kollege Michael Denzin, dass Sie nach einer langen Phase der Krankheit wieder bei uns sind, wenn auch mit Gehhilfe. Herzlich willkommen und weiterhin gute Genesung.
(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das muss nicht sein! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie lässt sich nicht bitten, sie macht das!)
Meine Damen und Herren, heute haben wir wieder eine Rede der Kultusministerin gehört, die kaum zu überbieten war.
Sie war mit viel Wortgeklingel und Begriffsakrobatik gekürt. Das geschah alles nur, um zu vertuschen, dass die „Operation düstere Zukunft“ an den hessischen Schulen riesige Probleme verursacht hat.
Warum will ihr eigentlich die Schönfärberei, die sie hier betreibt, niemand mehr abnehmen? Was ist passiert, dass nunmehr selbst Verbände, die die Politik der CDU und der Kultusministerin immer gelobt haben, harsche Töne anschlagen? Zum Beispiel sagte der Vorsitzende des Hessischen Philologenverbands: Die Unterrichtsgarantie ist natürlich nicht erfüllt, weder vor noch nach dem Komma. Die Zahlen stimmen.Es sind nicht genügend Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen.
Die Frage, warum das so ist, ist ganz einfach zu beantworten. Das liegt daran, dass die Kultusministerin die Realität ausgeblendet hat.
Sie stellt fest, die Unterrichtsgarantie sei gegeben, obwohl sie nicht eingelöst wurde. Sie redet davon, die Probleme seien gelöst, obwohl sich in Wahrheit die Schwierigkeiten zu einem Berg auftürmen. Entweder bekommt sie wirklich nicht mehr mit, was an den Schulen passiert, oder sie versteht sich inzwischen auf die Kunst der Selbstüberredung. Beides wäre allerdings für die dringend notwendige
Wir haben bereits im letzten Jahr darauf hingewiesen, dass die Rechnung, die Arbeitszeitverlängerung überwiege den Verlust, der sich aus der Stellenstreichung ergebe, deswegen sei die Unterrichtsgarantie erfüllt, falsch ist und überhaupt nicht aufgehen kann. Frau Wolff, Sie hätten besser auf uns hören sollen. Dann stünden Sie, und vor allem die Schulen, heute besser da.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist eine Drohung, arme Schüler!)
Im Juni 2004 hat Frau Wolff zum wiederholten Mal die Opposition dafür verantwortlich gemacht, dass die Eltern und die Schulen über die zu geringe Lehrerzuweisung für das jetzt laufende Schuljahr beunruhigt waren. Richtig ist aber: Weder die GRÜNEN noch die anderen Oppositionsfraktionen haben den Lehrerbedarfsplan erstellt, in dem 2.200 Stellen als fehlend ausgewiesen sind. Den Lehrerbedarfsplan stellt das Ministerium selbst auf.
Ich habe mir allerdings damals erlaubt, in der Öffentlichkeit zu fragen, wie denn dann der Unterricht gewährleistet werden kann. Wie hat die Kultusministerin auf diese kritische Nachfrage reagiert? Sie hat so reagiert, wie sie neuerdings immer reagiert, nämlich sehr allergisch. Sie tat so, als ob dies eine Majestätsbeleidigung wäre. Sie versuchte auf blamable Art und Weise, von ihrer Verantwortung abzulenken.
Am 21. Juni dieses Jahres gab sie eine Presseerklärung heraus, in der sie doch tatsächlich meinte, glauben machen zu können, dass es in Hessen das „Phänomen der gefühlten Bedrohung“ gebe. Sie sprach vom „Phänomen der gefühlten Bedrohung“. In der Presseerklärung steht wörtlich:
Die gute Unterrichtsversorgung der vergangenen fünf Jahre werde einerseits als selbstverständlich und andererseits als gefährdet angesehen.
Das betrifft sowohl die Vertreter der Schulen als auch die Eltern. Natürlich ist das so. Frau Wolff, das können Sie doch nicht beklagen. Seit fünf Jahren beschwören Sie, es gebe die Unterrichtsgarantie. Dann wird es als selbstverständlich angesehen, dass die Unterrichtsgarantie eingelöst wird.
Frau Ministerin, natürlich ist die Unterrichtsgarantie gefährdet. Sie ist sogar mehr als gefährdet. Sie ist nämlich immer weniger gegeben. Das ist ganz real und nicht gefühlt. Das betrifft jede Schule Hessens.
In der Überschrift Ihrer Pressemitteilung vom 26.August dieses Jahres, also zum Schuljahresbeginn, steht: „Herausforderung gemeistert“. Was haben Sie damit gemeint? Meinten Sie die Herausforderung, dass Sie sich aus der
Notlage befreit haben, in die Sie sich selbst gebracht haben? Was war die eigentliche Herausforderung? Bestand sie darin, die Notlage, die Sie selbst geschaffen haben, zu meistern, also die Lücken, die Sie an den Schulen gerissen haben, möglichst schnell wieder zu schließen?
Schauen wir doch einmal genauer hin, ob das geklappt hat. Die Regierung Koch hat den Lehrerinnen und Lehrern eine Arbeitszeitverlängerung aufgezwungen. Rein rechnerisch bringt das den Gegenwert von 1.250 Stellen. Davon werden in diesem Jahr 945 nicht wieder besetzt. 190 Stellen, die sich rechnerisch aus der Arbeitszeitverlängerung ergeben haben, werden zur Entlastung der Schulleitungen eingesetzt, 50 für die pädagogische Mittagsbetreuung an den Schulen, 41,5 Stellen für Praxisklassen und 10 für das Projekt der selbstständigen beruflichen Schulen.
Was bleibt dann von der Arbeitszeitverlängerung noch übrig? Das sind ganze 13,5 Stellen. Angesichts der steigenden Schülerzahlen könnte man sagen: Das kommt mit den 13,5 Stellen vielleicht gerade noch so hin. – Dabei dürfen wir aber nicht vergessen, dass im Rahmen der „Operation düstere Zukunft“ zusätzlich Mittel in Höhe von fast 10 Millionen € für den Vertretungsunterricht gestrichen wurden. Damit hätten 250 Lehrerstellen finanziert werden können, die insbesondere deshalb fehlen, weil auch noch die Zahl der Schülerinnen und Schüler steigt.
Von vornherein war klar: Unter solchen Rahmenbedingungen kann es auf keinen Fall zu einer Unterrichtsabdeckung von 100 % kommen. Da können Sie hin- oder herrechnen.
Es war also eine hausgemachte Notlage, in die Sie die hessischen Schulen und sich selbst gebracht haben. Frau Wolff, die Schülerinnen und Schüler sind aber nicht vom Himmel gefallen. Meine Kolleginnen haben schon darauf hingewiesen. Bereits im letzten Jahr kam es zu einer Steigerung der Zahl der Schüler, und zwar an den beruflichen Schulen und auch an den allgemein bildenden Schulen. Übrigens stieg auch an den Grundschulen im letzten Jahr die Zahl der Schülerinnen und Schüler.
Damit war doch klar, dass auch dieses Jahr wieder viele Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz finden, an den Berufsschulen aufzufinden sein werden. Es war klar, dass dann natürlich auch wieder viele Schülerinnen und Schüler entweder in die 10. Klasse des Gymnasiums oder in die 11. Klasse der Oberstufe übergehen würden, um nicht auf der Straße zu stehen. Das war alles bereits im Winter absehbar.Da können Sie sich doch nicht im Juni hierhin stellen und sagen: Es ist jetzt überplanmäßiger, zusätzlicher Unterricht notwendig. – Nein, Sie haben jetzt Sondermaßnahmen nachschieben und zusätzliches Geld beantragen müssen, weil Sie bei den Verhandlungen mit dem Finanzminister letztes Jahr eingeknickt sind und Bildungspolitik eben nicht mehr diesen hohen Stellenwert in der Landesregierung hat.