Protokoll der Sitzung vom 07.10.2004

islamischen Kopftuches für Lehrerinnen und Beamtinnen in Hessen zu verbieten.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir handeln damit im Auftrag unserer Verfassung, denn das islamische Kopftuch steht nicht im Einklang mit den Grundrechten und unserem freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat.

(Beifall bei der CDU)

Das islamische Kopftuch ist eben nicht nur ein Glaubenssymbol, sondern es ist ein politisches Symbol. Es steht für Unterdrückung und Unfreiheit. Es steht für einen fundamentalistischen Gottesstaat und damit im klaren Widerspruch zu unserer Verfassung.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, offensichtlich haben auch SPD-Politikerinnen und Politikerinnen der GRÜNEN diese Auffassung, und sie unterstützen in diesem Sinne unsere Position. Wenn ich einmal zitieren darf: „Das Kopftuch ist ein Symbol geworden für den politischen Kampf der Fundamentalisten.“ – „Kopftuchverbot in Schulen und Amtsstuben.“

Auch der Aufruf, der damals nicht nur von der Fraktionsvorsitzenden der SPD in Frankfurt, sondern auch von Frau Ebeling unterzeichnet worden ist, ist aus meiner Sicht bezeichnend. Ich möchte eine Passage daraus zitieren:

Ist es verkehrt, dass den islamistischen Kräften eine Grenze gezeigt wird, deren Übertreten ein wichtiges Prinzip unserer Verfassung verletzt? Nach unserer Auffassung ist eine solche Deutlichkeit in einer demokratisch verfassten Gesellschaft erforderlich, um den islamistischen Kräften zu signalisieren, dass diese Gesellschaft nicht vor ihnen zurückweicht und ihnen nicht Schritt für Schritt immer mehr Raum im öffentlichen Leben überlässt.

Es geht weiter:

Die Erfahrung zeigt, dass diese Kräfte jede Erweiterung ihres Spielraums nutzen, um ihre antidemokratischen, antisemitischen und frauenfeindlichen Positionen durchzusetzen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, dem habe ich nichts hinzuzufügen. Diese Aussage ist zutreffend.

(Beifall bei der CDU)

Aus diesem Grund ist es notwendig, ein derartiges Verbot zu erlassen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es trifft doch zu, dass gerade das Tragen des islamischen Kopftuches

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sind ein Scharfmacher!)

in staatlichen Institutionen längst zum Kampfprogramm von islamistischen Kräften geworden ist und deshalb eine gesetzliche Regelung zwingend geboten ist.

(Zuruf des Abg.Armin Klein (Wiesbaden) (CDU))

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Al-Wazir, ich habe Ihnen gerade gesagt: Es ist in der „taz“ abgedruckt.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Na und?)

Diese Zeitung steht, wenn ich es richtig sehe, Ihnen etwas näher als uns.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Tarek Al- Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nicht alles, was in der „taz“ steht, ist wahr!)

Ich glaube, dass die Position deutlich wiedergegeben worden ist. Der Zwang zur Verhüllung, dem muslimische Frauen ausgesetzt sind, das Züchtigungsrecht des Mannes und die Scharia sind mit unserer Verfassung unter keinen Umständen vereinbar. Deshalb ist ein solches Gesetz notwendig.

(Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Was ist das für ein Argument?)

Meine Damen und Herren, wer dieses Symbol beispielsweise als Lehrerin tragen will,ist eben persönlich nicht geeignet, unsere Kinder im Interesse unserer Verfassung zu erziehen.

(Beifall bei der CDU)

Das gilt aus unserer Sicht genauso für die Beamtinnen. Denn man kann das nicht differenzieren. Sie dürfen in der Debatte nicht einen Fehler machen: Nach Art. 3 Grundgesetz müssen Sie Gleiches gleich behandeln. Eine Beamtin ist unserem Staat besonders verpflichtet und hat eine Treuepflicht gegenüber der Verfassung. Wer als Beamtin auf dem Tragen des islamischen Kopftuches beharrt, wendet sich gegen unsere Verfassung.Auch deshalb ist hier ein derartiges Verbot notwendig.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, mit unserer Position befinden wir uns im Einklang mit der Rechtsprechung, nicht nur mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Deutschland, sondern auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Er hat nämlich wörtlich formuliert:

Das Gebot des Kopftuchtragens ist schwerlich mit dem Grundsatz der Gleichheit der Geschlechter vereinbar. Auch ist das Tragen des islamischen Kopftuches mit der Botschaft der Toleranz, des Respekts gegenüber dem anderen und vor allem der Gleichheit und der Nichtdiskriminierung schwer vereinbar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit unserem Gesetzentwurf berücksichtigen wir aber auch die Tatsache, dass unser Land von einer christlichen und humanistischen Tradition geprägt ist, so, wie es beispielsweise in unserer Verfassung, aber auch konkret im Hessischen Schulgesetz zum Ausdruck kommt.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz ist ein Beitrag für das friedliche Zusammenleben auf der Grundlage einer wertorientierten Gesellschaft. Deshalb bitten wir dieses Parlament um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf im Interesse einer wehrhaften Demokratie, im Interesse der neuen Qualität des Staates, im Interesse der Integration, im Interesse einer wertorientierten Gesellschaft, im Interesse unserer freiheitlichen und demokratischen Verfassung. – Besten Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Abg. Ruth Wagner für die FDP-Fraktion.

Meine Damen und Herren! Wir haben in der zweiten Lesung des Gesetzentwurfes einen eigenen Änderungsantrag eingebracht. Wir haben deutlich gemacht, dass es in dieser Frage um die Abwägung verschiedener Rechtsgüter geht, vor allem, verehrter Herr Kollege Jung, darum, dass ein Landesgesetz,das vom Bundesverfassungsgericht eingefordert worden ist, auch tatsächlich dem durchaus differenzierten Urteil des Gerichtes gerecht wird. Dass eine differenzierte Betrachtungsweise bedacht und behutsam, aber zugleich auch wirksam und durchsetzbar ist, ist eine Frage, wenn ein Gesetzgeber neues Recht schafft.

Lieber Herr Jung,liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich will ganz deutlich sagen:Wir als Liberale haben den Eindruck, dass beim Kopftuchverbot die CDU mit dem Kopf durch die Wand will.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich sage ganz offen: Das schadet meist nicht der Wand, sondern dem Kopf, der das versucht.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nach all dem, was wir von den juristischen Experten und den Diskussionen in anderen Länderparlamenten wissen, sage ich erneut voraus, dass das Gesetz, das Sie jetzt versuchen in dritter Lesung zu verabschieden, vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand haben wird. Das meinen wir sagen zu können.

Meine Damen und Herren, warum – das ist wirklich nicht irgendeine rhetorische Frage, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU – haben Sie nicht die Brücke geschlagen, die im Saarland mit den Stimmen der SPD und in Niedersachsen und Baden-Württemberg mit den Stimmen der FDP geschlagen wurde, nämlich eine differenzierte Haltung einzunehmen,

(Beifall bei der FDP, der SPD und bei Abgeordne- ten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

die nach Rechtsauffassung mindestens der beiden Fraktionen von FDP und SPD eher eine Chance hat,vor Karlsruhe zu bestehen, als das hessische Gesetz, das Sie jetzt verabschieden wollen?

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Differenzierte Lösungen, die nicht alle Beamtinnen und Beamten betreffen, wären notwendig. Ich habe Ihnen schon damals vorgehalten – Herr Bökel kennt die Diskussion –, dass auch wir, SPD und FDP, in den Siebzigerund Achtzigerjahren Lehrgeld haben zahlen müssen bei der Position, man könne die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Partei und die Kandidatur für eine solche Partei als einen Ablehnungsgrund für die Aufnahme in den öffentlichen Dienst ansehen. Das ist nicht gelungen, und ich sage Ihnen voraus: Mit diesem Verbot werden Sie ebenfalls nicht erfolgreich sein.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb haben wir uns in einer durchaus kontroversen Diskussion – es ehrt alle Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause, dass sie es sich nicht leicht gemacht haben – am Ende hinter die Argumentation von Dorothea Henzler gestellt, die uns in eindrucksvoller Weise die Vorbildwirkung der Lehrerinnen an den Schulen klargemacht hat. Dorothea Henzler hat uns vorgetragen, dass die Lehrerinnen und Lehrer an einer Schule mit einem sehr hohen Ausländeranteil im Landkreis Offenbach gemeinsam mit den Eltern islamischer Kinder und den Eltern christlicher Kinder durchgesetzt haben, dass an dieser Schule keine Lehrerin angestellt wird, die ein Kopftuch trägt, weil man der Meinung war, dass man die Integration schon so weit im Griff hat, dass die zwischen den Religionen und den verschiedenen Kulturen herrschende Toleranz Grundlage dieser Entscheidung sein konnte.Verehrter Herr Jung,ein Gesetz kann am Ende doch nur dann erfolgreich umgesetzt werden, wenn es nicht an der Wirklichkeit und dem Handeln, den Einstellungen und den Mentalitäten der Menschen vorbeigeht. Das ist, glaube ich, die große Schwäche Ihres Gesetzentwurfs.

(Beifall bei der FDP)