(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Beifall der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))
Vielen Dank, Frau Hinz. – Herr Gotthardt steht schon am Mikrofon. Sie dürfen das Wort für die CDU-Fraktion ergreifen, bitte schön.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es schon bezeichnend und insbesondere für den Zustand der Opposition bezeichnend, wenn die SPD heute den einzigen inhaltlichen Setzpunkt, den sie hat, für einen solchen Antrag verwendet.
Die Opposition hat im Vorfeld häufig kritisiert,dass wir in dieser Woche zu viele Gesetze zu beraten hätten und dass die inhaltlichen Diskussionen zu kurz kämen. Dass das dann ein inhaltlicher Setzpunkt der SPD ist, sagt alles über den Zustand dieser SPD. – Es ist natürlich Ihr gutes Recht.
Meine sehr geehrte Damen und Herren, ich habe großes Verständnis dafür, dass die SPD mit großer Betroffenheit
auf den „Wetzlar-Kurier“ reagiert. Natürlich kann man an der einen oder anderen Stelle auch anderer Auffassung sein,sowohl was die Inhalte als auch was die Form angeht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die SPD hat diesen Punkt heute auf die Tagesordnung gesetzt, nicht weil es ihr um die Inhalte geht, sondern weil sie merkt, dass in Wetzlar eine Zeitung Erfolg hat. Mit der heutigen Veranstaltung werben Sie wieder für diese Zeitung,
Sie sind es vielleicht inzwischen aufgrund Ihrer Medienbeteiligung gewohnt, dass viele Zeitungen das schreiben müssen, was sie denken, aber das gehört nicht zu unserer pluralistischen Gesellschaft.
(Beifall bei der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist unerträglich, was Sie sagen! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Insofern wissen insbesondere die Freunde von der SPD – das beunruhigt Sie, glaube ich, am meisten –, dass natürlich in Ihren Reihen viele Menschen, viele Wähler und viele Mitglieder das denken, was Hans-Jürgen Irmer in seiner Zeitung schreibt.
Deswegen, lieber Herr Kollege Al-Wazir, lassen wir das einmal mit der Polemik, sondern lassen Sie uns über die Inhalte reden, die Sie hier infrage stellen.
Erster Punkt. In dem Antrag, der von der SPD formuliert wurde, steht, dass der Kollege Irmer sich gegen das Asylrecht insgesamt ausspricht. Das passt Ihnen nicht. Herr Kollege Schmitt, ich hätte es fair von Ihnen gefunden, wenn Sie nach dem Zitat, das Sie gebracht haben, auch den nächsten Satz zitiert hätten, in dem der Kollege Irmer diese Auffassung begründet. Dort sagt er nämlich, dass es nicht zusammenpasst, dass es ein Individualrecht auf Asyl für Türken gibt, die hierher kommen, aber auf der anderen Seite die Bundesregierung unterstützt, dass wir in der EU darüber verhandeln, dass die Türkei Mitglied der Europäischen Union wird.
Das passt nicht zusammen. Und das wird man in unserer freien Gesellschaft doch wohl auch noch sagen dürfen.
Zweiter Punkt. Man kann sich über das Thema Homosexualität lange streiten. Darüber gibt es genug Diskussionen in unserer Gesellschaft. Es ist auch gut, dass darüber diskutiert wird. Aber auch hier gilt: Den eigentlichen Kern des Artikels haben Sie nicht genannt. Der Kollege Irmer greift einen Fall im Lahn-Dill-Kreis auf, wo ein Lehrer im Internet seine sexuellen Vorlieben schildert, seine Dienste anbietet und nach Kontakten sucht.
Darüber, dass dies in dieser Form für unsere Gesellschaft nicht ganz gewöhnlich ist, sollten wir nicht streiten. Das
hat mit Toleranz gegenüber gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften und Homosexuellen nichts zu tun.
Es kann nicht sein, dass Lehrer – weder homosexuelle noch heterosexuelle – im Internet nach Kontakten suchen, ihre Vorlieben schildern und ihre Dienste anbieten. Das kann weder bei Homosexuellen noch bei Heterosexuellen der Fall sein. Das darf man in unserer Gesellschaft auch sagen.
Wenn Sie das Institut, das dort zitiert wird, anders beurteilen, dann können Sie sich mit dem Institut auseinander setzen. Das ist möglich.Aber das ist kein Grund, hier eine Grundsatzdebatte über das Thema Homosexualität zu führen.
(Zuruf der Abg. Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Unerträglich!)
Nein. – Dritter Punkt.Wenn ein Abgeordneter des Hessischen Landtags oder ein Bürger unseres Bundeslandes der Auffassung ist, dass unsere Bundesregierung in der Frage des Beitritts der Türkei zur EU die deutschen Interessen nicht ausreichend sichert und wahrt, und der Auffassung ist, dass diese Bundesregierung falsch handelt, dann darf man auch dies inhaltlich sagen.
(Lebhafte Zurufe von der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist unerträglich!)
(Beifall bei der CDU – Zuruf von der SPD: Das wird immer doller, was Sie hier machen! – Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:Das ist un- fassbar!)
Natürlich muss es in einer Demokratie Linien und Grenzen geben. Diese müssen gezogen werden. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition – ich vermute, dass die Kollegin Wagner gleich in das gleiche Horn stoßen wird –, zu diesen Linien und Grenzen muss auch gehören,dass man die Linien und Grenzen von anderen respektiert, soweit sie sich im Rahmen dieser Verfassung bewegen.
Herr Kollege Schmitt, wenn Sie hier eben von Toleranzverständnis und von Meinungsfreiheit geredet haben, dann muss ich feststellen, dass Ihr Verhältnis anderen Meinungen gegenüber offensichtlich nicht das ist, was nach unserer Verfassung zum Glück gilt.
Natürlich können Sie, wenn Ihnen etwas nicht gefällt, das auch hier im Landtag diskutieren. Das tun wir ja.Aber Sie müssen respektieren, wenn andere Menschen anderer Auffassung sind und dies auch nach außen vertreten.Dass Ihr Minister Trittin, wenn er der Auffassung ist, dass ein christlicher Feiertag abgeschafft und dafür ein muslimischer eingeführt werden soll,mehr auf die Mühlen der falschen Menschen gegeben hat als ein Hans-Jürgen Irmer in den vergangenen Jahren, ist die Wahrheit.
Gerade an die Adresse der SPD sage ich:Gucken Sie doch einmal,was in Ihren Reihen und bei Ihren Wählern zu solchen Themen gedacht wird,und kommen Sie zur Vernunft zurück. Hören Sie mit der Hetze hier im Hessischen Landtag auf.