Dritte Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Drittes Gesetz zur Änderung des Hessischen Hochschulgesetzes und anderer Gesetze – Drucks. 16/3302 zu Drucks. 16/3102 und zu Drucks. 16/2718 –
Wir haben eine Redezeit von 15 Minuten je Fraktion vereinbart. Berichterstatter ist der Kollege Klein (Freige- richt).
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen, verehrte Kollegen! Der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst empfiehlt dem
Plenum, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags Drucks. 16/3265 in dritter Lesung – die sich daraus ergebende Fassung ist dem Bericht als Anlage beigefügt – anzunehmen.
Der Gesetzentwurf war dem Ausschuss für Wissenschaft und Kunst in der 52. Plenarsitzung am 25. November 2004 nach der zweiten Lesung zur Vorbereitung der dritten Lesung zurücküberwiesen worden. Die Änderungsanträge Drucks. 16/2771, 16/3264, 16/3265 und 16/3266 waren dem Ausschuss direkt vom Präsidenten überwiesen worden.
Der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst hat sich in seiner Sitzung am 2. Dezember 2004 mit dem Gesetzentwurf befasst und mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP die oben wiedergegebene Beschlussempfehlung gefasst.
Zuvor waren der Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucks. 16/3265, mit dem gleichen Stimmenverhältnis angenommen, der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 16/2771, mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der SPD, der Änderungsantrag der Fraktion der FDP, Drucks. 16/3264, mit den Stimmen von CDU gegen die Stimme der FDP bei Stimmenthaltung der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucks. 16/3266, mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen der SPD bei Stimmenthaltung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP abgelehnt worden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in den Ihnen vorliegenden Bericht Drucks. 16/3302 hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen.Dort ist vermerkt,der FDP-Antrag sei mit den Stimmen von CDU und FDP abgelehnt worden. Leider ist es uns vonseiten der CDU nicht gelungen, die Kollegen so weit zu bringen,dass sie ihren eigenen Antrag ablehnen.Ich habe es in der korrigierten Fassung vorgetragen, und so war es auch im Ausschuss beschlossen worden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Berichterstatter. – Die erste Wortmeldung stammt von Frau Kollegin Beer, FDP-Fraktion.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Gotthardt, ich erkläre gerne, warum ich die von der CDU vorgelegte Novelle des Hochschulgesetzes ablehne und nicht den FDP-Antrag – das hat der Kollege Klein eben sehr richtig vorgetragen.Wir haben im Ausschuss natürlich vorgetragen, dass diese Novelle mit den von der FDP vorgeschlagenen Änderungen besser geworden wäre. Denn so, wie diese Novelle geblieben ist – auch mit den Änderungen, die die CDU-Fraktion vorgelegt hat –, ist sie für die FDP-Fraktion nicht zustimmungsfähig.
Das liegt daran, dass die CDU, statt den im Jahr 2000 sehr erfolgreich eingeschlagenen Weg in der hessischen Hochschulpolitik weiter zu gehen, hier die Chance verpasst hat, das viel gelobte Gesetz aus der Zeit von Ruth Wagner weiterzuentwickeln.
Sehr geehrter Herr Kollege Gotthardt, für diese Weiterentwicklung hätte es nämlich bedurft, dass nicht nur die FDP, sondern auch die CDU-Fraktion dem FDP-Antrag zustimmt und damit beispielsweise eine weitere Kompetenzzuweisung vom Ministerium auf die Hochschulen realisiert. Wir haben in diesem Änderungsantrag unter anderem vorgeschlagen, den Hochschulen die gesamte Personalverantwortung zu übertragen,
also nicht nur, wie jetzt vorgesehen, die Kompetenz zur Berufung von Professoren, sondern darüber hinaus auch die Kompetenzen im Hinblick auf die Bleibe- und Berufungsverhandlungen sowie die Personalverantwortung für das, sonstige wissenschaftliche und das nicht wissenschaftliche Personal. Das ist von Ihnen leider abgelehnt worden. Abgelehnt worden ist von Ihnen auch eine Feinsteuerung, die wir im Bereich des operativen Geschäfts vorgeschlagen haben. Da ging es uns darum, die Trennung klar nachzuvollziehen, die zwischen der Grundsatzentscheidung in akademischen Fragen, die wir beim Senat belassen wollen, und der Ausführung der Grundsatzentscheidung besteht, die klare Sache des Präsidiums ist. Deswegen hatten wir Ihnen quasi in der Beobachtung und Evaluierung des Gesetzes vorgeschlagen, die Frage der Aufhebung und Einrichtung von Studiengängen genauso wie die Frage der Gliederung in Fachbereiche dem Präsidium
sowie die Forschungskoordination dem erweiterten Präsidium zu übertragen. Aber bei Ihnen ist es leider in dieser Hinsicht nicht zu einem Denkprozess gekommen. Sie greifen ungeniert weiterhin unsensibel in die austarierte Gremienstruktur des Gesetzes vom Jahre 2001 ein und kommen damit zu einer Entmachtung des Senats, was auch dazu führt, dass die an der Hochschule beteiligten Gruppen im Grunde genommen an wichtigen Grundsatzentscheidungen nicht mehr beteiligt sind.
Ich spreche insbesondere von der grundlegenden Frage der zentralen Zuständigkeit für die Entwicklungsplanung einer Hochschule. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hatte schon in der zweiten Lesung angesprochen, dass es mir nicht verständlich ist, wie man gerade die wichtige grundlegende akademische Frage, wie sich eine Hochschule aufstellt, wie sie sich ausrichtet, wie sie sich im Wettbewerb positionieren will und welche Schwerpunkte sie in Forschung und Lehre legen will, dem Senat als zentralem Gremium der Hochschule entziehen kann.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, damit schaffen Sie den Senat als akademisches Grundsatzgremium faktisch ab. Sie degradieren ihn zu einer Art Diskussionsklub mit Wahlfunktion. Das ist mit der FDP nicht zu machen.
Ich glaube auch, dass Sie sich selbst mit dieser Art der Umgestaltung der Gremienstrukturen in den Finger schneiden; denn nicht nur in der mündlichen Anhörung, sondern insgesamt ist in der Anhörung dieses Gesetzes sehr deutlich geworden,dass es nicht nur darum geht,Entscheidungen schneller treffen zu können, weil sie der Präsident oder das Präsidium allein treffen kann,ohne die anderen Gruppen an der Hochschule einzubeziehen, son
dern dass es vor allem darum geht, getroffene Entscheidungen in der Hochschule durchsetzen zu können, für getroffene Entscheidungen einen Rückhalt in der Hochschule zu haben, was dazu führt, dass die Entscheidung, die Umstrukturierung, die Neuausrichtung, die Wettbewerbsfähigkeit von allen Gruppierungen an den Hochschulen getragen werden.
Genau diesen Konsens, genau diese Kommunikation machen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf kaputt. Das finde ich sehr schade, denn das wird unsere Hochschulen nicht in die Zukunft, sondern in die Vergangenheit führen – hin zur Ordinarienuniversität.
Trotz der einhelligen Kritik, die gerade an diesem zentralen Punkt, aber auch an weiteren Punkten in der Anhörung geäußert worden ist, und trotz der Diskussion, wo wir im Ausschuss noch einmal versucht haben, Ihnen die einzelnen Regelungen und unsere eindeutigen Alternativen zu den kritisierten Passagen Ihres Gesetzentwurfes zu erläutern, haben Sie sich an den wichtigen Punkten dieser Hochschulgesetznovelle als beratungsresistent gezeigt. Das bedauern wir. Wenn man sich einmal die Vorschläge der Union zu der Novellierung des Hochschulgesetzes anschaut, dann wird sehr schnell klar, dass Sie die Grundprobleme dieser Novelle nicht beseitigen können.
Sie mogeln sich lediglich an den konfliktbeladenen Passagen vorbei, Frau Kollegin Kühne-Hörmann. Zwar greifen Sie wenigstens unseren Vorschlag auf, den Meisterzugang nicht in eine von uns als Parlamentariern nicht zu kontrollierende Verordnung zu verschieben, sondern ihn unmittelbar im Gesetz zu regeln. Das kann aber das Gesamtwerk auch nicht mehr retten.
Beispiel für diese Unsinnigkeiten ist, dass Sie den Senat zu einer Art Wahlversammlung für die Wahl und Abwahl des Präsidenten umorganisieren,dass Sie aber gleichzeitig mit Ihrem Änderungsantrag einführen, dass der Präsident Vorsitzender dieses Wahlgremiums sein soll. Das heißt, derjenige, der von diesem Gremium zu wählen oder gegebenenfalls von diesem Gremium abzuwählen ist, ist gleichzeitig Vorsitzender des Vereins. Ich sage Ihnen eines: Das ist nicht mit meinem Verständnis von Demokratie zu vereinbaren.
Auch die Abmilderung der Kürzung der Studierendenbeiträge, die Sie künftig weiterhin von der Wahlbeteiligung abhängig machen wollen, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sie letztendlich ein Prinzip umsetzen, das heißt:Wenn du dich der Wahlbeteiligung bei den Wahlen zu einem demokratischen Gremium enthältst, dann wirst du mit Gebührenerlass belohnt. – Liebe Kollegin Kühne-Hörmann,sehr geehrter Herr Minister,ich habe es schon einmal gesagt. Dies würde, auf die Landtagswahlen übertragen, bedeuten: Wähler, geht nicht zur Landtagswahl, dann versprechen wir euch, weniger Steuern zahlen zu müssen. – Ich bitte Sie, wie würde unsere Demokratie ausschauen, wenn wir das wirklich auf allen Ebenen zum System erheben würden?
Herr Kollege Jung, stattdessen wäre es lohnenswert, die Wahlbeteiligung erhöhen zu wollen, z. B. mit dem FDPVorschlag, dass wir elektronische Wahlverfahren einfüh
ren, weil sich die Wahlen an den Hochschulen über einen längeren Zeitraum hinziehen, also ein anderes Wahlverfahren stattfindet, als das z. B. bei den Landtags- und Bundestagswahlen der Fall ist.Auch muss ich ganz ehrlich an die Kolleginnen und Kollegen von der CDU gewandt sagen, dass ich diese Art der Regelung im Hinblick auf die Studierendenbeiträge vor dem Hintergrund, dass Sie immer das Hohelied auf die Selbstverwaltungsgremien singen, als sehr entlarvend empfinde. Sie haben mitnichten vorgeschlagen, dieses System auch auf die anderen Selbstverwaltungsgremien, sprich: die anderen Kammern, von den Industrie- und Handelskammern angefangen über die Handwerkskammern zu den Notar- und Rechtsanwaltskammern und Ärztekammern, zu übertragen.
Hier wäre letztendlich, wenn Ihre Idee richtig wäre, dass das zur Erhöhung der Wahlbeteiligung beitragen würde, eine entsprechende Kürzung der Kammerbeiträge angezeigt. Entsprechende Initiativen Ihrerseits lassen auf sich warten, was für mich den Schluss nahe legt, dass es nicht darum geht, die Wahlbeteiligung zu den Studierendenparlamenten zu erhöhen, sondern dass es letztendlich darum geht, diese Studierendenbeteiligung an der Hochschularbeit auszutrocknen, weil sie Ihnen als CDU einfach ein Dorn im Auge ist. Dazu sage ich für die FDP deutlich: Das machen wir nicht mit.
Ein weiterer Punkt,wo wir mit dieser Novelle in der Frage der Zukunftsfähigkeit eindeutig hinter andere Bundesländern zurückfallen, ist die von Ihnen ganz bewusst gewollte Benachteiligung der Fachhochschulen im Hinblick darauf, dass sie keine W-3-Professuren ausbringen dürfen, anders als die Universitäten und vor allem anders – das habe ich schon einmal vorgetragen – als Fachhochschulen in anderen Bundesländern.
Sehr geehrter Herr Minister,dies ist nicht nur ein weiterer Eingriff in die Autonomie der Hochschulen. Sie schaffen es so auch nicht, Topleute in Hessen zu halten, Wegberufungen in andere Länder zu verhindern oder Topleute nach Hessen zu bekommen. Ich finde es schade, dass wir hier so schlecht aufgestellt sind. Andere Länder, wie z. B. Bayern oder Baden-Württemberg, die bis zu 25 % der W-3-Professuren an Fachhochschulen ausbringen, sind hier weit besser aufgestellt.
Letztendlich möchte ich in der heutigen dritten Lesung noch einen letzten Punkt ansprechen, der für uns zu dem Schluss führt, diese Novelle in dritter Lesung abzulehnen. Das ist die Abschaffung der wissenschaftlichen Assistentinnen und Assistenten. Sehr geehrter Herr Minister, dieses Verhalten ist für mich nach wie vor völlig obskur geblieben und gerade vor dem Hintergrund der Weiterentwicklung der Föderalismusdiskussion überhaupt nicht mehr nachzuvollziehen.
Richtig und auch von der FDP hier in allen Debatten immer gefordert ist, dass die Juniorprofessur und die Habilitation als zwei gleichberechtigte Wege parallel auf dem Weg zur Vollprofessur geregelt werden.Aber wieso in diesem Zusammenhang die Juniorprofessoren in der Regel Angestellte sein sollen, wie jetzt auch die wissenschaftlichen Assistentinnen und Assistenten – was richtig ist –, die Habilitanden jedoch für die Zeit der Habilitation als Beamte berufen werden sollen, ihre Professoren im gleichen Fachbereich aber nach Möglichkeit – siehe das Gesetz für die Technische Universität Darmstadt – Ange
Herr Minister, juristisch ist dies nicht notwendig. Da ist die Begründung Ihrer in Novelle falsch. Das hat auch nichts mit den Vorgaben des Hochschulrahmengesetzes zu tun.Das Hochschulrahmengesetz wurde gerade in dritter Lesung im Bundestag novelliert. In der Begründung des § 53 Hochschulrahmengesetz wird ganz ausdrücklich auf die wissenschaftlichen Assistentinnen und Assistenten Bezug genommen und mitgeteilt, dass sie so weiterbeschäftigt werden können. Ich habe mich diesbezüglich auch noch einmal auf Bundesebene erkundigt. Das wurde mir da so bestätigt. Selbst wenn Sie diese juristische Einschätzung auf Bundesebene nicht teilen würden, wäre es Ihr gutes Recht und vor allem auch Ihre Pflicht und Schuldigkeit gewesen, eine Bundesratsinitiative zu starten, die das Ziel verfolgt, dass vornehmlich Angestellte beschäftigt werden.
Diese Landesregierung hat gerade in dieser Legislaturperiode bei jeder Kleinigkeit den Bundesrat bemüht. Bei einem solch wichtigen Punkt wäre das wahrlich notwendig, falls Sie der Meinung sein sollten, dass diese Passage juristisch zwingend ist. Hierzu habe ich von Ihnen keinerlei Initiative sehen können.
Letztendlich muss man sich noch eines vor Augen führen. Das erfolgt alles auch vor dem Hintergrund der inzwischen fortgeführten Diskussion über den Föderalismus. Wir haben den Tageszeitungen entnehmen können, dass man sich in der entsprechenden Kommission darauf geeinigt hat, dass das Beamtenrecht in die Kompetenz der Länder überführt werden soll.Auch die Zuständigkeit des Bundes bei der Hochschulpolitik soll zurückgefahren werden. Es ist deswegen für mich überhaupt nicht mehr sinnvoll, wenn man sich hinsichtlich der Habilitanden im vorauseilenden Gehorsam auf die Beamtenschiene begibt. Herr Minister, das ist grob gepatzt. Das kann in diesem Hause unsere Zustimmung nicht finden.