Das hätten Sie tun müssen. Dazu hätten Sie Stellung nehmen müssen. Es ist das zentrale Thema der Politik in unserem Land,dass wir,dass Sie über die Verhältnisse leben. Sie geben nicht nur das Geld aus, das Sie nicht haben, sondern auch noch das Geld, das Sie gar nicht ausgeben dürfen.
Das ist nicht modern.Es ist deshalb schon sehr beachtlich, dass Sie und auch Kollege Dr. Jung für die CDU-Fraktion mit keinem einzigen Wort auf die Haushaltssituation in unserem Land eingegangen sind. Herr Ministerpräsident, Herr Kollege Dr. Jung, Sie können aber das Thema nicht länger aussitzen. Die Menschen vor Ort merken bereits, dass wir über unsere Verhältnisse leben, und das wollen sie nicht.
Wir haben deshalb – da schließt sich der Reigen zu Jürgen Walter und Tarek Al-Wazir – bei den Liberalen das Ge
fühl, dass in der Staatskanzlei festgestellt worden ist, dass die Gefahr besteht, dass ein bestimmtes Thema auftaucht, und das muss überdeckt werden; also wird etwas geredet. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es war halt nicht modern, was in dieser Rede stand. Es war nicht nachhaltig, und es war insbesondere nicht kreativ.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): So ist es!)
Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass wir bei gemeinsamer Regierungsübernahme mit der Union im April 1999 feststellen mussten, dass keine vernünftigen Verwaltungsstrukturen vorhanden sind. Wir mussten feststellen, dass in dieser Hessen-Verwaltung vieles doppelt oder dreifach gearbeitet wurde. Wir mussten feststellen, dass die Nutzung von IT überhaupt noch nicht in koordinierter Art und Weise in die Verwaltungsstuben Eingang gefunden hat. Ja, wir mussten feststellen, dass wir nicht wussten, wie viele Mitarbeiter das Land Hessen hatte.Wir mussten feststellen, dass die Regierung und die Koalition nicht wussten, wie viel Eigentum das Land Hessen hatte. Deshalb war es natürlich sehr vernünftig, dass in der gemeinsamen Regierungsverantwortung von Roland Koch und Ruth Wagner, von CDU und FDP darangegangen wurde, vernünftige Verwaltungsstrukturen bei Vermeidung von Doppel- und Dreifacharbeit und bei vernünftiger Nutzung von IT-Möglichkeiten aufzubauen.
Ich sage ausdrücklich Dank an die Ehrlichkeit des Ministerpräsidenten, dass er dies ausdrücklich mehrfach in der Regierungserklärung erwähnt hat. Er hat mehrfach darauf hingewiesen, dass viele – ich will Ihnen sagen: bis auf zwei Dinge alle – Maßnahmen, die eben in 35 Minuten gelobt worden sind, in unserer gemeinsamen Regierungsverantwortung entwickelt und zu einem großen Teil durchgesetzt oder auf die Schiene gesetzt wurden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt zwei Ausnahmen. Das will ich auch ausdrücklich hier sagen. Die Zusammenlegung der Kliniken in Mittelhessen ist eine Initiative, die neu ist.
Und es gibt eine zweite Initiative, die neu ist. Das ist die Hessen-Agentur. Dazu haben wir so unsere Bedenken, und dazu werden wir uns sicherlich an geeigneter Stelle auch noch einmal sehr intensiv mit der Regierung auseinander setzen.
Aber sonst? Privatisierung der Justizvollzugsanstalt Hünfeld. Der Kollege Wagner ist gerade unterwegs. Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich muss doch nicht daran erinnern, dass dies eine gemeinsame Aktion von CDU und FDP gewesen ist. Wir haben es doch gemeinsam durchgeboxt,dass wir einen Standort finden konnten, nachdem es in Schlüchtern zunächst nicht geklappt hat. Dass natürlich jetzt dieses Projekt weiterentwickelt wird, ist doch klar. Dass aber noch nicht einmal bei diesbezüglichen Feierlichkeiten FDP-Politiker eingeladen werden, meine sehr verehrten Damen und Herren, das macht deutlich, dass man vernünftiges Verwaltungshandeln durchaus weiter fortführen kann, aber auf der anderen Seite beim Stil so seine Probleme hat. Ich hätte jedenfalls als hessischer Justizminister,auch wenn ich allein regierte, die Pendants mit eingeladen, die dafür verantwortlich
sind, dass die Justizvollzugsanstalt Hünfeld nunmehr ans Netz gehen kann, wie auch immer Sie das wollen.
E-Government ist angesprochen worden. Ich kann mich an viele Dinge erinnern, die wir im Plenarsaal erörtert und gemeinsam beschlossen haben. Das ist nichts Neues. SAP-Einführung ist ja nun wahrlich nichts Neues. Da haben wir zusammen das Gute gemacht wie auch zusammen die Prügel bezogen, weil nämlich dort eine relativ teure Angelegenheit auf das Land Hessen zukommt. Dass die NVS eingerichtet worden ist, haben CDU und FDP gemeinsam gemacht. Dass sie fortentwickelt wird, ist etwas Vernünftiges.
Wenn hessen.de, das Portal, gelobt wird, frage ich mich wirklich ein bisschen, ob das in eine Regierungserklärung des Ministerpräsidenten des Landes Hessen gehört. Ich frage mich wirklich, ob das da hineingehört.
Herr Ministerpräsident, wenn Sie es für notwendig erachten, das zu sagen, so will ich aber auch ganz leise und still darauf hinweisen, dass auch das ein Produkt der Arbeit der Regierung von Roland Koch und Ruth Wagner, von CDU und FDP ist.
Die Neuorganisation der Polizei musste gemacht werden. In dieser Legislaturperiode ist aber nichts Neues mehr passiert. Es ist nichts Neues mehr passiert.
Der Innenminister hat sogar Angst,bei der Frage der vollständigen Schließung kleiner Reviere weiter voranzugehen.Wäre die FDP mit an der Regierung, wäre in diesem Hause nicht der Beschluss getroffen worden, der das Motto trägt: Es gibt eine Bestandsgarantie, dass diese Reviere wenigstens tagsüber geöffnet sind.
Sehr verehrter Herr Ministerpräsident, das Amt für Lehrerbildung haben Sie in Ihrer Rede erwähnt. Ich kann mich sehr gut daran erinnern,dass das ein gemeinsam entwickeltes Projekt ist und dass dies insbesondere in Zusammenarbeit zwischen Doris Henzler und Karin Wolff in den Jahren 2000 und 2001 auf die Schiene gebracht wurde. Dass das heute als Leistung dieser Regierung verkauft wird, überrascht.
Ich komme zu dem Modellprojekt „Selbstverantwortung plus“. Ich denke, jeder Regierende sollte ein bisschen ehrlich sein. Wir haben uns jedenfalls in den vier Jahren der Ministerin Ruth Wagner und des Ministers Dieter Posch bemüht, es auch gegenüber dem Parlament zu sein. Da handelt es sich doch nicht um eine Idee dieser Regierung. Das ist eine Idee, die bei der FDP geboren wurde. Sie ist mit dem Namen Doris Henzler verbunden. Es ist schön, dass Sie das übernommen haben. Wir sind froh, dass das geschehen ist.Aber sagen Sie doch bitte auch, wo die Idee dazu herkam.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, hinsichtlich dessen, was zu DIANA gesagt wird, bin ich fast schon sprachlos. Herr Ministerpräsident, es ist gut, dass es so etwas gibt. Aber wir sollten doch einmal ganz ehrlich sein. Die Arbeiten dazu wurden noch nicht einmal unter Minister Dieter Posch begonnen. Vielmehr wurde das während der Amtszeit von Lothar Klemm begonnen.
Dieses Projekt zur Organisation des Straßenverkehrs im Rhein-Main-Gebiet entstand in der Zeit, als Lothar Klemm hessischer Verkehrsminister war.
Er wurde vom Volk daran gehindert – ich sage, das geschah zu Recht und Gott sei Dank –, das fortzuführen. Aber die Idee stammt aus dieser Zeit. Herr Koch, das hat dann Dieter Posch in der Koalition gemeinsamen mit Ihnen als Ministerpräsident fortgeführt. Wir sollten jetzt aber doch nicht so tun,als ob das eine Erfindung Ihrer Regierung wäre. Der erste Schritt geschah unter Lothar Klemm, der zweite unter Dieter Posch, und der dritte erfolgt jetzt unter Alois Rhiel. Das ist die notwendige Fortentwicklung einer vernünftigen Idee, die offensichtlich alle, die in diesem Hause gerade regieren, geteilt haben.
Zumindest in diesem Teil hat die Regierungserklärung deutlich gemacht, dass von dieser Regierung fast nichts Neues auf die Bahn gebracht wurde.Vielmehr wurde insbesondere das fortgeführt, was in den Jahren von 1999 bis 2003 angelegt wurde.
Jetzt kommt Lothar Klemm in den Saal. Ich sage es deshalb noch einmal: Bei DIANA hat der ehemaliger Wirtschaftsminister Lothar Klemm den ersten Stein ins Wasser geworfen.
Ich komme zum Thema Mutlosigkeit. Herr Ministerpräsident, in Ihrer Regierungserklärung sind Sie häufig davon ausgegangen, dass Sie mit großem Engagement und großem Mut nach vorne schreiten. Sie wollen das Bild stellen – das kann ich nachvollziehen,denn wir sind alle in der politischen Arbeit geübt –, dass Sie als Ministerpräsident eines modernen Hessens immer vorneweg schreiten. Sie müssen da aber mutiger sein.
Sie werden doch von Ihren Kollegen, den anderen Ministerpräsidenten, überholt. Als Beispiel möchte ich das Thema wirtschaftliche Kompetenz der Kommunen nennen.Da wären große Entwicklungsmöglichkeiten vorhanden.Herr Koch,da ist sogar der Sozialdemokrat Beck,der auf der anderen Seite des Rheins regiert, weiter als Sie.
Sie sollten also nicht so tun, als ob Sie sich bei vielen Dingen mit an der Spitze befinden würden.Bei diesem Thema lassen Sie sich von den Kommunen überholen.
Ich komme zum Gesetz über die Technische Universität Darmstadt.Jawohl,es ist Klasse,dass das TUD-Gesetz mit den Stimmen aller Mitglieder des Hauses verabschiedet worden ist. Das sei übrigens der Ehrlichkeit halber auch noch einmal gesagt.
Das ist gut. Mutig wäre es gewesen, wenn zwei Forderungen, die insbesondere Nicola Beer und Ruth Wagner für die FDP formulierten, aufgegriffen worden wären. Es wäre gut gewesen, wenn tatsächlich alles in die Verantwortung der TUD übergegangen wäre. Zweitens wäre es gut gewesen,wenn das Gesetz nicht nur für die Technische Universität Darmstadt, sondern für alle zwölf Universitäten und Fachhochschulen unseres Landes gegolten hätte.
Das wäre mutige Politik gewesen. Das wäre Delegation der Aufgaben und der Verantwortung auf diejenigen, die es tatsächlich können.
Mut zeigen heißt natürlich auch, ideologische Barrieren zu überwinden. Wir können jetzt gerne noch einmal die Diskussion eröffnen, die wir gestern zum Thema Öffnung der Videotheken an Sonntagen geführt haben.
Ich möchte mich übrigens insbesondere bei den Kollegen der SPD und der GRÜNEN dafür bedanken, dass aufgrund ihrer Beiträge dieses Thema heute in den Medien viel Aufmerksamkeit gefunden hat. Vielen herzlichen Dank dafür, machen Sie weiter so.Wir können das Thema als ein Beispiel dafür nehmen, dass Sie noch alten, stockkonservativen Strukturen verhaftet sind. Offensichtlich wollen Sie weiter an einem Weltbild zimmern, das jedenfalls nicht mehr das Bild eines modernen Bundeslandes Hessen im Jahr 2005 ist.