Protokoll der Sitzung vom 26.01.2005

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung unterstützt voll die mit dem Gesetzentwurf der CDU-Fraktion verfolgten Ziele, nämlich die Einkommensgrenzen anzuheben, was die Überschreitung anbetrifft, in dem Fall um 40 %.

(Frank Gotthardt (CDU):Wir unterstützen euch ja auch! Das können wir erwarten!)

Ich darf es relativ kurz machen, weil gerade auch noch einmal Frau Schönhut-Keil all das gesagt hat, was ich zu 100 % unterstreichen kann.

Die Abgabe dient der Abschöpfung nicht mehr gerechtfertigter Subventionsvorteile. Sie orientiert sich an dem Leistungsfähigkeitsprinzip, dem Grundprinzip der Besteuerung. Sie entspricht der bundesrechtlich festgelegten Verpflichtung zum Ausgleich von Fehlförderungen im Mietwohnungsbau, und sie versetzt die Kommunen in die Lage,mit diesen Mitteln weiterhin die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen zu verbessern. Gerade der letzte Punkt wird sehr eindeutig und klar in diesem Gesetzentwurf geregelt.

Ich denke, dass es wichtig ist, darauf hinzuweisen, dass es in den Regionen, in denen nicht mehr Wohnraummangel besteht, wo wir aufgrund der demographischen Entwicklung eher annehmen müssen, dass Wohnungen frei werden, dennoch notwendig ist, dass die dort im Rahmen der Fehlsubventionierung abgeschöpften Mittel von den Kommunen im Sinne der wohnungspolitischen Ziele eingesetzt werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Ziele sind dann nicht mehr quantitative Ziele, sondern sie sind in vielen Fällen qualitative Ziele.Denken

Sie daran, dass sich die Haushaltsgrößen reduzieren, dass wir gerade im ländlichen Raum Umstrukturierungen vornehmen müssen, dass auch die Quadratmeterzahl pro Kopf steigen wird, um die Menschen durch eine Verbesserung der Wohnsituation noch an den ländlichen Raum zu binden.

Sicher können – das ist auch deutlich geworden, Herr Schäfer-Gümbel – die Kommunen dieses Geld einsetzen, um im Umfeld qualifizierende Maßnahmen zum Erhalt der jeweiligen Struktur zu finanzieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wurde eben die Frage gestellt, in wie vielen Gemeinden die Abgabe bisher überhaupt erhoben wird. In der Tat ist es so, dass wir hier eine Rückwärtstendenz haben. Das heißt, momentan sind es noch 82 Städte und Gemeinden.Ab dem 1. Juli werden es noch genau 70 sein. Dies folgt der Vorschrift, dass überall dort auf die Erhebung verzichtet werden kann, die ja viel Verwaltungsaufwand verursacht, wo der Aufwand unverhältnismäßig hoch im Vergleich zum Ertrag ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, insgesamt ist das, was mit dem Gesetzentwurf vorgenommen wird, der richtige Weg, bezogen auf ein wichtiges Ziel. Dieses Ziel ist das wohnungspolitische Ziel, das wir umfassend sehen müssen. Dieses Instrument setzt an dem Maßstab der Gerechtigkeit und der finanziellen Leistungsfähigkeit an und öffnet dennoch die Möglichkeit, die soziale Durchmischung in den jeweiligen Wohnanlagen und den jeweiligen Wohnquartieren zu erhalten. Denn das ist auch Gegenstand des Gesetzentwurfs: dass wir für die Zukunft klarstellen, dass wir es akzeptieren können, dass einige Wohnungen nach dem Ziel der sozialen Durchmischung von der Belegungsbindung freigestellt werden.Wir zeigen uns damit im Rahmen des Bundesrechts deutlich konform, wenngleich der neu formulierten Regelung, der Klarstellung in der praktischen Anwendung bereits Folge geleistet wurde.

Die Landesregierung unterstützt dies also.Wir können in der Ausschussberatung sicherlich noch einige Details erläutern, Hintergründe und Zahlen liefern, um dann hoffentlich zu einer klaren Beschlussfassung zu kommen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Rhiel. – Weitere Wortmeldungen gibt es nicht. Die erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU für ein Drittes Gesetz zur Änderung des Hessischen Gesetzes zum Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen, Drucks. 16/3520, hat stattgefunden.

Der Gesetzentwurf soll zur weiteren Beratung dem Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen werden. – Es gibt keinen Widerspruch. Dann können wir so verfahren.

Dann darf ich Tagesordnungspunkt 8 aufrufen:

Dritte Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung der Hessischen Gemeindeordnung und anderer Gesetze – Drucks. 16/3531 zu Drucks. 16/3339 und zu Drucks. 16/2463 –

Berichterstatter ist Herr Kollege Klee. – Bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrages der Fraktionen der CDU und der FDP, Drucks. 16/3530, und damit in der aus der Anlage zu Drucks. 16/3531 ersichtlichen Fassung in dritter Lesung anzunehmen.

Art. 10 des Gesetzentwurfes lautet derzeit in Satz 1: „Dieses Gesetz tritt am 1. Februar 2005 in Kraft.“ In Abstimmung mit der Landesregierung ist es aufgrund der Verabschiedung des Gesetzes im Januarplenum nicht mehr möglich, es bis zum 1. Februar 2005 im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Hessen zu veröffentlichen. Deshalb wird vorgeschlagen,Art. 10 des Gesetzentwurfes in der Fassung der Beschlussempfehlung und des Zweiten Berichts des Innenausschusses, Drucks. 16/3531 zu Drucks. 16/3339 und zu Drucks. 16/2463, in Art. 10 Satz 1 wie folgt zu fassen:

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Der Gesetzentwurf war dem Innenausschuss in der 54. Plenarsitzung am 13. Dezember 2004 nach der zweiten Lesung zur Vorbereitung der dritten Lesung überwiesen worden.

Der Änderungsantrag der FDP, Drucks. 16/3495, war dem Innenausschuss vom Präsidenten am 14. Januar 2005 und der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP,Drucks.16/3530,am 19.Januar 2005 überwiesen worden.

Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner Sitzung am 19.Januar 2005 beraten und mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP die gerade wiedergegebene Beschlussempfehlung gefasst.

Der Änderungsantrag der Fraktion der FDP, Drucks. 16/3495, wurde mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP bei Enthaltung der SPD abgelehnt.

Der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP, Drucks. 16/3530, wurde mit den Stimmen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN angenommen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich eröffne die Aussprache und darf Herrn Kollegen Rudolph für die SPD-Fraktion das Wort erteilen. Die Redezeit beträgt 15 Minuten.

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Ach, Herr Reif, Sie sind ja auch noch da. – Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gegen den entschiedenen Widerstand der kommunalen Seite will die CDU mit ihrer absoluten Mehrheit eine Einschränkung der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge umsetzen, und dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, obwohl im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens und aufgrund eines FDP-Antrags

im letzten Jahr und zuvor über diese Thematik schon eineinhalb Jahre diskutiert wurde. Die Vertreter der kommunalen Gebietskörperschaften haben eindringlich und eindrucksvoll darauf hingewiesen:Die wirtschaftliche Betätigung darf nicht eingeschränkt werden, und hierfür gibt es auch keine sachliche Notwendigkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie lassen sich auch davon nicht beeindrucken. Das wundert uns nicht.

(Clemens Reif (CDU): Sie sind ja ein Staatsmonopolkapitalist! – Gegenruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Herr Reif weiß gar nicht, was das ist!)

Herr Reif,mich freut es,dass Sie bei Ihren vielen Nebentätigkeiten noch Zeit haben, sich ein bisschen mit der Tätigkeit zu befassen. Das freut mich doch.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU: Oh!)

Meine Damen und Herren, die wirtschaftliche Betätigung auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge – –

(Lebhafte Zurufe von der CDU)

Ich darf die Mehrheitsfraktion um etwas mehr Ruhe bitten. – Herr Rudolph, Sie haben das Wort.

In Nordhessen gilt der alte Satz: Getroffene Hunde bellen. – Bellen Sie weiter.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge stellt eine wesentliche Säule der kommunalen Selbstverwaltung dar, in die das Land nicht einseitig zugunsten einzelner Begehrlichkeiten der Wirtschaft und Privater eingreifen darf.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es kann nicht angehen, dass sich zukünftig private Unternehmen die Rosinen herauspicken, während die defizitären Bereiche bei den Kommunen bleiben und von diesen dann gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern zu verantworten sind. So kann man das nicht praktizieren.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Verehrter Herr Innenminister Bouffier, wir warten immer noch auf Ihre Darlegungen und fachlich fundierten Nachweise, warum man diese wirtschaftliche Tätigkeit einschränken müsse. Da helfen auch nicht die Hilfstruppen des Bundes der Steuerzahler, die sagen, das sei alles ganz schlimm. Fälle, die es gegeben hat, kann man in Hessen im Rahmen des Erlasses des Innenministeriums abstellen. Dafür brauchen Sie keine Gesetzesänderung. Markante Fälle der Verletzung von wirtschaftlicher Betätigung gibt es in Hessen im Übrigen überhaupt nicht. Deswegen gibt es keine sachliche Notwendigkeit.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wenn man sich anschaut, was die Privatisierung in bestimmten Bereichen gebracht hat, dann wird man feststellen: Ob nun bei Monopolversorgern, also Strom, Gas und ähnliche Dinge,

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

es führt in erster Linie dazu, dass wir in den nächsten Jahren steigende Gebühren haben.Auch das müssen die Bürgerinnen und Bürger zahlen, damit dann die Dividende von solchen Unternehmen steigt. Das kann nicht ernsthaft das Interesse einer sinnvollen Kommunalpolitik sein, auch nicht im Lande Hessen. Deswegen ist Ihr Ansatz falsch.

(Beifall bei der SPD)

Es ist schade, dass Sie nicht auf den Sachverstand der kommunalen Vertreter hören, insbesondere wenn sie Ihrer Partei angehören, Herr Bouffier. Ob das der ausscheidende Oberbürgermeister Möller in Marburg ist, ob das der Stadtrat und Geschäftsführer des Städtetages, Herr Schlempp, ist,

(Zuruf des Abg. Frank Gotthardt (CDU))

das sind gute Leute, die von der Praxis reden. Sie haben klar gesagt: Es ist nicht notwendig, sondern es ist hinderlich für eine kommunalpolitische Tätigkeit. Kommunen müssen die Möglichkeit haben, auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge zu arbeiten, aber auch sich weiterzuentwickeln.