Protokoll der Sitzung vom 23.02.2005

möchte mich auf den von Herrn Hahn zitierten Prüfauftrag in der Protokollnotiz 4a zum Thema 3sat beziehen. Herr Ministerpräsident Koch hat diesem Prüfauftrag offensichtlich zugestimmt. Es soll geprüft werden, ob 3sat in Zukunft nicht mehr gemeinsam von ARD und ZDF, sondern nur noch vom ZDF betrieben werden soll.

Ich weiß nicht,wie es zu der Zustimmung des Landes Hessen an dem Punkt gekommen ist. Vielleicht wird Herr Grüttner dazu etwas sagen. Ich möchte aber ausdrücklich sagen, dass ein Teil der regionalen Kompetenz und Verantwortung, ein Teil der regionalen Sichtbarkeit den dritten Programmen in Deutschland, also auch dem Hessischen Rundfunk, verlustig geht, wenn wir diesen Weg beschreiten. Das ist der programmlich-inhaltliche Aspekt. Der Teil allerdings, der sich auf die Gebühren bezieht – da gebe ich dem Kollegen Hahn vollkommen Recht –, wird der sein: Sollte der Prüfauftrag in Richtung ZDF erfolgreich sein, dann wird das dazu führen – das ist eine Frage der Systematik,aber auch der objektiven Gebührenfestlegung –, dass das ZDF prozentual mehr Gebühren bekommt und die ARD prozentual weniger. Das ist in der Tat eine Sache,die nicht nur aus inhaltlichen Erwägungen, sondern auch aus finanziellen Erwägungen und aus Überlegungen betreffend die Organisation der Finanzströme nach meinem Verständnis nicht sehr klug ist. Daher bitte ich die Landesregierung, an dem Punkt noch einmal nachzudenken, ob es eine gute Idee war, diese Protokollnotiz mitzuzeichnen. Wenn ich richtig informiert bin, hat Baden-Württemberg diese Protokollnotiz ausdrücklich nicht unterzeichnet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden dem Rundfunkstaatsvertrag in der vorgelegten Form zustimmen.Es ist ein ausbalanciertes Werk.Weil viele sagen, dass wir Staatsverträge hier im Parlament nur noch ratifizieren, will ich betonen, dass wir mittlerweile, wie ich finde, ein durchaus tragfähiges Verfahren haben, was die Information durch die Landesregierung angeht. Ich will das gegenüber dem Herrn Kollegen Grüttner ausdrücklich bemerken. Das Parlament wird über die Verhandlungsschritte im Plenum und im Hauptausschuss informiert. Insofern ist das nach meinem Verständnis eine ausgewogene Angelegenheit. Dafür sage ich Ihnen herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Hinz das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Siebel, wir hatten, was den Rundfunkänderungsstaatsvertrag angeht, im parlamentarischen Verfahren eine sehr ausgiebige Diskussion, nicht nur bei der Anhörung im Januar, sondern vor einem Jahr bei einer Anhörung in Vorbereitung auf die Verhandlungen über die Änderung der rundfunkrechtlichen Staatsverträge, und konnten uns damals mit den Intendanten unterhalten.Wir hatten auch den Geschäftsführer der KEF bei uns. Er hat uns damals mitgeteilt, wie aus Sicht der KEF das Ergebnis der Gebührenermittlung aussehen werde. Wir konnten der Landesregierung schon damals unsere Meinung für die Verhandlungen mit auf den Weg geben, sodass das auch aus meiner Sicht nicht nur ein Ratifizierungsverfah

ren, sondern tatsächlich eine Möglichkeit der Einflussnahme auf die Entscheidungen war.

Trotzdem muss ich an dieser Stelle für die GRÜNEN sagen, dass wir dem Staatsvertrag nicht zustimmen werden, und zwar aus mehreren Gründen. Nach wie vor halten wir es für eine Tatsache, dass das Verfahren durch politische Einflussnahme – ausgelöst durch drei Ministerpräsidenten, von denen einer der SPD angehört – beschädigt wurde. Das Verfahren, dass von einem unabhängigen Institut eine Gebührenermittlung erfolgt, unabhängig davon, wie sich die politischen Interessen in den Ländern formieren, sollte allein aufgrund der Überlegung durchgeführt werden, welche programmlichen Angebote notwendig sind und welche technische Infrastruktur in den Rundfunkanstalten vorgehalten werden muss.

Wir alle wissen, dass die Rundfunkanstalten mehr Geld haben wollten, als die KEF ihnen in ihrem Vorschlag zugestanden hat. Die Anstalten wollten eine Erhöhung um über 2 c im Monat. Herausgekommen ist – nach der KEF-Empfehlung – eine Erhöhung um 1,09 c. Jetzt landen wir bei 88 Cent. Trotz der Tatsache, dass uns die Intendanten bei der letzten Anhörung gebeten haben, dem Staatsvertrag zuzustimmen, weil sie dann wenigstens das Minimum dessen erhalten, was sie finanziell brauchen, werden wir dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag nicht zustimmen können, weil wir schlicht und einfach der Meinung sind, dass dieses Verfahren so nicht durchzuhalten ist,und weil auch in den Fachkreisen dieses Verfahren heftig kritisiert wird.

Die Intendanten haben in der Anhörung natürlich nicht mit der Keule einer Klage vor dem Verfassungsgericht gedroht. Damit wären sie ein bisschen schlecht beraten gewesen, weil sie doch darum geworben haben, dass man dem Staatsvertrag zustimmen möge. Trotzdem haben sie deutlich gemacht, dass sie das Verfahren für rechtlich bedenklich halten.

Der Verfahrensdruck bringt zusätzliche Probleme mit sich. Die Medienpolitiker unter Ihnen haben das sicherlich verfolgt. Für die andern könnte es neu sein. Die EU ist in heftigen Diskussionen mit den Bundesländern und mit der Bundesregierung im Streit um Beihilferegelungen.Die EU ist der Meinung,dass die Rundfunkgebühren eine Form der staatlichen Beihilfe und ein politisch motivierter Eingriff in die Rundfunkfreiheit sind. Das Verfahren um die Festsetzung der Rundfunkgebühren stärkt die Sichtweise der EU. Das muss man ganz klar so sagen. Auch aus diesen grundsätzlichen Erwägungen heraus halten wir den Rundfunkänderungsstaatsvertrag für nicht tragbar.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der FDP)

Wir haben allerdings noch weitere Punkte, die wir kritisieren. Da treffen wir uns durchaus mit dem, was Herr Kollege Hahn gesagt hat. Bereits in unserem Antrag war formuliert, dass wir es für schlicht und einfach mittelstandsfeindlich halten, dass jetzt auch für alle internetfähigen PCs Gebühren gezahlt werden sollen. Das trifft vor allem kleine Gewerbetreibende, Freiberufler, für die der PC ein unverzichtbares Arbeitsmittel ist. Es trifft sie unverhältnismäßig hart, denn es wird nur eine Gebühr für ein Gerät erhoben, unabhängig davon, wie viele internetfähige PCs in einem Büro vorhanden sind. Das heißt, ein Konzern mit einer großen Hauptverwaltung und Hunderten von PCs zahlt genauso viel wie der Architekt, der nur einen internetfähigen PC in seinem Büro stehen hat. Was

das unter Gleichberechtigungsgesichtspunkten für kleine und mittlere Betriebe heißt, können Sie sich ausmalen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir halten auch die Regelung für Hotels und Gaststätten in der Form,wie sie jetzt beschlossen werden soll,nicht für ausreichend. Es zeigt sich, dass an den beiden Punkten – internetfähige PCs und die Regelung für das Hotel- und Gaststättengewerbe – eigentlich eine Erhöhung der Rundfunkgebühren durch die Hintertür stattfindet, weil die Gebühren zwar nur um 81 Cent erhöht wurden, aber man durch die zusätzliche Hereinnahme von PCs und des Hotel- und Gaststättengewerbes auf 88 Cent pro Monat kommt. Das zeigt, dass die Ministerpräsidenten einer zusätzlichen Gebührenerhöhung durch die Hintertür zugestimmt haben, weil die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten finanziell sonst überhaupt nicht mehr hingekommen wären.

Ein weiterer Punkt, der im Rundfunkänderungsstaatsvertrag festgelegt wird: Die GEZ darf künftig personenbezogene Daten unter gleichen Bedingungen verarbeiten wie privatwirtschaftliche Unternehmen. Sie kann sich beim kommerziellen Adresshandel bedienen. Das ist eine Verschlechterung des Datenschutzes. Nicht ohne Grund haben neun Datenschutzbeauftragte darauf verwiesen, dass sie das für ein rechtlich bedenkliches Verfahren halten. Wir schließen uns dieser Meinung an. Auch aus dem Grund können wir dem Staatsvertrag nicht zustimmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft die Qualität der Rundfunk- und Fernsehprogramme der öffentlich-rechtlichen Sender. Wir haben vereinbart, noch nicht per Beschluss, aber mündlich im Hauptausschuss, dass wir hierzu eine Veranstaltung durchführen. Über die Modalitäten werden wir uns noch unterhalten.Ich möchte an dieser Stelle noch einmal an Sie appellieren, wie es auch in unserem Antrag formuliert ist, dass wir vom Hessischen Rundfunk trotz aller Schwierigkeiten, auch finanzieller Schwierigkeiten, erwarten, dass der Dreiklang aus Ausbildung, Information und Kultur, also das, was das öffentlich-rechtliche Interesse an einem öffentlich-rechtlichen Fernsehen und Rundfunk ausmacht, weiterhin nachhaltig gestärkt wird.

(Frank Gotthardt (CDU): Die Kosten können nicht übertragen werden!)

Wieso? Das ist so. Das muss aus unserer Sicht gestärkt werden, denn sonst wird die Begründung noch hinfälliger, warum man eigentlich Rundfunkgebühren erheben will.

Wir als GRÜNE finden das, was zumindest im vergangenen Jahr beim HR im Radio gelaufen ist, bei der Radiowelle Eins, kein besonders gutes Beispiel dafür, wie man das Thema Bildung, Kultur und Information im Öffentlich-Rechtlichen stärkt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist keine Welle zum Einschalten mehr, sondern eine Welle zum Umschalten oder Ausschalten. Das hat sich auch bislang so gezeigt. Die öffentliche Kritik daran lässt nicht nach. Auch das, was im hessischen Fernsehen manchmal so läuft, ist eher eine schleichende Anpassung an Private, nicht unbedingt die Stärkung des öffentlichrechtlichen Auftrags.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie müssen gleich zum Ende kommen.

Ich komme zum Schluss. – Daher halten wir es für dringend geboten, dass wir eine solche Veranstaltung, Anhörung durchführen, damit wir mit den Intendanten noch einmal gemeinsam darüber reden können, was wir unter öffentlich-rechtlichem Auftrag verstehen und wofür Rundfunkgebühren – dann auch tatsächlich zu Recht – erhoben werden können. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Hoff das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn meines Beitrags zunächst zwei Vorbemerkungen machen.

Erstens. Ich bin Frau Kollegin Hinz und dem Kollegen Siebel dankbar, dass sie von sich aus angesprochen haben, dass wir bei der vorbereitenden Diskussion über diesen Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag ein sehr transparentes Verfahren gefunden haben. Es unterscheidet sich wohltuend von dem Verfahren, das wir in der Vergangenheit hatten – als wir erst relativ spät mit Informationen konfrontiert wurden und dann in der Tat in eine Situation kamen, in der wir nur Ja oder Nein sagen konnten und ansonsten in den gesamten Diskussionsablauf nicht eingebunden waren. Deshalb auch vonseiten der CDUFraktion einen herzlichen Dank an die Landesregierung. Sie hat es über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr verstanden, den notwendigen Informationsfluss aufrechtzuerhalten.

Meine Damen und Herren, eine zweite Vorbemerkung. An dieser Stelle möchte ich auch ausdrücklich unserem Ministerpräsidenten Koch ein herzliches Wort des Dankes sagen. Hier wird immer so pauschal von „den Ministerpräsidenten“ gesprochen,die sich in recht unziemlicher Weise in die Diskussion über die Entwicklung der Rundfunkgebühren in Deutschland eingeschaltet und sich entsprechend geäußert haben. Es mag sein, dass das für einige Ministerpräsidenten zutrifft. Ich möchte hier aber doch festgehalten haben, dass sich der Hessische Ministerpräsident zu jedem Zeitpunkt konstruktiv an dieser Diskussion beteiligt und es vermieden hat – wie es andere Ministerpräsidenten teilweise getan haben –, vor laufenden Kameras die Backen dick aufzublasen,dabei aber nur eigene Interessen zu verfolgen.

(Michael Siebel (SPD):Wer war das?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Kollege Hahn hat davon gesprochen, dass wir in erster Linie Interessen der ARD zu vertreten hätten – wahrscheinlich unter Bezugnahme darauf, Herr Kollege Hahn, dass wir beide Mitglied im Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks sind.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das habe ich so gesagt!)

Ich glaube, dass wir in erster Linie weder die Interessen der ARD zu vertreten haben

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Die Interessen der Bürger!)

noch die Interessen des ZDF, sondern an dieser Stelle die Interessen des Landes Hessen

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Der Bürger!)

und die Interessen der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Unstreitig!)

Meine Damen und Herren, über eines wurde in dieser Diskussion überhaupt nicht geredet, nämlich über die Frage, was geschehen würde, wenn ich dem Kollegen Hahn oder der Kollegin Hinz folgen und eine Gebührenerhöhung unmöglich machen würde.Sie wissen,es genügt, dass ein Landtag in Deutschland diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag seine Zustimmung verweigert, um diese Gebührenerhöhung zu verhindern.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Dann wäre morgen Ende!)

An keiner Stelle habe ich von Ihnen etwas dazu gehört, was eigentlich die Konsequenz daraus wäre.

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mehrfach! – Widerspruch des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Meine Damen und Herren, an dieser Stelle geht es mir in erster Linie darum, festzuhalten, dass wir hier auch eine Verantwortung dafür haben, unseren Landessender – nämlich den Hessischen Rundfunk – in eine Situation zu bringen, dass er in Zukunft in seiner Eigenständigkeit erhalten bleibt.

Meine Damen und Herren, der Kollege Siebel hat davon gesprochen, dass der Hessische Rundfunk jetzt 30 Millionen c einsparen muss. Das ist eine etwas falsche Diskussion. Es ist ja nicht so, dass der Hessische Rundfunk 30 Millionen c weniger erhält. Vielmehr wird er in den nächsten Jahren über einen Betrag von 30 Millionen c – mit dem er möglicherweise gerechnet hat, den er erwartet hat, auf den er gehofft hat – nicht erlösen.

Meine Damen und Herren, ich will aber daran erinnern, dass der Intendant des Hessischen Rundfunks nach Antritt seines Amtes zuallererst ein Sparprogramm beim Hessischen Rundfunk in einer Größenordnung von 100 Millionen c auflegen musste,um dafür zu sorgen,dass der Sender in ruhigem Fahrwasser bleibt.

Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion stelle ich fest: Bei aller Kritik an einzelnen Sendungen – Frau Kollegin Hinz hat hier Teile genannt, die ich überhaupt nicht nachvollziehen kann – ist das Informationsangebot des Hessischen Rundfunks in dieser Zeit deutlich ausgeweitet worden. Ich möchte Sie nur auf das verweisen, was der Hessische Rundfunk, das Hessen-Fernsehen mittlerweile bei den Nachrichten jeden Nachmittag bringt. Früher gab es eine Nachrichtensendung um 18 Uhr, um 19.30 Uhr die Hessenschau, um 21.15 Uhr oder 21.30 Uhr eine weitere Ausgabe von „Hessen Aktuell“ – und das war das Nachrichtenangebot des Hessen-Fernsehens.

Wenn Sie sich heute eine Programmzeitschrift oder das Programm selbst anschauen, dann werden Sie feststellen, dass in einem ganz regelmäßigen Rhythmus, beginnend nachmittags zwischen 15 und 16 Uhr, ständig Nachrichten mit einem Hessenbezug im Hessen-Fernsehen laufen. Dies ist ein Beispiel dafür, dass trotz eines Konsolidierungsprogramms in einer Größenordnung von 100 Millio

nen c und trotz einer schmaleren Gebührenerhöhung, als sie die Rundfunkanstalten erwartet haben,