Sie versuchen, einen Abgeordneten dieses Parlaments zu diffamieren. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
Lassen Sie uns stattdessen darüber reden – die Rede des Kollegen Schäfer-Gümbel war zum Teil ein Ansatz in dieser Richtung –, was die Demokraten in diesem Hause im Kampf gegen den Extremismus – ich sage ganz deutlich: gegen den Extremismus von rechts und links – vereinen sollte.
Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist und ob es dem Konsens in diesem Hause entspricht, dass Sie versuchen, eine extremistische Partei im Kampf, in der Auseinandersetzung ge
Ich glaube, dass es nicht sinnvoll ist. Wir sollten gemeinsam definieren, gegen wen wir kämpfen und wie wir uns gegen Extremisten abgrenzen. Dass wir Extremisten instrumentalisieren, um uns hier gegenseitig zu bekämpfen, halte ich für den falschen Weg.
Herr Al-Wazir,mit der Debatte,die Sie hier immer wieder vom Zaun brechen, geben Sie nur denjenigen ein Forum, machen Sie nur diejenigen stark und hoffähig, die Sie angeblich bekämpfen wollen. Deshalb ist das der falsche Weg.
Hören Sie doch einmal zu, damit Sie nachher im Ältestenrat wenigstens wissen, was hier gesagt wurde.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das eigentliche Thema ist die Messlatte, mit der wir Demokraten uns selbst, aber auch unsere demokratischen Mitbewerber messen.
Es geht um die Messlatte, die wir aneinander und an uns selbst anlegen. Das betrifft nicht nur die Fraktionsleitungen, die Anträge auf Aktuelle Stunden einreichen, sondern jeder Abgeordnete muss sich bestimmten Messlatten stellen – Sie, ich, wir alle. Lassen Sie uns einmal über die Messlatten reden.
Sie werfen dem Kollegen Irmer vor, dass er 1996, d. h. vor zehn Jahren, bei einer Verbindung in Gießen einen öffentlichen Vortrag gehalten hat.
Bei dieser Veranstaltung waren – das habe ich einem Leserbrief entnommen – nicht nur Mitglieder der Gießener Verbindung, sondern auch Mitglieder des AStA und des Ausländerbeirats anwesend. Es war nämlich eine öffentliche Veranstaltung. Ich hoffe, dass keiner der Teilnehmer, weder die AStA-Mitglieder noch die anderen, in den vergangenen zehn Jahren in den Extremismus abgerutscht ist. Von einigen wissen wir, dass sie offensichtlich in den Extremismus abgerutscht sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wollen wir uns gegenseitig zur Messlatte machen, dass wir wissen müssen, wer bei einer Diskussion im Publikum sitzt und mitdiskutiert? Ich glaube, dass man dieser Messlatte, objektiv gesehen, nicht entsprechen kann. Selbst wenn Sie diese Messlatte anlegen: Sagen Sie uns doch einmal, warum dieser Vorgang in den vergangenen zehn Jahren kein Thema war – offensichtlich auch für den Kollegen Schäfer-Gümbel nicht –, sondern erst heute zu einem Thema wird. Entweder gibt es diese Messlatte, oder es gibt sie nicht.
(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Es geht um den Veranstalter! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie werfen dem Kollegen Irmer vor, dass er bei einer Verbindung gesprochen hat, die derzeit vom Verfassungsschutz überwacht wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich spreche jeden einzelnen Abgeordneten an: Wer von Ihnen weiß, welche politische oder religiöse Organisation, welcher Verein vom Verfassungsschutz überwacht wird?
Wollen wir wirklich die Messlatte gelten lassen, dass ein Abgeordneter wissen muss, welche Organisationen vom Verfassungsschutz aktuell überwacht werden? Woher soll er das wissen?
Im Jahre 1996 hatten wir eine andere Landesregierung. Fragen wir doch einmal die damaligen Minister, ob sie wussten, was sich in dieser Verbindung abgespielt hat und warum sie bis heute geschwiegen und nichts unternommen haben.
Wer vom Verfassungsschutz überwacht wird oder nicht, das kann ein Abgeordneter nicht wissen. Dass ein Abgeordneter weiß, was zehn Jahre später sein wird und was aus Teilnehmern an einer Veranstaltung, die vor zehn Jahren stattgefunden hat, geworden ist, ist ebenfalls eine Messlatte, die nicht zu erfüllen ist.
Ich komme zum Schluss. Sie und wir wissen bei öffentlichen Vorträgen, bei Landesparteitagen und bei anderen Veranstaltungen nicht unbedingt, wer im Publikum sitzt.
Wer diese Messlatte anlegt, dem muss ich sagen: Das ist nicht zu erfüllen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass Sie die Messlatten, die Sie hier an andere anlegen, selber erfüllen wollen und erfüllen können. Lassen Sie uns deshalb zum gemeinsamen Kampf der Demokraten gegen den Extremismus von rechts und links mit Stil und in der Form zurückkehren,über die wir uns einig sind.Hören Sie auf mit dem Klamauk hier im Landtag.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Gotthardt, Sie haben vor Ihrer Rede nicht lang genug überlegt.
Sonst wären Sie vielleicht darauf gekommen, dass man nicht nur darüber reden sollte, was Demokraten eint, sondern auch darüber,was Demokraten von Rechtsextremen trennt. Das wäre heute angesagt gewesen.
Sie haben eine Rede der Relativierung gehalten, um Ihre absolute Mehrheit zu schützen. Das haben Sie getan, und das wird Ihnen noch böse auf die Füße fallen.
Wir haben bereits im letzten November – auch nicht zum ersten Mal – über Herrn Irmer und seine Ausfälle hier im Parlament diskutiert, über seine Art, mit Minderheiten umzugehen, wie er über Ausländer und politische Gegner nicht nur herzieht, sondern sogar gegen sie hetzt. Das tut er in einer Art und Weise, die nicht nur die Grenzen des guten Geschmacks sprengt, sondern die auch demokratisch bedenklich ist.
Es gibt schon wieder einen Anlass, über das Verhalten des Abgeordneten Irmer zu diskutieren. Es ist bezeichnend, dass der Anlass im Zusammenhang mit einer rechtslastigen Burschenschaft steht, die, sozusagen als Kaderschmiede, NPD-Mitglieder in die Welt und in die Parlamente entlässt. Diese Burschenschaft hat ein NPD-Mitglied hervorgebracht, das im Sächsischen Landtag in unverschämter Art und Weise den Holocaust relativiert hat. Dazu hätte nicht nur Herr Irmer, sondern dazu hätten auch Sie,Herr Gotthardt,hier und heute Stellung nehmen und sich davon distanzieren müssen.
Herr Irmer hat vor zehn Jahren eine Rede vor der Dresdensia-Rugia gehalten. Schon zu diesem Zeitpunkt war bekannt, wer der Einladende war.