Jetzt haben wir einen Vergleich. Rankings sind groß in Mode. In diesem Ranking kommt Hessen bei zwei oder drei Themen auf vordere Plätze. Darauf können wir stolz sein. Das darf jedoch nicht dazu führen, dass wir vor weiteren Fragen die Augen verschließen.Vor allem meine ich die Frage, wie diese Erfolge zustande gekommen sind.
Nehmen wir als Beispiel die Förderpolitik. Bei der Förderpolitik ist Hessen auf den ersten Platz gekommen. In Anerkennung der Regierungsleistung sagte meine Vorrednerin – völlig daneben natürlich in diesem Fall –, das habe etwas mit der Hessen-Agentur zu tun. Der Beurteilungszeitraum erstreckt sich von 2004 bis 2005. Die Hessen-Agentur ist bis heute nicht auf dem Markt. Sie ist immer noch mit ihrem Aufbau beschäftigt.
Es kann sich also nur um das Ergebnis der damals richtigerweise gemeinsam aufgebauten IBH handeln. Sie hat in der Tat, auf der Grundlage ihrer regionalen Zweigstellen, mit einer hervorragenden Feldarbeit begonnen. Ich kann nur sagen, ich hoffe, dass es so weitergeht. Ich kann es nur wünschen.Aber ich sehe im Moment keine Anzeichen dafür, dass es so weitergeht, denn sie ist noch gar nicht in die Puschen gekommen.
Evelin Schönhut-Keil hat mit dem, was sie zur Infrastruktur gesagt hat, ein bisschen Recht. Hessen ist in einer besonderen Lage, da es sich im Zentrum Deutschlands befindet. Es musste auf seine Infrastruktur schon immer mehr achten als andere Bundesländer. Aber wenn die Leute befragt werden und sich ihr Urteil bilden, spiegelt das Ergebnis auch ihre Stimmungslage und ihre Einschätzung der Situation wider: Die Zeichen weisen nach vorne. Es geht weiter. Der Flughafen wird ausgebaut. Dieses und jenes wird angepackt.
Wenn der Bund die Bundesautobahnen-Ergänzung erst zehn Jahre lang hängen lässt und sie erst dann finanziert, sollen wir uns freuen; zunächst einmal ist mir das jedoch egal. Es geht um das Gesamtbild des regionalen Standorts
Hessen innerhalb des europäischen Standorts Deutschlands. Ich bin im Großen und Ganzen froh, dass nicht alles mies gemacht wird, sondern dass hier auch ein kleiner Ansporn vorhanden ist. Das sollte aber auch ein Ansporn für diese Regierung sein, die Rahmenbedingungen unmittelbar von hier aus oder über den Bundesrat klar und konsequent zu verbessern, z. B. was den Abbau bürokratischer Hemmnisse und die, nach der allgemeinen Stimmungslage zu urteilen, deutschlandweit festzustellenden Probleme angeht.
Der ehemalige Wirtschaftsminister Dieter Posch sitzt hier. Wir haben in den ersten vier Jahren gemeinsam viel geschafft, was in diese Richtung geht.
Liebe Kollegin Tesch, die SPD beklagt jetzt, dass der Landesstraßenbau ins Stocken gerät. Das beklagt ausgerechnet die SPD, die, gemeinsam mit den GRÜNEN, das Haushaltsvolumen auf ein Viertel des heutigen heruntergefahren hatte.
Ich komme gleich zum Schluss. – Wenn Evelin SchönhutKeil sagt, die Infrastruktur sei nicht gut genug beachtet oder sogar vernachlässigt worden, antworte ich Ihnen: Ihr habt gebremst, gebremst und nochmals gebremst.
Wenn wir bei diesem Ranking in einigen Bereichen keine so guten Plätze erreicht haben, wie es von unserem Potenzial her möglich gewesen wäre, hängt das mit den acht verlorenen Jahren unter der Regierung von Rot-Grün zusammen. Infrastrukturmaßnahmen wirken nicht von heute auf morgen, sondern immer erst ein paar Jahre später. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Debatte zeigt im Ergebnis, dass sich alle über das hervorragende Spiegelbild der hessischen Wirtschaftspolitik und der Situation des hessischen Mittelstands freuen können. Allerdings gehen die Meinungen darüber auseinander, wer denn die Voraussetzungen dafür geschaffen hat. Wir sollten uns nicht zu sehr über die Ursachen streiten, sondern dankbar sein, dass diese Studie erneut zeigt, dass Hessen im Länderranking weit vorne liegt. Auf diese Weise wird die Günstigkeit des Standorts und die Attraktivität Hessens für wirtschaftende Unternehmer deutlich. Dies nützt uns auch für die Zukunft.
Diese Umfrage und dieses Ergebnis stimmen uns froh, machen uns aber nicht übermütig. Das Ergebnis bestätigt unsere Auffassung, dass der Weg, den wir eingeschlagen haben, offenbar zu dem Ziel führt, das wir uns gesetzt haben, nämlich das Land Hessen zum Wirtschaftsland Nummer eins in Deutschland zu machen.
In der Tat sind in dieser Studie die beiden wichtigsten Themen angesprochen worden, die die Wirtschaftspolitik eines Landes erfassen kann: zum einen die Infrastruktur, also die Vorleistungen für unternehmerisches Handeln, und zum anderen die Wirtschaftsförderpolitik, die mehr ist als das Ausgießen eines Füllhorns.
Frau Schönhut-Keil, die Infrastruktur im Rhein-MainGebiet ist nicht per se so entwickelt, wie wir sie brauchen. Sie haben doch in den letzten Wochen einmal hier vorne gestanden und gesagt, sie sorgten sich darum, dass die Wirtschaftsinfrastruktur im Rhein-Main-Gebiet absäuft. Heute,da sie positiv bewertet worden ist,sagen Sie,das sei per se eine gute Existenzgrundlage.
Nein,wir müssen uns hier,wie in allen anderen Bereichen, anstrengen, damit gerade in der Verkehrsinfrastruktur die Voraussetzungen geschaffen werden, die wirtschaftliches Handeln, wirtschaftlichen Austausch und damit Wohlstand ermöglichen.
Da nicht mehr viel Zeit ist, kann ich die einzelnen Punkte nicht aufzählen. Aber es ist von großer Bedeutung, dass wir gerade in der Logistik mit den großen Zentren, z. B. GVZ in Kassel, das Trimodalwerk im Industriepark Höchst in Frankfurt oder Cargo City Süd am Flughafen, Voraussetzungen geschaffen haben, die, insbesondere was die systemübergreifende Integration betrifft,denen an anderen Standorten weit überlegen sind.
Ich finde es sehr gut, dass bei der Standortentscheidung der Opelwerke in Europa gerade die Verkehrsinfrastruktur und die Anbindung den Ausschlag für die Sicherung des Standorts Rüsselsheim gegeben haben.
Das gilt für das Landesstraßenbauprogramm sowie beispielsweise für die Telekommunikation, deren Standard – das ist ein wichtiger Faktor – hier so hoch ist wie in keinem anderen Land.
Neben der Infrastruktur ist die Wirtschaftsförderung, die hier beleuchtet wurde, das zweite wichtige Instrument. Wir haben in Hessen nicht genug Geld – andere hatten das oder haben das vielleicht noch –, um auf der Grundlage einer staatlichen Industriepolitik zu agieren. Das entspricht im Übrigen auch nicht den Grundsätzen einer sozialen Marktwirtschaft. Deshalb wenden wir eine intelligente Förderpolitik an, bei der der Wissens- und Technologietransfer an erster Stelle steht.
Wir haben es inzwischen erreicht – diese Zahlen sprechen für sich –, dass bereits 62 % aller hessischen Unternehmen einen unmittelbaren Kontakt zu Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben. Der Wissenstransfer findet täglich statt.Auf diesem Pfad wollen wir weiter voranschreiten.
Wir wollen dies fördern. Allein für die Heranführung der mittelständischen Betriebe an die Forschung an den Hochschulen und Fachhochschulen geben wir im Jahr 40 Millionen c aus – und zwar nicht nur in den Feldern Nano- und Kommunikationstechnologie.
Meine Damen und Herren, was die unmittelbare finanzielle Förderung angeht, so gehen wir ebenfalls intelligent
vor. Wir fragen, was das Unternehmen braucht. In vielen Fällen braucht es nicht den direkten Zuschuss. Oft stellt der direkte Zuschuss eine Verzerrung des Wettbewerbs zwischen Unternehmen dar. Vielmehr brauchen wir oftmals einen Förderkredit, eine Liquiditätshilfe oder die Freistellung von Sicherheiten, beispielsweise die Übernahme von Bürgschaften. Hier legen wir unseren Schwerpunkt. Im letzten Jahr haben 2.400 Unternehmen von uns Kredite erhalten – vor allem für Gründer, für Erweiterungsinvestitionen und für vorübergehende Liquiditätshilfen. Für insgesamt 267 Unternehmen hat es Landesbürgschaften gegeben, die den Technologietransfer, die Ausweitung des Unternehmens, das Fitmachen für die Zukunft begünstigen.
Meine Damen und Herren, Sie erkennen also, dass wir an den richtigen Stellen handeln, dass dies von den Unternehmen so gesehen und auch positiv quittiert wird. Deswegen brauchen wir nicht lange zu diskutieren. Wir sind mit dem Konzept unserer Wirtschaftsförderpolitik auf dem richtigen Weg. Wir werden es weiterführen, verfeinern und immer wieder überprüfen. Ich hoffe, Sie sind mit dabei, wenn wir diesen Weg gehen.
Meine Damen und Herren,ein Plus von 19 % bei der Produktivität – besser als die anderen Bundesländer, im Wachstum besser als der Bundesdurchschnitt: im letzten Jahr 1,7 %, in diesem Jahr 0,3 %, inzwischen schon über dem Bundesdurchschnitt. Wir haben gerade dem Mittelstand gezeigt, dass es sich lohnt, in Hessen zu investieren. Der Mittelstand in Hessen hat Mut. Die Selbstständigenquote ist in den letzten sieben Jahren um 6 % gestiegen. Um 10 % liegt die Selbstständigenquote in Hessen über dem Bundesdurchschnitt, die Gründungsintensität in Hessen sogar um 12 %.
Meine Damen und Herren, wir sind auf dem richtigen Weg. Eine Marktwirtschaft braucht Unternehmer, die etwas unternehmen. Nicht der Staat muss unternehmerisch handeln. Der Staat darf nicht eingreifen. Der Staat darf den Unternehmen keine Knüppel zwischen die Beine werfen.
Meine Damen und Herren, deswegen ist es richtig, dass – wie es in einer Studie heißt – in Verbindung mit der Ankündigung einer Bundestagswahl die Stimmung in der Wirtschaft rapide gewachsen ist. Diese Stimmung hängt auch von den Erwartungen ab, dass endlich die starken Bremsen bei der Steuer,beim Arbeitsmarkt und vor allem bei den überhöhten Lohnnebenkosten gelöst werden. Denn nur so können auch die hessischen Unternehmen auf den internationalen Märkten noch weiter vorankommen und damit den Wohlstand in unserem Land weiter mehren und sichern. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Debatte zu Tagesordnungspunkt 88 beendet.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Transparenz über Folgen des Maut-Ausweichverkehrs auf Bundesstraßen schaffen – Drucks. 16/4038 –
Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend „Maut-Flucht“ durch LKWs auf Bundesstraßen sofort unterbinden! – Drucks. 16/4110 –
Wir haben eine Redezeit von 15 Minuten je Fraktion vereinbart. Es beginnt der Kollege Posch von der FDP-Fraktion.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst eine Vorbemerkung. Dies ist ein Thema – dessen bin ich mir bewusst –, bei dem politisches Wollen und die rechtlichen Rahmenbedingungen häufig nur sehr schwer in Einklang zu bringen sind. Ich erinnere daran, dass wir in der Vergangenheit viele Diskussionen darüber geführt haben, ob man auf Ausweichstrecken verkehrslenkende Maßnahmen ergreifen kann oder nicht.
Ich glaube – und deswegen hat sich die FDP-Fraktion dieses Themas angenommen –,wir haben mit der Einführung der Maut eine neue Situation in dieser Frage. Ich glaube, dies ist Anlass, das Thema verkehrslenkende Maßnahmen vor dem Hintergrund der Mauteinführung neu zu diskutieren.
Zunächst eine Bemerkung zur Maut selbst.Meine Damen und Herren,für die Liberalen ist die Einführung der Maut Teil einer neuen Verkehrspolitik.Sie bedeutet nämlich die Umstellung von einer steuerfinanzierten Verkehrsinfrastruktur hin zu einer Nutzerfinanzierung. Dabei hat die FDP in der Vergangenheit immer Wert darauf gelegt, zu sagen: Wenn wir die Maut einführen, dann darf das nicht on top sein, sondern es muss darum gehen, gleichzeitig Entlastungen bei der Steuerbelastung der Autofahrer herbeizuführen.
Das gerät häufig in den Hintergrund. Es kann nicht angehen, das Speditionsgewerbe, die Logistikunternehmen doppelt zu belasten. Das ist ganz wichtig. Denn natürlich sagen die Logistikunternehmen bei verkehrslenkenden Maßnahmen nicht zu Unrecht: Jetzt werden wir erstens mit der Maut belastet, und zum Zweiten sollen wir noch Restriktionen erleiden.
Zweitens. Meine Damen und Herren, dieser Grundgedanke der Maut ist von der Bundesregierung verlassen worden. Denn für die rot-grüne Bundesregierung ist – ich sehe einmal ganz von dem Mautdesaster ab – die Einführung der Maut in erster Linie als Geldbeschaffungsmaschine verstanden worden, als nichts anderes.