Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend nachhaltige Schulstrukturplanung in Hessen – Drucks. 16/4229 –
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), zur CDU gewandt: Wollt ihr nicht anfangen? – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Ich hatte mich doch gemeldet!)
Entschuldigung, wenn uns nicht bekannt ist, was verabredet ist, gehe ich nach der Reihenfolge der Eingänge vor.
Nein, im Hinblick auf die Anträge ist das insgesamt gepackt worden. Aber ich mache es. Ich muss es nur hier oben effektiv wissen. Dann kommt Herr Irmer zuerst.
Haushohes Präsidium, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir über Leistungssteigerung, Leistung und Qualität diskutieren, dann ist aus unserer Sicht zunächst einmal festzustellen, dass es noch nie so viele Maßnahmen zur Qualitätssteigerung im Schulbereich im Lande Hessen gegeben hat wie in den letzten sechs Jahren unter der gemeinsamen Verantwortung von CDU und FDP und heute der CDU.
Ich will an dieser Stelle logischerweise nicht alle einzelnen Qualitätsmaßnahmen und Bausteine erwähnen. Das würde den Rahmen sprengen.Aber ich will stichwortartig feststellen, dass wir weit über 2.000 Lehrer diesbezüglich eingestellt haben,dass wir schulformbezogene Stundentafeln und Lehrpläne eingerichtet haben, dass wir die Stundentafel ausgeweitet haben, einen Bildungs- und Erziehungsplan ins Leben gerufen haben, der in der Erprobungsphase ist; Sprachvorlaufkurse sind ein Erfolgsmodell geworden, Orientierungsarbeiten in der Grundschule, Vergleichsarbeiten, Querversetzungen in pädagogisch begründeten Ausnahmefällen, SchuB-Klassen, gerade zur Stärkung der Hauptschulen, Hauptschulabschlussprüfungen, Realschulabschlussprüfungen. Wir haben die Oberstufenreform durchgeführt. Das Landesabitur wird eingeführt. G 8 ist auf dem Weg. Und wir haben aktuell vor wenigen Monaten ein Lehrerbildungsgesetz verabschiedet. Schulpolitik aus einem Guss, das ist das Markenzeichen dieser hessischen Schulpolitik.
Wenn wir heute über einige andere Anträge sprechen, dann gestatten Sie mir in der Kürze der Zeit, dass ich mit dem Antrag der FDP zum Thema Schul-TÜV starte. Wir haben den Schul-TÜV eingeführt, bzw. er ist auf dem Weg dazu. Die Ministerin hat dies ja öffentlich verkündet. Die CDU-Landtagsfraktion unterstützt dies ausdrücklich. Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir hier über einen weiteren Meilenstein der Schulqualitätssteigerung reden können. Schul-TÜV ist eine riesengroße Chance für Schulen, auf der einen Seite möglicherweise auf Schwächen hingewiesen zu werden, auf der anderen Seite aber Stärken herauszuarbeiten und deutlich zu machen, eine Chance für Schule,Profil im positiven Sinne des Wortes darzustellen, eine Chance, die Identifikation zwischen Schule und Kommune, zwischen Schule und Umgebung zu verbessern, aber auch deutlich zu machen, dass alle Mitglieder einer Schulgemeinde – Eltern, Lehrer, Schüler – in einem gemeinsamen Boot sitzen und dies als gemeinsamen Prozess begreifen müssen.
Der letzte positive Aspekt: Es besteht die große Chance, dass auf diese Art und Weise durch unabhängige Schulinspektoren, durch den TÜV einmal festgestellt wird, wie es denn um die Ausstattung von Schule bestellt ist. Das ist natürlich eine spannende Frage, in letzter Konsequenz für die Schulträger. Aber wenn man dort Defizite feststellt, bedeutet es im Endeffekt, dass natürlich Verbesserungs
Was wir in Hessen einführen – damit sind wir erneut bundesweit mit führend, das möchte ich ausdrücklich betonen –, ist in anderen Ländern rings um uns herum eigentlich schon gang und gäbe. Die bildungspolitischen Sprecher und Sprecherinnen hatten erst vor wenigen Tagen Gelegenheit, sich bei der VhU über das holländische System informieren zu lassen. Dort ist als völlig selbstverständlich dargestellt worden, dass es in Holland eine Binsenweisheit ist, dass ein Schul-TÜV stattfindet, dass Inspektoren umhergehen und entsprechende Untersuchungen durchführen, und dass diese – das ist in Holland überhaupt kein Streitgegenstand – veröffentlicht werden. Deshalb ist es richtig, dass wir das in Hessen ebenfalls tun. Richtig ist auch, dies zunächst einmal auf freiwilliger Basis zu tun, wobei die Anregung von den freien Demokraten von uns aufgenommen wird, zu sagen, etwa die Hälfte soll man bitte schön auslosen. Das ist eine Überlegung, der wir uns überhaupt nicht verschließen wollen. Ich halte sie für vernünftig, und zwar aus dem einfachen Grund, dass es sonst so sein könnte, dass sich diejenigen Schulen, die von sich glauben, gut zu sein, sich natürlich bewerben, was sie auch sollen, dass aber der Querschnitt als solcher nicht ganz der gleiche sein wird, wenn man die Hälfte auslost, um bei diesem Begriff zu bleiben.
Ein anderes Stichwort – ebenfalls Qualitätssteigerung im weitesten Sinne des Wortes –: Regionalkonferenzen, Bildungsforen. Meine Damen und Herren, das ist keine neue Erfindung unter dieser Landesregierung. Das gibt es im Prinzip schon. Es gab Zeiten, da gab es einen Kultusminister, der sich Hartmut Holzapfel nannte, von dem in der Presse stand: Holzapfel kommt durch die Hintertür.
Meine Damen und Herren, er war überhaupt nicht mehr in der Lage,durch die Vordertür zu kommen,weil die Protestzüge der Demonstranten so groß waren. Der Dialog zwischen Kultusministeriumsspitze und Schulpraktikern hat nicht mehr stattgefunden. Wir haben in den letzten Jahren eine völlig andere Akzentsetzung erleben können. Wir haben heute eine Kultusministerin und ein Ministerium, die Gespräche gezielt führen. Vonseiten der Schulleitungen und der Vertreter der Staatlichen Schulämter erfolgt ein Gedankenaustausch mit einer Ministerin, die zuhört und nicht doziert,die Ideen aufnimmt,Standfestigkeit in Grundsatzfragen dokumentiert. Positiv wird vermerkt, dass die Landesregierung Probleme wahrnimmt und vor allem aber auch ernst nimmt und nicht darüber hinweggeht.
Deshalb ist die Landesregierung auch der ideale Ansprechpartner für die Funktion der Moderatorenrolle bei regionalen Bildungsforen und Regionalkonferenzen.
Meine Damen und Herren, Ziel aller Bemühungen ist es, für uns eine ausgewogene Schulstruktur in ganz Hessen zu erhalten, ebenfalls die Schulformvielfalt zu erhalten, gute Erreichbarkeit der Schulen zu gewährleisten, eine ausgewogene Lehrerverteilung und Lehrerversorgung sicherzustellen und ein breites Bildungsangebot von Nord bis Süd und Ost bis West sicherzustellen. Deshalb und nur deshalb gibt es Richtwerte.Es ist fachlich falsch,wenn von bestimmter interessierter Seite der Eindruck erweckt wird, als ob Mindestzahlen und Höchstzahlen sich verändert hätten.Wer dies behauptet, sagt schlicht die Unwahrheit.
Das Ergebnis wird sein, dass sich Schulträger und Schulämter bereits heute mehr als bisher Gedanken darüber machen, wie man Optimierungen erreichen kann. Auch Schulen machen sich heute mehr Gedanken über eine Optimierung von Klassengrößen und von Schulklassenangeboten. Meine Damen und Herren, in der Vergangenheit war alles relativ Klein-Klein. Jeder Schulträger hat für sich gearbeitet.Das ist im Grundsatz auch in Ordnung. Kreisübergreifende Zusammenarbeit war im Prinzip kein Thema, sehen wir einmal davon ab, dass das im Berufsschulbereich gelegentlich stattfand, ansonsten aber nicht. Deshalb ist es sinnvoll, durch regionale Bildungsforen und Regionalkonferenzen auf freiwilliger Basis über den Tellerrand hinauszuschauen, um damit sicherzustellen, dass Schulstandorte auf hohem Niveau stabilisiert werden und Schulschließungen bei perspektivisch zurückgehenden Schülerzahlen vermieden werden. Dies geht aber nur, wenn man sich rechtzeitig Gedanken darüber macht, und genau das machen wir heute in einer Zeit, wo es aktuell nicht so brennt wie in fünf oder acht Jahren.
Deshalb sage ich sehr deutlich:Wir sind unserer Zeit voraus, und die SPD hechelt, wie immer, hinterher, scheut aber leider auch vor Unwahrheiten nicht zurück. Das möchte ich sehr deutlich machen. Frau Kollegin Pfaff hat erst vor wenigen Tagen in der Presse beklagt, die Zukunft von Gesamtschulen stehe auf dem Spiel. Meine Damen und Herren, wer so etwas sagt, hat alles nicht begriffen. Das Gegenteil ist der Fall. Dadurch, dass wir G 8 einführen, ist dies eine riesengroße Chance für integrierte Gesamtschulen, sich als Alternative darzustellen. Die Zahlen sprechen eine entsprechende Sprache. Das heißt, dieser Vorwurf ist in der Sache und politisch völlig falsch.
Zweiter Vorwurf: Diese ganzen Maßnahmen seien letztendlich nur erfolgt, um Lehrerstellen abzubauen. Liebe Genossinnen und Genossen, um das einmal so zu formulieren, wer in der eigenen Regierungsverantwortung trotz steigender Schülerzahlen 500 Lehrerstellen abgebaut hat, sollte sich tunlichst bei der Kritik an denen zurückhalten, die die Lehrerzahlen erhöht haben.
Dritter Punkt. Frau Kollegin Pfaff, Sie haben erklärt, Mindestwerte würden nicht erfüllt, und man müsse mit geeigneten Maßnahmen rechnen. Sie suggerieren damit, dass das etwas ganz Neues sei. – Mindestwerte hat es immer gegeben. Höchstzahlen hat es immer gegeben. Das war zu Ihrer Zeit so, es ist in unserer Zeit so. Es hat sich überhaupt nichts getan.
Der letzte Vorwurf von Ihnen in der Presse im Limburger Raum: Die wohnortnahe Schule werde endgültig infrage gestellt. Liebe Frau Kollegin Pfaff, Sie wissen, dass auch das Geschichtsklitterung ist. All das, was wir machen, bezweckt genau das Gegenteil von dem, was Sie sagen.
Wir wollen wohnortnahe Schulen, und deshalb haben wir das Schulgesetz entsprechend geändert. Im Übrigen – das wissen Sie auch – gibt es die entsprechende Ausnahmeregelung für den ländlichen Raum.
Meine Damen und Herren, Stichwort: Schulwahlfreiheit. Ich darf daran erinnern, dass es CDU und FDP waren, die in der letzten Legislaturperiode das Schulgesetz entsprechend geändert haben. Durch dieses Schulfreiheitsgesetz – so möchte ich es einmal bezeichnen –
waren Schulträger gehalten, wohnortnahe Schulangebote auch des gegliederten Schulwesens zu machen,und sie haben davon zum Glück reichhaltig Gebrauch gemacht.
Unser Ziel ist es, dass wir versuchen, die Schüler auf der Basis ihrer Eignung möglichst individuell, möglichst optimal zu fördern. Dies geht nach unserem pädagogischen Verständnis am besten dadurch, dass man Schülern, die unterschiedliche Lernschwerpunkte haben, auch entsprechend unterschiedliche Lehrangebote unterbreitet. Deshalb brauchen wir auch in Zukunft die Schulwahlfreiheit und die Schulformenvielfalt, und wir werden sie auf diesem Wege erhalten.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch einen Aspekt ansprechen, der zu Ihrem Antrag „Kein Schulversagen in Hessen“ zu formulieren ist. Herr Kollege Weinmeister wird noch etwas zu dem anderen Punkt, den Ganztagsschulen, sagen. Sie haben sich kritisch damit auseinander gesetzt, Sitzenbleiben sei sozusagen die Höchststrafe.
Meine Damen und Herren, Sie wissen es doch viel besser. Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, die sehr eindrucksvoll belegen – man muss es nur nachlesen –, dass die Kinder und Jugendlichen, die einmal eine Ehrenrunde gedreht haben, anschließend häufig zu einem deutlich besseren Abschluss gekommen sind, als es prognostiziert worden ist.Wenn Sie einmal im pädagogischen Dienst gewesen wären, könnten Sie auch in der Sache mitsprechen. Das würde es gelegentlich erleichtern.
Dann hätten Sie beispielsweise Kinder in der Klasse 8 erlebt – Frau Kollegin Hinz, da können Sie nicht mitsprechen, das ist nun einmal so –, die bis dahin so „durchgereicht“ worden sind und bei denen dann der komplette Durchhänger kommt. Es wäre viel sinnvoller, ihnen rechtzeitig zu sagen:Da hast du Defizite,da musst du etwas tun. – Deshalb ist aus unserer Sicht das Sitzenbleiben etwas, was zum normalen Schulalltag gehört.
Ein allerletzter Satz dazu. Meine Damen und Herren, es ist nicht glaubwürdig, wenn diejenigen, die Förderkurse und Stützkurse abgeschafft haben, sich heute sozusagen zum Lordsiegelbewahrer individueller Förderung aufspielen und gleichzeitig ein Einheitsschulsystem wollen. Dies ist ein kompletter Widerspruch in sich.
Meine Damen und Herren, deshalb sage ich Ihnen: Wir haben in Hessen in noch nie da gewesener Dimension Lehrer eingestellt. Wir haben Schulwahlfreiheit hergestellt, Qualitätsverbesserungsmaßnahmen eingeleitet, aktuell weitere initiiert. Wenn man mit Schulleitungen, Kollegen und Eltern spricht, auch im kleinen Kreis, dann erfährt man unabhängig von der parteipolitischen Ausrichtung ein extrem hohes Maß an Zustimmung.
Deshalb sage ich Ihnen im Namen der CDU-Fraktion: Dieses Land befindet sich auf einem richtigen Kurs.