Protokoll der Sitzung vom 13.07.2005

was wir, die wir quer über das ganze Land verteilt wohnen, zur Verfügung haben.

Es handelt sich also um eine Region, in der man gutes Geld verdient. Es handelt sich aber auch um eine ganz untypische Region. Es handelt sich um eine Region, die längst nicht so groß ist wie die von Paris, London oder New York. Es ist eine Region, in der es viele Entscheidungsträger gibt. Herr Prof. Speer hat einmal gesagt, es handele sich dabei um eine polyzentrische Struktur. Zugleich handelt es sich um eine Region, die aufgrund ihrer Verkehrsinfrastruktur in besonderer Weise das Potenzial dazu hat, zu einem der Tore Europas zu werden.

Die Fragen müssen lauten: Wie geht man damit um? Was hat das für Konsequenzen? Die Regionen, in denen einzelne Regelungen durch Verwaltung ausgesetzt wurden und die nunmehr Großregionen sind, müssen über die Fragen, die wir hier diskutieren, erst gar nicht nachdenken.

Jetzt kann man sagen: Wir sind keine Region, wie es die von Paris, New York oder London sind. – Das ist unbestritten richtig. Wir wollen auch nicht eine solche Region sein. Es gibt sogar eine besondere Herausforderung. Unsere Region ist nämlich nur etwa ein Zehntel so groß wie die anderen, die es gibt. Also könnten wir uns doch eigentlich fragen: Warum werden wir dauernd mit diesen Regionen verglichen?

Die Antwort ist relativ einfach: weil die wirtschaftliche Stärke, die diese Region Frankfurt/Rhein-Main hat, darin liegt, dass man außerhalb der Region eigentlich nicht merkt, dass wir wesentlich kleiner sind. Bei der Frage: „Nenne mir die zehn wichtigsten Marktplätze,Netzwerke, wirtschaftlichen Metropolen und Regionen in Europa und in den Vereinigten Staaten von Amerika“ – früher hätte man Asien noch dazu genommen, aber da entstehen jetzt zwei oder drei weitere –, ist Frankfurt auf der Liste. Es käme niemand auf die Idee, wenn er in Südamerika Europa betrachtet, einen großen Unterschied zwischen den drei Plätzen London, Paris und Frankfurt zu machen. Aber was daraus an wirtschaftlichen Erfolgen kommt, hängt davon ab, was die Menschen eigentlich antreffen, wenn sie diesen Platz sehen. Welche Erwartungen haben sie an das,was dort geschieht? Diese Frage beschäftigt uns oft. Sie beschäftigt uns bei etwas, was nur einen kleinen Teil des Parlaments hier interessiert, nämlich in der Frage der Verkehrserschließung. Sie erwarten genauso günstige Verkehrsverhältnisse wie an anderen Plätzen.Aber sie erwarten eben auch, dass sie dies tatsächlich als ein Tor zu Europa nutzen können, dass das, was dort an wirtschaftlicher Stärke da ist, auch eine Stärke von Lebensqualität ist,

(Beifall der Abg.Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

eine Lebensqualität, in der wir wieder einen Wettbewerb haben. Diese polyzentrische Struktur, die wir haben, ist ein Vorteil. Ein Bürgermeister kümmert sich um seine Gemeinde und seinen örtlichen Kindergarten und sieht das neue Zuziehen von Bürgerinnen und Bürgern anders, als man das im Verwaltungsbezirk III B, weit entfernt von der Zentrale, irgendwo tut. Es ist wahrscheinlich der entscheidende Qualitätsvorteil, dass wir im Rhein-Main-Gebiet nicht einheitlich verwalten, sondern dass jeder in seiner überschaubaren örtlichen Gemeinschaft etwas leisten kann, so wie es ein Qualitätsvorteil der Region ist, dass sie nicht ganz so groß ist, was die Frage angeht: Wie lange muss man eigentlich fahren, um vom Arbeitsplatz mitten in der City zu dem Wohnort, einigermaßen entfernt von

der City, sodass es nicht so lange dauert, der aber doch schon im Grünen liegt, zu kommen? Das sind unsere Stärken, und die wollen wir alle nicht zerstören.

Die Aufgabe der Landespolitik, die Frage, über die wir uns hier gemeinsam unterhalten,ist:Kann man diese Stärken der Dezentralität so gestalten,dass daraus nicht durch Wahrnehmungen, die für die wirtschaftliche Entwicklung dieser Region für die Zukunft wichtig sind, so große Schwächen werden, dass wir aus dieser Vergleichbarkeit von Metropolregionen, mit denen wir glücklicherweise im wirtschaftlichen Leben heute verglichen werden, herausfallen? Das ist die Legitimation, warum sich ein Land und nicht nur die unmittelbare kommunale Selbstverwaltung jeder einzelnen Gemeinde auch mit einer Frage wie der Kultur beschäftigt. Wenn es nur um die Frage ginge, wie das in einer Stadt, in einer Gemeinde wird, wäre es eben ein Teil der kommunalen Selbstverwaltung, zu sagen: Wir bieten unseren Bürgern einen guten oder einen schlechten Service. – In dem Augenblick, in dem diese Frage der kleinen Einheit dazu führt, dass in der Gesamtheit ein Qualitätsverlust entsteht, den keiner der einzelnen Beteiligten dieser Einheiten ausgleichen kann, entsteht die Frage, ob die Landesregierung und das Parlament zusehen oder ob Regierung und Landesparlament daraus Konsequenzen ziehen, und zwar im Interesse des gemeinen Wohls.

Wenn ich in diesen Tagen wiederum manche sehe, die bei mir klagen,dass darüber so heftige Auseinandersetzungen stattfinden, muss ich entgegnen: Meine sehr verehrten Damen und Herren,natürlich finden darüber heftige Auseinandersetzungen statt, wie es z. B. in der Föderalismuskommission gelegentlich auch so war, dass es dort auf unterschiedlichen Ebenen Auseinandersetzungen gab. Ebenen haben ihre eigenen Interessen, aber die Tatsache, dass man im Rhein-Main-Gebiet – ich habe das damals ausführlicher dargestellt, als ich es heute tun will, aber es bleibt richtig – gemeinsam etwas tun muss, ist keine neue Erkenntnis. Das hat bereits 1972 zu einem direkt gewählten Parlament geführt.

(Beifall bei der CDU)

Zur Wahrheit gehört,dass dieses Parlament in überparteilicher Übereinstimmung ohne Unterschied allen Kommunalpolitikern die Möglichkeit gegeben hat, in einer hoch entwickelten Weise sicherzustellen,dass nichts Gemeinsames geschieht.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): So ist es!)

Dieses bildet sich in den Kommunen nach wie vor ab. Jeder betrachtet es als ein Stück Einschränkung seiner Verantwortung: Diejenigen, die möglicherweise im Augenblick weniger Lasten tragen als andere, haben selbstverständlich auch darauf geplant, und diejenigen, die Lasten für andere tragen, haben gelegentlich doch davon profitiert, dass ihnen wenigstens niemand reinreden konnte. Dies ist ja ein Teil der Rhein-Main-Entwicklung, des wechselseitigen Spiels, dass entweder der eine zufrieden war,dass ihm der andere nichts sagen konnte,oder der andere zufrieden war, dass dieser eine für ihn bezahlt hat.

Nun sind wir in einer Situation, in der das zum heutigen Zeitpunkt nicht mehr zu ausreichenden Erfolgen führt. Die Konsequenz daraus, das Ballungsraumgesetz, ist eine der möglichen Alternativen. Ich weiß, dass es andere gab, aber es ist die, die Gesetz ist und Gesetz bleiben soll. Deswegen ist die erste Frage, wenn man jetzt in einen weiteren Schritt geht: Hat denn das, was wir bisher damit getan haben, Erfolg gehabt? Ich glaube, das sollte man dann

auch nicht ganz unbeachtet lassen. Wir haben im vergangenen Jahr – das war im vergangenen Jahr Gegenstand der Regierungserklärung – mit einer Dringlichkeitserklärung die Region aufgefordert, sich mit der Frage des regionalen Marketings im Wirtschaftswettbewerb zu beschäftigen. Wir können heute feststellen, dass die Gründung einer „Frankfurt/Rhein-Main GmbH – International Marketing of the Region“ eine Möglichkeit war, die ohne Anwendung der Zwangsmaßnahmen, die das Gesetz auch beinhaltet, zu einem Ergebnis geführt hat. Ein Großteil der Region hat inzwischen am 24. März 2005 den Gesellschaftsvertrag geschlossen. Das ist ein bemerkenswertes Datum, was meine Person angeht.

(Heiterkeit – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Jeder hat so seine Eselsbrücken!)

Gut, wenn es jedes Jahr zum Geburtstag geschieht, ist ja genug Zeit bis zum nächsten Mal, Herr Kollege.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Aber Sie werden immer älter!)

Also es ist in Ordnung, aber wenn es dann vier Tage vor der Kommunalwahl ist, könnte man in meinem Lebensalter Schritt für Schritt die Region einen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will dabei darauf hinweisen, dass sich das Land Hessen im Rahmen der Verhandlungen und Gespräche dieser Gesellschaft bereit erklärt, sich mit einem eigenen Gesellschaftsanteil und einer Finanzierung, die dem Gesellschaftsanteil entspricht,an dieser Maßnahme zu beteiligen.Wir haben aufgrund dieser gemeinsamen Entscheidung in einem Kabinettsbeschluss vom 4. Juli dieses Jahres festgestellt, dass die für dringlich erklärte gemeinsame Wahrnehmung der Aufgaben als derzeit gewährleistet angesehen wird.

Im Februar 2005 hat sich die Gesellschaft für integriertes Verkehrsmanagement gebildet, an der neben 15 Gebietskörperschaften im Rhein-Main-Gebiet auch die Länder Hessen und Rheinland-Pfalz beteiligt sind.

Am 20. Juli 2005 – Sie erinnern sich an meine Bemerkungen in meiner letzten Regierungserklärung zu der Frage, dass es sein könnte, dass auch bezüglich der Regionalparkstruktur eine Dringlichkeitserklärung erforderlich ist, wenn sich die Beteiligten nicht zu einem vernünftigen Weg verständigen –,also in sehr absehbarer Zukunft,wird der Gesellschaftsvertrag zur Regionalpark-Dachgesellschaft Frankfurt/Rhein-Main beurkundet werden.Dies ist auf Vorschlag des Rats der Region beschlossen worden. Den habe ich das letzte Mal angemessen beschimpft, deswegen will ich an dieser Stelle auch sagen: Das ist der erste im Wesentlichen durch den Rat der Region mit entwickelte gemeinsame Weg innerhalb der Region, aus den streitenden Regionalparkgesellschaften durch eine Zusammenführung in eine Dachgesellschaft die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Auch an dieser Stelle hat das Land Hessen erklärt, dass es sich weiterhin an der Finanzierung beteiligen und gemeinsam mit dem Planungsverband auch Verantwortung tragen wird.

Damit ist offenkundig: Im Vergleich mit dem Zustand, den wir lange gehabt haben, ist durch das Ballungsraumgesetz in wesentlichen Teilen durch das Kernziel, das der Gesetzgeber gehabt hat, durch die verbindliche Erklärung, dass wir den Zustand der Nichtkooperation nicht länger dulden wollen, eine Situation entstanden, in der freiwillige Kooperationen begonnen wurden, sodass die Entwicklung auf einem guten Weg ist.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt kommen wir zu einer für die Region wahrscheinlich im Vergleich zu den anderen genannten Aufgaben noch bedeutenderen, aber auch in ihrem Konflikt aufgrund der finanziellen Implikationen, die sie hat, offensichtlich schwieriger zu führenden Diskussion. Die Zusammenarbeit im Bereich der Kultur, so wie sie überregional und international wahrgenommen wird, hat finanzielle Konsequenzen, die die Beteiligten nicht unbetroffen daneben stehen lassen. Sie hat aber auch große Konsequenzen für das Selbstverständnis und für die Abarbeitung von lieb gewonnenen Spannungen, die sich in der Vergangenheit oft an der Stadtgrenze von Frankfurt am Main aufgebaut haben und die man in manchen Texten der Presseerklärungen der letzten Tage auch wieder nachlesen konnte.

Angesichts der Kulturausgaben in der Region und in der Stadt Frankfurt und deren großer Unterschiedlichkeit zeigt sich hier natürlich auch – das darf nicht verschwiegen werden –, dass es in einer Situation, in der man nicht dazu kommt, ein Gemeinwesen so zu organisieren, dass alles in einen Topf kommt,Verteilungsprobleme gibt. Das ist wiederum eine Frage, wie man eine Region organisiert. In der Betriebsstruktur von London, New York und Paris ist diese Frage nicht bedeutend.Das Geld geht zunächst in einen zentralen Topf. Jeder der Beteiligten weiß, dass ein nennenswerter Teil am zentralen Kernpunkt bleibt, im Planquadrat der Innenstadt, dass es weniger Geld für die Vororte gibt, die dann teilweise auch entsprechend aussehen, und dass die gesamte Infrastruktur für die Bürger an einer Stelle zentral vorgehalten wird.

Wir glauben, dass ein Teil der Lebensqualität unserer Region daher rührt, dass wir das nicht so machen. Das Ballungsraumgesetz und die Dringlichkeitserklärung der Landesregierung sollen erreichen,dass wir auch hier nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, sodass es im Zentrum nicht mehr die Kraft gäbe, dort das vorzuhalten, was normalerweise in den Mittelpunkt eines großen Ballungsraums gehört. Dies muss aber so gemacht werden, dass alle einigermaßen verträglich an den Lasten teilnehmen.

Meine Damen und Herren, Standorte, wie wir sie im Rhein-Main-Gebiet haben, die für innovative Unternehmen aufgrund der Mobilität von Information und Kapital zunehmend austauschbar werden, haben heute andere Herausforderungen als vor 20 Jahren. Es ist nicht mehr selbstverständlich, dass man bestimmte Dinge in Frankfurt machen muss, weil es nur dort die Vernetzung und Ansammlung gibt. Es gibt durchaus Alternativen. Das heißt, im gleichen Maße, in dem es die Austauschbarkeit von Regionen gibt als einen Standortfaktor für Unternehmen, als einen Wohnort für Bürgerinnen und Bürger und man leicht mit dem Flugzeug und Datenkommunikation alle Probleme der räumlichen Distanz überwinden kann, gilt es, mehr und mehr darauf hinzuwirken, dass der Standortvorteil wirklich da ist.

Wir haben in einem Gutachten von Prof. Stölzl eine Zusammenfassung, die ich hier gerne vortrage:

Je mehr es in einer globalen Ökonomie austauschbare Wirtschaftsstandorte gibt, desto wichtiger werden Fragen der Lebensqualität am neuen Platz. Ein überreiches Kulturangebot ist der unwiderstehlichste Willkommensgruß für zuwandernde Eliten. Eine Kulturblüte mit Spitzenkräften und Spitzenereignissen schafft Selbstbewusstsein und Stolz, aber nicht nur bei seinen Eliten, sondern auch in die Breite und Tiefe der Gesellschaft. Gerade dort ist die verbindende Kraft gemeinsamen Kulturbe

wusstseins dringend nötig. Kultur ist Bindemittel der Verständigung zwischen Fremden, die Nachbarn werden wollen. Nichts anderes baut so gut Brücken zwischen den unterschiedlichen Menschen wie die gemeinsame Freude über die Ehe, die eine Region mit ihrer Kultur eingeht.

(Beifall der Abg.Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Genau das muss der Anspruch sein, den unsere große Region Frankfurt/Rhein-Main in Zukunft hat.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Entscheidung, die wir im Kabinett getroffen haben, bedeutet im Klartext, dass wir diese Herausforderung annehmen wollen. Wir wollen den Stellenwert als Kulturregion dem Stellenwert, den diese Region als internationaler Netzknotenpunkt, als internationaler Marktplatz, als internationaler Finanzplatz hat, anpassen. Ohne solche Maßnahmen werden am Ende wirtschaftlich alle leiden. Auch dort wieder ist ganz klar: Wenn eine Region Wirtschaftskraft verliert, verliert sie sie nicht im Kern, und alle drum herum schauen in Reichtum zu, sondern sie wird am Ende ihre Kraft immer mehr auf den engeren Raum der direkten Metropole verengen. Sie wird dann nicht mehr Wohlstand weit in die Region drum herum ausbreiten können. Das ist wiederum einer der Gründe, warum es sehr wohl ein gemeinsames, auch materielles Interesse aller Beteiligten gibt, dafür zu sorgen, dass der Stellenwert der Region so bleibt.

Wir müssen diese Potenziale bündeln. Wenn wir das tun, müssen wir die Frage beantworten: Für was bündeln wir die Potenziale? Es gab am Anfang Missverständnisse. Ohnehin ist die ganze Diskussion eine Geschichte,in der man Stück für Stück versuchen muss, Missverständnisse, wie immer sie aufgebaut worden sind, in die richtige Relation zu rücken. Natürlich geht es nicht darum, dass im Ballungsraum jetzt alles zentral verwaltet wird. Wir schaffen die Rahmenbedingungen für eine polyzentrische Struktur doch gerade deshalb, weil wir wollen, dass die Subsidiarität der Aktivitäten bleibt.Alles,was in der Gemeinde gemacht werden kann, die Stadtteilbücherei, das örtliche Vereinswesen, die Bürgerfeste, die Dichterlesung im Bürgerhaus, die Skulpturenausstellung in der Stadt, viele Projekte der Musik, des Theaters, nicht nur mit Schulen, sondern durchaus auch in Theaterringen in allen Bereichen – all das muss doch selbstverständlich nicht zentral geregelt werden. Das ist der krasse Unterschied zu dem, was im Zweifel ein Millionenaufwand ist, was aber in einer Ballungsregion angeboten werden muss.

Meine Damen und Herren, nach dem Gesetz gibt es auch die Möglichkeit, diese Einrichtungen im Rahmen eines Zweckverbandes als Eigentum übergehen zu lassen. Da ruft der eine oder andere in einem Landkreis und in einer Großstadt, das sei Enteignung.

(Zuruf der Abg.Andrea Ypsilanti (SPD))

Ich sage in Klammern: Das Zweckverbandsgesetz gibt es schon so lange. Es ist schon so oft gemacht worden. Es hat im richtigen Tatbestand mit Enteignung nichts zu tun. Aber wir glauben, dass Kultur in Institutionen, die als Kooperationen zwangsgeschaffen sind, eine lange Zeit lang zunächst einmal darben wird, weil die Beteiligten sich mit der Zwangsorganisation beschäftigen.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Sehr richtig!)

Wir haben uns deshalb dazu entschieden: Es reicht, wenn die vorhandenen und neuen Institutionen und neue

Ideen,die es gibt,auf einen gemeinsamen Rahmen von Finanzierung festgelegt werden, der allerdings an Bedingungen geknüpft ist, die dafür sorgen, dass es ein gemeinsames Projekt Kultur gibt. Wir werden uns deshalb unter Bezugnahme auf die entsprechenden Vorschriften des Ballungsraumgesetzes in dem Vorschlag, den wir den Kommunen im Rahmen der Dringlichkeitserklärung gemacht haben, wie wir uns eine Lösung vorstellen könnten, darauf konzentrieren, uns mit der Finanzierung von Kultur in der Region zu beschäftigen,um sicherzustellen,dass jenseits der Grundversorgung auch die anderen Bereiche dessen, was zur regionalen Kulturarbeit gehören muss, in Zukunft eine angemessene Ausformung haben.

Meine Damen und Herren, dies ist kein ganz neuer Gedanke. Ich will nur darauf hinweisen, dass Frau Kollegin Ruth Wagner in der vergangenen Wahlperiode des Hessischen Landtags eine Kulturkommission unter der Leitung von Prof. Hilmar Hoffmann berufen hatte. Er hat in seinem damaligen Bericht bereits darauf aufmerksam gemacht, dass es gelte, die vorhandenen, international herausragenden Kultureinrichtungen und -veranstaltungen zu stärken, zu reorganisieren, zu rekonstruieren und dann auszubauen. Die notwendigen Mittel dafür müssten, so hat er damals geschrieben, bereitgestellt werden, sonst sei Kultur in ihrem Bestand gefährdet. Er hat hinzugefügt, unverzichtbare, überregional bedeutsame Kultureinrichtungen müssten identifiziert und in ihrer internationalen Bedeutung gestärkt werden.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Nichts dagegen!)

Genau das, was dieser Auftrag war, ist nunmehr das Ziel, das hier verfolgt wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kulturkommission hat damals auch darauf hingewiesen, dass es generell gelte, eine Trendwende in der kulturpolitischen Debatte herbeizuführen und die Umlandgemeinden wie auch das Land angemessen an der Finanzierung dieser bedeutenden Kultureinrichtungen, die in der Mehrzahl in der Rhein-Main-Metropole liegen, zu beteiligen.Wenn dies nicht gelinge,so schon damals die Kommission, dürften deren Kultureinrichtungen und damit die Attraktivität des Rhein-Main-Gebiets auf Dauer gefährdet sein.

Wir haben uns in der Beratung des Kabinetts zur Vorbereitung der Dringlichkeitserklärung darauf verständigt, dass wir den Kommunen zwei Wege anbieten, wie man sich im Rahmen der Gespräche, die in Zukunft unter den Kommunen zu führen sein werden, der Frage annähern kann, was denn diese überregional bedeutenden Kultureinrichtungen sind. Es gibt im Beschluss des Kabinetts einen siebenstufigen Kriterienkatalog. Sechs der Kriterien müssen erfüllt sein, sodass sichergestellt ist, dass wir nicht über die Gemeindesäle, nicht über programmorientierte Kunst- und Kulturangebote, über Volkshochschule, Bibliotheken und Archive sprechen, sondern dass wir über international und national bedeutende Kultur, über Maßnahmen sprechen, die eine überregionale Werbung erfordern, die Besucherzahlen von 50.000 und mehr Bürgerinnen und Bürger haben, um überhaupt in diese Kategorie zu kommen.Wir wollen auch,dass solche Veranstaltungen einen Fremdbesucheranteil von mindestens 20 % haben müssen, weil sie sonst auch nicht eines der Kriterien erfüllen, das rechtfertigt, dass man sich über die Grenzen einer Region hinaus damit beschäftigt.

Daraus ergibt sich eine vorläufige Liste, ein Vorschlag. Der ist erweiterbar und verkürzbar. Das wird man alles diskutieren können. Er wird aber natürlich in einem großen Maß Einrichtungen in der Kernstadt Frankfurt ent

halten. Wie vorhin gesagt: So untypisch ist diese Region auch nicht,dass sich nun alle Einrichtungen flächig gleichmäßig über alle Planquadrate einer Ballungsregion verteilen. Nein, natürlich sind diese Einrichtungen zu einem beachtlichen Teil dort konzentriert, aber keineswegs nur dort. Selbstverständlich hat das Stadttheater in Rüsselsheim seine Bedeutung über die Grenzen dieser Stadt hinaus. Die Bürgerinnen und Bürger, die dort Steuern zahlen, können Anspruch erheben, in ihrem Umfang genauso daran beteiligt zu werden, gemeinsame Lastentragung zu haben wie eine Stadt Bad Homburg,eine Stadt Offenbach oder andere. Diese jeweiligen Aufgaben zu identifizieren ist Voraussetzung für die Einigung. Das kann man zentral lösen. Man kann sich aber auch in einer Weise darauf einlassen, dass die Beteiligten sich freiwillig darauf verständigen, wie es geht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn dies geschieht, dann wird dies am Ende finanzielle Konsequenzen haben. Es gibt das Gutachten von Prof. Pfäffli, das wir auch vorgelegt haben. Das ist ein Modell. Ich habe in einer Presseerklärung dieser Tage gelesen, da seien doch nur wenige Tage gezählt worden.Was wäre denn, wenn da – wer war es, Herr Al-Wazir, die Landfrauen? –

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aus Wöllstadt! – Jürgen Walter (SPD): Sie haben einen methodischen Ansatz, dass die 10 Millionen c aus dem Fenster geschmissen sind! Dass Kultur wichtig ist, wissen wir doch!)