Protokoll der Sitzung vom 22.09.2005

(Michael Denzin (FDP): Okay!)

Diese Erkenntnis hatte sich im zuständigen Innenministerium durchgesetzt. Im Frühjahr 2004 wurde ein Gesetzentwurf erstellt und in die Anhörung gegeben, der genau dies zum Ziel hatte. Wir konnten damals erfreut zur Kenntnis nehmen – das kommt beim Hessischen Ministerium des Innern und für Sport unter Leitung von Volker Bouffier nicht oft vor –, dass das Haus des Herrn Bouffier ganz brauchbare Entwürfe produzieren kann, wenn man es denn lässt. Wir hatten sogar die Vermutung, dass sich das Ministerium ganz bewusst von den permanent erfolgenden, mit Krakeel durchsetzten Pressemitteilungen der CDU-Landtagsfraktion absetzen wollte. Unter Führung des Herrn Hoff scheint es in der Medienpolitik kein wichtigeres Thema als die Diffamierung der „Frankfurter Rundschau“ zu geben.

Wir haben dieses Thema damals auch aufgrund einer Reihe von Anträgen im Plenum des Hessischen Landtags behandelt. Meine Fraktion hat diesen im Referentenentwurf des hessischen Innenministeriums erkennbaren Erkenntnisfortschritt dafür zu benutzen versucht, eine Beschlussfassung des Landtags im Sinne des schon existierenden Entwurfs des Innenministeriums herbeizuführen. Das gelang. Das kommt ebenfalls nicht oft vor.

In der Sitzung des Innenausschusses des Hessischen Landtags am 5. Mai 2004 haben wir einstimmig beschlossen, unseren modifizierten Änderungsantrag anzunehmen. Demzufolge wurde dem Hauptausschuss empfohlen, folgenden Text dem Plenum zur Annahme vorzuschlagen. Das wurde im Innenausschuss einstimmig so beschlossen. Herr Hahn

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Hier, anwesend!)

und Frau Zeimetz-Lorz können sich daran erinnern. Der einstimmig gefasste Beschluss hat den Wortlaut:

Die Landesregierung wird aufgefordert, zu prüfen, welche Maßnahmen geeignet wären, um zu gewährleisten, dass künftig die unmittelbaren und mittelbaren kapitalmäßigen Beteiligungen, unter anderem auch von politischen Parteien, an Printmedien für den Leser unmittelbar erkennbar sind.

(Volker Hoff (CDU): Das ist doch alles im Hessischen Pressegesetz geregelt! – Michael Siebel (SPD): Das war ein einstimmiger Beschluss!)

So weit war das sehr vernünftig.

Allerdings wurden wir acht Wochen später eines Besseren belehrt. Bis dahin hatte Volker Hoff wieder zugeschlagen. Im Hauptausschuss haben die Mitglieder der CDU und der FDP dann beschlossen, dass sie von diesem Textvorschlag abrücken wollen. Sie wollten nur noch die politischen Parteien aufgeführt sehen, während andere Kapitalbeteiligungen aus diesem Passus wieder gestrichen werden sollten.

Meine Damen und Herren, mich hat schon immer interessiert,wer sich da bei Ihnen zu Wort gemeldet hat,weil er damit ein Problem hatte. Uns interessiert, wer sich da zu Wort gemeldet hat, weil er damit ein Problem hatte.

Herr Hoff, ich frage Sie einmal etwas anderes: Wem gehört eigentlich die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“?

(Volker Hoff (CDU): Das können Sie nachgucken!)

Wissen Sie das? – Ich weiß nicht, wem sie gehört. Das ist nicht allgemein bekannt. Das ist doch geradezu paradox: Inzwischen weiß jedes Kind in Hessen, dass eine Beteiligungsgesellschaft der SPD die Mehrheit an der „Frankfurter Rundschau“ hält. Trotzdem wollen Sie einen Gesetzentwurf verabschieden, der zum Inhalt hat, dass das, was jeder weiß, veröffentlicht werden soll. Nach Intervention von CDU und FDP soll aber das, was niemand weiß, nicht veröffentlich werden.Warum ist das eigentlich so?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Man hat die ganze Angelegenheit dann ein Jahr lang versenkt, damit in Vergessenheit gerät, dass die Mitglieder der CDU und der FDP schon einmal weiter waren, wie es die Sitzung des Innenausschusses bewiesen hat. Damals haben sie gesagt: Wenn offen gelegt wird, dann muss das für alle gelten. – Nach einer Abhängezeit von einem Jahr kommt jetzt die pure schwarze Ideologie der CDU wieder zum Vorschein.Dabei ist herausgekommen,dass nur noch Beteiligungen von Parteien aufgeführt werden müssen.

Ich sage es noch einmal: Wir wollen, dass alle Beteiligungsverhältnisse an hessischen Zeitungen umfassend veröffentlicht werden. – Das wollen wir. Ich glaube, im Sinne der Pressefreiheit wäre das der eigentlich richtige Schritt.

(Michael Siebel (SPD): Das hat sich sogar bei Herrn Posch so angehört!)

Denn es geht dabei nicht nur um die Beteiligung von Parteien.Manchmal haben auch Privatpersonen den Wunsch, in die Politik einzugreifen. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur den Namen Berlusconi nennen. Bestimmte Unternehmen gehören da nicht der Partei, sondern der Person. Trotzdem wäre es für die Bürgerinnen und Bürger interessant, zu erfahren, wem da was gehört.

Falls Sie anführen sollten, wir würden nicht in Italien leben, würde ich entgegnen: Wir leben in einem Land, in dem es einmal einen Herrn Hugenberg gab.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Nicht Hugendubel?)

Ich glaube,spätestens jetzt müsste doch klar sein,dass sich die Leute für die Beteiligungsverhältnisse nicht nur an den Printmedien interessieren sollten. Dabei sollte das nicht nur für die Beteiligungsverhältnisse der Parteien gelten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Die SPD-Fraktion hat vor einiger Zeit eine Große Anfrage eingebracht.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Berlusconi und Irmer!)

Ich fände es auch interessant, zu erfahren, ob das eine Zeitung des Herrn Irmer oder des Kreisverbands der CDU ist. Wird damit Geld verdient? Was ist eigentlich beim „Wetzlar-Kurier“ los? Das zu erfahren wäre auch sehr interessant.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Michael Denzin (FDP): Deshalb schlagen wir das vor!)

Die SPD-Fraktion hat eine Große Anfrage zur Beteiligungsstruktur und zur Zeitungslandschaft insgesamt in Hessen eingebracht.Wissen Sie, was die Landesregierung da auf eine Frage geantwortet hat? Ich meine mich zu erinnern, dass die Antwort der Landesregierung die Unterschrift des Herrn Dr. Rhiel trägt. Auf die Frage: „Welche Verlagsgruppen sind Eigentümer dieser Zeitungen?“,lautet die Antwort der Landesregierung:

Genaue und belastbare Informationen hierüber liegen nicht vor.

Das heißt, Sie wissen es nicht.

(Zurufe)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte um Entschuldigung, aber es ist doch so: Sie wissen es nicht. – Dazu sage ich: Wenn da offensichtlich ein Problem besteht,dann wollen wir,dass alle Beteiligungsverhältnisse – ich wiederhole: alle Beteiligungsverhältnisse – offen gelegt werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es kann nicht darum gehen, dass die CDU-Fraktion insbesondere in Person des Herrn Hoff einen Privatkrieg gegen die „Frankfurter Rundschau“ führt.

Es geht dabei auch noch um etwas anderes. Herr Hoff, in Ihrer Presseerklärung zu dem Gesetzentwurf haben Sie gesagt: Hurra, jetzt kommt endlich Transparenz hinein. – Sie sagten, Sie seien der Meinung, andere Länder sollten diesen Vorschlag übernehmen.

Herr Hoff, sagen Sie doch einmal, wie Sie eigentlich zu den versteckten Medienbeteiligungen der CDU stehen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Herr Hoff!)

Dazu sollten Sie einmal etwas sagen.

(Clemens Reif (CDU):Wo gibt es denn solche?)

Natürlich gibt es solche. Die CDU ist seit 1969 über ihre Landestiftung im Saarland an der dort erscheinenden und dort das Monopol innehabenden „Saarbrücker Zeitung“ zu 10,4 % beteiligt.

(Zurufe)

Achtung! Herr Kollege Denzin, auch die FDP hat im Jahr 1969 an der „Saarbrücker Zeitung“ 5,9 % erworben.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das haben Sie schon fünfmal vorgelesen! Herr Al-Wazir, das sind alte Kamellen!)

Das sind keine alten Kamellen. Die Beteiligungen bestehen doch noch. Herr Hahn, diese Beteiligung gibt es noch.

Inzwischen hat sich das ein bisschen geändert. Inzwischen gehört die „Saarbrücker Zeitung“ zu etwas über 50 % der Holtzbrinck-Gruppe.Aber FDP, CDU und SPD sind über ihre Stiftungen im Saarland weiterhin an der „Saarbrücker Zeitung“ beteiligt. Die „Saarbrücker Zeitung“ hat sich inzwischen aber weiterentwickelt. Sie hält inzwischen Mehrheitsbeteiligungen am „Trierischen Volksfreund“, der „Koblenzer Rheinzeitung“, dem „Pfälzischen Merkur“ und der „Lausitzer Rundschau“. Es handelt sich also nicht um kleine Beteiligungen.

(Volker Hoff (CDU): Sagen Sie doch einmal, was Sie damit sagen wollen!)

Herr Hoff, was sagen Sie eigentlich dazu?

(Volker Hoff (CDU):Das kann doch im Impressum stehen!)

Aha. – Ich hätte gerne, offensichtlich als Vertreter der einzigen Partei, bei der kein Landesverband oder irgendeine Stiftung irgendeine Beteiligung an irgendeiner Zeitung hält, absolute Offenheit. Bei allen Zeitungen sollten alle direkten und indirekten Kapitalbeteiligungen offen gelegt werden. Das ist eine Diskussionsgrundlage, auf deren Basis wir reden können. Darüber waren wir uns im Innenausschuss auch schon einmal alle einig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.