Protokoll der Sitzung vom 22.09.2005

Ganz spannend war, was die Vertreter von SPD und GRÜNEN in diesem Kommunalwahlkampf dazu gesagt haben. Sie haben nämlich öffentlich erklärt: Dies ist überhaupt nicht realistisch, nicht machbar, und wir lehnen das ab.

(Norbert Schmitt (SPD): Das müssen die vor Ort entscheiden! Wahrscheinlich haben die schon gewusst, was im Bouffier-Erlass steht!)

In Kassel hatten wir die umgekehrte Situation. Dort ist der Kandidat der Sozialdemokraten angetreten und hat gesagt: Ich möchte eine bessere Betreuung. Ich möchte, dass das freigestellt wird. – Die Vertreter der Union und der frühere Amtsinhaber haben gesagt: Das alles ist völlig unrealistisch. – Der sozialdemokratische Kandidat hat die Wahl gewonnen.

(Lachen bei der SPD)

Nun sind sechs Monate vergangen. Glauben Sie im Ernst, Oberbürgermeister Hilgen hat ein Interesse daran, seinen Wählerinnen und Wählern sechs Monate nach der Wahl zu erklären: „Liebe Freunde, all das, was ich euch vorher erzählt habe, geht nicht“? Das macht er doch nicht aus Daffke. Das macht er deshalb, weil er die Realitäten sieht.

(Zurufe von der SPD)

Ich halte das, was der Oberbürgermeister macht, für richtig. Kommen Sie also von den Bäumen runter. Das Thema eignet sich nicht für Parteiengezänk.Vielmehr geht es darum,dass die Kommunen ein möglichst gutes Angebot bereitstellen. Dafür sind wir alle.

Wenn Sie nach Eschborn gehen, sieht die Welt schon wieder ganz anders aus. Genau das ist die Schwierigkeit, und darüber wird, völlig parteiunabhängig, ganz unterschiedlich diskutiert. Deshalb hat es wenig Sinn,

(Petra Fuhrmann (SPD): Solche Erlasse zu machen!)

diese Fragen zu vermengen.Wir haben aufsichtsrechtliche Fragen,gesetzliche Vorgaben und die politische Verpflichtung, für das, was wir tun, zumindest eine Vorstellung zu entwickeln.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Sie haben auf der Landesebene keine Vorstellung! Das ist das Problem!)

Ich halte ausdrücklich fest: Der Oberbürgermeister hat jetzt richtig gehandelt. Er hätte es sicher liebend gern anders gemacht. Wer sich jetzt hierhin stellt und sagt, das müsse alles so sein,muss sich mit seinem eigenen Handeln konfrontieren lassen. Er kann doch nicht erklären: Hier ist die Welt so, und in Kassel ist sie anders.

(Zuruf von der SPD: In Griesheim ist sie wieder an- ders!)

Was soll denn eine Aufsichtsbehörde machen? Soll sie in Kassel so entscheiden, in Eschborn so und in Darmstadt ganz anders?

(Jürgen Walter (SPD): Nach Ihrer Richtlinie soll die Aufsichtsbehörde anweisen, die Kindergartengebühren anzuheben! Das kritisieren wir, nichts anderes! – Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Walter,bleiben Sie ganz still.– Nächster Punkt.Wir sind mit den Kommunalen Spitzenverbänden im Gespräch.

(Zuruf von der SPD:Aha, jetzt auf einmal!)

Nein, das machen wir die ganze Zeit.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sollten, wenn wir hier über das Thema sprechen, nicht völlig außen vor lassen, dass uns ein Urteil des Verwal

tungsgerichtshofs vorliegt, das für die Finanzierung von Kinderbetreuungseinrichtungen eine nicht geringe Bedeutung hat. Das wird hoffentlich niemand bestreiten.

(Zuruf der Abg.Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Völlig neu ist, dass das oberste Gericht in Hessen entschieden hat, dass es unter bestimmten Bedingungen einen unmittelbaren Finanzierungsanspruch von freien Trägern gegenüber den Landkreisen gibt. Das ist in Hessen völlig neu. Der Hessische Landkreistag hat öffentlich mitgeteilt, das werde zu einer Belastung der Landkreise in Höhe von 80 Millionen c führen. Ich weiß nicht, ob die Zahl stimmt.Aber wir können sie hier nicht einfach ignorieren.

Deshalb werden wir diesen Sachverhalt mit den Kommunalen Spitzenverbänden erörtern. Die Kommunalen Spitzenverbände vertreten in vielen Fragen durchaus gegensätzliche Interessen, und wir werden versuchen, zu einem gemeinsamen Weg zu kommen. Das wird zu einer weiteren Erlassregelung führen müssen.

(Norbert Schmitt (SPD): Oje!)

Ich gehe fest davon aus, dass wir das in den nächsten Wochen miteinander hinbekommen. Wenn die Urteilsbegründungen vorliegen, werden wir die Auswirkungen prüfen können, und dann werden wir uns mit den Kommunalen Spitzenverbänden auch und gerade über das Thema Kindergartengebühren unterhalten.

Herr Minister, ich darf den Hinweis geben, dass die Redezeit der Fraktionen abgelaufen ist.

Letzte Bemerkung.

(Zuruf von der SPD:Aber der Erlass war nicht mit den Kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt?)

Ich könnte es doch viel einfacher haben. Beschließen Sie doch, dass die Aufsicht wegfällt.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Quatsch!)

Dann hätte ich es gut. Solange es sie gibt, machen Sie sich bitte die Mühe, und lesen Sie all die Gesetze, die es gibt.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Erzählen Sie nicht so einen Unsinn! Sie sagen überhaupt nichts über den Erlass!)

Herr Kaufmann, jetzt einmal wörtlich:Wollen Sie mir in diesem Haus empfehlen – dann kommen Sie hierher –, § 93 HGO, das Gemeindehaushaltsrecht und die Genehmigungsvorschriften des Haushalts nicht mehr zu beachten? Wenn Sie dies wollen, kommen Sie hierher.Wenn Sie dies nicht wollen, brüllen Sie nicht ständig dazwischen; denn das Gesetz gilt, und das bleibt auch in Zukunft so.

(Beifall bei der CDU)

Frau Schulz-Asche, Sie haben eine Nummer aufgemacht, die mich betrübt.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben den Widerspruch nicht erklärt!)

Das will ich ausdrücklich sagen. Die Sozialdemokratie hat vor der Bundestagswahl – das hat ja sehr viel mit der Bundestagswahl zu tun – ebenfalls diese Nummer aufgemacht.

(Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD) – Tarek AlWazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ein Unsinn!)

Sie haben einen Gegensatz hergestellt zwischen den Themen Hallenbenutzungsgebühren für Sportvereine und Kindergärten. Ich muss wirklich sagen, darüber bin ich sehr betrübt.Denn in diesem Hause hat bisher wenigstens der Sport parteiübergreifend Unterstützung genossen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das wollen wir auch weiterhin!)

Worum geht es eigentlich? Es ist genau die gleiche Systematik. Keiner einzigen Gemeinde wird vorgeschrieben, dass sie für Sporthallen Gebühren nehmen muss oder nicht. Das ist und bleibt eine kommunale Entscheidung.

Kollege Bökel und ich hatten vor einiger Zeit Gelegenheit, uns um die Sorgen der Vereinswelt im Lahn-DillKreis zu kümmern. Da haben wir gemeinsam diese Position vertreten.

Die Kommunen entscheiden alleine. Dieser Erlass sagt jetzt aus: Wenn eine Kommune – bei den großen Sporthallen ist es ja häufig der Kreis – sich entscheidet, auf Gebühren für Sporthallen zu verzichten, dann wird im Rahmen des Haushaltsgenehmigungsverfahrens dieser Gebührenverzicht der Gemeinde nicht negativ angerechnet.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehen Sie! – Weitere lebhafte Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Langsam, ich bin doch noch nicht fertig. Das ist die Systematik: Die Kommune entscheidet. Bei den Kindergartengebühren: Die Kommune entscheidet.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Richtig, aber da wird es negativ angerechnet!)

Es gibt einen zweiten Gesichtspunkt.Vergleichen Sie einmal die Größenordnungen, von denen wir hier reden. Bei durchschnittlichen Kommunen haben wir bei der erstgenannten Problematik – Hallengebühren – Größenordnungen zwischen 20.000 c und 30.000 c. Für Vereine stellen die durchaus ein Problem dar.

Bei Kindergartengebühren reden wir von ungleich größeren Beträgen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter (SPD))

Deshalb ist der Vergleich völlig unangebracht.