All das ist okay.Wir empfehlen Ihnen, beim nächsten Mal die Seitenstriche etwas dicker zu machen; denn nicht einmal der Kollege Hoff – der ist in dem Alter, in dem man eine Brille braucht, und er hat sogar eine – konnte sie erkennen.
Herr Al-Wazir, das zeigt relativ schnell – im Vergleich zu der Frage, die ich zu beschreiben versucht habe –, über welche Chaosreden wir diskutieren.
Natürlich, wir haben Stellen abgebaut. Ja.Aber gleichzeitig haben wir Lehrerstunden aufgebaut. Das hat unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht erfreut. Ich könnte jetzt rübergehen und Ihnen meine Charts zeigen: Jedes Jahr, in dem wir regieren, gibt es mehr Unterrichtsstunden als im Vorjahr. Das ist gut.
Ich nehme ausdrücklich in Anspruch, die beiden Dinge zu trennen. Denn Sie haben die Haushaltszahlen angesprochen. Auch dazu werde ich gleich einen Satz sagen. Man muss diese beiden Dinge auseinander halten.
Mir ist wichtig, den Haushalt nicht aus den Augen zu verlieren, aber wir müssen trotzdem mehr Unterrichtsstunden haben. Das ist extrem schwierig.
Ich sage jetzt, jenseits der Fronten, den Kolleginnen und Kollegen der Opposition sehr offen: Angesichts der lichtvollen Äußerungen des Bundes der Steuerzahler müssen wir, finde ich,
Wer mir sagt, ich solle 10 % Personal über alles streichen, den muss ich fragen:Wir haben 150.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Land; davon sind rund 50.000, in Vollzeitstellen gerechnet, Lehrer. Soll ich davon 10 % streichen?
Dann kommen die Leute aus dem Justizvollzug; und dann bleiben 30.000, vielleicht 35.000, je nachdem, wie man es rechnet, übrig. Von denen streichen wir keine 10 %, von denen streichen wir mehr. – Die Regierungspräsidenten haben mich immer gefragt: Warum wir? Ich habe ihnen geantwortet: Weil sie sich so gut eignen. – Dort nehmen wir 25 % des Personals in drei Jahren heraus. In der hessischen Forstverwaltung reduzieren wir das gesamte Personal um wahrscheinlich mehr als 35 %. Das heißt, dort, wo es machbar und notwendig ist, reden wir über sehr viel Personal. Sie haben lange genug darüber geschimpft.
Wenn wir zu der Frage kommen, die mit finanzieller Entwicklung zu tun hat, sage ich sehr klar: Ich bin auch unter den jetzigen Bedingungen, in dieser schwierigen Übergangszeit in Wirtschaft und Entwicklung,nicht bereit,eine Politik zu verantworten, in der wir bei Wissenschaft und Ausbildung unserer Kinder und der jüngsten Generation sparen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, da muss das Notwendige investiert werden.
Herr Kollege Hahn, nur in diesem Zusammenhang ist aus meiner Sicht das Argument des Länderfinanzausgleichs von einer gewissen Relevanz. Denn wir müssen aufpassen, dass sich hier die Enden nicht falsch begegnen. Ich respektiere, dass die Opposition – die andere, sozusagen die Opposition jenseits des Ganges – sagt:
Wir gehen zum Staatsgerichtshof, denn ihr haltet die Regelgrenze der Verfassung bei der Verschuldung nicht ein. – Ob das aussichtsreich ist oder nicht, mag der Staatsgerichtshof entscheiden. Aber das ist eine Diskussion, die doch geführt werden kann. Denn die Regelgrenze halten wir nicht ein.Wir glauben, das ist begründbar und richtig, aber wir tun es.
Unterstellen wir einmal für den Augenblick, der Staatsgerichtshof würde sagen:Richtig.Unterstellen wir weiter für den Augenblick – der Satz ist eigentlich richtig –, in den Bereichen, die nicht Bildung und Sicherheit sind, streichen wir in einer solchen Größenordnung, dass wir gar keine Neuen mehr einstellen, also eigentlich nichts machbar ist. Und stellen wir uns als Drittes nur einmal vor:Wir fahren diese Mittel zurück, und in einem Nachbarland – – Ich mag denen nichts Böses. Die rheinland-pfälzische Entwicklung bezahlen wir übrigens ein Stück mit, aus guten eigenen Interessen. Bei dem Teil des Wirtschaftswachstums, der dort gerade entsteht, können Sie ziemlich genau – in Tausenderzahlen – ein Projekt angeben, das in Gesellschafterbeteiligung des Landes Hessen gemacht wird,
weil wir Gott sei Dank die Region in Rheinland-Pfalz mit dem Flughafen Hahn in eine unglaublich gute Position bringen.
Aber das ist in unserem Interesse, das ist nicht gegen uns. Das ist nichts, wofür ich etwas haben will, aber daraus entsteht natürlich eine statistische Entwicklung.
Es geht aber nicht, dass wir am Ende dort den Finanzausgleich bezahlen – das können wir nicht ändern –, damit
eine Verschuldung erreichen – denn ohne Finanzausgleich haben wir gar keine Verschuldung – und anschließend die Lehrerstellen kürzen, die mithilfe unseres Finanzausgleichs in Rheinland-Pfalz geschaffen werden.
Das theoretische Modell müssen wir miteinander bereden. Das hat nichts damit zu tun, dass ich nach wie vor der Auffassung bin,dass Länderfinanzausgleichssysteme richtig sind. Aber an dieser Stelle geraten wir in eine Schwierigkeit, die ich so entschieden habe und so vertrete, dass ich sage: Ich glaube, in Anerkennung eines Finanzausgleichssystems, das ich nicht jedes Jahr zur Disposition stellen kann – –
Gleich. – Die Situation ist doch die: Wenn ich sage, die Verschuldung ist nicht legitim, dann muss ich automatisch an die Anzahl der Lehrer gehen. In diesem Kreislauf gibt es nicht endlos offene Türen.
Das ist der spannende Punkt dieser Diskussion. Dies ist ein wichtiger Punkt in einer Verfassungsdiskussion und in der politischen Debatte über Verschuldung und ihre Rechtfertigung sowie den Wunsch, diese abzubauen.
Deshalb sage ich an dieser Stelle: Ich vertrete den Haushalt, den wir Ihnen hier vorgelegt haben, auch mit diesen Schwierigkeiten – in der Abwägung der verschiedenen Dinge zwischen Solidarität unter den Ländern und dem, was für die nächste Generation notwendig ist.
Dann füge ich hinzu: Natürlich ist ein Land, das relativ „reich“ ist – obwohl es in den Siebziger- und Achtzigerjahren sehr viele Schulden gemacht hat, insgesamt aber sehr reich ist –, verpflichtet, sich im Verhältnis zu den anderen Ländern nicht zu verschlechtern. Diesen Maßstab legen Sie bitte an. Wir sind immer das dritt- oder viertbeste Land – ob es die Verschuldung pro Kopf, die Gesamtverschuldung oder den Verschuldungsanstieg pro Land betrifft; wir gehören immer zu den Ländern wie Bayern, Baden-Württemberg und manchmal Sachsen, zu diesem Dreieck. Im Augenblick nähern wir uns den Baden-Württembergern an, weil es denen bedauerlicherweise schlechter geht als uns, was deren augenblickliche Pro-Kopf-Verschuldung und deren Entwicklung angeht.
Das ist die Situation Hessens. Auf der einen Seite muss Hessen die Herausforderung schultern, jungen Menschen Ausbildung und Menschen im Land Sicherheit zu geben, Verkehrsinfrastruktur zu schaffen; auf der anderen Seite darf es nicht stärker in eine Verschuldung hineingeraten, als es andere tun. Hessen kann aber nicht den Anspruch erheben, auf einer Insel zu leben.
Wenn Sie sehen, dass Nordrhein-Westfalen in einem Nachtragshaushalt einfach 2,1 Milliarden c Nettoneuverschuldung in einem Jahr zusätzlich macht und deren Neuverschuldung damit jetzt bei insgesamt 7,6 Milliarden c liegt, dass ein Land wie Schleswig-Holstein bei der Regierungsübernahme nach Rot-Grün – verehrte Damen und Herren von der Opposition diesseits des Ganges – eine genauso hohe Verschuldung wie wir hat, bei nicht einmal einem Drittel unseres Haushaltes, wenn Sie die Situation
sehen, die Christian Wulff in Niedersachsen übernommen hat, und sich dann ansehen, wie wir in Hessen in den letzten Jahren unter der Federführung von Karlheinz Weimar im Haushalt gearbeitet haben, dann sage ich Ihnen: Die Lage dieses Haushaltes ist schwierig, aber trotzdem sind wir stolz darauf, es mit diesen Mitteln so beherrschbar gemacht zu haben, wie wir es getan haben. Wir haben nicht die Absicht, uns dafür zu entschuldigen.
Das passt jetzt sehr gut. Herr Ministerpräsident, erinnern Sie sich an eine öffentliche Sitzung des Deutschen Bundesrates, in der wir über genau diese Frage des Länderfinanzausgleichs bis 2019 geredet haben und das anders als viele Länder gehandhabt haben? Wir beide haben unsere unterschiedlichen Positionen vorgetragen,nämlich dass z. B. ich glaube, dass der Kompromiss nicht bis 2019 hält, wegen der Argumente, die Sie eben alle vorgetragen haben; daraufhin haben Herr Eichel, Herr Clement für Nordrhein-Westfalen und Herr Stoiber für Bayern gesagt: Da ist eine einzige FDP-Ministerin,die gegen diesen wunderbaren gemeinsamen Beschluss „anstinkt“.
ob diese Argumente wirklich erst heute vorgetragen werden und nicht auch schon zu dem Zeitpunkt, als wir den Kompromiss bis 2019 geschlossen haben.
Werte Frau Kollegin, erstens beantworte ich Ihre Frage, ob ich mich daran erinnere, mit: Ja, das ist korrekt.
Zweitens. Die Hessen haben wie viele andere – insbesondere die zahlenden – Länder diesen Kompromiss nicht gerne geschlossen.
Ich habe die Position vertreten, wenn drei Länder im Augenblick den gesamten Finanzausgleich zahlen – na gut, nehmen wir den Stadtstaat Hamburg mit einem kleinen Betrag dazu, also vier Länder –, dann ist eine Zweidrittelmehrheit zu deren Gunsten schwer zu erlangen.
Karlheinz Weimar sagt uns – das werden wir in der Haushaltsdebatte hören –,so zwischen 700 und 750 Millionen c werden wir in diesem Jahr weniger zahlen als vor dem Kompromiss. Das in einem sehr schlechten Jahr, denn je mehr die Wirtschaftsentwicklungen wieder ansteigen, desto günstiger ist der Vorteil, den das Land hat. Ich teile das nach wie vor. Ich hätte mir auch Besseres gewünscht.
Ich finde es bedauerlich, in nächster Zukunft wahrscheinlich öfter in einer Situation zu sein, einen solchen Satz sagen zu müssen, als mir das möglicherweise lieb ist.