Protokoll der Sitzung vom 15.12.2005

(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): „So genannte“ Finanzaffäre!)

zunächst mit einem Urteil des Landgerichts beendet wurde, in dem Manfred Kanther zu einer Bewährungsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden ist. Die gleiche SPD,die damals gesagt hat,sie finde dieses Urteil gut,verschweigt aber, dass der wesentliche Grund für dieses Urteil der gewesen ist, dass Manfred Kanther und die beiden anderen von Ihnen genannten Herren ihre Nachfolger nicht informiert haben.

(Günter Rudolph (SPD): Das sagen Sie!)

Herr Walter, es ist völlig unbestritten, dass die Jahre seit 2000 für die CDU gravierende Folgen hatten. Wir haben schon beim letzten Mal, als wir über das Urteil gesprochen haben, gesagt, dass das für die CDU nicht nur politische, sondern natürlich auch finanzielle Folgen hatte. Das haben Sie völlig zu Recht festgestellt.

Wir hatten jetzt im Landesvorstand – das haben Sie angesprochen – aufgrund der drohenden Verjährung zu prüfen, ob wir weitere negative finanzielle Folgen für die hessische CDU in Kauf nehmen können. Ich habe in der Presseerklärung, die Sie zitiert haben, sehr deutlich gesagt, dass wir zu prüfen hatten, welche Aussichten es für die CDU gebe, den Prozess überhaupt zu gewinnen. Daran aber bestehen erhebliche Zweifel, meine Damen und Herren.

Wir hatten weiterhin zu prüfen: Welche Kosten würden denn für den Fall einer Prozessführung anfallen? Diese Prozesskosten sind in jedem Fall enorm.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD) – Jürgen Walter (SPD): Der Mahnbescheid ist umsonst!)

Wir hatten aber natürlich auch zu prüfen, was für den unwahrscheinlichen Fall, dass wir einen Schadenersatzprozess gewinnen, bei einer möglichen Vollstreckung am Ende finanziell vereinnahmt werden könnte.

All das haben wir geprüft, und wir haben eine Abwägung ausschließlich nach diesen Gesichtspunkten zu treffen und kommen zu der Meinung und zu der Entscheidung, dass wir keinen Schadenersatzprozess gegen Manfred Kanther, Prinz Wittgenstein und Horst Weyrauch führen wollen.

(Jürgen Walter (SPD): Das bezahlen Ihre Mitglieder! – Gegenruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist nicht Ihr Bier!)

Wir haben heute eine Aktuelle Stunde. Hier ist schon zugerufen worden, Herr Walter: Das ist eigentlich eine interne Angelegenheit der hessischen CDU.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, nein! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Man muss sich also fragen,Herr Al-Wazir:Weshalb wurde denn von Ihnen und von Herrn Walter diese Aktuelle Stunde für heute beantragt?

(Zuruf von der SPD: Schwarzgeld!)

Ist das etwa, wie von Herrn Walter in beeindruckender Weise vorgetragen, die Sorge um die Mitglieder der hessischen CDU?

(Zuruf von der SPD: Das stimmt!)

Herr Walter, das glaubt Ihnen wirklich niemand. Ich schlage Ihnen vor: Kümmern Sie sich um Ihre Mitglieder. Wir kümmern uns um unsere Mitglieder.

(Jürgen Walter (SPD): Bei uns würde es Massenaustritte geben!)

Ist es die Sorge, dass die CDU ein finanzielles Problem hat? Nein, auch das ist es mit Sicherheit nicht, Herr Walter. Denn man müsste der Öffentlichkeit auch immer wieder vor Augen führen: Seinerzeit sind vom Bundestagspräsidenten 21 Millionen c zurückgefordert worden, und von diesen 21 Millionen c hat die SPD 11,7 Millionen c und die GRÜNEN 2,1 Millionen c bekommen. Wenn Ihre Sorge in Richtung der CDU-Mitglieder wirklich so groß ist, schlage ich Ihnen vor, dass Sie diese Beträge über den Bundestagspräsidenten zurückerstatten; die CSU hat das übrigens getan.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD)

Meine Damen und Herren, man könnte auf den Verdacht kommen, dass Sie die Aktuelle Stunde genau deshalb für den heutigen Tag beantragt haben,

(Anhaltende Unruhe)

weil Sie von einer anderen Aktuellen Stunde ablenken wollen, nämlich von der, die im Deutschen Bundestag stattfindet und die sich mit Ihrem langjährigen Bundesvorsitzenden, dem früheren Bundeskanzler Schröder, und dessen aktueller, äußerst problematischer Situation beschäftigt. Da sprechen sogar SPD-Mitglieder von „unanständig“.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Es könnte sein, dass Sie von all dem ablenken wollen.

Herr Kollege Boddenberg, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich will feststellen, Herr Walter und Herr Al-Wazir, dass Sie offensichtlich weiterhin versuchen wollen,

(Norbert Schmitt (SPD): Ich verzichte gern auf Redezeit! – Reinhard Kahl (SPD): Redezeitverlängerung!)

von der erfolgreichen politischen Arbeit der Hessischen Landesregierung abzulenken. Sie haben gestern behauptet, Herr Walter, dass wir 1999 und 2003 die Wahlen vor dem Hintergrund bundesrepublikanischer Ereignisse gewonnen haben. Die Wählerinnen und Wähler in Hessen haben gezeigt, dass sie sehr wohl in der Lage sind, zwischen dem Klamauk, den Sie seit Jahren – auch heute wieder – veranstalten, und politischer Sacharbeit zu unterscheiden.

Das Land Hessen wird hervorragend regiert. Wir sind erfolgreich in der Bildungspolitik, erfolgreich in der Wirtschaftspolitik, erfolgreich bei der inneren Sicherheit und erfolgreich in der Justizpolitik,meine Damen und Herren. All das gefällt Ihnen nicht. Sie haben 2003 die Wahl verloren, weil Sie sich mit den Dingen beschäftigt haben, von denen Sie vier Jahre lang gemeint haben, sich mit ihnen beschäftigen zu müssen. Wir haben die Wahl gewonnen mit einer erfolgreichen Landespolitik dieser CDU-geführten Landesregierung. Daran werden wir festhalten. Ich freue mich auf die Auseinandersetzung in den Jahren 2007 und 2008. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Al-Wazir, Fraktionsvorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Norbert Schmitt (SPD): Du redest jetzt über ein Phänomen! – Andrea Ypsilanti (SPD): „So genannte“ Affäre!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist fast auf den Tag genau sechs Jahre her, dass der Hessische Ministerpräsident im Plenum des Hessischen Landtags gesagt hat:Es gibt keinerlei Vorgänge außerhalb der offiziellen Buchführung der hessischen CDU. – Ich stelle fest: Das war die erste Lüge in dem Verfahren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ihre Presseerklärung vom letzten Freitagnachmittag, Herr Boddenberg, war – zumindest vorläufig – sozusagen der unrühmliche Abschluss dieses Vorgangs,

(Reinhard Kahl (SPD): „Vorläufig“ ist richtig!)

weil man sich schon einmal an eines erinnern muss. Der jetzige Vorsitzende der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag hat als Justizminister z. B. ganz am Anfang im Verfahren gesagt: Herr Kanther hat sich doch nicht strafbar gemacht. – Er hat nachher zu seiner Entschuldigung gesagt, das sei morgens um 7 Uhr gewesen, und da sei er nicht so ernst zu nehmen.

(Heiterkeit – Zuruf von der CDU: Unter der Du- sche!)

Aber ich sage ausdrücklich:Wir haben die Situation, dass Manfred Kanther im April in erster Instanz zu 18 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden ist. Ich meine, es wäre ganz interessant, das von Ihnen angesprochene Gutachten einmal zu sehen, Herr Boddenberg.

(Michael Boddenberg (CDU): Lassen Sie sich doch ein eigenes erarbeiten! Sie haben doch genügend Geld!)

Ich verstehe wirklich nicht, wie ein Mensch, Herr Generalsekretär der Union, der erwartet, dass er sich selbst ernst nimmt und andere ihn ernst nehmen, behaupten kann, dass jemand, der von einem Gericht wegen Untreue verurteilt worden ist, für den Schaden zivilrechtlich nicht verantwortlich gemacht werden kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Das ist doch lächerlich!)

Das ist einfach Unsinn.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ist das Urteil eigentlich schon rechtskräftig?)

Sie haben über Jahre an der Legende gestrickt, die hessische CDU sei von einem Kartell, drei bestehend aus alten Männern, betrogen worden. Das war Ihre Legende. Bis heute haben Sie Angst, dass zumindest zwei von diesen drei alten Männern sagen könnten, wer noch vom „Honigtopf im Süden“ gewusst hat. Das ist genau der Grund, warum Sie diese zwei alten Männer, nämlich Herrn Kanther und Prinz Wittgenstein, bis heute mit Samthandschuhen anfassen, werte Kolleginnen und Kollegen von der Union.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg.Volker Hoff (CDU))

Herr Boddenberg, immer dann, wenn es bei der hessischen CDU stinkt, kommt am Freitagabend eine Presseerklärung. So war es am 14. Januar 2000 mit Ihrer Pressekonferenz in Hofheim, als das Ganze angefangen hat. So war es auch letzten Freitag.

Aber ich will Ihnen einmal eines sagen. Sie haben in Ihrer Presseerklärung vom letzten Freitagabend gesagt: Die Befassung mit diesem Thema – Stichwort: keine zivilrechtlichen Schritte wegen Schadenersatz – war unter dem Gesichtspunkt möglicherweise eintretender Verjährung notwendig geworden. Wir haben Sie im April nach dem Urteil des Landgerichts Wiesbaden gefragt: Wann kommen eigentlich die Regressforderungen? Da hat die CDU – natürlich nicht offiziell; man will sich ja nicht festnageln lassen, sondern inoffiziell – etlichen Journalistinnen und Journalisten gegenüber gesagt, ich zitiere den „Wiesbadener Kurier“ vom 28.April:

Angeblich – aber auch das wurde von der CDU nicht bestätigt – hat die Partei sich von den drei Schwarzgeldakteuren einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung unterschreiben lassen, damit die CDU auch dann noch Schadenersatz fordern kann, wenn die Verjährung eintritt.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))