Protokoll der Sitzung vom 26.01.2006

Die DGB-Landesfrauensekretärin hat sich – ich zitiere – wie folgt geäußert: Enttäuschung äußerte die Landesfrauensekretärin Marita Eilrich besonders wegen der Zustimmung der GRÜNEN.Auch sie hätten sich in dieser Frage auf den Liberalisierungspfad begeben, ohne darüber nachzudenken, was das für die Beschäftigten und ihre Familien bedeute. – Dazu kann ich nur sagen: Das ist zutreffend.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt noch ein paar Reaktionen aus meinem eigenen Wahlkreis. Kollege Bellino ist leider nicht im Raum. Der Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft Bad Homburg, Jörg Hölzer, spricht von einer „Riesengefahr“ für den innerstädtischen Einzelhandel.

(Zurufe von der FDP)

Der Kronberger Bund der Selbstständigen hätte zuerst gerne einheitliche Öffnungszeiten – ich übrigens auch. Der Chef des Wehrheimer Gewerbevereins, Herr Hopfengärtner, sagt: Das treibt die Leute immer mehr zu den Großkonzernen. Die Kleinen machen wir damit kaputt.

Jetzt möchte ich Ihnen aus einer Erklärung der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung, KAB, zitieren. Ich nehme an,diese Bewegung steht Ihnen näher als der SPD.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das glaube ich nicht!)

Familiäre, politische, gesellschaftliche und kirchliche Aktivitäten leben vor allem vom Feierabend. Schichtarbeiterinnen und Schichtarbeiter klagen schon heute, dass sie keine Zeit für Mitarbeit in Vereinen und für ehrenamtliche Tätigkeit haben, dass ihr Familienleben leidet. Soll die Zahl dieser Menschen weiter ausgeweitet werden? Diesmal trifft es vorwiegend Frauen.

Dieses Zitat stammt aus dem Jahre 1999.

Eine menschenwürdige und engagierte Bürgergesellschaft braucht den Feierabend. Deshalb dürfen die Ladenschlusszeiten nicht verändert oder ganz aufgehoben werden.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Frankreich ist also ein menschenunwürdiges Land?)

Unterschrieben hat das der ehemalige Kollege Aloys Zumbrägel, CDU, leider einer der wenigen Sozialpolitiker, die in der CDU noch existieren.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Fuhrmann, Sie müssen zum Schluss kommen.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss.

(Zuruf des Abg. Michael Denzin (FDP))

Der BLV hat gesagt, eine Verlängerung der Ladenöffnungszeiten werde dem Lebensmittelhandel keinen Umsatz bringen.Ich fasse zusammen:mehr Konzentration auf die großen Zentren, mittelstandsfeindlich, nicht mehr, sondern verteilter Umsatz, nicht mehr, sondern verteilte Kundschaft, familienfeindlich und fehlender ÖPNV – das sind weitere Stichworte. Das heißt, es ist alles in allem mit Sicherheit keine Sternstunde für Hessen, kein Meilenstein und kein Leuchtturm, sondern einfach nur ein Armutszeugnis. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg.Michael Den- zin (FDP))

Vielen Dank. – Das Wort hat die Sozialministerin, Staatsministerin Lautenschläger.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin froh, dass die große Mehrheit dieses Hauses gemeinsam den Weg gehen will, eine Liberalisierung der Öffnungszeiten möglich zu machen und die Entscheidung in die Verantwortung der Einzelhändler zu stellen. Das heißt an manchen Stellen, dass man lernen muss, mit dieser Freiheit umzugehen und zu schauen, wie die Verbraucher sie annehmen.Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD-Fraktion, auch unter den Verbrauchern sind viele Frauen und Familien, die durchaus durch ein verändertes gesellschaftliches Verhalten in den Genuss kommen würden, auch andere Öffnungszeiten in Anspruch nehmen zu können.

Wir gehen davon aus, dass die Einzelhändler sehr unterschiedlich damit umgehen werden und dass man Kompromisse finden wird, wie es z. B. im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft an verschiedenen Stellen gelungen ist, dass sich Einzelhändler zusammensetzen und auf bestimmte Öffnungszeiten einigen. Aber andere haben natürlich auch die Möglichkeit, gerade durch neue Konzepte die Innenstädte wieder zu beleben und dort entsprechende Möglichkeiten zu schaffen.

Sehr geehrte Frau Kollegin Fuhrmann, ich bin durchaus ein bisschen überrascht,

(Petra Fuhrmann (SPD): Die Zitate!)

dass die SPD dies an anderen Stellen mitträgt und dass SPD-geführte Landesregierungen diesen Weg genauso beschreiten, wie wir es tun wollen. Nur hier in Hessen ist die SPD nach wie vor nicht bereit, mit der großen Mehrheit des Hauses zu sagen, dass wir mehr Möglichkeiten und Entscheidungsfreiheit an die Menschen vor Ort zurückgeben wollen.Diese Möglichkeiten müssen selbstverständlich verantwortungsvoll und für den entsprechenden Betrieb passend wahrgenommen werden. Es ist eine große Möglichkeit, die dort geschaffen wird. Wir sagen aber auch, dass der Sonntag geschützt bleibt. Das ist der Familientag, auf den sich die Familien auch in Zukunft einstellen können. Das Übrige muss vor Ort entschieden werden.

Ich bin der Auffassung, dass es eine Chance – auch für viele mittelständische Betriebe – ist,um in diesem Bereich etwas tun zu können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Sie können möglicherweise morgens wesentlich später öffnen, weil sich auch dort das Einkaufsverhalten geändert hat. Man kann das dann anders verlagern. In der Debatte wurde schon mehrmals betont, dass die Arbeitsschutzgesetze und die Arbeitszeitgesetze selbstverständlich weiter gelten.

(Beifall des Abg. Michael Denzin (FDP))

Es ist also eine Frage der Organisation und die Frage, wie man Freiheit tatsächlich ausgestaltet. Es wäre schön, wenn sich die SPD-Fraktion auch im Hessischen Landtag – nicht nur auf der Bundesebene und in den übrigen Bundesländern – bewegen und mitmachen, gesellschaftliche Veränderungen in Betracht ziehen und wahrnehmen und die entsprechenden Möglichkeiten schaffen würde,

um gerade auch Frauenarbeitszeiten so zu verändern,dass Frauen entsprechende Möglichkeiten haben. Ich kenne inzwischen viele, die im Übrigen auch aus Hausfrauentätigkeiten zurückkommen und sagen, dass in den Abendstunden einmal pro Woche eine Tätigkeit wahrzunehmen eine interessante und gute Möglichkeit ist. Das ist dann meist eine sehr gut bezahlte Möglichkeit,einen Job zu machen. Viele nehmen das für einzelne Stunden an einem einzigen Tag wahr.

So wird es dort sehr viele flexible Möglichkeiten geben. Es ist eine Chance.Machen Sie mit.Verschließen Sie nicht die Augen.Gehen Sie mit der Mehrheit dieses Hauses diesen Weg.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen zu Tagesordnungspunkt 61. Damit ist der Punkt abgehandelt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 63 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Erörterungsverfahren für den Ausbau des Frank- furt Flughafens fortsetzen) – Drucks. 16/5295 –

Ich sehe, dass der Kollege Posch das Wort erbittet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben diese Aktuelle Stunde heute beantragt, weil die Fortsetzung des Erörterungstermins in der vergangenen Woche Gegenstand öffentlicher Diskussionen war und diese Frage eine wichtige Weichenstellung dafür beinhaltet, wie es mit diesem Verfahren weitergeht. Wir haben mit Interesse die Stellungnahmen der übrigen Fraktionen zu diesem Thema vernommen. Daraus schließe ich auch,dass mit sehr großer Ernsthaftigkeit dieser Frage nachgegangen worden ist.

Bei uns ist das nicht wie bei einer bestimmten Fraktion, bei der jedes Problem beim Frankfurter Flughafen Anlass ist, gegen die Maßnahme zu polemisieren und andere Leute verrückt zu machen, sondern uns geht es darum, Transparenz und Rechtsstaatlichkeit für dieses Verfahren auch in Zukunft sichergestellt zu wissen. Deswegen diese Aktuelle Stunde.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

In diesem Zusammenhang geht es um drei Dinge.

Erstens. Wir begrüßen die Entscheidung des Regierungspräsidiums in Darmstadt, die Anträge auf Abbruch und hilfsweise Aussetzung des Erörterungstermins abzulehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Die Begründung des Regierungspräsidiums ist plausibel und nachvollziehbar. Ein herzliches Dankeschön an diese Behörde.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir sind der Auffassung, dass alle rechtlich zulässigen Beschleunigungsmöglichkeiten genutzt werden müssen, um den Ausbau des Frankfurter Flughafens so schnell wie möglich zu erreichen. Wir glauben, dass diese Entschei

dung genau dem Ziel dient, in rechtlich vertretbarer Weise Beschleunigungen zu ermöglichen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Täuschen Sie sich nicht!)

Ich will an dieser Stelle aber zwei weitere Aspekte anmerken, weil wir Aufklärungsbedarf in diesen Fragen haben.Ich nehme an,dass das auch der Hintergrund der verhalten kritischen Stellungnahmen der Sozialdemokratischen Fraktion war. Es ist nämlich notwendig zu klären, wie mit den nachträglichen Einwendungen, die jetzt vorgetragen werden, umgegangen wird. Dafür gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Man kann sagen, nach Abschluss dieses Erörterungstermins werden sie zur Kenntnis genommen und in den Abwägungsvorgang einbezogen. Es gibt aber auch die Möglichkeit, aufgrund der Qualität der Einwendungen in eine Nacherörterung einzutreten, um sicherzustellen, dass das, was nachträglich unter Akteneinsicht gesichtet und einer Bewertung unterzogen worden ist, auch noch erörtert wird. Diese Frage muss die Planfeststellungsbehörde nach unserer Einschätzung ohnehin irgendwann beantworten. Deswegen ist es notwendig, diese Frage einer Entscheidung zuzuführen. Das gilt für alle diejenigen, die jetzt von der erweiterten Möglichkeit der Akteneinsicht Gebrauch machen. Diese Frage ist bisher unbeantwortet geblieben.

Ich will einen weiteren Punkt ansprechen,bei dem es auch darum geht, den Grundsatz der Transparenz sicherzustellen. Es geht um die Prognose. Sie wissen – dies ist in der Öffentlichkeit berichtet worden –, dass das Thema Luftverkehrsprognose problematisiert worden ist. Ich darf an dieser Stelle daran erinnern, dass die FDP-Fraktion im Juni 2004 eine Große Anfrage eingebracht hat, die dann auch Gegenstand der Erörterung im Hessischen Landtag war. Vor ungefähr einem Jahr, nämlich am 23. Februar 2005, ist diese Große Anfrage beantwortet worden. Eine der Fragen lautete:

Grundlage der Genehmigungsunterlagen für das Planfeststellungsverfahren ist eine Luftverkehrsprognose. Wer erstellt diese Luftverkehrsprognose, und wer prognostiziert den bei der Ausbauplanung zugrunde liegenden Bedarf?

Die Antwort lautete: