Wir sollten, auf welcher Ebene auch immer, gemeinsam daran arbeiten, dass die Akzeptanz des Ehrenamtes weiter zunimmt.Wir sollten auch nicht müde werden, im Bereich der Unternehmen für die Anerkennungskultur zu werben. Denn wir werden darauf angewiesen sein, dass die Firmenchefs ein ehrenamtliches Engagement akzeptieren und nicht nur das, sondern es sogar gut finden und loben.
Wir sollten ferner die Steigerung des ehrenamtlichen Engagements im Bereich der Migranten nicht aus den Augen verlieren und gemeinsam überlegen, wie wir neue Zugangswege für Menschen schaffen können, die sich ehrenamtlich engagieren, aber nicht unbedingt einem Verein beitreten wollen.Wir sind sicher, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Förderung des Ehrenamtes weitergeht,und wir sind sicher,dass das Ehrenamt auch in Zukunft das Rückgrat unserer Bürgergesellschaft darstellen wird. – Vielen Dank.
Herr Präsident, Frau Vizepräsidentin, meine Damen und Herren! Das Ehrenamt ist ein unverzichtbares Element in unserer demokratischen Gesellschaft. Es ist ein Ausdruck der Bürgerbeteiligung und der Bürgerinnenbeteiligung, es ist ein Ausdruck der Selbstverantwortung, und es ist, denke ich, aus dem Leben unserer Gesellschaft zu Recht nicht wegzudenken.
Wir sehen:Alle Altersklassen und alle sozialen Schichten sind bereit,diese gesellschaftlich notwendige Arbeit zu erbringen. Umso wichtiger ist es, darauf hinzuweisen, dass eine Vereinnahmung durch die Politik, wie sie in der letzten Woche auf den Wahlplakaten der CDU passiert ist, nicht hinzunehmen ist.
Meine Damen und Herren, es gibt sehr viele Bürger und Bürgerinnen in Hessen, die bereit sind, sich über die Belastung durch das Erwerbsleben und über die Belastung durch Familienarbeit hinaus in der Gesellschaft zu engagieren. Wir sollten das alle sehr ernst nehmen und sie dabei unterstützen.
Das Statistische Bundesamt hat im Jahr 2001 in einer Modellrechnung einmal den gesellschaftlichen Wert des Ehrenamts ermittelt und ist dabei bundesweit auf die Summe von 17 Milliarden c pro Jahr gekommen. So viel wird von den ehrenamtlichen Helfern erbracht. Selbst wenn der Staat wollte, wäre er gar nicht in der Lage, diese Leistung anzubieten; da sind wir auf die Bürgerinnen und Bürger angewiesen.
Wir sollten aber auch beachten, dass wir in die Gesellschaft positive Signale senden. Ich will mich da nicht besonders heraushängen;aber die Diskussion über eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit hängt natürlich ganz eng mit den Kapazitäten zusammen,die Menschen haben, um sich ehrenamtlich zu engagieren. Wenn solche Forderungen aufgestellt werden, sollten wir immer daran denken, dass Menschen nicht nur erwerbstätig sind, sondern sich auch in der Gesellschaft und in den Familien engagieren.
Die Antwort auf die Große Anfrage zeigt, dass es im Bereich des Ehrenamts noch eine sehr starke geschlechtsspezifische Trennung gibt.Wir hatten nicht nur in diesem, sondern auch im letzten Jahr die Diskussion, dass es im Bereich der Feuerwehr Bestrebungen gibt, die geschlechtsspezifische Trennung zu reduzieren. Ich denke, dieser Ansatz ist sehr wertvoll.
Meiner Meinung nach kommt in der Antwort auf die Große Anfrage die Gestaltung des wohnortnahen Umfeldes ein bisschen zu kurz. Mir fällt auf, dass die Integration
von Menschen mit Migrationshintergrund im Ehrenamt in der Fragestellung und in der Beantwortung der Großen Anfrage ein bisschen zu kurz kommt.
Ansonsten stellen wir fest, dass wir in den letzten Jahren in der ehrenamtlichen Tätigkeit einen Strukturwandel hatten. Es gab einen Rückgang des Engagements in den traditionellen Feldern, d. h. in Wohlfahrtsverbänden, im Sport, bei den Gewerkschaften und bei den Kirchen, und es gab eine Zunahme sehr kleiner, wohnortnaher, selbstbestimmter Aktivitäten. Das ist ganz interessant, weil das Leben und die Lebensqualität gerade auf der kommunalen Ebene und wohnortnah gestaltet werden und dort das Ehrenamt besonders sinnvoll ist.
Es ist zu verzeichnen, dass der Hintergrund nicht mehr nur karitativ ist, dass die Menschen, die sich engagieren, letztendlich nicht nur der Gesellschaft dienen wollen,sondern auch zunehmend argumentieren, dass sie selbst etwas davon haben wollen.Das ist,denke ich,legitim und zu unterstützen.
Der Kollege Bellino hat schon darauf hingewiesen: In Hessen engagieren sich fast 40 % der Bürgerinnen und Bürger ab 14 Jahren im Ehrenamt. Ein weiteres Drittel könnte sich vorstellen, dies in Zukunft zu tun. Bei der Jugend – mein Kollege Bocklet wird darauf noch eingehen – ist es sogar so, dass die Nachfrage größer ist als das Angebot. Wir müssen uns ernsthaft Gedanken darüber machen, in welchen Bereichen zusätzliche Angebote geschaffen werden können. Ich nenne als Beispiel nur das freiwillige ökologische Jahr, das von der Landesregierung zurzeit etwas stiefmütterlich behandelt wird.
Wir brauchen auch eine besondere Anerkennungskultur sowohl auf der Landesebene – auch dazu wird mein Kollege Bocklet sprechen – als auch auf der kommunalen Ebene.
Meine Damen und Herren, die Politik darf das Ehrenamt nicht vereinnahmen, sondern sie muss Rahmenbedingungen schaffen, gerade in Bezug auf die Anerkennungsstruktur, aber auch in Bezug auf die professionelle Anleitung und die Einbindung des Ehrenamts.Wir müssen darauf achten, dass ein Ehrenamt oder die Aktivität von Bürgerinnen und Bürgern nicht dazu benutzt wird, reguläre Arbeitsplätze zu vernichten. Wir müssen sehen, in welchen Bereichen der professionelle Einsatz von Menschen durch die angeleitete und ausgebildete Tätigkeit von Ehrenamtlern und Ehrenamtlerinnen sinnvoll ergänzt werden kann.
Deswegen, brauchen wir eine sehr ernsthafte politische Diskussion. Wir müssen nicht nur darüber sprechen, wie wir, wie es Herr Bellino gesagt hat, die Erwerbsarbeit und das Ehrenamt miteinander verbinden, sondern wir müssen aufgrund des demographischen Wandels und aufgrund der sich ändernden Familienstrukturen auch über das Verhältnis von Erwerbsarbeit, Familienarbeit und Ehrenamt sprechen. Denn das sind die drei Bereiche der Arbeit, die für die Zukunft unserer Gesellschaft von besonderer Bedeutung sind.
Wir werden in den nächsten Jahren einen Zuwachs an älteren Menschen in unserer Bevölkerung haben – von gesunden, sehr aktiven älteren Menschen, aber auch von sehr hochbetagten älteren Menschen mit einem hohen Pflegebedarf. Ich denke, es wird eine der großen Herausforderungen sein,wie wir den hochbetagten,hilfsbedürfti
gen Menschen ein menschenwürdiges Leben mit professioneller Unterstützung, aber auch mit Nachbarschaftshilfe und allen Formen der Ehrenamtlichkeit sichern können.
Meine Damen und Herren,wir sprechen von dem Ziel der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. In diesem Zusammenhang möchte ich, weil wir bei diesem Thema sind, sagen:Wenn unser Ziel die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und gesellschaftlichem Engagement ist – ich unterstelle das zunächst einmal –, müssen wir auch über das Verhältnis von Erwerbsarbeit, Familienarbeit und Ehrenamt sprechen.
Meine Damen und Herren, die neue Bilanz, die sich zwischen Staat und Zivilgesellschaft ergibt, heißt, dass wir alles dafür tun müssen, damit soziale Dienstleistungen von hoher Qualität auch in den nächsten Jahrzehnten gesichert sind. Das geht aber nur, wenn wir die heutige Professionalität in vielen Bereichen aufrechterhalten und das Ehrenamt als die Möglichkeit ansehen, diese Professionalität sinnvoll zu ergänzen und damit die Qualität dieser Dienstleistungen zu erhöhen. Das ist die Voraussetzung für die Zukunft, über die wir hier diskutieren müssen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren von der CDU,lassen Sie mich mit einem Kompliment beginnen. Sie haben ein optimales Timing hingelegt, um das Thema Ehrenamt wahlkampftaktisch vor die Kommunalwahl zu setzen. Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Antwort auf die Große Anfrage und die darauf zugeschnittenen Fragen der CDU ein wichtiger Teil einer Selbstbeweihräucherungskampagne der CDU-Landesregierung sind.
(Beifall bei der SPD – Horst Klee (CDU): Warum muss man das so herunterziehen? Das ist doch kleinkariert!)
Darauf, dass sich die CDU gerne mit fremden ehrenamtlichen Federn schmückt,hat meine Kollegin Schulz-Asche schon hingewiesen. Der peinliche Versuch mit den Wahlplakaten, die wieder aus dem Verkehr gezogen werden mussten, ist ein gutes Beispiel dafür.
Es ist unstreitig, dass ehrenamtliches Engagement nicht oft genug und nicht hoch genug wertgeschätzt werden kann.
Aber Rotes Kreuz und Rettungsdienste vor den Wahlkampfkarren zu spannen, halte ich für einen schlechten Versuch zur Aufwertung des Ehrenamtes.
Ich will noch eines betonen. Bei der vorliegenden Antwort auf die Große Anfrage drängen sich zwei Fragen auf. Die erste ist, was mehr gelobt werden soll, die ehrenamtliche Tätigkeit von über zwei Millionen Hessen oder die vielfältigen Initiativen der Landesregierung, um mit wenig Geld viel Publicity zu inszenieren.
Die zweite Frage ist, ob Sie mit der Ehrenamtskampagne einen Teil des sozialen Kahlschlags kaschieren wollen.
Meine Damen und Herren, es gibt parteispezifisch unterschiedliche Vorstellungen von bürgerschaftlichem Engagement. Die SPD-Landtagsfraktion sieht das Ehrenamt als Ausdruck demokratischer Teilhabe am Gemeinwesen, und wir wollen es weiterentwickeln.
Bei der CDU habe ich den Eindruck, dass sie bürgerschaftliches Engagement als wesentliches Instrumentarium ansieht, um den Rückzug des Staates aus der sozialen Verantwortung mit ehrenamtlichen Kräften zu kaschieren.