Protokoll der Sitzung vom 23.02.2006

Meine Damen und Herren, das sind fast 80 %. Jetzt kann man natürlich sagen: Ja, ja, das sind Ausreißer. – Das kann man sagen. Wenn ich die Investitionssumme insgesamt in Relation zu den Kosten setze, dann sind 10 % manchmal auch nicht so viel. Bei einem Milliardenprojekt wie dem Frankfurter Flughafen sind 10 % gar nicht so viel. Deswegen sind wir zu der Überzeugung gekommen, dass die prozentuale Betrachtungsweise das reale Problem nicht richtig wiedergibt.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen gerade wissen, warum diese Kosten zustande kommen. Ich sage sehr deutlich, es gibt keinen Anlass zu der Vermutung, dass die Beamten faul seien. Ganz im Gegenteil, es gibt eher Anlass zu der Annahme, dass das Regelwerk, das dem Planungsvorhaben zugrunde liegt, so kompliziert ist, dass dieser erhebliche Verwaltungsaufwand entsteht.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb hat dieser Antrag mehr oder weniger den Sinn, zu ermitteln, welches Regelwerk einen solch immensen Aufwand im Hinblick auf die Verwaltungskosten bewirkt. Ich sage das an dieser Stelle sehr deutlich: Natürlich ist das eine Vielzahl insbesondere umweltrelevanter Bestimmungen, die zu diesen Mehraufwendungen führen.

Wenn ich beispielsweise bei der A 44 zur Kenntnis nehme, dass uns die Verlängerung eines Tunnels um 800 m Zusatzkosten in Höhe von 30 Millionen c ins Haus bringt, dann wehre ich mich mit diesem Antrag nicht dagegen, ob das richtig ist, sondern es geht bei diesem Antrag darum, zu ermitteln, ob das auch wirklich auf diese Art und Weise durchgeführt werden muss.

(Beifall bei der FDP)

Es geht also nicht darum – für diejenigen, die sich mit diesem Vorhaben kritisch auseinander setzen –, Standards zu

verändern, sondern auf der Grundlage dieser Mengenanalyse, was uns das kostet, festzustellen, wo man Verfahren straffen könnte, um etwas zu verändern.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich sage das einmal etwas flapsig:Wenn es darum geht, in diesem Lande Engagement zu beschneiden, könnten wir uns manche Spardiskussionen sparen, wenn wir bei dem bürokratischen Aufwand in der Tat das machen würden, was geboten ist, nämlich den Aufwand als solchen zurückzudrehen, ohne die Standards zu ändern. Dann könnten wir uns so manche Diskussionen hier im Hause, die für manche Betroffenen in der Tat bitter ist, wirklich sparen.

Meine Damen und Herren, wenn ich hören muss, dass gestern oder am vorgestrigen Tage in Verbindung mit der A 4, obwohl für einen Streckenabschnitt bereits eine Grundsatzentscheidung getroffen worden ist, erneut geklagt wird und es hier nicht um die Frage des Rechthabens geht, sondern nach meiner Einschätzung lediglich Machtpositionen dargestellt werden sollen, dann ist es berechtigt, zu fragen, was uns das kostet.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, das ist der Hintergrund, warum wir einen solchen Antrag stellen. Wir wollen dies ermitteln, um dann gemeinsam darüber nachzudenken, wie wir hier Abhilfe schaffen können. Es geht also bei diesem Antrag – wenn er so oder in anderer Weise realisiert wird; dazu werde ich gleich noch etwas sagen – im Ergebnis darum, bei Verwaltungsverfahren das Einsparpotenzial zu ermitteln, festzustellen, ob es dort überhaupt ein Einsparpotenzial gibt – die Indizien sprechen dafür –, eine Ursachenforschung zu betreiben, wie man Verfahren zusammenführen kann, ohne die materiell-rechtlichen Inhalte zu beschneiden, damit sowohl zur zeitlichen Verkürzung als auch zu Einsparungen zu kommen und bei der Gelegenheit auch darüber nachzudenken, welche gesetzlichen Vorschriften es tatsächlich gibt, die hier einer Änderung zugeführt werden könnten.

Meine Damen und Herren, zu dem Ergebnis, das ich Ihnen vorgetragen habe, kommen nicht nur die hessische Landesverwaltung, sondern auch die Verwaltungen in anderen Bundesländern. Auch dort ist die Lage so, wie ich sie hier beschrieben habe: Eine Ausweisung der Bauherrenkosten erfolgt nicht.

In dem Zusammenhang bin ich natürlich gefragt worden: Wird das nicht bedeuten, dass man zusätzlichen bürokratischen Aufwand erzeugt, um die Kosten zu ermitteln? Um das zu verhindern, verzichten wir bewusst darauf, nachträglich zu ermitteln, weil dann der Aufwand in der Tat unvertretbar groß wäre. Wir wollen vielmehr erreichen, dass das bei neuen Maßnahmen exemplarisch realisiert wird. Deshalb bitte ich ergänzend darum, dass wir im zuständigen Ausschuss bei der Behandlung des Antrags unter Zuhilfenahme des Fach- und Sachverstands der Landesregierung darüber diskutieren, wie man das praktikabel handhaben kann. Das Ziel ist für uns eindeutig und klar, aber wir wollen es nicht dadurch erreichen, dass wir zusätzlichen bürokratischen Aufwand erzeugen. Deshalb haben wir zunächst vorgeschlagen, dies nur bei Infrastrukturvorhaben aus dem Bereich des Bundesverkehrswegeplans zu tun.

Wenn seitens der Fachleute gesagt wird, dass man an der Stelle auch selektiv vorgehen kann, dann sind wir in die

ser Frage durchaus offen, weil es darum geht, dieses Verfahren im Haushaltsplan langfristig zu verankern.

Ich fasse zusammen. Ich hoffe, dass Sie diesem Ansinnen zustimmen, auch wenn es sich um eine sehr dröge und trockene Materie handelt, denn das hat letztendlich eine große politische Bedeutung.Wenn es uns nämlich gelingt, Haushaltsmittel zu sparen, dann haben wir die Möglichkeit, diese entweder zu nutzen, um die Verschuldung zurückzuführen – das würde der Haushälter meiner Fraktion sagen –, oder sie für andere Vorhaben zweckentsprechend zu verwenden. Das ist der tiefere Sinn dieses Ansinnens.

(Beifall bei der FDP)

Der zweite Punkt betrifft die Frage, wie wir diese Vorhaben beschleunigen und kostengünstiger gestalten können.

Lassen Sie mich abschließend Folgendes sagen.Ich glaube, dass die Frage der Beschleunigung und der Kosteneffizienz bei der Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen, bei denen das Land oder eine staatliche Stelle als Vorhabensträger fungiert, eine sehr große Bedeutung hat und dass es dort Potenziale gibt,die wir heben müssen.Ich will an dieser Stelle nicht die Diskussion über die Sinnhaftigkeit des Erörterungstermins für den Ausbau des Frankfurter Flughafens ansprechen.Aber wir müssen uns natürlich fragen, ob es vertretbar ist, bei einem solchen Vorhaben ca. 7 Millionen c für die Durchführung des Verfahrens zur Verfügung zu stellen, oder ob es nicht günstigere Möglichkeiten gäbe.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sind zwei Problemkreise. Herr Kaufmann, da gebe ich Ihnen Recht.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das sind 2 Promille!)

Schönen Dank für diesen Hinweis. Das Thema „Promille“ ist für mich nicht entscheidend, sondern ich will wirklich die absoluten Beträge wissen.Ich will wissen:Warum fallen in Einzelfällen Verwaltungskosten in Höhe von 60 bis 70 % der Gesamtkosten an? Das hat doch nicht die Ursache, dass die Beamten Däumchen drehen, sondern es gibt gesetzliche Grundlagen, die die Administration letztlich dazu veranlassen, genau diesen Verwaltungsaufwand zu erbringen.

Darüber sollten wir diskutieren. Ich hätte also die Bitte, dass wir das im Ausschuss gemeinsam vertieft beraten, um einen praktikablen Weg zur Lösung dieses Problems zu finden.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Posch. – Als nächster Redner hat Herr Wagner für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die FDPFraktion hat in dieser Woche ein neues Instrument der Opposition entdeckt.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP):Was jetzt? Sind wir Opposition, oder nicht? Das klingt bei euch sonst immer anders! Sie müssen sagen, was Sache ist, Herr Kollege!)

Herr Hahn, ich wollte Sie erst einmal sprechen lassen, denn anscheinend haben Sie ansonsten nicht viel zu sagen. Wenn Sie fertig sind, kann ich meine Ausführungen fortsetzen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das war schwach!)

Die FDP-Fraktion hat ein neues Instrument der Opposition entdeckt, nämlich das Berichtswesen. Gestern haben wir uns damit beschäftigt, dass die FDP-Opposition kraftvoll einen Bericht zum Landeswohlfahrtsverband eingefordert hat. Jetzt fordert die FDP-Fraktion kraftvoll Berichte über Verwaltungskosten ein, die beim Straßenbau entstehen. Sie fordern immer mehr Berichte. Man kann die Landesverwaltung sich auch mit sich selbst beschäftigen lassen, Herr Kollege Posch.

(Florian Rentsch (FDP): Das sagt der Richtige!)

Ich fände es aber sehr viel besser, wenn sich die Landesverwaltung beim Bau von Infrastrukturprojekten damit beschäftigen würde, sauber zu planen und die Interessen der Menschen, der Natur und der Umwelt zu berücksichtigen, statt sich damit zu beschäftigen, für Sie irgendwelche Berichte über Kosten zusammenzutragen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der FDP)

Herr Kollege Posch, sagen Sie es doch ganz offen: Es geht um etwas ganz anderes. Sie haben eine Kampagne vom Stapel gelassen, in der Sie sagen: „Das, was wir im Moment im Planungs- und im Baurecht an Bürgerbeteiligung und an Abwägung von Natur- und Umweltbelangen betreiben, halten wir für übertrieben.“ Darum geht es im Wesentlichen. Lassen Sie uns doch diese Debatte führen, aber beschäftigen Sie die Landesverwaltung nicht damit, für Sie irgendwelche Berichte zusammenzutragen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Debatte lohnt sich, Herr Kollege Posch, denn die Kosten, die im Moment für Abwägungen und Anhörungen bei Bauverfahren entstehen, werden – entgegen dem Eindruck, den Sie zu erzeugen versuchen – nicht von einem Geheimbund der Kammmolche verursacht, sondern sie beruhen allesamt auf Gesetzen – übrigens zumeist Gesetzen, denen auch die FDP zugestimmt hat. Das muss man an dieser Stelle sagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern sollten Sie den Menschen und den Umweltverbänden nicht vorwerfen,dass sie Rechte wahrnehmen,die die FDP teilweise mit geschaffen hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir über die lange Dauer von Planungs- und Bauzeiten reden, dann müssen wir uns doch einmal anschauen, woran das liegt.

(Michael Boddenberg (CDU): Meistens an den GRÜNEN!)

Danke, Herr Kollege Boddenberg, dass Sie den GRÜNEN eine so entscheidende Rolle in diesen Verfahren beimessen. – Nein, Herr Kollege Boddenberg, es liegt nicht daran, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Rechte wahrnehmen. Es liegt nicht daran, dass Umwelt- und Naturschutzverbände ihre Rechte wahrnehmen. Es liegt in

aller Regel daran, dass diese Landesregierung nicht willens und nicht in der Lage ist, gesetzeskonform zu planen. Das ist der wirkliche Grund, warum sich die Vorhaben verzögern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Posch, ich finde es sehr mutig, was Sie hier beantragen. Ich fände es nämlich sehr interessant, einmal zu erfahren, welche Kosten dadurch verursacht wurden, dass Sie mit den Planungen zur A 44, die Sie als Verkehrsminister zu verantworten hatten, gescheitert sind. Aber was könnten wir mit dem Ergebnis tun? Sollen wir Ihnen diese Kosten in Rechnung stellen? Sollen wir die Kosten der FDP in Rechnung stellen? Das zeigt doch, dass Ihr Ansatz überhaupt nicht weiterführt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es war doch Ihr Fehler, Herr Kollege Posch, dass Sie bei der Planung der A 44 nicht sauber gearbeitet haben, dass FFH-Gebiete nicht ausgewiesen wurden und dass deshalb Gerichte – und nicht etwa Geheimbünde der Kammmolche – feststellen mussten, dass Ihre Planungen nicht gesetzeskonform waren.Dass sind die Gründe für lange Planungszeiten in unserem Land.