Protokoll der Sitzung vom 23.02.2006

Es war doch Ihr Fehler, Herr Kollege Posch, dass Sie bei der Planung der A 44 nicht sauber gearbeitet haben, dass FFH-Gebiete nicht ausgewiesen wurden und dass deshalb Gerichte – und nicht etwa Geheimbünde der Kammmolche – feststellen mussten, dass Ihre Planungen nicht gesetzeskonform waren.Dass sind die Gründe für lange Planungszeiten in unserem Land.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein anderes Beispiel ist die Planung der Landebahn am Frankfurter Flughafen. Die sollte mit einem Federstrich im Landesentwicklungsplan festgeschrieben werden. Die Stadt Flörsheim hat – unter einem CDU-Bürgermeister – dagegen geklagt, und sie hat Recht bekommen. Das ist einer der Gründe, warum derartige Vorhaben in unserem Land so lange dauern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das hat einen einzigen Tag gekostet! So ein Unsinn!)

Weitere Beispiele dafür, dass die Landesregierung nicht willens und nicht in der Lage ist, sauber zu planen: Schauen wir uns den Regionalplan Südhessen an. Auch hier sind Sie mit Ihren Festlegungen zum Frankfurter Flughafen gescheitert. Darin liegen die eigentlichen Gründe für verzögerte Planungen. Ich könnte die Liste der Beispiele endlos fortsetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Posch, Sie sprechen hier immer davon, ein Planungsverfahren dauere insgesamt 30 Jahre. Das ist schlicht Unsinn. Das, was teilweise 30 Jahre dauert, sind die politischen Prozesse. Das liegt daran, dass die Verkehrspolitik von der CDU, der FDP und manchmal auch von den Freunden von der SPD nach dem Prinzip gemacht wird: Jedem Abgeordneten seine Straße, unabhängig davon, ob diese Straße machbar und finanzierbar ist. – Damit weckt man Erwartungen, die in der Tat 30 Jahre lang nicht erfüllt werden können. Das liegt aber nicht an den Umweltverbänden, das liegt nicht an den Bürgerinnen und Bürgern, die ihre Rechte wahrnehmen, sondern daran, dass Sie billigen Applaus für Spatenstiche haben wollen, Herr Kollege Posch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU und der FDP)

Sie haben die Verkehrsprojekte des Bundes angesprochen. Herr Kollege Posch, wie sah der Bundesverkehrswegeplan vor der Regierungszeit von Rot-Grün aus? Da galt doch das Prinzip: Wir schreiben in diesen Plan alles hinein, damit jeder Abgeordnete in seinem Wahlkreis sa

gen kann, er habe etwas getan. – Finanziert war keines dieser Projekte.

(Zuruf des Ministers Dr.Alois Rhiel)

Danke, Herr Minister, für die Präzisierung: Es war wenig von dem, was vor Rot-Grün im Bundesverkehrswegeplan stand, wirklich finanziert.

Man darf sich nicht wundern, wenn Bauprojekte nicht umgesetzt werden können, weil es für sie keine Finanzierung gibt. Herr Kollege Posch, auch das sind Gründe für die langen Planungszeiten in unserem Lande.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wollen jetzt die Bürgerrechte und die Rechte von Umwelt- und Naturschutzverbänden im Planungsverfahren einschränken. Darum geht es eigentlich. Ich sage: Diese Rechte sind aus gutem Grund im Planungsrecht verankert. Denn nach wie vor werden in unserem Land, in der Bundesrepublik Deutschland, an jedem Tag 93 ha an Fläche für Siedlungs- oder Verkehrsprojekte verbraucht, 93 ha jeden Tag – das entspricht 120 Fußballfeldern. Deshalb ist es richtig, dass wir mit Natur sensibel umgehen, anstatt zuerst den Bagger zu bestellen und erst dann nachzudenken, Herr Posch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Herr Kollege Posch, Sie müssen ja nicht mir glauben, wie wichtig der Sachverstand bei Verkehrsprojekten ist.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Wir glauben Ihnen alles, denn Sie sind der Ausbund des Sachverstandes!)

Herr Hahn, geht es wieder?

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Sie sind der Ausbund des Sachverstandes!)

Herr Hahn sagt,ich sei der Ausbund des Sachverstandes.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr gut, da hat er Recht!)

Herr Hahn, ich bedanke mich dafür – ein wahrer Satz an diesem Tag.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Hahn, das kommt so überraschend. Ich bedanke mich also.

Aber eigentlich wollte ich mit dem Kollegen Posch weiterreden. Sie müssen ja nicht uns, den GRÜNEN, glauben, wie wichtig es ist, Sachverstand bei Planungen zu berücksichtigen, die Anregungen von Bürgerinnen und Bürgern vor Ort bei Planungen zu berücksichtigen, die richtigen Hinweise von Umwelt- und Naturschutzverbänden zu berücksichtigen. Herr Kollege Posch, Sie können in dieser Frage einfach das vertrauensvolle Gespräch mit Ihrer Kollegin Ruth Wagner führen.

Wir lesen nämlich im „Ried-Echo“ vom 21. Februar: „FDP will Ausbau im Landtag stoppen“. Da geht es um die B 426 in Darmstadt. Wir lesen in diesem Artikel von Frau Kollegin Wagner – ich zitiere –:

Die FDP-Fraktion wird im Hessischen Landtag beantragen, die Planung zum Ausbau der B 426 im Eberstädter Mühltal sofort zu beenden.

Ich zitiere weiter Wagner – gemeint ist die geschätzte Kollegin Ruth Wagner; also nicht der grüne Wagner, die FDPWagner ist gemeint –:

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Die Daniela, das ist die mit den Krückstöcken!)

Wagner bedauerte,dass über nunmehr 13 Jahre hinweg die Planung des Ausbaus betrieben wurde, ohne dass, wie sie sagte, „irgendein Abgeordneter, irgendein Landrat oder ein Oberbürgermeister davon wusste“.

Sehen Sie, Herr Kollege Posch, deshalb ist es so wichtig, dass der Sachverstand von kundigen Bürgerinnen und Bürgern bei den Planungsverfahren einbezogen wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Weiter führt die Kollegin Wagner völlig richtig aus, ich zitiere:

Es gebe einfach zu viele Straßenbauvorhaben in Hessen, als dass die Politik darüber informiert sein könne.

Sehr richtig, Frau Kollegin Wagner – deshalb sind die Hinweise der Umwelt- und Naturschutzverbände so wichtig, was mit Straßenbauvorhaben passieren könnte und welchen Eingriff sie teilweise in die Natur darstellen.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP):Ach nee!)

Frau Kollegin Wagner, sehr richtig. Sie sind auf dem richtigen Weg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP), bereits vor den Sitzreihen der Abgeordneten stehend, auf dem Weg, die Sitzungsleitung zu übernehmen)

Was schreien Sie denn mit mir? Ich bin doch Ihrer Meinung. Sie müssen doch mit dem Kollegen Posch schreien.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Frau Kollegin Wagner, wir haben nicht nur denselben Namen, wir haben in dieser Frage auch dieselbe Meinung.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Kollegin Wagner sagt – –

Entschuldigen Sie mich bitte, Herr Wagner. – Frau Kollegin Wagner, darf ich Sie bitten, wenn Sie sich an dieser munteren Debatte beteiligen wollen, doch wenigstens Platz zu nehmen. Das wäre mir sehr lieb.

(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ansonsten habe ich nichts gegen eine muntere Debatte, solange der Redner noch zu Wort kommt. – Herr Wagner, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Wagner?

Auch wenn sie hier praktisch sprungbereit steht,

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

möchte ich ihr die Gelegenheit geben, auf ihrem Platz Luft zu holen,

(Allgemeine Heiterkeit)