Protokoll der Sitzung vom 23.02.2006

Meine Damen und Herren, für die Verzögerung der Bauarbeiten von nunmehr fast vier Jahren haben die Menschen dort oben kein Verständnis, ich auch nicht.

(Beifall bei der SPD)

Sie geht aber nicht auf das Konto von langen Planungszeiten,sondern auf Planungsfehler aus der Vergangenheit. – Abschließender Satz. Daran wird deutlich, welche zentrale Bedeutung ein rechtsstaatlich einwandfreies Verfahren hat,

(Beifall bei der SPD)

und ich habe den Eindruck, aus diesen Fehlern hat die Landesregierung zumindest bei dem Flughafenverfahren noch nichts gelernt. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Wir sind etwas gnädig verfahren: zwei Minuten Redezeit mehr. – Herr Kollege Milde, für die Fraktion der CDU haben Sie das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt habe ich gerade für Frau Kollegin Henzler eine Wortmeldung abgegeben, ich lobe noch Herrn Posch. Ich merke, dass die Schlachtordnung wieder in Ordnung ist.

Zu Frau Pfaff muss ich sagen:Ich habe mir bei dem Thema wirklich Gedanken gemacht. Als ich gelesen habe, dass die FDP die künftige Feststellung der Bauherrenkosten bei Infrastrukturprojekten des Landes zum Setzpunkt gewählt hat, habe ich überlegt, ob das der Beitrag zur Weiberfastnacht ist. Ich muss sagen, dass die Kollegin Wagner und Mathias Wagner alles dafür getan haben, um aus dem Thema etwas herauszuholen. Es war ein bisschen an der Spaßgrenze dabei.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Axel Wintermeyer (CDU): Gleich kommt noch unser Wagner!)

Aber zur Sache zurück. In der Tat ist es so, dass der Antrag, wie ihn die FDP gestellt hat, einen Hintergrund hat, den wir nicht auf die leichte Schulter nehmen dürfen, denn die Transparenz von Kosten ist eine Frage, mit der man sich grundsätzlich beschäftigen muss. Dafür haben wir nun mit SAP ein System gefunden, worum uns die ganze Republik beneidet und das von dieser Seite vehement bekämpft wird.

Frau Pfaff,ich sage gleich:Sie haben etwas verwechselt.Es wurde nicht für 500 Millionen c eine Software von SAP gekauft, sondern es wurde für 50 Millionen c eine Software gekauft. Alles andere sind IT-Kosten, die Sie zusammengerechnet haben und die das Land sowieso hat.

(Widerspruch des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich denke, wir müssten auch hier ein bisschen zur Sache kommen.Wir können zwischendurch auch ein paar Späße machen.Aber grundsätzlich habe ich mit dem Antrag,den Herr Posch gestellt und wohl begründet hat, wirklich kein Problem.

(Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP))

Allerdings muss man sagen: Ganz so, wie es dargestellt wurde,

(Nicola Beer (FDP): Er muss das gleich wieder einschränken!)

dass alle Kosten aus der Luft gegriffen und geschätzt werden, ist es nun auch nicht. Es gab bisher schon relativ genaue Kostenaufstellungen. Übrigens wird schon seit dem 01.01.2005 dafür SAP,nämlich das Modul Projektsysteme, eingesetzt. Das ist heute ist für die im Antrag angeführten Planungskosten nicht möglich. Es ist schon richtig, dass man sich einmal Gedanken macht – Herr Posch hat es auf den Punkt gebracht –, nicht nur wie hoch insgesamt die Verwaltungskosten sind,sondern auch wie hoch die in den einzelnen Projekten sind.

Man muss sich einmal Gedanken machen, wenn in dem einen Projekt die Verwaltungskosten 60 % ausmachen und in anderen nur 20 %,was bei dem einen Projekt falsch gelaufen ist. Frau Pfaff, das würden Sie zu Hause wahrscheinlich auch machen. Wenn Sie versuchen, in Ihrem

Haushalt irgendetwas einzusparen, machen Sie sich doch als Allererstes einmal Gedanken, wo Kosten entstehen, warum bei dem einen mehr Kosten als bei dem anderen entstehen, um abwägen zu können, wo Sie etwas einsparen können.

(Gerhard Bökel (SPD): Sie müssen erst einmal ein Beschleunigungsgesetz für den Haushalt machen!)

Letztlich ist das nichts anderes als das, was die FDP von der Landesregierung verlangt. Ich muss sagen: Wir sind auf einem sehr guten Weg, diese Kosten zu ermitteln. Natürlich muss, was angesprochen wurde, auch nachgearbeitet werden, weil SAP noch gar nicht so weit ist, das alles machen zu können. Natürlich ist es genau dafür da und wird auch dafür eingesetzt.

(Gerhard Bökel (SPD): Das kann man mit einer Kartei auch machen! – Reinhard Kahl (SPD): Ob das funktioniert, Herr Kollege?)

Es muss uns vor allen Dingen klarmachen, dass der Anteil der Planungs- und Verwaltungskosten insgesamt sinken muss. Das muss doch in unser aller Interesse sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dass der Kollege Wagner eine große Anzahl von Bürgerrechten aufgeführt hat, die in der Verwaltung notwendig sind – –

(Reinhard Kahl (SPD): Zur Stützung von Bürgern!)

Ich hätte nicht daran gedacht, als ich diesen schönen Antrag gelesen habe, dass die GRÜNEN hier über Bürgerrechte diskutieren werden. In diesem Fall, den Sie mit der Felsnase in Darmstadt dargestellt haben, was eigentlich erst später ein Thema werden sollte, ist es gerade so gewesen, dass die Naturschutzverbände, die Umweltschutzverbände im Planungsverfahren dabei und alle dafür waren. Es ist die Kollegin Wagner, die heute dagegen ist.

(Gerhard Bökel (SPD): Das ist ein unglaublicher Vorgang!)

Aber die Rechte der Umweltverbände sind wahrscheinlich in aller Form berücksichtigt worden. Deswegen hat es 13 Jahre gedauert. Den Streit hätte man vor fünf Jahren führen können.

(Beifall des Abg. Roland von Hunnius (FDP) – Gerhard Bökel (SPD): Investitionshemmnisse!)

Erst war ich ein bisschen erschrocken, als ich den Antrag gelesen habe. Wir müssen aufpassen, dass es am Ende nicht dazu führt,dass der Verwaltungskostenanteil,der errechnet wird, zusätzlich von irgendeiner Seite erstattet wird.

(Gerhard Bökel (SPD): Ich kenne mich im Mühltal aus!)

Es darf für die Bürger am Ende nicht teurer werden, sondern muss günstiger werden.

Frau Pfaff hat ein paar Punkte vorgelesen, die als Vorschläge aus der Posch-Kommission kamen und teilweise jetzt von der Regierung in Berlin umgesetzt werden. Ich will ein paar Punkte nennen. Natürlich ist die Vereinfachung und Beschleunigung des deutschen Planungsrechts weltweit inzwischen ein anerkanntes Thema. Kein Mensch kann wahrlich behaupten, dass wir in Deutschland in einer Phase sind, wo Planungen so schnell laufen, dass wir uns bei jeder Autobahn freuen, dass sie nach zwei

Jahren fertig ist. Es gibt ganz wenige Ausnahmen in Deutschland, aber es gibt viel zu wenige.

Deswegen ist es richtig, dass die Raumordnungsverfahren dauerhaft wegfallen und durch landesplanerische Stellungnahmen ersetzt werden. Es ist auch richtig, das Abweichungsverfahren gleichzeitig mit dem Planfeststellungsverfahren durchzuführen.Es ist auch richtig,dass die Frage, ob Erörterungstermine – Sie haben das vorgeschlagen, es kommt aus der Kommission heraus – durchgeführt werden müssen oder nicht, im Ermessen der Anhörungsbehörde liegen soll. Es ist auch richtig, dass ein Erörterungstermin nur dann notwendig sein soll, wenn vorher überhaupt entsprechende Einwände vorgetragen worden sind. Wenn sie vorher nicht vorgetragen worden sind, braucht man auch keinen Erörterungstermin.

Es ist auch richtig, Kriterien zur Feststellung der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung festzulegen. Das ist einer der wesentlichen Punkte, die Herr Posch in seiner Kommission vorgeschlagen hat. Ich erspare mir, diese ganzen Kriterien aufzuführen. Aber wenn diese Kriterien nicht erfüllt sind, warum soll dann noch eine zusätzliche Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden? – Gleichzeitig finde ich es zumindest nachdenkenswert, dass die Möglichkeit eingeräumt wird, anstelle von Planungsfeststellungsverfahren Planungsgenehmigungen mit Umweltverträglichkeitsprüfungen für das gesamte Bundesgebiet durchzuführen.

Meine Damen und Herren, was Sie angesprochen haben und was inzwischen auf den Weg gebracht wurde, ist, dass die Geltungsdauer von Planungsfeststellungsbeschlüssen heute nur fünf Jahre beträgt und optional auf 15 Jahre erweitert werden kann. Das ist sicherlich der richtige Weg. – Kurzum, ich muss sagen: Der Antrag läuft bei uns offene Türen ein. Wir werden an diesem Thema weiterarbeiten müssen. Wir sind dankbar, dass wir SAP haben, um diese Möglichkeiten überhaupt nutzen zu können.Es wird Zeit, dass die SPD auf den gleichen Weg kommt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, nun hat Herr Staatsminister Rhiel das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte hat einen größeren Bogen genommen und einen größeren Radius umfasst als das, was ursprünglich in dem Antrag intendiert ist.Das,was von allen Seiten gesagt worden ist, kann man zusammengefasst unterstreichen, dass nämlich die Planungsverfahren zügiger gehen sollen, dass die Maßnahmen schneller realisiert werden sollen und dass die Rechte aller Betroffenen eingehalten werden sollen.

Meine Damen und Herren, so weit, so gut. Im konkreten Fall stoßen sich diese Ideale sehr oft an der konkreten Wirklichkeit. Dass wir mit SAP jetzt eine neue Möglichkeit haben, mit vertiefter Transparenz in diese AufwandNutzen-Analyse einzusteigen,ist unbestritten.Nur hat die Straßenverkehrsverwaltung – das gilt schon seit den Neunzigerjahren – immer wieder versucht, mit den schon gegebenen Möglichkeiten Transparenz in die Kosten

struktur zu bringen, um die einzelnen Phasen des Planungs- und Realisierungsablaufs dazustellen und um deutlich zu machen, wo die jeweiligen Kostenverursacher sind.

Von daher ist es richtig, wie Herr Posch gesagt hat, dass das nicht unbedingt und vor allem nicht vom Kern her in der Verantwortung der Verwaltung liegt. Vielmehr hat sich die Verwaltung an das zu halten, was Recht und Gesetz ist. Für Recht und Gesetz sorgen vor allem die Parlamente, so auch der Hessische Landtag.

Deshalb ist der eben formulierte Appell, das Planungsrecht zu vereinfachen, auch ein Appell an Sie, dass Sie mit den Möglichkeiten des Landtags, aber auch unter Einflussnahme auf die Bundesebene versuchen, die Komplexität zu reduzieren, ohne jedoch von einer konkreten Wirklichkeit zu abstrahieren; denn alle Beteiligungsrechte sollen aufrechterhalten werden, sofern sie dem Sinn einer solchen Abwägungsentscheidung gerecht werden.

Damit sind wir mitten im Thema. Frau Pfaff hat zu Recht gesagt, dass wir schneller werden sowie die Planung vereinfachen und beschleunigen müssen. In der Tat hatten wir in Deutschland, vor allem in den neuen Bundesländern, viele Beispiele dafür, dass das beschleunigte Planungsverfahren umgesetzt wird. Aber in Hessen hat die frühere Landesregierung – Herr Klemm ist jetzt nicht anwesend – das bei der A 44 ganz bewusst nicht in Anspruch genommen.

(Beifall bei der CDU)

Es ist ganz bewusst gesagt worden:Wir wollen dieses Verfahren nicht.– Sie haben es schnöde abgewiesen und stattdessen den komplexeren Zusammenhang gewählt, mit all den Konsequenzen, die wir, bis hin zu der Entscheidung des BUND vom gestrigen Tag, zu tragen haben. Der BUND hat einerseits immer wieder Nachbesserungen gefordert – die auch erfüllt worden sind –, andererseits noch einmal geklagt und damit für den Aufschub einer Maßnahme gesorgt, deren erster Abschnitt schon umgesetzt worden ist. In der „HNA“ können Sie nachlesen, dass ein örtlicher Vertreter des nordhessischen BUND gesagt hat: Irgendwann muss auch einmal Schluss sein mit den Klagen.

(Beifall bei der CDU)

Das sagt ein prominentes BUND-Mitglied. Erstens seien die Aussichten nicht vielversprechend. Was er da sagt, ist sehr realistisch. Zweitens sagt er, sie hätten schon viel erreicht, da das Land die FFH-Schutzgebiete ausgewiesen habe.