Herr Präsident, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der heute in erster Lesung zu beratende Gesetzentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die staatliche Anerkennung von Berufsakademien ist ein weiterer konsequenter Schritt hin zu einer qualifizierten Fort- und Weiterentwicklung der Berufsakademien in Hessen. Die CDU-Fraktion begrüßt diese Entwicklung ausdrücklich.
Ich bin ein wenig überrascht, dass von den Vertretern dreier Fraktionen jetzt so vehement dagegen argumentiert wurde.
Frau Beer hat von einer Gleichmacherei gesprochen, die ganz übel sei und der die FDP einen entsprechenden Widerstand entgegensetzen werde.Frau Sorge hat gar von einer Kriegserklärung an die Fachhochschulen gesprochen, und Herr Kollege Siebel hat in dieses Lied eingestimmt. Er hat von „kleinräumigen Einheiten“ gesprochen.
Dann muss an dieser Stelle aber die Frage erlaubt sein: Welche Ängste haben Sie im Zusammenhang mit der Tatsache, dass durch die Novellierung des Berufsakademiengesetzes mehr Wettbewerb zwischen Fachhochschulen und Berufsakademien entsteht? Der Wettbewerb kann nur förderlich sein.
Ich will das durchaus unterstützen. Ich möchte aber auch gleich sagen, dass ich ein großer Freund der Berufsakademien bin; denn ich schätze ihre Arbeit sehr. Aber ich schätze auch die Arbeit der Fachhochschulen außergewöhnlich hoch ein. Frau Kollegin Beer, ich bin überzeugt, dass keine Fachhochschule den Wettbewerb zu scheuen braucht.
Sie sind alle leistungsfähig, auch weil sie staatlich zum Teil sehr stark gefördert werden, im Gegensatz zu den Berufsakademien, die zwar keinerlei Förderung erfahren, aber sich in ihren Bereichen außergewöhnlich gut positioniert haben, hervorragende Arbeit leisten und ihrerseits den Wettbewerb mit den Fachhochschulen sicher nicht scheuen müssen.
Die Berufsakademien gehören ganz klar zu den zukunftweisenden besonderen Bildungseinrichtungen im tertiären Sektor. Ihr besonderes Merkmal ist die Verzahnung der wissenschaftlichen Lehre mit anwendungsbezogenem Lernen in der Arbeitswelt.Bereits heute ist eine steigende Nachfrage nach stärker berufsbezogenen Studienangeboten festzustellen. Wir sehen, dass immer mehr Betriebe ein steigendes Interesse an den Angeboten der Berufsakademien zeigen, die mit ihren Studiengängen im dualen System die Berufsausbildung des dualen Systems auf höherem Niveau fortsetzen.
Die heute zur Beratung anstehende Teilnovellierung des bisherigen Gesetzes über die staatliche Anerkennung von Berufsakademien beinhaltet einige weniger spektakuläre, zum Teil nur redaktionelle und gesetzessystematische Änderungen.
Die gewählte englischsprachige Bezeichnung „University of Cooperative Education“ – auch darin, sehr geschätzte Frau Kollegin Beer, kann ich Ihnen nicht folgen – ist in allen anderen Bundesländern ebenfalls üblich. Darin sind wir keine besondere Ausnahme.
Ich möchte mich daher in meinen weiteren Ausführungen auf die wesentlichen und richtungweisenden Änderungen beziehen, die in dem vorliegenden Gesetzentwurf enthalten sind.
Da die Berufsakademien auch zunehmend Weiterbildung für Berufstätige anbieten, die sich nicht in das strenge Schema des ausbildungsbegleitenden Unterrichts einordnen lässt, ist der neu aufzunehmende Verweis auf berufsbegleitende Angebote gerade in der heutigen Zeit schlüssig. Folgerichtig soll daher auch die bisher geltende Bezeichnung „Ausbildungsgang“ durch die Bezeichnung „Studiengang“ ersetzt werden.
Die Einführung neuer und die Änderung bestehender Studiengänge soll von dem Verfahren der staatlichen Anerkennung abgetrennt werden und als gesonderter Genehmigungstatbestand im Zusammenhang mit der Prüfungsordnung behandelt werden. Die Genehmigung zur Einführung eines Studiengangs und die entsprechende Studien- und Prüfungsordnung gelten mit dem Nachweis der Akkreditierung als erteilt. Damit wird der Regelungsaufwand, den der Staat hat, deutlich reduziert werden. Das soll durch ein nicht staatliches Verfahren zur Qualitätssicherung ersetzt werden. Das begrüßen wir außerordentlich.
Das bedeutet, dass es zugunsten der Berufsakademien zu einer deutlichen Erleichterung des Verfahrens kommt. Denn auf die bisher bestehende Zweigleisigkeit soll verzichtet werden. Dementsprechend wird das Genehmigungsverfahren erleichtert werden.
Auf das jetzt schon bestehende 40-%-Quorum, mit dem der Anteil festgelegt wird, den die hauptamtlichen Lehrkräfte am Lehrangebot haben müssen, sollen nach der Novellierung auch Lehrdeputate der Professorinnen und Professoren angerechnet werden, die längerfristig eine Nebentätigkeit an der Berufsakademie ausüben. Herr Kollege Siebel, da haben Sie aber etwas unterschlagen. Voraussetzung soll nämlich sein, dass durch sie die Kontinuität im Lehrangebot und die Betreuung und Beratung der Studierenden gewährleistet ist. Frau Kollegin Beer, wenn dies in ausreichendem Maß erfüllt werden kann, bin ich der Auffassung, dass dann durchaus jemand, der als Lehrender an einer Berufsakademie unterrichtet bzw. lehrt, den Titel Professor tragen kann.
(Nicola Beer (FDP): Den hat er doch schon! Herr Kollege, es geht um die anderen! Fachhochschulprofessoren haben diesen Titel schon!)
Meiner Auffassung nach wird diese Öffnungsklausel die Qualität der Ausbildung an den Berufsakademien nicht mindern. Wahrscheinlich wissen auch Sie, dass das auch einem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom Oktober 2004 entspricht. Das ist also nichts Hessenspezifisches. Es handelt sich dabei um die Umsetzung eines Beschlusses der Kultusministerkonferenz.
Als flankierende Maßnahme zur vorgesehenen Einführung der Bachelor-Studiengänge soll dann der an der Berufsakademie hauptamtlich Unterrichtende den Titel Professor tragen können. Im bisher geltenden Gesetz fehlen klare und eindeutige Aussagen über die Wertigkeit der Abschlüsse der Berufsakademien.
Unserer Auffassung nach ist es daher sehr zu begrüßen, dass der vorliegende Gesetzentwurf sowohl die berufsrechtliche Gleichstellung des Diploms der Berufsakademie mit dem Diplom der Fachhochschule vorsieht als auch die Gleichstellung der Bachelor-Abschlüsse entsprechend dem Hochschulrecht erfolgen soll. Frau Kollegin Beer, das ist keine sinnlose Gleichmacherei.
Nein, das sehen wir ganz anders. Das entspricht genau dem Leistungsniveau, das an den Berufsakademien herrscht. Dort gibt es ein duales System. Zum einen hat
man dort die wissenschaftliche Lehre,zum anderen gibt es dort die anwendungsbezogene berufliche Ausbildung.
(Nicola Beer (FDP): Dann könnten sich die Berufsakademien doch als Fachhochschulen akkreditieren lassen!)
Das geschieht dort in einer idealen Kombination, deswegen sollen die an diesen Einrichtungen Studierenden auch das Recht erhalten, dieselben Titel tragen zu können wie Personen, die an Fachhochschulen abschließen.
Dies soll zum einen für die Studierenden an den Berufsakademien Rechtssicherheit herstellen. Das wurde bereits gesagt. Zugleich wird damit auch die Durchlässigkeit im Bildungssystem erhöht. Logischerweise wird damit auch der Zugang zu Master-Studiengängen ermöglicht.
Lassen Sie mich einen weiteren, ganz wesentlichen Punkt der Gesetzesnovellierung ansprechen. Der neu gefasste § 9 „Zuwendungen“ sieht erstmals vor, dass anstelle des bisher geltenden ausdrücklichen Ausschlusses von staatlichen Zuschüssen zum Betrieb der Berufsakademien oder für Investitionen in die Berufsakademien staatliche Förderung ermöglicht wird. Die staatliche Förderung wird an besondere Voraussetzungen geknüpft sein. Frau Kollegin Beer, da treffen wir uns doch wieder. Das orientiert sich im Wesentlichen an der Formulierung des § 105 Hessisches Hochschulgesetz. Dort geht es um staatliche Finanzhilfe für private Hochschulen.
Das muss man gerade auch in Verbindung mit den höheren Kosten sehen, die den Berufsakademien durch die Einführung der Bachelor-Studiengänge entstehen werden. Das hat bisher von Ihnen keiner wahrgenommen. Sie werden durch die Einführung der Bachelor-Studiengänge höhere Kosten haben. Gerade auch wegen der Einführung der Studiengänge mit Abschluss Bachelor wird das novellierte Gesetz die Möglichkeit schaffen, eine Anschubfinanzierung zu gewähren, was den Berufsakademien ein klein wenig helfen wird. Deswegen begrüßen wir das.
Frau Kollegin Beer, nach Auslaufen des Hochschulpaktes soll den Berufsakademien die Möglichkeit eröffnet werden, mit den staatlichen Fachhochschulen in einen Wettbewerb um eine weitere Förderung der dualen Studiengänge eintreten zu können.
Diese Fördermöglichkeit, die über die in dem neu gefassten § 9 eröffnete Grundförderung hinausgeht, soll sich dann an den Exzellenzkriterien orientieren.Wir begrüßen gerade, dass nur dann weitergehend – –
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Norbert Schmitt (SPD): Heute ist Weiberfastnacht, das ist heute erlaubt!)
Ich will keinen Hehl daraus machen. Ich will betonen: Es schadet Ihrem Aussehen nicht, wenn Sie sich erregen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Zurufe: Oh! – Norbert Schmitt (SPD): Herr Klein, das war große Klasse!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese weitergehende Förderung wird die hessischen Berufsakademien auch deutlich wettbewerbs- und konkurrenzfähiger gegenüber den Berufsakademien der benachbarten Bundesländer machen. Es wurde bereits angesprochen, welche großen Chancen die Berufsakademien im Nachbarland Baden-Württemberg haben und welche große Wertigkeit sie dort besitzen. Wenn das dort so gut funktioniert, warum sollen wir uns in Hessen scheuen, den Wettbewerb mit den Fachhochschulen zu suchen?
Ich will es noch einmal betonen: Wir wollen den Wettbewerb.Ich bin überzeugt,dass der Wettbewerb,mittelfristig und längerfristig gesehen, zu einer deutlichen Verbesserung der Unterrichtsqualität sowohl an den Berufsakademien als auch an den Fachhochschulen führen kann. Das wird also positive Auswirkungen mit sich bringen.