Protokoll der Sitzung vom 29.03.2006

Ich bin lauter als Sie, Frau Wagner. Ich bin auch lauter als Sie, Herr Hahn.

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.

Sie muss auch überprüfen, ob Ein-Euro-Jobber für reguläre Aufgaben in den Kommunen eingesetzt werden. Keiner hat einen Freibrief für diese Arbeit. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Herr Holler, Sie haben als Nächster das Wort für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Fuhrmann, ich glaube, es geht an der Stelle ein bisschen leiser, weil es ein sachliches Thema ist.

(Petra Fuhrmann (SPD): Aber nicht, wenn Herr Hahn so laut dazwischenbrüllt!)

Deswegen will ich es an der Stelle versuchen. Es ist auch zynisch, wenn Sie, Frau Fuhrmann, angesichts der hohen Arbeitslosigkeit von ideologischen Grabenkämpfen reden,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

zumal wenn man sich die beiden Anträge der Oppositionsfraktionen von SPD und GRÜNEN anguckt. Darin ist zumindest eines bemerkenswert: Sie räumen selbst ein, dass die Arbeitsmarktpolitik der letzten Bundesregierung unzureichend gewesen ist. Das kann man an dieser Stelle festhalten.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Petra Fuhr- mann (SPD): Sie können nicht lesen! – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ihre Partei hat doch alles mitgemacht!)

Es ist doch eine traurige Tatsache, dass in den Jahren der rot-grünen Bundesregierung die Zahl der Arbeitslosen dramatisch zugenommen hat.Vor diesem Hintergrund ist der Hinweis auf die Bilanz der Regierung Kohl, sehr geehrte Frau Kollegin Fuhrmann, mehr als gewagt.

(Petra Fuhrmann (SPD): Die habe ich doch nie in den Mund genommen!)

Fakt ist doch, dass es von Anfang an eine Fehlannahme der damaligen Bundesregierung war, mit den Hartz-Reformen maßgeblich neue Arbeitsplätze schaffen zu können. Wir wissen heute, dass es nicht erfolgt ist und die neue große Koalition vor schwierigen Aufgaben steht. Dass es auch bei den Hartz-Reformen selbst Verbesserungsbedarf gibt, ist dem Koalitionsvertrag zu entnehmen. Die CDU hat sich mit ihrer Forderung durchgesetzt, dass alle arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen auf den Prüfstand gestellt werden.

(Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben noch nicht einmal angefangen!)

Was sich als wirksam erweist, wird fortgesetzt. Was unwirksam und ineffizient ist, wird abgeschafft, und das ist auch sehr gut so.

Verwunderlich ist der Antrag der SPD-Fraktion, da in dem Vertrag von CDU/CSU und SPD gerade keine Korrekturen in Bezug auf das Optionsmodell geregelt sind. Dieses Modell ist im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat auch mit den Stimmen von SPD und GRÜNEN vor einem Jahr beschlossen worden.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und Ihren, nicht zu vergessen!)

Wie Sie vor diesem Hintergrund den Vorwurf aufrechterhalten wollen, dass die Hessische Landesregierung eine Atmosphäre der Konkurrenz geschaffen hat,

(Petra Fuhrmann (SPD):Aber natürlich!)

ist mir bisher verborgen geblieben. Aber an der Stelle brauchen wir uns nicht zu streiten; denn ein Wettbewerb hat an sich nichts Negatives, wenn er sich für die Arbeitssuchenden auswirkt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Übrigens haben die Initiativen, auch die von Frau Lautenschläger, nichts mit Dampfplauderei zu tun, sondern es geht um Engagement für die Arbeitssuchenden in unserem Land.

(Norbert Schmitt (SPD): Der Kollege hat es nicht mitbekommen! Er hat genug Probleme in Kassel!)

Vielmehr ist bereits im Sozialpolitischen Ausschuss des Hessischen Landtags deutlich geworden, dass Sozialministerin Silke Lautenschläger alles Erforderliche dafür getan hat, gute Rahmenbedingungen für den Berliner Kompromiss, für die Zusammenführung zweier Systeme, zu schaffen. Nicht von der Hand zu weisen ist – meine Damen und Herren, heute brauchen wir nicht darum herumzureden –, dass die Umstrukturierungsprozesse eine gewisse Einarbeitungszeit erforderlich machen und dass nicht überall alles sofort reibungslos funktioniert. Allerdings ist dies nichts, was in der Verantwortung der Hessischen Landesregierung liegt. Darüber sind wir uns wohl auch einig. Wir brauchen heute nicht über die Startschwierigkeiten mit Software und anderen Problemen zu reden.

Die Abkehr von einer absoluten Zentralverwaltung bei der BA hin zu mehr Verantwortung für die engagierten Mitarbeiter vor Ort bleibt jedoch richtig. Wir sind uns sicher einig, dass spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem ein Mensch über ein Jahr lang arbeitslos war, eine individuelle Lösung, am besten vor Ort, gefunden werden kann.

Wer dies zentral steuern will, fördert in erster Linie Bürokratie.

Wir sind deswegen froh, dass es in den Medien erste positive Arbeitsberichte aus den optierenden Kommunen gibt. Liebe Frau Fuhrmann, zu diesem Prozess ist es vielleicht lohnenswert, wenn Sie Beiträge Ihres Sozialpolitikers und Beigeordneten Pipa zur Kenntnis nehmen, die unter anderem auch in der „FAZ“ veröffentlicht waren.

(Petra Fuhrmann (SPD):Er ist inzwischen Landrat! Das haben Sie offensichtlich auch nicht gemerkt!)

Herr Bocklet, Sie müssen eines unterscheiden – ich glaube, das haben Sie durcheinander gebracht –:Wenn Sie von der Ministerin und ihrer Aufsichtspflicht sprechen, wenn Sie sagen,wo sie überall mit erhobenem Zeigefinger auftreten müsste,dann verwechseln Sie Rechts- und Fachaufsicht. Die Ministerin hat an dieser Stelle zwar die Rechtsaufsicht, aber nicht die Fachaufsicht. Vielleicht ist es ganz gut so, dass die Menschen, die vor Ort mit den Arbeitssuchenden zu tun haben, selbst entscheiden, und nicht von einer Behörde, von einem Ministerium die Entscheidungen diktiert bekommen. Es handelt sich also lediglich um eine Rechtsaufsicht, und die wird vom Hessischen Sozialministerium wahrgenommen.

Ich möchte an dieser Stelle außerdem festhalten,dass entgegen den Feststellungen im Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik überwiegend zum Fördern eingesetzt werden. Wir werden uns morgen über das eine oder andere Instrument sicherlich noch unterhalten. Dabei ist es doch legitim, dass Menschen für eine Leistung, die sie empfangen, eine Gegenleistung erbringen. Mit dem OFFENSIVGesetz vom Jahre 2002, das von der damaligen Bundestagsmehrheit abgelehnt wurde, haben wir in Hessen die richtige Richtung bereits gewiesen.

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme gleich zum Ende. – Wenn wir uns vor Augen halten, dass neue Arbeitsplätze erst bei einem Wirtschaftswachstum oberhalb von 2 % entstehen, zeigt dies den eigentlichen politischen Handlungsbedarf und die Problematik des Lohnwachstums der letzten Jahre.

Meine Damen und Herren, von Bedeutung ist, dass die Verbraucher und die Investoren in die Wirtschaftspolitik des Bundes wieder Vertrauen fassen und dass wir den Wankelmut der letzten Jahre hinter uns lassen.

(Petra Fuhrmann (SPD):Wer hat die Sockelarbeitslosigkeit hinterlassen? Das war Kohl!)

Was die inhaltliche Ausrichtung der neuen Bundesregierung angeht, werden wir deren Kurs von Hessen aus sicherlich unterstützen. Die Anträge der Opposition bringen uns und auch den Arbeitssuchenden in Hessen aber nichts Positives. Deshalb werden wir die Anträge heute ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat Herr Rentsch für die FDP-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! „Eingliederungshilfe ist die wichtigste Waffe gegen Arbeitslosigkeit”, haben Sie gerade gesagt, Frau Kollegin Fuhrmann. Ich muss sagen: Das ist der absolute Hammer, was Sie hier gerade losgelassen haben.

(Petra Fuhrmann (SPD): Für Langzeitarbeitslose! Sie wissen genau, was gemeint ist!)

Ich hätte geglaubt, dass auch Sozialdemokraten in diesem Hause wissen, wie man Arbeitsplätze schafft.

(Petra Fuhrmann (SPD): Für Langzeitarbeitslose!)

Das haben Sie nicht gesagt. – Es ist wirklich unfassbar, dass wir eine Debatte über die Frage führen, wie wir die Arbeitslosigkeit verwalten. Genau das ist nämlich die Funktion von Hartz IV. Mit Hartz IV haben wir versucht, die Verwaltung der Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen. Die Frau Kollegin Fuhrmann hat hier eine Debatte nach dem Motto aufgemacht, was die Bundesregierung alles getan hat, um Arbeitsplätze in diesem Land zu schaffen. Frau Kollegin, Hartz IV schafft keinen einzigen Arbeitsplatz in diesem Land. Das wissen auch Sie.

(Beifall bei der FDP – Petra Fuhrmann (SPD): Das habe ich gar nicht gesagt!)

Dann hätten Sie sich klarer ausdrücken müssen, Frau Kollegin Fuhrmann.

Wenn man rückblickend betrachtet, was in diesem Lande passiert ist, dann muss man sagen: Es gab einen Bundeskanzler, der versucht hat, relativ aggressiv, auch mit Worten – er sprach von „Sozialschmarotzern“, und mich wundert, dass die Frau Kollegin ihren eigenen Bundeskanzler mittlerweile vergessen hat –, Leute zu diskreditieren, die soziale Leistungen in Anspruch nehmen. Er hat damals mit „Mallorca-Gerd“ Leute aufgetan, die er mit einem speziellen Gesetz überzogen hat.

Insofern finde ich es erstaunlich, Frau Kollegin, dass Sie heute sagen, es gebe Leute in diesem Land, die solche Fälle anprangerten. Natürlich werden solche Fälle angeprangert, wenn sie vorhanden sind. Das geschieht auch zu Recht. Ich glaube aber, dass gerade die SPD und ihr damaliger Bundeskanzler an dieser Stelle sehr vorsichtig sein müssen, denn Sie haben damals sehr stark vorgelegt. Insofern sind Sie kein gutes Beispiel dafür, wie man mit diesem Thema sachlich umgeht.

(Beifall bei der FDP)

Wenn man in die Historie schaut, wenn man die verschiedenen Instrumente, Hartz I bis Hartz IV, ganz sachlich betrachtet, dann muss man klar feststellen, Herr Kollege Bocklet, dass die meisten Maßnahmen nicht wirkungsvoll gewesen sind. Die Zusammenlegung von Arbeitslosenund Sozialhilfe war eigentlich der richtige Schritt.Wir Liberalen haben schon seit langer Zeit gefordert, diese zwei Fürsorgesysteme zusammenzulegen.

Dazu sind aber zwei Feststellungen zu machen. Erstens. Hartz IV setzt meines Erachtens viel zu wenige Anreize, damit Menschen wieder in Arbeit kommen. Wir wissen nämlich, dass es viele Niedriglohnjobs gibt, die nicht zu

besetzen sind. Die Leute gehen aber nicht in solche Jobs, weil der Anreiz offensichtlich nicht groß genug ist.