Wenn Sie Ihren eigenen SPD-Bürgermeistern zuhören würden, müssten Ihnen die Informationen auch bekannt sein, dass sozialdemokratische Bürgermeister in einer großen Front dagegen sind.
Herr Rudolph, da haben wir wahrscheinlich eine selektive Wahrnehmung. – Das werden wir alles in der Anhörung sehen. Es wird die Gefahr entstehen, dass durch die Partikularinteressen schlicht der Blick für das Gesamte verloren gehen wird. Ich gehe davon aus, dass eine solche Lösung dazu führen wird, dass manche Kommune und manche Stadt nahezu unfähig sein wird, Entscheidungen zu fällen, auch gegen das Interesse der direkten Nachbarschaft, und zwar im Interesse des Gesamtkunstwerks Stadt oder Gemeinde.
Die nächste Frage, die sich stellen wird, lautet, worin der Reiz liegt, sich parteipolitisch zu engagieren, sich in Fraktionen einzubringen, wenn es viel bequemer sein wird, sich nur, wenn es die eigentliche Befindlichkeit betrifft, in einer Bürgerinitiative zu engagieren und sich danach wieder aus dem kommunalpolitischen Geschehen zu verabschieden.
Das hat nicht viel mit Disziplin zu tun. Das hat mit anderen Punkten überhaupt nichts zu tun. Wer trägt denn die Verantwortung für solche Entscheidungen? – Wer die Verantwortung in Kommunalparlamenten trägt, ist ziemlich klar definierbar. Das zeigt sich auch bei jeder Kommunalwahl. Davor hat auch jeder kommunalpolitisch Aktive Respekt.
Wer trägt die Verantwortung dafür, wenn eine solche Bürgerinitiative eine für das Gemeinwohl, für die Stadt, für die Gemeinde wichtige Entscheidung kippt? Ich nenne einmal ein paar Beispiele: Erschließung von Bau- oder Gewerbegebieten, Ansiedlung von Gewerbegebieten, Infrastrukturmaßnahmen bis hin zur Abfallwirtschaft. Das sind alles Themen, die bei der direkten Nachbarschaft nicht immer auf Gegenliebe stoßen. Ein Gemeindeparlament oder ein Stadtparlament macht sich sehr wohl über einen sehr langen Zeitraum dezidiert Gedanken darüber, bevor es zu einer Entscheidung kommt.
Ich glaube nicht, dass dies der richtige Weg ist, wenngleich das Thema sehr spannend ist. Ihre Intention muss Unterstützung finden, wie wir mehr Menschen an den Entscheidungsfindungsprozessen partizipieren lassen.
Zum nächsten Punkt: § 121. Herr Rudolph, ich muss es kurz machen. Sie sprechen sich dafür aus, die Kommunen zu stärken.
Sie legen die Weichen um, eindeutig in Richtung öffentliche Hand, zuungunsten derjenigen, die am meisten ausbilden und die die meisten Arbeitsplätze schaffen. Das ist das Handwerk vor Ort.
Kein Handwerksbetrieb vor Ort hat den Hauch einer Chance, gegen einen öffentlichen Betrieb auf Dauer zu bestehen. Das wissen Sie genauso gut wie ich. – Ich muss mich korrigieren: Bei der Betrachtung Ihrer Vita können Sie es nicht so gut wissen wie ich. Uns unterscheidet eines: Ich bin Handwerksmeister und Sie nicht.
Aus eigener Erfahrung möchte ich Ihnen mitteilen, dass Handwerksbetriebe vor Ort ihre Last mit großen öffentlichen Betrieben haben, die ihnen Aufträge auch in kleinster Art und Weise wegnehmen können. Von der Finanzierung bis zum Konkursrisiko, bis zur Möglichkeit, einen Kredit zu bekommen, hat kein Handwerksbetrieb vor Ort den Hauch einer Chance, gegen eine Stadt oder gegen eine Gemeinde anzugehen.
Mein letzter Satz. – Wir sind davon überzeugt, dass unsere Regelung, § 121 zu ändern, im Jahr 2005 die richtige Entscheidung war. Es gibt seitdem kaum noch Proteste und keine Widersprüche, insofern sehen wir das etwas anders als Sie. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Stärkung der Kommunen und der Bürgerbeteiligung ist ein löblicher Vorsatz. Herr Rudolph, wir werden zu prüfen haben, ob und wie das mit Ihrem Gesetzentwurf erreichbar ist.
Sie haben drei Bereiche angesprochen, die eine durchaus differenzierte Betrachtung erforderlich machen. Das werden wir im Ausschuss in aller Ruhe zu tun haben.
Ich will nur kurz die grundsätzliche Haltung der FDP zu diesem Punkt skizzieren. Die FDP teilt den von Ihnen vorgetragenen Wunsch, die Hürden für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide zu senken. Die Frage ist nur, ob der Gesetzentwurf dabei in die richtige Richtung zeigt. Ein Punkt ist aus unserer Sicht unstreitig. Das ist die verstärkte Pflicht der Gemeinden, Bürger bei dem Betreiben eines Bürgerbegehrens stärker zu beraten, stärker zu unterrichten.Das ist eine Forderung,die Sie offensichtlich aus unserem Wahlprogramm abgeschrieben haben. Ich freue mich, dass Sie es gelesen haben, Herr Kollege Rudolph.
Ansonsten beschränkt sich der Gesetzentwurf in diesem Punkt im Wesentlichen auf die Absenkung der Quoren. Kollege Rudolph, das ist ein spannendes Thema.Aber ich sage auch da: Wir müssen sehr genau abwägen und überlegen, ob das der richtige Weg zu einer stärkeren Beteiligung der Bürger ist oder ob die Absenkung der Quoren letztlich dazu führt, dass die demokratische Legitimation entsprechender Begehren gesenkt wird. Das sollten wir auf jeden Fall vermeiden.Aber ich bin offen für die Beratung.
Der zweite Punkt, den Sie ansprechen, ist die verpflichtende Einführung von Seniorenbeiräten. Wir sind als Liberale ausdrücklich Freunde von Seniorenbeiräten. Das will ich klar sagen.Aber ich habe eine gewisse Skepsis, ob es sinnvoll ist, die Einführung flächendeckend verpflichtend vorzuschreiben. Wir haben schon heute alleine auf der Grundlage der geltenden Gemeindeordnung in 115 Kommunen in Hessen Seniorenbeiräte.
Sie haben beantragt, dass in Zukunft alle Gemeinden Seniorenbeiräte bilden sollen. Dazu sage ich: „Sollen“ heißt „müssen“.
In aller Regel sind dann keine Ausnahmen möglich. Das heißt, auch in den allerkleinsten Gemeinden gibt es keine Ausweichmöglichkeit. Verfahrens- und Zuständigkeitsregelungen müssen geschaffen und umgesetzt werden.Möglicherweise schwächt in diesem Falle die Vorschrift die Kommunen und stärkt sie nicht.Auch darüber werden wir sehr genau zu diskutieren haben.
Von zentraler Bedeutung ist der dritte Punkt,den der Kollege Möller schon angesprochen hat, die Frage der wirtschaftlichen Betätigung. Ich kann Ihnen schon jetzt ein klares Nein namens der FDP-Fraktion sagen. Sie wollen das Rad der Geschichte auf den Stand vor dem 1. April 2004 zurückdrehen, als die neue Regelung in Kraft trat. Ich darf dazu in Erinnerung rufen: Wir haben damals in das Gesetz einen umfassenden Bestandsschutz für bereits ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeiten der Gemeinden geschrieben. Dort hat es keine Probleme gegeben.Aber wir haben für die Zukunft das Subsidiaritätsprinzip ausgedehnt.Es ist festgeschrieben worden,dass die Konkurrenz zu privater Aufgabenerledigung nur dann möglich ist, wenn die Gemeinde das in der Tat besser oder wirtschaft
Die FDP hat – Sie werden sich daran erinnern – in Übereinstimmung mit der privaten Wirtschaft sehr viel weiter gehende Einschränkungen gefordert.
Wir wollten den Kommunen sehr viel engere Grenzen für gemeindliche wirtschaftliche Betätigung setzen.Herr Kollege Rudolph, ich mache Sie darauf aufmerksam, wir haben sehr bewusst seitdem keine neuen Initiativen in diesem Bereich ergriffen, weil wir eines abwarten wollten: Wie wirkt sich das aus?
Die ersten Erfahrungsberichte aus den Gemeinden zeigen, dass sich die Gesamtsituation zwischen Wirtschaft und Gemeinden zum Wohle beider Seiten erheblich entspannt hat.
Was Sie mit Ihrem Änderungsbegehren provozieren, sind neue Auseinandersetzungen vor Ort, die niemandem nützen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD,ein Staat, der meint, sich verzetteln zu müssen, der alles an sich ziehen will, der meint, er könne auch besser wirtschaften als seine Bürger, ein solcher Staat ist ein schwacher Staat. Ein starker, weil von seinen Bürgern getragener, anerkannter, akzeptierter Staat ist der Staat, der sich auf die sorgfältige Erledigung seiner Kernaufgaben konzentriert. Das gilt auch und gerade für die Gemeinden.
Also auch zu diesem Punkt werden wir im Ausschuss beraten und versuchen, Sie zu überzeugen, dass Sie von dem Irrweg Abstand nehmen. Meine Hoffnung ist begrenzt, Herr Kollege Rudolph, das gebe ich zu. Aber wir werden auch dies nicht unversucht lassen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Greilich. – Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Öztürk für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich geht es um die HGO und nicht um irgendwelche Irrwege. Von daher wundere ich mich, welche Konstruktionen zustande kommen können. Wir debattieren heute über einen Gesetzentwurf zur HGO, zu der die GRÜNEN schon im letzten Jahr einen Gesetzentwurf eingebracht haben und den einen oder anderen Passus ändern wollten. Das ist ganz normales politisches Geschäft. Heute macht es die SPD.
Sehr verehrter Herr Kollege Rudolph, ich muss zugeben: Als ich Ihren Gesetzentwurf gesehen habe, musste ich ein bisschen schmunzeln, weil der eine oder andere Absatz mich sehr an unseren damaligen Gesetzentwurf erinnert hat.