Außerhalb eines Gerichtsverfahrens ist es unserer Ansicht nach ohne unkalkulierbare und schwerwiegende Folgewirkungen nicht möglich, den Planfeststellungsbeschluss zu ändern.
Meine Damen und Herren, unabhängig davon, ob einem das passt oder nicht: Das haben wir zu akzeptieren.
Auch wenn der Planfeststellungsbeschluss, so wie er hier vorgelegt wurde, von einem Gericht als in Ordnung befunden werden sollte, gilt weiterhin: Nicht alles, was vor Gericht Bestand hat, ist politisch klug. – Die CDU und die geschäftsführende Landesregierung müssen mit dem Vertrauensbruch, den sie zu verantworten haben, leben. Sie müssen das den Menschen in der Region erklären. Das ist die Verantwortung der geschäftsführenden Landesregierung, der CDU und der FDP.
Die hessischen Sozialdemokraten sind froh darüber, dass es bei den bisherigen Demonstrationen gegen den geplanten Ausbau des Frankfurter Flughafens zu keiner Eskalation gekommen ist,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Michael Boddenberg (CDU) und Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
die auch nur annäherungsweise mit den Auseinandersetzungen vergleichbar wäre, zu denen es beim Bau der Startbahn West gekommen ist.
Ich sage auch eines ganz deutlich – davon gehen wir aus, dafür gibt es auch keine Anzeichen –: Niemand glaubt, dass die Demonstranten im Kelsterbacher Wald etwas anderes wollen.
(Michael Boddenberg (CDU): Das haben viele auch 1980 und 1981 gesagt! Ich wollte nur daran erinnern!)
Herr Kollege Boddenberg, wir gehen davon aus, dass niemand gewalttätige Auseinandersetzungen provozieren will. Lassen Sie doch heute Morgen die Kirche bitte im Dorf.
Meine Damen und Herren, warum Sie heute Morgen unbedingt aufgrund des vorliegenden Antrages den Anschein erwecken wollen, als ginge es darum, den jetzigen Widerstand zu kriminalisieren, dafür haben wir Sozialdemokraten kein Verständnis.
Und Sozialdemokraten setzen auf Dialog. Darin sind wir uns mit der Polizei einig: Gewalt und Ausschreitungen, wie bei den Auseinandersetzungen um die Startbahn West in den Achtzigerjahren, müssen verhindert werden. Da sind wir an der Seite der Polizei. In einem Rechtsstaat mit rechtsstaatlichen Verfahren werden die Zuständigkeiten genau geregelt.
Zuständig ist im vorliegenden Fall die Stadt Kelsterbach und nicht der Hessische Landtag. Es bleibt erst einmal festzuhalten – dafür gebührt den Verantwortlichen ein dickes Lob –, dass sich die Verantwortlichen der Stadt Kelsterbach, an der Spitze Bürgermeister Ockel, sehr besonnen verhalten haben. Dafür gebührt den Verantwortlichen Respekt und Anerkennung.
Ich möchte erwähnen, dass der Bürgermeister nicht von einer Räumung, sondern von einer Teilräumung gesprochen hat. Meine Damen und Herren, niemand will natürlich, dass sich bei Abwägung der einzelnen Rechtspositionen und zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung rechtswidrige Zustände verfestigen. Aber auch hier liegt die Zuständigkeit vor Ort bei der Stadt Kelsterbach. Herr Kollege Boddenberg, die Situation ist doch im Moment bei Weitem nicht so dramatisch, wie sie von Ihnen im Antrag und in Ihrer Rede dargestellt wird.
(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sie kann es aber werden! Sie verharmlosen, weil es Ihnen passt!)
Meine Damen und Herren, ein Wort an die Kollegen der Fraktion DIE LINKE. Wenn das Ganze nicht so ernst
Was treibt Sie eigentlich um, im Kelsterbacher Wald ein Fraktionsbüro zu eröffnen? Sie wecken damit Hoffnungen – das ist das Unverantwortliche –, die Sie als Landtagsabgeordnete bei den Menschen niemals einlösen können.
Sie untergraben mit Ihrer Aktion das besonnene und verantwortungsvolle Handeln der Stadt Kelsterbach und der Polizei. Diese Verantwortung liegt auch allein bei Ihnen.
Wir Sozialdemokraten unterstützen das bisher sehr besonnene Verhalten der hessischen Polizei und der Stadt Kelsterbach im Umgang mit den Demonstranten. Damit ist der Sache mehr gedient als mit dem Eröffnen von Fraktionsbüros. Es ist auch wirkungsvoller als das Einbringen des vorliegenden Antrags. – Vielen Dank.
Vielen Dank,Herr Frankenberger.– Als Nächster hat sich Herr Kollege Kaufmann für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemeldet.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir leben wirklich in merkwürdigen, ja geradezu verwunderlichen Zeiten.In der erst fünften Plenarwoche dieser Legislaturperiode haben wir bereits zum dritten Mal eine Debatte zum Thema Flughafenausbau im Landtag, und jedes Mal von der Seite des Hauses auf die Tagesordnung gebracht, die vor gar nicht allzu langer Zeit uns GRÜNEN ziemlich vorwurfsvoll erklärte, zum Thema Flughafen Frankfurt gebe es im Parlament nun wirklich gar nichts mehr zu debattieren, da nur noch die Genehmigungsbehörde und die Gerichte etwas zu sagen hätten. Herr Kollege Boddenberg, so kann man sich täuschen.
Es war die FDP-Fraktion im Juni, dann im August die Regierung selbst, und jetzt sind es CDU und FDP zusammen, die heute angeblich über den Flughafenausbau und den Kelsterbacher Wald reden wollten. Worüber Herr Boddenberg geredet hat, haben wir alle gehört.
Meine Damen und Herren, die Verwunderung wird noch ein bisschen größer, wenn man sich den Titel des heutigen Antrags vor Augen führt. Es wird geradezu bedrohlich formuliert: „Rechtsstaat duldet keinen Rechtsbruch – Weg des regionalen Dialogs war und ist erfolgreich“. Schon daran merken Sie doch, dass die Qualität der Formulierung stark nachlässt.
Ich will noch anmerken, dass sich die Anträge aus dem Juni bezüglich der Fortsetzung des Regionalen Dialogforums bis heute in der Diskussion im Verkehrsausschuss befinden,sodass zu diesem Thema heute,wenn es wirklich um die Sache ginge, nun keine neuerliche Plenardebatte notwendig wäre, ja auch nicht sinnvoll wäre, weil wir die Anträge im Ausschuss immer noch zur abschließenden Klärung liegen haben. Damit wird deutlich, es geht nicht um die Sache, wie der heutige Antragstitel unterstreicht.
Schauen wir uns den ersten Halbsatz an:„Der Rechtsstaat duldet keinen Rechtsbruch“. Ich sage Ihnen, dieses Postulat entspringt einer bestimmten politischen Mentalität,die man gewiss nicht als aufgeklärt oder liberal oder freiheitlich bezeichnen kann. Deshalb bezeichnet der Begriff des Rechtsstaates,wie er von den Antragstellern benutzt wird, eher eine politische Himmelsrichtung, sozusagen: Rechtsstaat im Gegensatz zum Linksstaat,
als dass er, was eigentlich nötig wäre, als Synonym für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung genutzt würde.
Herr Boddenberg, im klaren Gegensatz zu Ihrer Aussage betone ich mit Nachdruck: Freiheit muss sehr wohl duldsam sein. Für die Verfolgung einzelner Interessen darf sie nicht grenzenlos sein, aber noch weniger chancenlos. Ein Rechtsstaat in unserem Verständnis zeichnet sich genau dadurch aus, dass er den Menschen zuerst Freiheit zur Entfaltung ihrer Talente und Wünsche gibt und nicht als Erstes Gehorsam, Unterwürfigkeit und Unduldsamkeit propagiert. Erst danach, nach der Freiheit, kommen die Regeln,
deren Verletzungen zu klar definierten Verfahren und im Vorhinein definierten Konsequenzen führen müssen – das ist völlig unstreitig, aber erst danach und nicht davor, wie es hier insinuiert wird.
Meine Damen und Herren, damit wird schon aus der ersten Titelhälfte des Antrages überdeutlich, was Sie mit ihm nicht bezwecken,nämlich eine sachgerechte Debatte über die Probleme, die sich mit dem geplanten Flughafenausbau für die Menschen in der Region tatsächlich stellen.