Protokoll der Sitzung vom 24.09.2008

Der Kollege Schmitt sagt Ja. Offensichtlich hat er schlechte Erfahrungen gemacht.

Ein Finanzminister, der nicht mehr als diese Formulierungen zu bieten hat, sollte sich heftig schämen und so tiefrot werden wie seine Haushaltszahlen.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Das wird er nicht!)

Herr Kollege Milde, wie Sie wissen, arbeiten wir doch nicht erst seit gestern daran, eine nachhaltige Haushaltswirtschaft zu etablieren. Immer wieder sind wir dafür eingetreten. Glauben Sie denn, dass wir unpopuläre Vorschläge wie den, über den wir gestern entschieden haben, so locker formulieren? Das geschieht doch aus der Sorge und der Verantwortung heraus, dass wir eine nachhaltige Haushaltswirtschaft betreiben müssen.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Das machen wir doch nicht aus Jux und Tollerei – und dann müssen wir uns so etwas gefallen lassen: Wenn wir uns um Daten und Aussagen bemühen, erhalten wir derartige Antworten.

Meine Damen und Herren, nach der Sommerpause lasen wir das mittlerweile schon berüchtigte Interview von Herrn Finanzminister Weimar in der „Frankfurter Rundschau“ vom 11. September mit der ebenso dreisten wie wahrheitswidrigen Schutzbehauptung – der Kollege Milde hat es noch einmal wiederholt –, Rot-Grün hätte vor Jahren fast genauso viele Schulden gemacht, wie er, Weimar, als Finanzminister zu verantworten hat.

(Michael Boddenberg (CDU): Richtig! – Gegenruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD): Schlicht falsch!)

Meine Damen und Herren, natürlich hat sich Weimar dabei auf falsche Zahlen bezogen. Unter anderem vergaß er dabei, dass er selbst im Jahr 1999 im Rahmen des Doppelhaushalts noch nachträglich für 1998 die Kreditsumme erhöhte. Das lässt sich nun schwerlich den Rot-Grünen in die Schuhe schieben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Herr Kollege Milde, wenn man das zusammennimmt und einen Strich darunter zieht, dann ist zwischen der weimarschen Behauptung und den Fakten immerhin das klitzekleine Wahrheitsdelta von 780 Millionen c – ein ganz ordentlicher Betrag, wie ich finde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Reinhard Kahl (SPD): Niemals wieder!)

Da fragt man sich doch,ob es die übrigen Aussagen in diesem Interview mit der Wahrheit genauso halten und auf welche Zahlen wir uns tatsächlich einstellen müssen.

Meine Damen und Herren, es ist leider zu erwarten, dass es dem Finanzminister vor allem darauf ankam,sich selbst aus der Verantwortung zu stehlen. Denn schließlich, um noch ein Beispiel aus diesem Interview zu nennen, ist auch seine Behauptung,die anteilige Finanzierung der abgeschafften Studiengebühren bedürfe einer Haushaltssperre – er hat die locker damit einbezogen –, ebenfalls schlicht die Unwahrheit. Die seinerzeit von uns gemachten und vom Finanzministerium bestätigten Finanzie

rungsvorschläge waren sauber gerechnet; für den Ausgleich dieser Einnahmeausfälle brauchte man ganz gewiss keine Haushaltssperre.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die braucht man ganz offensichtlich, weil das Haushaltsdesaster so ist, wie es ist, und weil man heftig dabei etwas zu vernebeln hat. Der Kollege Kahl hat schon einige Daten genannt. Ich darf sie nur einmal nach Planungsstand für das Jahr 2009 – der Haushaltsentwurf hätte ja eigentlich schon auf den Tisch gehört – zusammenzählen. Nach dem Finanzplan, den die Landesregierung vorgelegt und den wir hier im Zusammenhang mit dem letzten Haushalt auch beraten haben, geht man von 608 Millionen c zusätzlicher Steuereinnahmen aus und von einer neuen Nettokreditaufnahme von 500 Millionen c sowie von 500 Millionen c einer globalen Mehreinnahme, von der niemand weiß, woher sie kommt, und von 250 Millionen c globaler Minderausgaben. Das ergibt ein strukturelles Defizit von über 1,8 Milliarden c. Diese Daten stehen in der Finanzplanung.

Die Finanzplanung dieses Finanzministers war niemals seriös, niemals verlässlich und einzig darauf aufgebaut, es möge Manna vom Himmel regnen. Dieses Erlebnis hat aber zumindest in diesem Hause bisher noch niemand gehabt, ich glaube, auch nicht der Finanzminister.

Daher ist es verantwortungslos, auf so etwas zu setzen. Das Manna ist ausgeblieben, doch sollen plötzlich irgendwelche Finanzrisiken, linke Mehrheiten, der Länderfinanzausgleich und alles andere daran Schuld haben, nur die Landesregierung, die mit ihrer Finanzplanung völlig danebengelegen hat, ist angeblich nicht daran schuld. So etwas nennt man auch eine Täuschung der Wählerinnen und Wähler.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, es bleibt dabei: Die weimarsche Haushaltswirtschaft ist trotz aller Versuche, sie mit Unwahrheiten schönzureden, von Rekordneuverschuldungen, Verfassungsverletzungen und gravierendem Vermögensverzehr gekennzeichnet, insbesondere durch den Verkauf von Immobilien, obwohl die Gebäude vom Land noch benötigt werden. Die Verkaufserlöse, es lohnt sich kaum, dies noch zu erwähnen, wurden anschließend nicht neu investiert – Herr Kollege Kahl hat bereits darauf hingewiesen –, sondern wurden schlicht in den Konsum gesteckt.

Diese Politik macht Hessen ärmer. Was in vielen Jahren aufgebaut wurde,ist verkauft worden,und die Einnahmen wurden nicht investiert, sondern verfrühstückt. Das ging erst vier Jahre lang mit der CDU/FDP-Regierung so; und in den letzten fünf Jahren hat dies die CDU allein gemacht. In Bezug auf die Verkäufe konnte sie allerdings immer mit der parlamentarischen Unterstützung der FDP rechnen. Sie haben gemeinsam die desaströse Haushaltswirtschaft zu verantworten. Daher empört es mich erheblich – ich finde, dafür könnte man Verständnis haben –, dass ausgerechnet die CDU und die FDP wieder mit einem Antrag kommen – Herr Kollege Milde hat diesen angesprochen –, der so tut, als wären die CDU und die FDP zuverlässige und sparsame Haushälter.

(Frank Gotthardt (CDU):Moment mal,Herr Kaufmann!)

Der Titel Ihres Antrags lautet: „Haushalt konsolidieren – das schafft man nicht mit links“.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Genau!)

Dieser soll den Eindruck erwecken, als spräche hier jemand aus Erfahrung. Wenn CDU und FDP eine Konsolidierung des Haushalts fordern, dann spricht hier der sprichwörtliche Bock, der zum Gärtner gemacht worden ist. Eher legt der ebenfalls sprichwörtliche Mops einen Wurstvorrat an, als dass Herr Weimar und seine politischen Freunde solide haushalten. Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass die berühmte Beschreibung der weimarschen Haushaltswirtschaft von Adolf Kühn doch noch einmal zu Ehren kommen muss. Sie erinnern sich: „Solide und transparent, wahr und klar, wie Haushaltswirtschaft zu sein hat, ist das nicht, sondern sprunghaft, windig, wirr, unüberlegt und nicht ganz seriös.“

Meine Damen und Herren, da die Behauptung im Antragstitel doppelsinnig ist – Haushaltskonsolidierung schaffe man nicht mit links –, kann ich nur feststellen: Das ist schlichtweg falsch. Eher stimmt das Gegenteil. Ich stelle als Frage in den Raum, ob es mit rechts überhaupt eine sparsame Haushaltswirtschaft gibt. Es liegen beispielsweise aktuelle Anträge der FDP-Fraktion vor, die seitens des Landes mehr Geld ausgeben wollen, wie bei den Reisekosten und der Pendlerpauschale, doch lässt sich dies mit nichts anderem begründen als mit dem Wunsch, die eigene Klientel zu bedienen.

Ich will meine Aussage, dass eine Konsolidierung des Haushalts mit links durchaus gelingt, beweisen. Das ist nicht so ganz einfach. Das einzige Bundesland, in dem DIE LINKE eine Regierungsverantwortung trägt, ist das Land Berlin, welches von unserem Finanzminister – das wissen wir – immer gern gescholten wird.

(Zurufe von der FDP: Oh!)

Schauen Sie sich die Daten genauer an,denn dann werden Sie feststellen, dass die haushaltswirtschaftlichen Katastrophen in Berlin unter der Ägide von Eberhard Diepgen und damit der CDU geschehen sind. Das kann niemand bestreiten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich bin weit davon entfernt,die Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE in den Himmel zu loben. Ich muss aber auch feststellen, dass die Haushaltskonsolidierung, die in Berlin allemal dringend nötig war, tatsächlich erst stattfindet, seitdem DIE LINKE mitregiert. Seit dem Jahre 2007 werden in Berlin tatsächlich Schulden getilgt; und es werden keine neuen Schulden mehr gemacht. Meine Damen und Herren, ich warne davor – –

Herr Kollege Kaufmann, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Die CDU und die FDP wären, wenn wir in Hessen bereits beim Schuldentilgen angekommen wären, ganz doll drauf. Es wird Sie daher nicht verwundern, dass wir den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP ablehnen werden.Wir werden dem Antrag der SPD zustimmen; und ich werbe

warmherzig dafür, dass Sie das bei unserem Antrag auch tun. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herzlichen Dank. – Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Krüger das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte den Versuch unternehmen, darauf zurückzukommen, weshalb die Fraktionen der CDU und der FDP den Antrag gestellt haben. In diesem Zusammenhang möchte ich kurz darauf hinweisen, dass Punkt 2 unseres Antrags wie folgt lautet und sich auf einen einstimmigen Beschluss dieses Hauses vom 5. Juni 2008 bezieht. Dieser besagt schlicht und ergreifend, dass der Landtag einstimmig das Ziel unterstützt, bis zum Jahre 2011 zu einem ausgeglichenen Haushalt ohne Neuverschuldung zu kommen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich habe dieser Debatte sehr interessiert zugehört, doch habe ich mich sowohl bei dem Antrag der SPD als auch bei dem der GRÜNEN die ganze Zeit über krampfhaft gefragt, weshalb keine Aussage zur Beamtenbesoldung gemacht worden ist, da gestern insbesondere die GRÜNEN bei der Diskussion über die Beamtenbesoldung die Lippen spitzten und die Aussage gefallen ist, dass dies der Einstieg in eine strukturelle Haushaltskonsolidierung sein solle. Das ist hier öffentlich gesagt worden.

Stattdessen müssen wir uns eine rückwärtsgewandte Diskussion anhören – das müsste man eigentlich anders bezeichnen, doch möchte ich mir keinen Ordnungsruf des Präsidenten einholen –,bei der wir mit irgendwelchen Anschuldigen überschüttet werden und gefragt wird, wer in der Vergangenheit was verbrochen und wer die Schulden auszubaden habe.

Meine Damen und Herren, ich frage mich aber, was uns dies in Bezug auf eine Haushaltskonsolidierung bringt. Hierzu ist seitens der SPD und der GRÜNEN bis zu diesem Moment von diesem Pult aus kein einziges Wort gefallen.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg.Michael Bod- denberg (CDU))

Im Grunde genommen kann man bereits jetzt, da man diese bisherige Debatte über sich hat ergehen lassen, folgenden Schluss ziehen – ich darf Sie, Herr Kollege Kaufmann, folgendermaßen interpretieren –: Sie haben hier mit dem Wunsch gestanden, dass morgen hoffentlich Manna vom Himmel fallen möge, damit wir alle unsere schönen Programme – einschließlich die der LINKEN – finanzieren können.

Meine Damen und Herren, was ist denn Sache? – Sie haben zum Schluss selbst gesagt, und das wissen Herr Kahl sowie jeder hier im Hause, dass wir im Haushalt für das Jahr 2009 ein strukturelles Defizit – ich bin relativ großzügig – von 1,5 bis knapp 2 Milliarden c haben. Dies kann jeder nach seiner Methode errechnen.

Ich gehöre diesem Hause seit dem Beginn dieses Jahres an. Seit dieser Zeit kenne ich diese Zahl. Daher frage ich

Sie: Wozu nützt dieses weinerliche Beklagen Ihrerseits aufgrund irgendwelcher Vergangenheitsgeschichten, irgendwelcher Äußerungen und nicht erfüllter Wünsche? Ich verstehe sogar, dass Sie darüber sauer sind, dass Ihnen keine detaillierten Informationen geliefert werden, damit Sie Ihre Pläne erfüllen können. Dafür habe ich eine gewisse Sympathie; das gebe ich zu.

Ich habe auch Sympathien dafür, dass sich Herr Kaufmann darüber aufregt, dass die Anträge von seiner Seite auf Vorlage des Haushalts bereits im September nicht erfüllt worden sind. Das ist alles Schnee von gestern, und hierüber haben wir bereits im Juni diskutiert. Darüber haben wir nun erneut gesprochen, sodass ich Sie frage: Was hat das mit dem Thema Haushaltskonsolidierung zu tun?

(Beifall bei der FDP)

Wir brauchen also diese weinerlichen Geschichten nicht. Ich würde mir wünschen, dass Sie noch einmal alle an dieses Podium kommen, um dann konkret damit zu beginnen, Lösungen dafür zu finden, wie das strukturelle Defizit zu beseitigen ist.

Es dürfte allen klar sein,dass wir über eine sicherlich nicht ganz leichte Aufgabe reden. Ich will aber noch auf das Rezept der FDP zurückkommen. – Wir sind auch keine Könige,und auch bei uns fällt kein Manna vom Himmel,dennoch muss man die Aufgabe, ein strukturelles Defizit zu beseitigen, direkt angehen. Bevor ich das aber mache, erlaube ich mir mit der Genehmigung des Präsidenten, aus dem neuesten Bericht der Europäischen Zentralbank vom September dieses Jahres, Seite 91 des Berichts, zu zitieren. Ich spare mir den Eingang: