Protokoll der Sitzung vom 24.09.2008

Die FDP hat sich, neben Energieeffizienz und Energieeinsparung, in den vergangenen Jahren immer dafür eingesetzt,dass wir bei der Nutzung von Biomassen verstärkt Landesmittel in die Hand nehmen und mit Fördermitteln unterstützend wirken. Für diesen Bereich stand im hessischen Haushalt noch nie so viel Geld zur Verfügung wie derzeit.

(Beifall bei der FDP)

Wenn man sich dann hierhin stellt und sagt, es wird nichts für erneuerbare Energien getan, muss ich antworten: Ich glaube, das ist schlichtweg falsch, und es geht an den Tatsachen vorbei.– Es ist richtig – ich gebe allen recht,die das einfordern –, dass wir über die Förderprogramme nachdenken müssen.Wir müssen sie durchforsten.Wir müssen darauf schauen, ob die Art und Weise, wie wir an das

Thema herangehen, noch richtig ist.Wir müssen vor allen Dingen auf die Effizienz achten und überprüfen, was mit diesen Geldern geschieht und wie viel Energie im wahrsten Sinne des Wortes dabei herauskommt.

Ich meine, das ist unsere Aufgabe. Dann werden wir auch feststellen, dass Energieeinsparmaßnahmen an erster Stelle zu sehen sind.Wir diskutieren auch darüber,wie wir mit Energieeinsparmöglichkeiten,z.B.Wärmedämmungsmöglichkeiten an Gebäuden, umgehen. Das ist die schnellste Möglichkeit, um Energie einzusparen.

Dennoch,meine ich,sollten wir mit beiden Füßen auf dem Boden bleiben. Prof. Schmid vom ISET, den ich an der Stelle einmal zitieren möchte, hat nämlich gesagt, dass es in Hessen zwar möglich sein dürfte, die Energieversorgung aus erneuerbaren Energien sicherzustellen, es dann aber nicht mehr bezahlbar wäre. Das hat er im selben Atemzug gesagt. Das waren die Ausführungen, die Prof. Schmid vom ISET gemacht hat. Deshalb meine ich, dass das Verhältnis zwischen Förderung und Nutzen immer in unserem Blickfeld bleiben muss.

Ich nehme für die FDP vier Punkte aus dieser Anhörung mit:

Erstens. Die Vollversorgung Hessens mithilfe von erneuerbaren Energien ist unbezahlbar. Das ist deutlich geworden.

Zweitens. Biomasse ist die wichtigste Energieform für Hessen, weil es hier Speichermöglichkeiten gibt.

Drittens. Die größten CO2-Minderungspotenziale und Energieeinsparpotenziale sind am schnellsten durch Energieeinsparungen in Gebäuden zu heben. Das ist deutlich geworden. Das habe ich eben schon gesagt.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt!)

Viertens. Dieser Punkt ist für mich ganz besonders wichtig. Ein hessischer Energiemix ist ohne Alternative. Der Energiemix ist die beste Möglichkeit; aber zu diesem Energiemix gehören auch Kernkraftwerke und Kohlekraftwerke.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herr Al-Wazir hat es dankenswerterweise schon in die Diskussion eingeführt:Cem Özdemir und Joschka Fischer haben sich beide zu dem Thema Kohlekrafttechnologie geäußert. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Verteufelung der Kohlekrafttechnologie falsch ist.Joschka Fischer sagt,es sei ein riesiger Fehler der GRÜNEN,dass sie sich mit einem Anti-Kohle-Kurs ins Abseits manövrieren. Die GRÜNEN sind hier von Joschka Fischer angesprochen. Ich bin gespannt, ob er auf Kritik innerhalb der eigenen Reihen stoßen wird oder ob er sakrosankt ist und sagen darf, was er möchte.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es darf jeder sagen, was er möchte!)

Herr Al-Wazir, es geht nicht darum, wer den schönsten und längsten Traum von erneuerbaren Energien träumt, sondern darum, Energiepotenziale realistisch einzuschätzen. Wir als Politiker stehen bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern im Wort; denn die Energie muss bezahlbar bleiben.

Herr Kollege Grumbach, im Zuge der Anhörung hat sich auch herausgestellt, dass der selbst ernannte Energiepapst Scheer mit seiner Forderung, 3.000 neue Windräder aufzustellen, die Realitätsgrenze weit überschritten hat.

Ich möchte einmal wissen, wo diese Windkraftanlagen aufgestellt werden sollen – in der Rhön, im Upland, im Vogelsberg, wo auch immer.

Ich sehe diese Möglichkeiten und Chancen nicht. Es wird Ihnen nicht gelingen – so, wie Sie es jetzt versuchen –, uns über die Raumordnungspläne zu bevormunden.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Sie reden von der Selbstbestimmung der Kommunen, und gleichzeitig werden die Kommunen drangsaliert,damit sie hier Flächen ausweisen.

Meine Damen und Herren, wir halten nichts von staatlichen Bevormundungen bei der Energieversorgung; denn diese werden nicht von Nutzen sein und nicht lange anhalten.Vielmehr müssen wir die Menschen mitnehmen. Wir müssen ihnen deutlich machen, dass sie den richtigen Mix selbst wählen können, indem sie auf regenerative Energien setzen.

Folgendes will ich zum Abschluss sagen. Ich meine, bei dieser Anhörung ist eines deutlich geworden. Nicht nur in Hessen gibt es einen Nachholbedarf bei der Forschung. Als wir uns in dem Block befanden, in dem über die Forschung gesprochen wurde, wurde von vielen Experten angemahnt, dass da mehr getan werden müsse. Ich glaube, dass wir uns bei der Förderung mit der Frage auseinandersetzen müssen, inwieweit die Wasserstofftechnologie und Batterien für die Mobilität genutzt werden können.Wir müssen uns fragen, inwieweit auch die Solarthermieforschung und die Geothermieforschung mit eingebracht werden können, um hier etwas auf den Weg zu bringen.

Herr Kollege Heidel, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen.

Frau Präsidentin, ich komme zu meinen letzten Sätzen. – Ich will bei alledem aber auch an der guten, alten Wasserkraft festhalten.Wir haben hier in Hessen noch nicht ausgeschöpfte Potenziale, die wir nutzen könnten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf)

Das ist gar nicht neu. – Wir sollten diese Chancen nicht leichtfertig verspielen. Deshalb lautet meine Bitte: Lassen Sie uns ideologiefrei an diese Diskussion herangehen. So war das auch in der Anhörung. Dann könnten wir gemeinsam einen Energiemix auf die Beine stellen, der sicher ist, der uns unabhängig macht und der für die Menschen vor allen Dingen auch bezahlbar bleibt. – Danke schön.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herr Kollege Heidel, vielen Dank. – Nächster Redner ist Herr Kollege Grumbach. Er spricht für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das war schon spannend. Ich habe mir drei Tage Zeit genommen. Dabei fehlen mir drei Stunden von der dreitägigen Anhö

rung. Das gebe ich zu. Ich habe dabei vielen Experten zugehört. Nun muss ich feststellen, dass sich die Reden nicht geändert haben. Ich finde das schon ziemlich spannend.

Ich finde es vor allen Dingen spannend, wenn es um Hessen geht. Ich finde es vor allem auch spannend, weil immer nur die Schlagzeilen herangezogen werden.

Frau Apel,ich will Sie einmal als Beispiel nennen.Sie werfen Herrn Al-Wazir vor, Hessen habe doch einen niedrigen CO2-Ausstoß pro Kopf. Sie haben dabei in dem Text, der sich mit der Wirtschaftsstruktur Hessens beschäftigt, völlig überlesen, dass es in Hessen fast 10 % mehr Dienstleistung als im Durchschnitt des Bundes gibt. Das ist bekanntermaßen eine Form des Gewerbes, bei der wenig CO2 ausgestoßen wird. Trotz der Tatsache, dass Hessen eine ganz moderne Dienstleistungsstruktur hat, schneidet es immer noch schlechter als andere Länder ab.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Den höchsten Stromverbrauch haben die Rechenzentren!)

Herr Boddenberg verdeutlicht, worin das strukturelle Problem der CDU besteht. Er sagt, die Rechenzentren hätten die höchsten Stromverbräuche. Die hessische CDU setzt sich nur mit dem Stromverbrauch auseinander.

(Michael Boddenberg (CDU): Das habe ich gemacht, weil Sie gerade Unsinn erzählen!)

Sie tun so,als ob das Problem mit dem CO2-Ausstoß allein durch den Stromverbrauch verursacht würde und darüber gelöst werden könnte.

(Michael Boddenberg (CDU): Nein, das ist Quatsch!)

Nein, der entscheidende Punkt ist ein anderer. Das haben Sie in den fast zehn Jahren Ihrer Regierungszeit verschlafen.Andere Länder haben einen Großteil der Einsparung der CO2-Emissionen beim Wärmeverbrauch.Allein durch die Reduzierung des Wärmeverbrauchs im öffentlichen Sektor hätte einiges erreicht werden können, wenn Sie es nur getan hätten.Alle Programme, die es dazu gab, haben Sie abgebaut. Sie haben die Förderung dazu abgebaut.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Das ist schon „faszinierend“.Denn alle Szenarien,von denen Sie sagen, sie seien nicht erfüllbar, werden nicht Realität, weil Sie den dazu notwendigen Teil gar nicht unternehmen. Alle sagen: Natürlich können wir in absehbaren Jahrzehnten nicht zu 100 % nur erneuerbare Energien nutzen, wenn wir nicht auch anfangen, Energie einzusparen.Alle wissen, dass die Bundesregierung mit ihrem Programm zur Einsparung bei der Raumwärme den richtigen Weg beschritten hat. Das ist eine der wenigen Großtaten, die es auf diesem Sektor gibt. Viele wissen, dass wir im Land Hessen noch genug öffentliche Gebäude haben, die genauso gut weniger Energie verbrauchen könnten. Wer einmal in Marburg auf den Lahnbergen bei den Universitätsgebäuden stand, weiß, dass dort eine Freiluftheizung steht. Dagegen ist das mit dem Autokino wirklich eine kalte Veranstaltung. Das kann ich Ihnen sagen.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD – Frank Gotthardt (CDU): Wer hat das denn gebaut?)

Natürlich haben wir das mit gebaut. – In den Sechzigerund Siebzigerjahren wurden Bausünden ohne Ende begangen. Daran waren Sie beteiligt. Daran waren wir beteiligt. Jeder hat geglaubt, das werde auf der Welt so weitergehen, wie es bisher war. Die GRÜNEN konnten damals noch nicht beteiligt sein. Sie gab es nämlich noch nicht.

Ich will nun versuchen, das einmal in Zahlen auszudrücken. Das werden Sie alles in den Anhörungsunterlagen wiederfinden. 70 % könnten bei der Raumwärme kurzund mittelfristig eingespart werden. Ich rede da noch nicht von den langfristig wirkenden und teuren Möglichkeiten. Ich rede nur von den Maßnahmen, die bezahlbar sind und die über die Einsparung in vier bis fünf Jahren refinanziert werden können.

Bei der Industrie könnten 30 % in einem überschaubaren Zeitraum und 80 % mittelfristig eingespart werden.

Beim Strom wird es eher weniger Einsparungen geben. Dort werden es 20 bis 30 % sein. Denn die wichtigen Sachen können nur mittelfristig erreicht werden.Ansonsten müssten die Privaten schneller die Geräte austauschen, und in der Industrie müssten die Maschinen schneller ausgetauscht werden.

Beim Verkehr könnte eine Einsparung von 30 % erzielt werden. An all diese Bereiche müssen wir herangehen. Wer nicht anfängt, darüber zu debattieren, hat das Thema schon verfehlt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zum zweiten Punkt. Ich bin immer wieder fasziniert, dass Frau Apel erklärt, wie schlimm das Behauptete doch sei und dass wir es nicht schaffen werden, eine Energieversorgung hinzubekommen, die genauso wenig CO2 erzeugt, wie es bei den Kernkraftwerken der Fall ist. Nun gibt es zwei Sorten der Erzeugung von Strom, bei denen völlig unstreitig ist, dass sie genauso wenig CO2 produzieren,wie es bei den Kernkraftwerken ist.Das ist nämlich die Stromerzeugung durch Wind und Wasser. Aber den Ausbau dieser zwei Arten der Stromerzeugung hat die hessische CDU in den letzten neun Jahren blockiert. Warum machen Sie das?

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Ich möchte jetzt auf die Aussage Heinrich Heidels mit der Gängelung der Kommunen zu sprechen kommen. Ich finde es faszinierend, was hier als Gängelung der Kommunen bezeichnet wird. Die Kommunen sollen das Recht kriegen, den Bau von Windkraftanlagen auf ihrem Gemeindegebiet zuzulassen, wenn sie das wollen. Aber es gibt Ausschlussgebiete. Auf 98 bis 99 % der Flächen des Landes ist der Bau von Windkraftanlagen verboten.Wenn das keine Gängelung ist, was dann? Das ist wirklich Gängelung. Da wird den Kommunen etwas verboten. Da wird vor allen Dingen denjenigen etwas verboten, die mit der Energiewende längst begonnen haben. Diese Landesregierung hat das verschlafen. Das ist doch völlig verrückt.