Wir bedauern, dass die Arbeitsplätze überhaupt verlagert werden sollen. Ich kann das Argument nicht nachvollziehen, ein Callcenter könne erst ab 400 Beschäftigte wirtschaftlich arbeiten. Da gibt es ganz andere Beispiele. Wir bedauern deswegen, dass die Arbeitsplätze überhaupt verlagert werden sollen. Insbesondere bedauern wir, dass die Arbeitsplätze aus strukturschwachen Regionen in strukturstarke Regionen verlagert werden sollen.
Ich glaube,damit wird ein falsches Signal gesetzt.Das sage ich auch als Fuldaerin. Denn ich glaube, wir haben in Fulda aufgrund der Stärken,die es in der Region gibt,eine gute Arbeitsplatzsituation. Alle haben die Verpflichtung, in den strukturschwachen Regionen umso mehr für jeden Arbeitsplatz zu kämpfen, der dort überhaupt irgendwie erhalten werden kann. Da sehe ich die Telekom in der Verantwortung.
Das ganze Vorgehen ist auch ein schlechtes Aushängeschild für ein Unternehmen, das sich doch sehr intensiv mit der Bereitstellung technischer Lösungen beschäftigt und eigentlich auch Techniken anbietet, die Arbeitswege vermeiden können.
Wir fordern unermüdlich in den ländlichen Regionen Hessens schnelle Internetzugänge, damit auch dort wertvolle Arbeitsplätze geschaffen werden und erhalten bleiben können.Wäre es nicht ein sinnvolles Signal, wenn die Telekom Callcenter in diesen Regionen belässt? Es wäre sicher auch sinnvoll, wenn man bei den Arbeitsplätzen zusätzlich diskutieren könnte, welche Arbeitsplätze davon Heimarbeitsplätze werden könnten. Im Zuge von Familienfreundlichkeit wäre das ein gutes und wichtiges Signal.
Nicht zuletzt sind natürlich die zusätzlichen Belastungen unter Umweltaspekten und die finanziellen Belastungen durch zusätzliche Fahrtkosten Argumente, dass die Telekom an dieser Stelle noch einmal nachdenken und umdenken sollte.Wenn wir uns die Geschäftspolitik der Telekom der letzten Jahre anschauen, dann wundert es nicht, dass sie zunehmend Kunden verloren hat, denn das, was sie getan hat, war kein Beitrag zur Kundenbindung. Es gab viel Problematisches.
Jeder kann Geschichten von der Telekom erzählen, wie schwierig es ist, als Privatkunde überhaupt einen Anschluss zu bekommen.Man muss sich echt manchmal Tage durchkämpfen. Das vergrault Kunden. Sinkende Kundenzahlen schlagen sich irgendwann auf Arbeitsplätze nieder. Von daher war das kein verantwortliches Handeln.
Der SPD-Antrag fasst die Problematik aus unserer Sicht sehr gut zusammen. Deswegen unterstützen wir den SPDAntrag. Der LINKEN-Antrag ist uns an einigen Stellen etwas unscharf. Deswegen bedauern wir, dass DIE LINKE den Antrag nicht noch einmal in den Ausschuss geben wollte, damit wir zu einem gemeinsamen Antrag kommen. Ich glaube, das wäre an dieser Stelle ein sehr gutes Signal gewesen, nachdem auch die CDU den Antrag der SPD unterstützen will. Aber ich habe im LINKENAntrag auch Probleme mit dem Passus der Arbeitsplatzvernichtung und des Lohndumpings, denn das ist doch eine massive Kritik an den ver.di-Verhandlungsergebnissen des letzten Jahres.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU) und JörgUwe Hahn (FDP) – Heiterkeit bei der SPD)
Das kann ich an dieser Stelle nicht nachvollziehen. Deswegen werden wir uns enthalten. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank, Frau Hölldobler-Heumüller. – Für die Landesregierung, Herr Staatsminister Dr. Rhiel.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehen Sie, Herr Rudolph, ich will Ihnen gleich die Antwort geben. In einem kurzfristig – in Gießen und Kassel war das nur kurzfristig möglich – anberaumten Gespräch konnten ich persönlich und der Staatssekretär nicht dabei sein, weil wir andere Verpflichtungen hatten. Deswegen war der Abteilungsleiter, Herr Jäger, bei diesem Gespräch im Kasseler Rathaus. Herr Rudolph, die Landesregierung nimmt schon ihre Pflicht wahr. Deshalb bedurfte es dieses Einwurfes nicht.
Punkt zwei. Ich glaube, dass diese Frage, wie sie sich aus der Debatte ergeben hat, eine vielschichtige Frage ist. Die erste Frage – darauf stützen sich zu Recht alle in ihrer Argumentation – ist immer die Frage, was mit den Betroffenen passiert. Wir wissen, dass jeder Veränderungsprozess auch unangenehme Folgen für die unmittelbar Beteiligten hat. Deswegen will ich gar nicht hintanstehen und gleich deutlich sagen: Für alle Betroffenen, die ihren Arbeitsplatz am bisherigen Standort verlieren, auf den sie sich hinorientiert haben – möglicherweise auch mit ihrem Wohnort –, ist das ein harter Schlag.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dennoch wird in dieser Debatte deutlich, dass es keine Alternative gibt. Wie in keinem anderen Bereich als der Telekommunikation ist durch den technologischen Fortschritt der letzten Jahre der Wettbewerb intensiviert worden. Hätten wir die alte Fernmeldebehörde noch, wäre sie heute schlicht und einfach pleite, weil sie bei Ihnen allen nicht konkurrenzfähig wäre.
Sie alle, wir alle wechseln zu dem Anbieter, der uns die gleiche Leistung zu günstigeren Preisen gibt. Das gilt sicherlich auch für die Fraktion der LINKEN, denn sonst müssten Sie freiwillig einen Zuschlag bezahlen. Dieser freiwillige Zuschlag von Ihrer Seite ist mir bisher nicht bekannt, wenn es um Ihren eigenen Geldbeutel und Ihr eigenes Portemonnaie geht.
Deshalb sollten wir uns neben dieser unmittelbaren Betroffenheit hüten, durch großsprecherische Aktionen und Aussagen
Herr Rudolph – Hoffnungen bei den Menschen zu wecken, die nachher in einer größeren Enttäuschung und einem größeren Leid enden.
Deswegen müssen wir dies realistisch sehen. Realistisch betrachtet, heißt das zunächst einmal in der Bilanzierung eines:
Der hessische Telekommunikationsstandort ist in den letzten Jahren nicht geschwächt, sondern, bezogen auf die Arbeitsplatzzahl, gestärkt worden. Insgesamt beschäftigt nämlich die Telekom neben all den Privaten,die zusätzlich auf den Markt gekommen sind und einen großen Beschäftigungsanteil haben, nach wie vor 16.800 Menschen. Darüber sollten wir uns freuen und dankbar sein und diesen Standort nicht schlechtreden,sondern stärken.Das tut die Landesregierung.
Durch die Verlagerung der Arbeitsplätze ist – das will ich als Mitglied der Landesregierung, als Wirtschaftsminister, deutlich unterstreichen – der Standort Hessen, bezogen auf die Beschäftigtenzahlen, gestärkt worden. Statt bisher 1.012 Arbeitsplätzen werden in Zukunft 1.419 Arbeitsplätze im Bereich der Callcenter vorhanden sein.
Das betrifft natürlich auch mit dem negativen Akzent die Beschäftigten, die in Zukunft aus Bad Kissingen oder aus Würzburg nach Fulda, auch die, die aus Kassel nach Fulda kommen müssen.Aber glücklicherweise – das sollte nicht unterschlagen werden – sind die öffentlichen Verkehrsverbindungen zwischen diesen Standorten inzwischen so gut, dass die Fahrzeit auf der Schiene zwischen Kassel und Fulda wie zwischen Kassel und Würzburg nur noch eine halbe Stunde beträgt. Mit dem Fahrkostenzuschuss des Arbeitgebers ist die Belastung auf ein Minimum reduziert und nicht größer, als sie im Ballungsraum Rhein-Main allgemein üblich ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das gilt auch für den Standort Eschborn, wo in Zukunft aus Mainz die Beschäftigten eine Beschäftigung an einem neuen Standort finden. So weit, so gut zu diesem Thema.
Ich möchte noch einen dritten Aspekt erwähnen. Das interessiert vielleicht auch Herrn Frankenberger als Kasseler Abgeordneten. Deswegen sage ich es an dieser Stelle.
Wir haben in Deutschland natürlich nicht eine statische Wirtschaft, sondern einen permanenten Veränderungsprozess. Deswegen muss man auch sehen, dass es in Kassel selbst Veränderungen gibt, in dem Fall nicht bezogen auf die Callcenter der Telekom. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie waren zum Teil dabei. Ich war mit dem Oberbürgermeister beim Richtfest, bei der Grundsteinlegung.Dort in Kassel ist vor wenigen Tagen ein Callcenter in Betrieb genommen worden, das inzwischen 400 Beschäftigte hat.
Ich bin ja schon am Resümee. – Deswegen sollte man positiv hervorheben, dass gerade der Standort Kassel unter dem Aspekt Angebote für Beschäftigte in Callcentern ein neues Angebot mit zusätzlichen Beschäftigten hat – Herr Abg. Lübcke war mit mir dort gewesen –, das Möglichkeiten für Menschen gibt, die in dieser Branche tätig sein wollen, das Unternehmen zu wechseln und am selben Standort in einem anderen Unternehmen einen zukunftssicheren Arbeitsplatz zu haben.
Unter dem Strich: Sicherlich Verständnis für die Betroffenen, aber es gibt eine Regelung innerhalb des bisherigen Arbeitgebers. Und es gibt am Standort Kassel zusätzliche Chancen mit neuen Unternehmen, die in diesem Bereich mit Millioneninvestitionen zukünftige Arbeitsplätze anbieten und damit eine Zukunft für die Menschen mit darstellen. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank,Herr Staatsminister Dr.Rhiel.– Mir liegen zu diesem Tagesordnungspunkt betreffend eine Aktuelle Stunde keine Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen zur Abstimmung der beiden Anträge.
Ich rufe zunächst den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE, Drucks. 17/703, auf.Wer für die Annahme dieses Antrags ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Stimmen von SPD und LINKEN. Gegenstimmen? – Das sind die Stimmen von CDU und FDP. Stimmenthaltungen? – Das sind die Stimmen der GRÜNEN.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wollte vor der nächsten Abstimmung nur darauf hinweisen, dass wir dabei über einen normalen Antrag abstimmen, nicht über einen Entschließungsantrag. Nach § 32 Abs. 9 unserer Geschäftsordnung kann eigentlich nur über Entschließungsanträge unmittelbar abgestimmt werden, aber wegen der Wichtigkeit der Sache – das hat der Kollege Möller betont – werden wir uns an dieser Abstimmung jetzt beteiligen.
Herr Kollege Wintermeyer, eingangs, als wir in diese Beratung eingetreten sind,habe ich darauf hingewiesen,dass wir bei dieser Aktuellen Stunde zu diesem Tagesordnungspunkt über beide Anträge mit abstimmen wollen. Die eine Abstimmung ist erfolgt und hat das Ergebnis erbracht, das ich eben festgestellt habe.
Zugestimmt haben dem Antrag der LINKEN: DIE LINKE und die SPD; dagegen gestimmt haben CDU und FDP; Stimmenthaltung hat die Fraktion der GRÜNEN geübt.
Herr Präsident, mir ging es jetzt nicht um den Antrag der LINKEN, sondern um den Antrag der SPD. Das ist ein Dringlicher Antrag, und in unserer Geschäftsordnung heißt es:
Anträge zur Sache können nicht gestellt werden. Ausgenommen hierbei sind Entschließungsanträge, die einer sofortigen Abstimmung unterliegen.