Protokoll der Sitzung vom 25.09.2008

Sehr geehrte Damen und Herren,ich muss Sie wieder einmal quälen, indem ich Sie an Ihre Verantwortung im Bundestag und Bundesrat erinnere. Dazu zitiere ich dieses Mal etwas ausführlicher die Jusos Hessen-Süd und zwar aus ihrer aktuellen Pressemeldung.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das sind die, die Frau Wissler ausgeschlossen haben? – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE): Ich war dort nie Mitglied!)

„Wir brauchen eine Vermögensteuer“, sagen die Jusos, und weiter:

Eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer ist also möglich und sinnvoll. Es kommt nur darauf an, sie politisch zu wollen – und sie gerecht zu gestalten: Mit einem Freibetrag von 500.000 c würde keiner Kleinfamilie ihr Reihenhaus besteuert, und auch das Ansparen fürs Alter bliebe für Normalverdiener(innen) ohne zusätzliche Belastungen.

Dabei hat diese Steuer eine lange Tradition. Sie gab es bereits im antiken Griechenland

immer noch Zitat –

für die reichsten 1.200 der Bürger(innen) – dort betrug sie zum Teil ganze 12 %. Auch alle anderen westlichen Industrienationen erheben Steuern auf Eigentum und Vermögen. Deren Anteil am Bruttoinlandsprodukt beträgt beispielsweise in Großbritannien 4,3 %, in Frankreich 3,2 % und in den USA 3,1 %. In Deutschland gibt es seit der Aussetzung der Vermögensteuer nur noch Steuern auf Eigentum (beispielsweise die Grundsteuer), deren Anteil

am Bruttoinlandsprodukt gerade einmal noch 0,9 % ausmacht.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Ich dachte, es sei eine bildungspolitische Debatte! – Gegenruf der Abg. Heike Habermann (SPD): Das müssen gerade Sie sagen!)

Damit gehen dem Staat – in diesem Fall den Ländern – nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung jährlich 16 Milliarden c

in Hessen sind es 1,2 Milliarden c –

an Steuern verloren. Geld, das fehlt. Beispielsweise für mehr Bildung.

(Beifall bei der LINKEN)

Wie wahr – selbst im kapitalistischen Vorzeigeland USA tragen Vermögende mehr zur Solidargemeinschaft bei als bei uns. Das ist aber kein Naturereignis oder Gottes Gebot.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sagen Sie einmal etwas zur Vermögensteuer in Russland!)

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist an der Zeit, die parlamentarische Mangelverwaltung aufzugeben, nicht erst die Steuern zu senken und danach die leeren Kassen zu beweinen,

(Wortmeldung des Abg. Mathias Wagner (Tau- nus)(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

sondern das zu tun, was notwendig ist und wofür wir alle hier im Haus angetreten sind: Geld, viel Geld in die Hand zu nehmen – –

Frau Kollegin Cárdenas, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wagner?

Nein, ich möchte weiter ausführen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): So geht man doch nicht mit einem Koalitionspartner um!)

Mathias, wir können uns gern hinterher nochmals zusammensetzen.

Geld, viel Geld in die Hand zu nehmen, um wirklich eine bessere Bildung für Hessen zu realisieren, spätestens im nächsten Haushalt.

Wer sich für bessere Bildung, gleiche Chancen für alle, mehr individuelle Förderung usw. hat wählen lassen, wohl wissend, dass Hessen nach der Wahl nicht mehr Mittel haben wird als vor der Wahl, und nun kleinlaut sagt, das eigene Wahlprogramm sei zwar gut gemeint, aber leider nicht finanzierbar, der sollte sich überlegen, ob er sich nicht besser als Insolvenzverwalter verdingen sollte, wobei er allerdings kleinere Brötchen backen müsste. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Cárdenas. – Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Kollege Wagner von den GRÜNEN zu Wort gemeldet.

Frau Kollegin Cárdenas, Sie haben viel über die Finanzierung des Bildungsbereichs gesprochen. Über eines haben Sie nicht gesprochen, nämlich darüber, was Ihr Antrag kosten würde. Ich meine, für eine sinnvolle Debatte auch über Finanzierungsvorschläge wäre es gut, wenn Sie, Frau Cárdenas, diesem Haus mitteilen würden, was das, was Sie heute hier beantragen, kosten würde, wie viele zusätzliche Lehrerstellen dafür erforderlich wären und was Sie gedenken,konkret davon im Landeshaushalt 2009 umsetzen zu können.

Nur den anderen vorzuwerfen, dass sie sich um eine realistische Finanzierung bemühen, ist etwas wenig. Ich würde bei Ihnen gerne erkennen, dass auch Sie sich um die Finanzierung Ihrer Versprechen bemühen. Denn nur den Schulen etwas zu versprechen, aber keinerlei realitätstaugliche Vorschläge zu machen, wie das zu finanzieren ist, wird keinen einzigen zusätzlichen Lehrer und keine einzige zusätzliche Lehrerin an unsere Schulen bringen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der CDU und der FDP)

Deshalb bitte ich Sie herzlich: Kommen Sie hier an das Pult und sagen Sie diesem Haus, was der Antrag kosten würde, den Sie hier vorgelegt haben. Ich wäre Ihnen auch noch sehr dankbar, wenn Sie bestätigen könnten, dass, selbst wenn man eine stärkere Vermögensbesteuerung einführen würde – für die auch wir GRÜNE Sympathien haben –, eine solche Reform frühestens in zweieinhalb Jahren wirken könnte und damit also auch für den Haushalt 2009 nichts erreicht wäre.

Frau Kollegin, ich freue mich auf Ihre Ausführungen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der CDU und der FDP – Michael Boddenberg (CDU): Herr Wagner, ich hätte das nicht besser machen können!)

Vielen Dank, Herr Wagner. – Frau Kollegin Cárdenas hat jetzt Gelegenheit zur Antwort.

(Michael Boddenberg (CDU): Jetzt sind wir gespannt!)

In der Tat gehen die Berechnungen auseinander. Wir haben das sowohl von der GEW als auch vom DGB nochmals berechnen lassen. Ich denke, wir müssen dabei von 400 Millionen c ausgehen.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Können Sie das etwas lauter sagen?)

Ich gehe davon aus, dass man von 400 Millionen c ausgehen muss.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Pro Jahr?)

Ja, soweit ich weiß, pro Jahr. Das werden wir im Ausschuss im Detail besprechen, dann werde ich auch noch genauere Zahlen vorlegen. Ich möchte hier aber noch feststellen, dass nämlich einige Forderungen bereits mit Verordnungen umsetzbar sind. Die Richtgrößenverordnung ist durchaus schon jetzt durchsetzbar. Die entsprechenden Mittel müssten natürlich in den nächsten Haushalt eingestellt werden.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wie denn?)

Vielen Dank, Frau Kollegin Cárdenas. – Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Habermann für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Cárdenas, mehr Investitionen in Bildung und eine solide Haushaltspolitik schließen einander nicht aus.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Deswegen werden wir als Sozialdemokraten zunächst dafür sorgen müssen, dass wir im Haushalt die Bedingungen dafür schaffen, die Bildungspolitik in Hessen zu verbessern. Das, was Sie hier ansprechen und wofür wir in Teilen viel Verständnis haben, ist schrittweise umsetzbar. Es ist realistisch und kann diesem Haushalt zugemutet werden.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren,kleine Klassen allein sind kein Garant für besseren Unterricht. Aber zu große Klassen verhindern guten Unterricht sowie die individuelle Förderung von Kindern. Ich glaube, darin sind wir uns in diesem Hause einig. Zu große Klassen sind in der Tat ein Relikt der CDU-Bildungspolitik der vergangenen Jahre.

(Mark Weinmeister (CDU): Wer hat die Regelung eingeführt?)

In dem Maße, wie die Realität der Lehrerversorgung nicht mehr mit der versprochenen Unterrichtsgarantie Schritt halten konnte, sind in Hessen die Klassen immer größer geworden.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist schlichtweg falsch!)

Die Verordnung über die Anzahl und Größe von Klassen des Jahres 1992 – diese stammt noch aus rot-grüner Regierungszeit, damit dies kein Debattenredner mehr sagen muss – sollte mit der Möglichkeit, die Klassenhöchstgrenze um drei Kinder zu erhöhen, eine Ausnahmeregelung schaffen. Heute ist diese Ausnahme in Hessen zur Regel geworden.Durch die Richtwerteregelung im Schulgesetz, die glücklicherweise inzwischen der schulpolitischen Vergangenheit angehört, wurden für Schulstandorte Klassenzusammenlegungen und das Ausschöpfen von Höchstzahlen pro Klasse sogar überlebensnotwendig.

Die immer größer werdende Kluft zwischen Anspruch und Realität der Unterrichtsversorgung wurde durch immer neue Berechnungsformeln bei der Lehrerzuweisung scheinbar aufgehoben. Aber was sich durch die Rechen