Protokoll der Sitzung vom 09.04.2008

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 2. Sitzung des Hessischen Landtags in der 17.Wahlperiode.Ich heiße Sie herzlich willkommen und begrüße die Mitglieder der Landesregierung, den Ministerpräsidenten und sage auch den Bürgerinnen und Bürgern auf der Besuchertribüne ein herzliches Willkommen zur Premiere einer Arbeitssitzung des Hessischen Landtags.

An dieser Stelle möchte ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung herzlich bedanken. Es war in den letzten Tagen etwas stressig.Wir hatten sehr viele Veranstaltungen hintereinander, in einem ganz engen Zeittakt.Es war viel Arbeit zu leisten.Ich möchte dem Direktor und allen seinen Mitarbeitern für das ganze Haus meinen herzlichen Dank sagen.

(Allgemeiner Beifall)

Jetzt haben wir bald alles durchgespielt, was wir durchzuspielen haben. Wer neue Ideen hat, meldet sich dann bei uns.Wir prämieren das auch.Sie sehen,dass es sich gut anlässt, und die Reaktionen der Gäste waren durchweg positiv.

Meine Damen und Herren, wir üben noch ein bisschen im neuen Plenarsaal. Ich sage noch etwas zur Technik. Es bleibt vieles beim Alten, und was sich neu entwickeln wird, wird man im Laufe der Zeit merken.Wir werden mit einer veränderten Akustikstruktur umzugehen haben. Wir müssen die Frage von Zwischenrufen und Gespräche über Gott und die Welt regeln. Ich habe mit den Vizepräsidenten vereinbart, dass wir den Fraktionen ein paar Ideen über die innere Ordnung dieses Plenarsaals zuleiten. Das wird alles noch auf uns zukommen.

Die Tagesordnung vom 26. März 2008 sowie ein Nachtrag vom heutigen Tag mit insgesamt 14 Punkten sind Ihnen zugegangen.

Die Beschlussfähigkeit des Hauses muss ich feststellen. Das ist der Fall, sodass wir danach verfahren können.

Ich muss Ihnen jetzt den Nachtrag vorlesen, weil es sich um dringliche Initiativen handelt. Sie sollten auf diese Tagesordnung genommen werden, das war nur über diesen Weg möglich, da offiziell erst am 5. April eingerecht werden konnte.

Eingegangen ist noch ein Dringlicher Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Sicherstellung von Chancengleichheit an hessischen Hochschulen, Drucks. 17/15. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Gesetzentwurf Tagesordnungspunkt 2. Die Redezeit wurde auf 15 Minuten festgelegt.

Weiterhin eingegangen ist ein Dringlicher Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE für ein Gesetz zur Abschaffung der Studiengebühren an hessischen Hochschulen, Drucks. 17/16. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Gesetzentwurf Tagesordnungspunkt 3 und kann mit Tagesordnungspunkt 2 aufgerufen werden.

Es ist noch eingegangen ein Dringlicher Gesetzentwurf der Fraktion der FDP für ein Gesetz zur Stärkung der Finanzautonomie der hessischen Hochschulen, Drucks. 17/32. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall.

Dann wird dieser Dringliche Gesetzentwurf Tagesordnungspunkt 13 und kann mit den Tagesordnungspunkten 2 und 3 aufgerufen werden.

Dann ist noch eingegangen ein Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Wille der Schulgemeinden umsetzen – Gesamtschulen genehmigen, Drucks. 17/17. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 4. Eine Redezeit von zehn Minuten ist vereinbart.

Eingegangen ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend zerstörtes Vertrauen in der Bildungspolitik zurückgewinnen – Durchführung einer Anhörung, Drucks. 17/18.Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall.Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 5 und kann mit Tagesordnungspunkt 4 aufgerufen werden.

Jetzt geht es um den Dringlichen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Sofortprogramm Schule, Drucks. 17/19. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 6, und wir rufen ihn mit den Tagesordnungspunkten 4 und 5 auf.

Dann liegt vor ein Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Rückkehr des Landes Hessen in die Tarifgemeinschaft deutscher Länder, Drucks. 17/20. – Die Dringlichkeit wird nicht verneint. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 7. Die Redezeit beträgt zehn Minuten.

Es liegt vor ein Dringlicher Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Rückkehr des Landes Hessen in die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) sowie die Regelungen gleicher Arbeitszeiten für Tarifbeschäftigte und Beamtinnen und Beamte, Drucks. 17/21. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall.Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 8 und kann mit Tagesordnungspunkt 7 aufgerufen werden.

Es ist noch eingegangen ein Dringlicher Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Abschiebestopp für afghanische Staatsangehörige, Drucks. 17/22. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 9. Die Redezeit beträgt fünf Minuten.

Dann liegt vor ein Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend G 8 verbessern – Schülerinnen und Schüler entlasten – Qualität des Abiturs erhalten, Drucks. 17/23. – Die Dringlichkeit wird nicht verneint. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 10 und kann mit den Tagesordnungspunkten 4, 5 und 6 aufgerufen werden.

Weiterhin ist ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Überprüfung der hessischen Landtagsabgeordneten durch die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) , Drucks. 17/29, eingegangen. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 11. Die Redezeit beträgt fünf Minuten. Einverstanden? – Okay, dann verfahren wir so.

Eingegangen ist weiterhin ein Dringlicher Antrag der Fraktion der CDU betreffend Bildung in Hessen weiter voranbringen – gemeinsam mit Lehrern, Eltern und Schülern, Drucks. 17/30. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tages

ordnungspunkt 12 und kann mit den Tagesordnungspunkten 4, 5, 6 und 10 aufgerufen werden.

Außerdem ist eingegangen ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE betreffend Überprüfung der hessischen Landtagsabgeordneten durch die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU), Drucks. 17/33. – Die Dringlichkeit wird bejaht. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 14 und kann mit Tagesordnungspunkt 11 aufgerufen werden.

Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass wir den Themenkomplex Studienbeiträge mit einer Redezeit von 15 Minuten, den Themenkomplex Schule mit den Tagesordnungspunkten 4,5,6,10 und 12 und einer Redezeit von zehn Minuten, das Thema Rückkehr des Landes Hessen in die Tarifgemeinschaft deutscher Länder mit den Tagesordnungspunkten 7 und 8 und einer Redezeit von zehn Minuten und das Thema Stasi-Überprüfung mit den Tagesordnungspunkten 11 und 14 mit einer Redezeit von fünf Minuten haben.Widerspricht jemand? – Das ist nicht der Fall, dann ist das so beschlossen.

Wir haben im Ältestenrat vereinbart und in der Tagesordnung vermerkt, dass wir heute bis zur Erledigung der Tagesordnung, also bis ca. 19 Uhr, tagen.

Gemäß der Tagesordnung beginnen wir mit Tagesordnungspunkt 1, der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten.Danach fahren wir mit den Gesetzen zu den Studiengebühren fort.

Entschuldigt fehlt Herr Kollege Weimar. Sie wissen, dass er sich einer Operation unterzogen hat. Wir wünschen ihm von hier aus alles Gute und gute Besserung.

(Allgemeiner Beifall)

Ich weise darauf hin, dass ich in Abstimmung mit den Fraktionen den Termin für die Wahl der nicht richterlichen Mitglieder des Staatsgerichtshofs, der nach § 2 Abs. 2 des Staatsgerichtshofgesetzes möglichst in der zweiten Sitzung des Landtags von dessen Präsidenten zu bestimmen ist, auf Dienstag, den 3. Juni 2008, nach der Fragestunde, festgesetzt habe.

Ich bitte Sie, sich in die Anwesenheitslisten einzutragen, die vor dem Haupteingang zum Plenarsaal ausliegen. Diese Hinweise gelten für alle. Dass wir unsere Namen eintragen müssen, wissen wir; aber nicht alle wissen, wo die Listen ausliegen.

Zu Ihrer Information: Sie haben die überarbeitete Fassung der Sitzplatzordnung vor sich liegen. Sie können sich anschauen, wer wo sitzt. Langsam muss man sich kennenlernen. Das Schreiben vom 5. April 2008 ist damit hinfällig.

Im Anschluss an diese Sitzung tagen der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst und der Haushaltsausschuss gemeinsam in Raum 510 W.

Auf Ihren Tischen liegt ein Hinweis zur Benutzung der Mikrofone. Sie können darin lesen, wie das funktioniert. Am Ende ist klar: Wer auf die Taste drückt, hat sich zu Wort gemeldet. Das ist eben so. Aber ich füge hinzu: Wir bleiben bei dem bisherigen Verfahren der Anmeldung der Redebeiträge mit einem Zettel.

Wenn Sie eine Zwischenfrage stellen wollen, verwenden Sie bitte die Drucktaste. Wenn Sie aus Versehen auf die Taste gedrückt haben, drücken Sie noch einmal; dann

können Sie Ihr eigenes Mikrofon ausschalten. Ich kann Ihre Mikrofone immer ausschalten.

Alle anderen Erläuterungen und Hinweise auf das, was zu beachten ist, erfolgen im Laufe der Tage.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Regierungserklärung des Ministerpräsidenten betreffend „In gemeinsamer Verantwortung für Hessen – Mut zu neuen Wegen“

Die vereinbarte Redezeit beträgt 45 Minuten. Ich erteile dem Herrn Ministerpräsidenten das Wort. Bitte schön.

Herr Landtagspräsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe am vergangenen Samstag die Gelegenheit wahrgenommen, für die Landesregierung unsere Auffassung über die formelle Art der Zusammenarbeit in dieser besonderen, für uns alle nicht einfachen Situation darzulegen. Ich bin dankbar dafür – das will ich auch ausdrücklich sagen –, wie die Mitglieder der Fraktionen des Hessischen Landtags darauf reagiert haben.

Ich glaube, dass wir für uns eine wichtige Grundlage festgelegt haben: in einem konstruktiven Miteinander und mit dem Respekt vor unterschiedlichen Auffassungen, auch mit Respekt vor den jeweiligen verfassungsrechtlichen Kompetenzen und Grenzen, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zu arbeiten. Das wird eine Menge Arbeit sein, und das wird von uns allen Mut zu neuen Wegen erfordern, da wir sonst das, was wir in der Debatte am Samstag in den Augen der Öffentlichkeit gewonnen haben, nicht rechtfertigen könnten.

Als Ministerpräsident einer nunmehr geschäftsführenden Landesregierung trage ich die Verantwortung dafür, dass die Regierungsarbeit trotz dieser parlamentarischen Situation dazu führt, dass Hessen gestaltend regiert wird und dass die Interessen der hessischen Bürgerinnen und Bürger auch auf nationaler und europäischer Ebene in vollem Umfang wahrgenommen werden. Das wird auf der Basis einer klaren eigenen Position der Landesregierung geschehen.

Ich habe hier bereits am Samstag gesagt – ich wiederhole das –, das geschieht zugleich im Respekt vor den Entscheidungen des Parlaments.

Dort jedoch – auch das gehört zu der klaren Aufgabenverteilung –, wo die Entscheidungskompetenz der Regierung in eigener Verantwortung gegeben ist, werden wir das machen, was aus der Sicht der Regierung richtig und notwendig ist. Wir gehen davon aus, dass dies selbstverständlich genauso respektiert wird wie die Entscheidungskompetenzen des Parlaments.

Vor uns liegt eine Vielzahl von Aufgaben,die dringend anzupacken und zu bewältigen sind. Einen politischen Stillstand – ich denke,das ist ein Ergebnis der Diskussion vom Samstag und entspricht auch den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an uns alle – darf es in Hessen nicht geben. Das können wir uns im Interesse der Bürgerinnen und Bürger nicht leisten.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb glaube ich auch, dass es richtig ist und zu den Selbstverständlichkeiten einer Regierung gehört, die in Verantwortung vor dem Parlament handelt – auch unter den Bedingungen, die wir jetzt haben; denn diese ändern

nichts daran, dass eine Regierung handeln muss und dem Parlament gegenüber Verantwortung trägt –, über die Inhalte der Punkte zu sprechen, die in der nächsten Zeit auf unserer Tagesordnung stehen, aber auch darüber, wie mit diesen Inhalten in Anbetracht der schwierigen Mehrheitsverhältnisse in diesem Haus umgegangen werden muss und wie sie in Regierungshandeln umgesetzt werden können.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass am Ende dieser Regierungserklärung – mit der alle Schwierigkeiten einer solchen Regierungserklärung verbunden sind, auch die, dass der Ministerpräsident sie vorlesen muss, weil sie sonst von dem abweichen würde, was die Fraktionsvorsitzenden gestern Abend erhalten haben –, in der selbstverständlich viele umfangreiche Themen und Sachbereiche angesprochen werden müssen, in der Öffentlichkeit manche über die vielfältigen Initiativen und Richtungsentscheidungen überrascht sein werden.Ich glaube auch,dass,egal ob man die einzelnen Punkte teilt oder bekämpft, in der nächsten Zeit nicht von Stillstand gesprochen werden kann.

Die besonderen Umstände erfordern es allerdings von einer geschäftsführenden Landesregierung – auch die Erfahrungen aus der Zeit von Ministerpräsident Börner; das haben ich und viele andere nachgelesen –, dass sie sich auf die wesentlichen Herausforderungen und Prioritäten konzentriert und insbesondere auf die eingeht,die jetzt im Fokus stehen werden. Dabei ist klar, dass der Zeithorizont, den unsere Vorhaben erfordern, nur einen Teil der Legislaturperiode ausmachen kann.

Trotz der Tatsache,dass eine geschäftsführende Landesregierung die Aufgabe hat, jetzt zu handeln, Stillstand zu vermeiden und gleichzeitig im Auge zu behalten, dass es zunächst über einen begrenzten Zeitraum innerhalb der Legislaturperiode zu sprechen gilt, dürfen wir zu keinem Zeitpunkt vergessen, dass es hinter der Politik, die in einem Land vertreten wird, ein Gesamtkonzept geben muss – ein Gesamtkonzept, für das jetzt Regierung und Parlament stärker gemeinsam verantwortlich sind. Das muss aber ein Gesamtkonzept bleiben, und die Verantwortung für eine nachhaltige Finanzpolitik als eine der wesentlichen Fragen darf dabei keinesfalls aus den Augen verloren werden.