Protokoll der Sitzung vom 09.04.2008

Auch in der politischen Grundausrichtung hat die Partei DIE LINKE ihre Gegnerschaft zum westlichen Wertesystem von Freiheit und Demokratie bewahrt – leider. Die Partei verfolgt unverändert das Ziel, wie sie selbst sagt, eines Systemwechsels. Zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik insgesamt hat die Linkspartei bis heute kein positives Verhältnis entwickelt.

In einem Aufsatz der Mitgliederzeitschrift der LINKEN, diese Mitgliederzeitschrift heißt „Disput“, wird Sympathie mit folgendem Zitat geäußert:

(Norbert Schmitt (SPD):Was Sie alles lesen!)

Da wir wissen, dass sich der Sozialismus nicht ohne Weiteres wie aus der Pistole geschossen durchführen lässt, sondern nur dadurch, dass wir in einem hartnäckigen Klassenkampf auf wirtschaftlichem und politischem Boden von der bestehenden Ordnung kleinere Formen erreichen, um uns wirtschaftlich und politisch immer besser zu stellen und die Macht zu erhalten, endlich der heutigen Gesellschaft das Genick zu brechen, sind unsere Minimalanforderungen nur auf die Gegenwart zugeschnitten.

Meine Damen und Herren, es war der heutige Vorsitzende der Linkspartei, Lothar Bisky, der am 15.06.2007 am Tag vor der Vereinigung mit der WASG verkündete:

Ja, wir diskutieren auch und immer noch die Veränderung der Eigentums- und Herrschaftsverhältnisse. Das unterscheidet eine neue Partei links von der Sozialdemokratie in Deutschland von anderen. Kurz gesagt: Wir stellen die Systemfrage. Für alle von den Geheimdiensten noch einmal zum Mitschreiben: Die, die aus der PDS kommen, aus der Ex-SED, und auch die neue Partei DIE LINKE stellen die Systemfrage.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU):Tolle Partner!)

Meine Damen und Herren, wir müssen da eine klare Schlussfolgerung ziehen. DIE LINKE strebt nach einer anderen Gesellschaft und nach einem anderen Staat. Sie gehört nicht zu den Parteien des demokratischen Grundkonsenses und will auch nicht dazugehören.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Gegenruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Meine Damen und Herren, dass dies keine einseitige und ideologische Betrachtungsweise der CDU ist, zeigt ein inzwischen oft zitierter Beschluss des SPD-Bundesvorstands vom 25.02.2008. Dieser Beschluss geht davon aus, dass DIE LINKE – so die Bundes-SPD – eine Mitgliedsstruktur hat, die „eine verantwortliche Regierungsarbeit unmöglich macht“. Es heißt weiter: „Darunter sind auch DKP-Mitglieder, damit ist die unabdingbare Verbindung mit Demokratie und Freiheit nicht geklärt.“

Das sagt nicht Christean Wagner, das sagt nicht ein fanatischer Vertreter der CDU, das sagt der SPD-Bundesvorstand vor wenigen Wochen.

Wer sich auf die Linksradikalen einlässt, verschafft ihnen Einfluss auf die Zukunft unseres Landes und beschädigt die demokratische Kultur in unserem Staat.

(Beifall bei der CDU)

Hamburgs Ex-Bürgermeister von Dohnanyi warnt vor Bündnissen mit der Linkspartei. Er sagt: „Die SPD muss klarstellen,das DIE LINKE so unsinnige Programme hat, dass man mit ihr nicht koalieren kann. Mit der LINKEN darf die SPD gar nichts zusammen machen.“ – Das hat von Dohnanyi vor wenigen Wochen gesagt.

Keine Zusammenarbeit mit der LINKEN,in keiner Form, war das zentrale Versprechen von Frau Ypsilanti im Wahlkampf. Ich habe schon in einem offenen Brief an Frau Ypsilanti die Frage gestellt, und ich wiederhole hier diese

Frage: Was waren denn vor der Wahl in den Hessischen Landtag Ihre grundsätzlichen Überlegungen, einer Zusammenarbeit mit der LINKEN in zahllosen Erklärungen eine klare Absage zu erteilen? Was waren Ihre Gründe?

Es müssen doch grundsätzliche Erwägungen zur Verfassungstreue und zur demokratischen Zuverlässigkeit der Kandidaten der LINKEN sowie deren Programmatik gegen eine Zusammenarbeit gewesen sein.Welcher der Fakten hat sich seit dem Wahltag bis heute denn geändert? War es nicht vielmehr so, dass Sie von Anfang an nicht die Absicht hatten, sich an das Versprechen zu halten? War es so, dass Sie die gesamte deutsche Öffentlichkeit bewusst getäuscht haben, weil Ihnen klar war, dass die Ankündigung einer Zusammenarbeit mit Kommunisten und Linkspartei und Marxisten Sie in erheblichem Umfang Stimmen kosten würden?

Meine Damen und Herren, wenn man sich das alles ins Bewusstsein ruft, dann wird das Ungeheuerliche der Pläne, die Frau Ypsilanti nur vorläufig auf Eis gelegt hat, klar.Beinahe hätte Frau Ypsilanti den Versuch unternommen, sich mit den Stimmen der Linkspartei zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen,als erste Politikerin in einem westdeutschen Bundesland. Dass sich Frau Ypsilanti am vergangenen Samstag nicht zur Wahl gestellt hat, liegt daran, dass sie sich ihrer linken Mehrheit nicht sicher war. Wie auch immer, der Wortbruch ist da.

Der Journalist Goldmann schreibt in der letzten Woche in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“:

Frau Ypsilanti hat ihren Traum,Ministerpräsidentin von Hessen zu werden, vorerst aufgegeben, weil es nicht reichte, nicht etwa, weil sie ihren Vertrauensbruch bedauerte.

Frau Ypsilanti, Sie kündigen in der Sacharbeit eine Fortsetzung dieses Verhaltens an. Sie sind ohne jeden Willen zum Kompromiss,das ist heute Morgen in Ihrer Rede sehr deutlich geworden. Sie wollen Ihr Wahlprogramm Punkt für Punkt in Antragsform ins Parlament einbringen. Dabei haben Sie die Stimmen der LINKEN offenbar ganz fest auf Ihrer Rechnung. Da ist keine Bereitschaft zum Kompromiss, da ist keine Bereitschaft, auf andere Fraktionen zuzugehen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Quatsch!)

Ich brauche eigentlich nur darauf zu verweisen, dass Sie bereits mit dem heutigen Tage diesen Weg gehen wollen. Ihre Aussage: „mal sehen, wer zustimmt“, ist scheinheilig und sehr durchsichtig.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Ausgerechnet Sie reden von Scheinheiligkeit!)

Frau Ypsilanti, Sie beziehen stattdessen DIE LINKE als nützliche Mehrheitsbeschaffer stillschweigend mit ein. Dabei spekulieren Sie darauf, dass es im parlamentarischen Alltag zur Normalität wird, mit der Linkspartei gemeinsame Sache zu machen. Sie hoffen, dass nach einem solchen Normalisierungsprozess der Zeitpunkt kommen wird, einen erneuten Versuch der Wahl zur Ministerpräsidentin zu wagen. Das ist sehr durchschaubar.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schreibt in der letzten Woche:

Die SPD spielt dabei auf Zeit. Sie setzt offenbar auf die Vergesslichkeit des Volkes. Der Wortbruch wird nicht dadurch besser, dass man ihn bestätigt. Wortbruch bleibt Wortbruch.

Ebenso bemerkenswert finde ich, dass die hessische SPD per Parteitagsbeschluss nicht nur die Zusammenarbeit mit der Partei DIE LINKE anstrebt, sondern die Zusammenarbeit mit einer anderen großen demokratischen Partei ausdrücklich ausschließt.

(Norbert Schmitt (SPD): Falsch!)

Meine Damen und Herren, dann würde ich gerne wissen, wer hier wen ausgrenzt.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Das ist leider die letzte Konsequenz aus der programmatischen Neuausrichtung der hessischen SPD unter dem Vorsitz von Frau Ypsilanti.

(Norbert Schmitt (SPD):Der Ausschluss einer Großen Koalition bedeutet nicht Ausschluss der Zusammenarbeit!)

Sie hat ihre Partei in kurzer Zeit weit nach links geführt. Ich will nicht nur von meinem eigenen Erstaunen sprechen, sondern auch auf die teils befremdeten, teils erschrockenen Berichterstatter in der Presse verweisen.

Die „taz“ steht nicht im Verdacht, die CDU-Weltanschauung zu verbreiten.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Nicht so wirklich!)

Die „taz“ vom 31.03.2008 berichtet über den Hanauer SPD-Parteitag, es habe ein „karnevalesker Ypsi-Kult“ geherrscht. „Die Delegierten“ – so die Zeitung – „feiern sie und ihre... Kamikazebotschaft wie eine Heilsbringerin.“ Bei Frau Ypsilanti beobachtet die „taz“ eine – so wörtlich – „Mischung aus trotzigem Stolz und eigenwilliger Selbstwahrnehmung“ und konstatiert: „Wer... mit einer Debatte rechnete, der erlebte, wie immun die hessische SPD gegen Kritik ist.“

Die „FAZ“ berichtete von Frau Ypsilantis Parteitagsrede, dass sie – wörtlich – „bar jeder Selbstkritik und nahezu frei von Inhalten gewesen sei“, und kommt zu dem Schluss, dass es sich hierbei wohl um „eine Art Selbsthypnose“ handeln müsse.

Die „Süddeutsche Zeitung“ kommentiert wörtlich:

Angesichts der schwierigen Situation der SPD im Allgemeinen und in Hessen im Besonderen war der dortige Landesparteitag ein staunenswerter Akt selbstberauschter Autosuggestion.

An diesen Kommentierungen erkennt man, dass die SPD in ihrer Realitätsverweigerung vielen journalistischen Beobachtern allmählich etwas unheimlich wird. Das sehen inzwischen auch viele Wähler so, wie die jüngsten Meinungsumfragen vom gestrigen und vom heutigen Tage belegen.

(Norbert Schmitt (SPD): Güllner!)

Auch die persönlichen Umfragewerte der SPD-Vorsitzenden zeigen: Der Lack ist ab.

Lassen Sie mich zum Schluss Folgendes feststellen.Wir erleben in Hessen einen beispiellosen Tabubruch. Eine Partei mit einer großen demokratischen Vergangenheit – und auch Gegenwart; das will ich ausdrücklich sagen – will mit den Linksradikalen gemeinsame Sache machen: ausgerechnet mit der Nachfolgeorganisation jener kommunistischen SED, unter der viele Sozialdemokraten gelitten haben und von der sie verfolgt wurden.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Sie haben uns doch als Linksradikale beschimpft!)

Unser klares Bekenntnis bleibt: Linksradikale wie Rechtsradikale dürfen an der Gestaltung der Zukunft unseres Landes nicht beteiligt werden.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Kollege Jörg-Uwe Hahn hat angesichts unserer strikten Haltung gegenüber den Linksradikalen am letzten Samstag und auch heute noch einmal in diesem Hause einen Satz zitiert, der Voltaire zugeschrieben wird. Voltaire sagt – wenn es Voltaire war; über die Autorenschaft wird gestritten –:

Ich mag verdammen, was du sagst. Aber ich werde mein Leben dafür einsetzen,dass du es sagen darfst.

Ja, meine Damen und Herren, es ist richtig: Das Recht auf Meinungsfreiheit ist uns heilig, und die demokratischen Parlamente sind Horte der Meinungsfreiheit. Aber wir dürfen nie vergessen, dass die kommunistische Partei, in deren Nachfolge DIE LINKE steht, Menschen für den Gebrauch ihrer Meinungsfreiheit ins Gefängnis gesteckt oder des Landes verwiesen hat.

(Beifall bei der CDU und der FDP)