Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen bekennen und schätzen, dass andere Sparkassen – seien sie nun in Bayern, in Baden-Württemberg oder gar in Sachsen oder in Nordrhein-Westfalen – gerne unsere Probleme hier in Hessen hätten. Wer heute Morgen die Zeitungen aufgeschlagen hat, der weiß, dass in Bayern darüber diskutiert wird, wie beispielsweise 4 Milliarden c als Sicherung für die BayernLB aufgebracht werden sollen.
All dies ist in Hessen nicht notwendig geworden, weil wir hier im Gegensatz zu anderen Landesbanken unternehmerische Risiken nicht eingegangen sind, die andere durch Asset Backed Securities oder Subprimepakete eingegangen waren, die im Markt heute nicht mehr zu verkaufen sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen in diesem Zusammenhang im Rhein-Main-Gebiet eine Sparkassenorganisation, die anders aufgestellt sein muss als beispielsweise die Sparkassen in und um Hannover, in Mecklenburg-Vorpommern, in Sachsen oder wegen mir auch in Baden-Württemberg und in Bayern. Der Bankenund Finanzplatz Frankfurt bedeutet eben eine andere Herausforderung als der Bankenplatz Stuttgart, München, Hannover oder Düsseldorf.
Von daher müssen wir einsehen, dass das gegliederte Sparkassenwesen im Rhein-Main-Gebiet durchaus einer Bereinigung und einer Konzentration bedarf, um in einer Welt der Herausforderungen,die sich anders als beispielsweise in Köln oder in Düsseldorf stellen, Schritt halten zu können. Ich denke, dass dies auch vor Ort durchaus gesehen wurde.
Es kommt nicht von ungefähr, dass die beiden Landkreise – der Hochtaunuskreis und der Main-Taunus-Kreis – in ihrem Bereich der Main-Taunus-Sparkasse der Stammkapitalbildung zugestimmt haben. „Das war von der CDU“, würden Sie sagen. Aber ich darf auch darauf verweisen, dass wir noch eine andere Sparkasse haben, nämlich die Stadtsparkasse in Offenbach, die unter sozialdemokratischer Stadtführung ebenfalls einer Stammkapitalbildung zugestimmt hat.
Herr Kollege Frankenberger, ich kann nicht verstehen, wieso das alles so schlecht gewesen sein soll, wenn Ihre Kollegin, die Frau Habermann, der Bildung von Stammkapital im Offenbacher Stadtparlament zugestimmt hat.
Sehr verehrte Damen und Herren, offenbar gibt es eine Notwendigkeit, dieses Instrument, das wir im vergangenen Jahr im Hessischen Landtag beschlossen haben, auch schnell wahrzunehmen. Wir wissen, wieso das so ist. Wir wissen, dass nicht jede Bank gleichermaßen zu beurteilen ist. Von daher ist das, was in Offenbach, im Hochtaunuskreis und im Main-Taunus-Kreis beschlossen wurde, eine vernünftige Angelegenheit.
Wir wissen auf der anderen Seite, dass Sie vonseiten der Sozialdemokraten uns die Frage beantworten müssen,wie
das denn dann, wenn Ihr Gesetzentwurf Wirklichkeit werden würde, juristisch rückgängig gemacht werden soll – eine interessante juristische Frage.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man über die Struktur der öffentlich-rechtlichen Banken spricht, muss man auch darüber sprechen, was wir in Zukunft benötigen. Herr Frankenberger, Sie haben den Herrn Haasis angesprochen – zugegebenermaßen Sparkassenpräsident, ehemals Abgeordneter der CDU in Baden-Württemberg, dort Präsident des baden-württembergischen Sparkassen- und Giroverbandes.Alles richtig, nur hat Herr Haasis in Baden-Württemberg mit der LBBW alles das gemacht, was er meinte, uns hier in Hessen nicht erlauben zu dürfen.
Das ist Fakt. Schauen Sie sich diese Bank einmal an. Sie hat sich die benachbarte Landesbank Rheinland-Pfalz einverleibt. Da sitzt kein Vorstand mehr, nur noch der Vorstandsvorsitzende. Der ist eingepflegt in den Vorstand der großen LBBW. Die haben die Sachsen LB einverleibt. Die haben eine baden-württembergische Staatsbank,ehemals eine auch staatlich geführte Bank,die bundesweit tätig ist.
Schauen Sie einmal auf der Website der LBBW in der Übersicht über die Tochterunternehmen nach, wo die alle in Deutschland tätig sind. Die haben nicht nur eine bundesweit tätige Unternehmensbank, die Unternehmen und Unternehmer betreut, sondern sie haben auch klassische Privatbanken, nämlich das Internationale Bankhaus Bodensee AG, eine Verbindung mit dem Herrn Würth aus Künzelsau, dem Schraubenkönig. Sie haben eine zweite klassische Privatbank in Koblenz, nämlich die Mittelrheinische Bank GmbH.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, all das wird bei der LBBW gemacht,und zwar sowohl horizontal wie auch vertikal. Das heißt, die betreiben Retail- und WholesaleGeschäfte. Und alles das soll hier in Hessen nicht möglich sein?
Meine sehr verehrten Damen und Herren,wir sind gerade am Banken- und Finanzplatz Frankfurt die, die die sogenannte Horizontalität wie auch die Vertikalität benötigen. Das heißt Retail- und Wholesale-Geschäfte. Das ist die Zukunft. Und die müssen wir unseren Sparkassen auch hier eröffnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe anfangs gesagt, dass sich das öffentlich-rechtliche Sparkassenwesen in Hessen in einem sehr ordentlichen Zustand befindet. Wer hätte eigentlich vor zwölf Monaten daran gedacht, dass eine Verbindung zwischen WestLB und Helaba als Zusammenschluss unter Gleichen überhaupt denkbar ist? Man stelle sich einmal vor, dass das möglich gewesen ist: die große WestLB mit ihrer wahnsinnigen Dominanz im Großgeschäft der Konzerne im RheinRuhr-Gebiet und in Nordrhein-Westfalen auf einmal in solchen Schwierigkeiten, dass man ernsthaft überlegt, sich unter die Fittiche der Helaba zu stellen, und zwar unter Gleichen, wobei man in Wirklichkeit meinte, dass die Helaba zum Schluss die Führung übernimmt, weil sie in dieser Beziehung offenbar eine bessere und saubere Biografie hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, daran kann man sehen,dass die Landesregierung und der Sparkassenund Giroverband in Hessen eine ordentliche und weit
sichtige Politik betrieben haben. Dass es nicht zur Verbindung gekommen ist, ist meines Erachtens gut.Aber allein die Diskussion hat etwas über die Güte und den hervorragenden Zustand gesagt, in dem wir uns befinden.
Ein letztes Wort zu dem, was Sie über den Sparkassenund Giroverband als Holding gesagt haben. Aus unserer Sicht ist es höchst problematisch, dass ein Verband gleichzeitig eine Holdingfunktion übernehmen kann.
Allerdings bin ich der Auffassung, das muss geprüft werden. Gesellschaftsrechtlich sehe ich es als hoch problematisch an. Auch europarechtlich sehe ich es als problematisch an: Ich halte das nicht für europatauglich.
Lassen Sie uns zu diesem Thema eine vernünftige, offene und kritische Diskussion beginnen. Lassen Sie uns dieses Thema so besprechen, dass wir keinen Schaden im öffentlich-rechtlichen Bankenwesen anrichten. Wir müssen das vernünftig abwägen im Interesse derer, die heute die Sparkassen als Kunden nutzen und von Sparkassen betreut werden, aber auch im Interesse der vielen Tausend Mitarbeiter, die von uns verlangen, die Zukunftsfähigkeit der Sparkassen auch in Zukunft zu gewährleisten, damit die Sparkassen im globalen Netzwerk eine Rolle spielen. Sparkassen bedeuten nicht nur Regionalität, sondern Sparkassen sind für die mittelständische Wirtschaft in den Regionen das Tor zur Welt.
Die mittelständischen Unternehmer der Siebziger- und Achtzigerjahre, die ihre Geschäfte um den Kirchturm herum betrieben haben, gibt es nahezu nicht mehr.All diese mittelständischen Unternehmen haben begonnen, sich in der globalen Welt zurechtzufinden, in Amerika, Indien undAustralien Kunden zu suchen.Für die brauchen sie einen starken, leistungsfähigen und überzeugenden Partner, der sie an die Hand nimmt und begleitet, der weiß, worum es geht und welche Anforderungen das Sparkassenwesen und die Kunden haben. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat im letzten Jahr die Bildung von handelbarem Stammkapital durch die Änderung des Hessischen Sparkassengesetzes ermöglicht, obwohl der Deutsche Sparkassen- und Giroverband, der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen, die Sparkassenvorstände, der Deutsche Städtetag, der Hessische Städtetag, der Hessische Städte- und Gemeindebund, der Deutsche Landkreistag, der Hessische Landkreistag, der DGB, die Gewerkschaft ver.di, die Arbeitsgemeinschaft der Sparkassenpersonal- und -betriebsräte, der Hessische Handwerkstag und viele Beschäftigte und Bürger, dokumentiert durch 80.000 Unterschriften, das abgelehnt haben.
Daher bin ich froh, dass es heute bei anderen Mehrheiten die Möglichkeit gibt,sich ernsthaft mit den Bedenken dieser 80.000 Menschen auseinanderzusetzen.
DIE LINKE tritt ein für den Erhalt der öffentlich-rechtlichen Sparkassen. Im Gegensatz zu den privaten Banken sollen die Sparkassen dem Gemeinwohl und nicht der Gewinnerwirtschaftung dienen.Ich will drei Gründe nennen, warum wir für den Erhalt der öffentlich-rechtlichen Sparkassen sind.
Erstens. Die Versorgung mit Finanzdienstleistungen muss auch in den strukturschwachen Regionen gewährleistet sein.
Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind in allen Landkreisen präsent, während in jedem zehnten Landkreis keine Niederlassung einer privaten Großbank existiert.
Zweitens. Das öffentliche Bankensystem hat eine gesamtwirtschaftliche Funktion: die Bereitstellung von Finanzierungsmöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen, für das Handwerk und für Selbstständige. DIE LINKE will keine Diskriminierung einkommensschwacher Haushalte bei der Kreditvergabe. Menschen sollen nicht in „rentabel“ und „nicht rentabel“ eingeteilt werden.
Drittens. Sparkassen und Landesbanken sind potenziell ein Instrument für eine regionale Wirtschaftspolitik. Der Einfluss der Kommunalparlamente bei der Besetzung der Entscheidungsorgane sollte genutzt werden, um Schwerpunkte bei der Kreditvergabe zugunsten regional beschäftigungs- oder sozialpolitisch erwünschter Investitionen umzusetzen.
Es gibt keinen Sachzwang und erst recht keine guten Gründe, die diese Liberalisierungsvorhaben sinnvoll und vermittelbar erscheinen lassen.
Die öffentlichen Kreditinstitute haben im bundesdeutschen Spar- und Kreditgeschäft einen Marktanteil von gut einem Drittel. Damit haben sie eine starke Position inne. Die privaten Großbanken hingegen kommen nur auf einen Marktanteil von rund einem Viertel.
Daher ist es überhaupt nicht überraschend, dass jetzt immer öfter gefordert wird, gesetzliche Privatisierungshürden zu Sparkassen niederzureißen. Akteure hierbei sind neben dem Internationalen Währungsfonds und der neoliberalen Wirtschaftswissenschaft vor allem die privaten Großbanken.
Gerade die haben ein handfestes ökonomisches Interesse an der Abschaffung ihres Hauptkonkurrenten – nämlich den öffentlichen Kreditinstituten. Für sie stellen öffentliche und genossenschaftliche Institute eine Gewinngrenze dar.
Schützenhilfe kommt von der EU-Kommission, die den öffentlichen Bankensektor schwächen will. Das hat der Streit um den Sparkassenbezeichnungsschutz oder die Drohung mit einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren gegen die Sparkassen gezeigt.